Steintorfriedhöfe

Die Hamburger Steintorfriedhöfe im Jahre 1810, am rechten Bildrand der „Reformierte Begräbnisplatz“ am Pulverteich

Als Steintorfriedhöfe wurden in Hamburg die östlich vor dem Steintor und somit außerhalb der engeren Stadtbefestigung gelegenen Begräbnisplätze bezeichnet. Sie wurden – wie die Dammtorfriedhöfe – an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert angelegt und mussten 100 Jahre später dem Bau des Hamburger Hauptbahnhofes weichen.

Geschichte

Hh-steintorfriedh-stgeorg (kändler 42).jpg
Hamburg St. Jacobi-Friedhof vor dem Steintor (1900).jpg
Die Begräbniskapellen von St. Georg (links) und St. Jacobi (rechts).

Grund für die Anlage der neuen Begräbnisplätze war die Überfüllung und daraus folgende hygienische Missstände auf den innerstädtischen Kirchhöfen. Seit den 1770er Jahren gab es daher verschiedene Vorstöße, die Grabstätten nach außerhalb der Stadtmauern zu verlegen.[1] Hinzu kam, dass die Hamburger Oberschicht im Zuge der romantischen Naturverehrung verstärkt dazu überging, sich auf landschaftlich reizvollen Dorffriedhöfen in der näheren Umgebung (vor allem in Hamm, Niendorf und Nienstedten) beerdigen zu lassen, wodurch den Hamburger Stadtkirchen bedeutende Einnahmen entgingen.[2] Durch ihre parkähnliche Anlage dienten diese Friedhöfe zugleich als Vorbild für die neuen Begräbnisplätze.[3]

Als erste der Hamburger Hauptkirchen wies daher St. Jacobi im Jahre 1793 ein zuvor bereits als Pest- und Armenfriedhof genutztes Gelände vor dem Steintor als neuen Begräbnisplatz aus. Während die übrigen Hauptkirchen ihre Friedhöfe vor dem Dammtor anlegten, folgte vor dem Steintor 1803 ein weiterer Begräbnisplatz der St. Georger Vorortgemeinde.[4] Ebenfalls vor dem Steintor, aber etwas weiter abseits an der „Großen Allee“ (heute Adenauerallee) befand sich anfangs auch ein gemeinsamer Friedhof der reformierten Gemeinden Hamburgs, der aber 1825 vor das Dammtor verlegt wurde.[5]

Mitte des 19. Jahrhunderts erwiesen sich die neuen Friedhöfe jedoch bereits als zu klein für die rasch anwachsende Stadtbevölkerung. Daher wurden die Bestattungen auf beiden Friedhöfen wieder eingeschränkt, nachdem bereits 1848 ein neuer St. Jacobi-Friedhof auf dem Peterskamp in Eilbek (der heutige Jacobipark) eingeweiht worden war. Nach der Eröffnung des Ohlsdorfer Zentralfriedhofes 1877 wurden die Steintorfriedhöfe endgültig geschlossen und das Gelände an die Freie und Hansestadt Hamburg verkauft. In den 1890er Jahren wurde es schließlich für den Bau des Hamburger Hauptbahnhofes geräumt. Während die erhaltenen Gebeine zumeist verbrannt wurden, erhielten zahlreiche Grabsteine einen neuen musealen Standort in Ohlsdorf.[6]

Siehe auch

Literatur

  • Barbara Leisner, Norbert Fischer: Der Friedhofsführer. Spaziergänge zu bekannten und unbekannten Gräbern in Hamburg und Umgebung. Christians Verlag, Hamburg 1994, ISBN 3-7672-1215-3.
  • Eberhard Kändler: Begräbnishain und Gruft. Die Grabmale der Oberschicht auf den alten Hamburger Friedhöfen. Christians Verlag Hamburg 1997 ISBN 3-7672-1294-3.

Einzelnachweise

  1. Kändler S. 20.
  2. Kändler S. 40, 43.
  3. Kändler S. 46 ff.
  4. Kändler S. 36.
  5. Leisner/Fischer S. 38.
  6. Kändler S. 44; Leisner/Fischer S. 44 ff.

Koordinaten: 53° 33′ 12″ N, 10° 0′ 24,3″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Hh-steintorfriedh-stgeorg (kändler 42).jpg
Autor/Urheber:

unbekannt

, Lizenz: PD-alt-100

Begräbniskapelle des St. Georg Begräbnisplatzes vor dem Steintor (Hamburg), erbaut nach 1814 von Christian Friedrich Lange, abgerissen um 1900 für den Bau des Hamburger Hauptbahnhofes (eröffnet 1906)

Ebba Tesdorpf Auf dem St. Jakobifriedhof, undatiert (vermutlich um 1885), Zeichnung, 28,5 x 28 cm.png
Ebba Tesdorpf Auf dem St. Jakobifriedhof, undatiert (vermutlich um 1885), Zeichnung, 28,5 x 28 cm
Jacobifriedhof 1891.jpg
Kapelle und Gruft auf dem verfallenen St. Jacobi Friedhof vor dem Steintor. Zeichnung von Henriette Hahn 20. 6. 1891
Jacobifriedhof 1899.jpg
Alt Hamburg: Alte Gräber auf dem St. Jacobi-Begräbnisplatz in St. Georg 1899
Hh-steintorfriedhöfe1810.jpg
Die ehemaligen Steintorfriedhöfe in Hamburg, Ausschnitt aus dem Plan "Hamburg und seine nächsten Umgebungen im Jahre 1810". Die Begräbnisplätze von St. Georg und St. Jacobi mussten Ende des 19. Jahrhunderts dem Neubau des Hamburger Hauptbahnhofes weichen und wurden durch den neuen Jacobifriedhof in Hamburg-Eilbek sowie vor allem durch den Hauptfriedhof Ohlsdorf ersetzt. Am rechten Bildrand der ehem. Begräbnisplatz der Reformierten Gemeinde Hamburgs.
Hh-jacobifriedhof1899.jpg
Autor/Urheber:

unbekannt

, Lizenz: PD-alt-100

St. Jacobi Friedhof vor dem Steintor (Hamburg) während der Räumung 1899

Hamburg St. Jacobi-Friedhof vor dem Steintor (1900).jpg
Begräbniskapelle des St. Jacobi Friedhofes vor dem Steintor in Hamburg, Zeichnung von Julius Faulwasser (1855-1944)