Stele von Bukan

Die Stele von Bukan stammt aus Tappeh Qalayci bei Bukan in West-Aserbaidschan und wurde 1985 bei Ausgrabungen gefunden. Ein zweites, anschließendes Fragment tauchte 1990 in Teheran im Antikenhandel auf. Die Abmessungen betragen ca. 80 cm × 150 cm. Die Inschrift stammt aus dem 8. oder frühen 7. Jahrhundert v. Chr. Nur die untere Hälfte der Stele mit 13 Schriftzeilen ist erhalten. Sie geben eine Fluchformel wieder, die üblicherweise den Abschluss von Königsinschriften bilden.

Inschrift

Die Inschrift ist aramäisch, die Datierung beruht auf dem Schriftduktus und den benutzten sprachlichen Wendungen. Sie verheißt dem, der die Stele entfernt, alle Arten von Seuchen, da er die Götter und Haldi (HLDY) geschmäht hat. Die Lesung des folgenden Satzes ist unklar, er nennt entweder

  • Ḫaldi, der in Muṣaṣir (MTTR) ist, oder
  • Ḫaldi, der in Izirta/Zirta (Z‘TR) ist, diese Vokalisierung ist aber umstritten[1].

Weiter wird auf sehr poetische Weise eine Hungersnot angedroht: sieben Kühe sollen ein Kalb stillen, ohne dass es satt wird, sieben Frauen sollen Brot in einem Ofen backen und ihn nicht füllen können, der Rauch von Herdfeuer und das Geräusch von Mahlsteinen soll aus seinem Land verschwinden. Seine Erde soll mit Salz gesät werden und nur bittere Kräuter tragen. Den Stuhl des Königs, der seinen Namen (anstelle des ursprünglichen, nicht erhaltenen Königsnamens) auf die Stele setzt, sollen Hadad und Ḫaldi umwerfen. Die Stimme des Wettergottes soll in seinem Land nicht gehört werden (kein Donner, was heißt, dass kein Regen fällt), und der ganze Fluch der Stele soll ihn treffen.

Insgesamt ist diese Fluchformel sehr viel einfallsreicher als auf urartäischen Inschriften, die gewöhnlich nur drohen, dass Ḫaldi und Šiwini den Übeltäter „unter der Sonne“ vernichten sollen. Vergleichbare Fluchformeln sind aber aus Tell Fecherije und Sefire bekannt[2]. Jeremia 25, 10 beschreibt in einer Weissagung gegen Babel ebenfalls das Schweigen der Mahlsteine (Und ich lasse ihnen verlorengehen die Stimme der Wonne und die Stimme der Freude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut, das Geräusch der Mühlen und das Licht der Lampe).

A. Lemaire nimmt an, dass die Stele von dem mannäischen König Ullusunu verfasst wurde.

Übersetzungen

Eine Übersetzung der Inschrift wurde zuerst 1991 von dem iranischen Linguisten Bashâsh Kanzaq (Rasūl Bašāš Kanzaq) vorgelegt.

Bedeutung

Die Stele von Bukan ist die einzige aramäische Inschrift, die den Namen Ḫaldis nennt. Sie gibt außerdem einen wichtigen Anhaltspunkt für die Ausbreitung der aramäischen Sprache, die im Achämenidenreich dann eine der Staatssprachen wurde. Der Fundort gehörte vom 9.–7. Jahrhundert zu Mannai[3]. Wenn die Zuweisung zu Ullusunu stimmt, wäre die Stele auch der erste Beleg für einen Ḫaldi-Kult in Mannai. Dies scheint allerdings unwahrscheinlich, war dieser doch der Staatsgott des feindlichen Urarṭu. Salvini will die Stele als Staatsvertrag, vielleicht zwischen Urarṭu, vertreten durch Ḫaldi, und Mannai, vertreten durch den Wettergott sehen[4].

Literatur

  • H. Donner; W. Röllig: Kanaanäische und aramäische Inschriften. Band 1. 5., erweiterte und überarbeitete Auflage. Harrassowitz, Wiesbaden 2002, ISBN 3-447-04587-6, Nr. 320.
  • Israel Ephʿal: The Bukān Aramaic Inscription: Historical Considerations. In: Israel Exploration Journal 49, 1999, ISSN 0021-2059, S. 116–121.
  • R. Bashâsh Kanzaq: La lecture complète de l’inscription de Bukân. In: Recueil d'articles du premier colloque Langue, inscriptions et textes anciens, Shiraz 12–14 esfand 1370 (2–4 Mars 1991). Teheran 1375/1996, S. 25–39. [Persisch]
  • André Lemaire: Une inscription areméenne du VIIIe siècle av. J.-C. trouvée à Bukân (Azerbaïdjan Iranien). In: Studia Iranica 27, 1998, ISSN 0772-7852, S. 15–30.
  • André Lemaire: Jérémie xxv 10b et la stèle araméenne de Bukân. In: Vetus Testamentum 47, 1997, ISSN 0042-4935, S. 543–545.
  • Miroslav Salvini: Die Einwirkung des Reiches Urartu auf die politischen Verhältnisse auf dem Iranischen Plateau. In: Ricardo Eichmann, Hermann Parzinger (Hrsg.): Migration und Kulturtransfer. Der Wandel vorder- und zentralasiatischer Kulturen im Umbruch vom 2. zum 1. vorchristlichen Jahrtausend (= Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte. Bd. 6). Habelt, Bonn 2001, ISBN 3-7749-3068-6, S. 343–356.
  • Michael Sokoloff: The Old Aramaic Inscription from Bukān. A Revised Interpretation. In: Israel Exploration Journal 49, 1999, S. 105–115, Errata S. 275.
  • Javier Teixidor: Résumé des travaux 1997/98. In: Antiquités Sémitiques. Annuaire du Collège de France 1997/98, ZDB-ID 2259014-6, S. 389–400.

Einzelnachweise

  1. Michael Sokoloff: The Old Aramaic Inscription from Bukān. 1999, Anm. 111, insbesondere wegen der Verwendung des ‘ain.
  2. Michael Sokoloff: The Old Aramaic Inscription from Bukān. 1999, S. 111.
  3. Michael Sokoloff: The Old Aramaic Inscription from Bukān. 1999, S. 106
  4. Miroslav Salvini: Die Einwirkung des Reiches Urartu auf die politischen Verhältnisse auf dem Iranischen Plateau. In: Ricardo Eichmann; Hermann Parzinger (Hrsg.): Migration und Kulturtransfer. Bonn 2001, S. 353.