Steinerne Rinne

Steinerne Rinne bei Ettenstatt-Rohrbach

Als Steinerne Rinne wird das quellnahe Hochbett eines Baches in Karstlandschaften genannt, das durch Ausfällung von Kalziumkarbonat (CaCO3, in diesem speziellen Fall auch als Quellkalk bezeichnet) entstanden ist.

In Deutschland erheben sich Steinerne Rinnen bis 5,4 Meter über das Niveau des angrenzenden Bodens und sind bis 150 Meter lang. Es gibt sie in mehreren Bundesländern. In Bayern treten sie bevorzugt am Südrand der Fränkischen Alb (geologische Jurazeit) und am nördlichen Alpenrand auf.[1] Steinerne Rinnen stehen oft als Geotope (geologische Naturdenkmäler) unter Schutz.

Entstehung

Steinerne Rinnen entstehen durch die Abscheidung von Kalk aus gemächlich fließenden Rinnsalen. Dazu muss kalkreiches Wasser an einer Schichtquelle (Karstquelle) austreten und an einem Hang abfließen können. Dort gibt das Quellwasser durch Druckentlastung, Wassererwärmung sowie wegen Kohlendioxidentzugs durch Pflanzen, vor allem Algen, einen Teil des in ihm gelösten Kohlendioxids () ab. Der im Wasser vorhandene Kalk ist jedoch als Kalziumhydrogenkarbonat, also , gelöst, das durch den Entzug des wieder als unlöslicher Kalk (Kalziumkarbonat, ) ausfällt, nach folgender Reaktion:

Der ausfallende Kalk setzt sich am Rand des Rinnsals ab und bildet den emporwachsenden Kalktuff (Quellkalk). Im kälteren Wasser in der Mitte verläuft dieser Prozess langsamer, so dass die Rinne erhalten bleibt. Da die Kalkausfällung noch anhält, können steinerne Rinnen unter günstigen Bedingungen jährlich um ein bis zwei Zentimeter wachsen. Durch zufällige Störungen, zu denen bereits herabfallendes Laub gehören kann, wird dieser Prozess unterbrochen. Die eindrucksvollsten steinernen Rinnen entstanden mit Unterstützung oft jahrhundertelanger menschlicher Pflege.

Einige Vorkommen in Deutschland

In Deutschland gibt es eine hohe Steinerne Rinne, den Wachsenden Felsen östlich von Usterling bei Landau an der Isar. Er ist 37 Meter lang (nach offizieller Angabe; andere Angaben bis 50 Meter), bis zu 5,4 Meter hoch und wird seit vielen Jahrhunderten von Menschenhand gepflegt.[2][3]

Der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen ist mit sechs Steinernen Rinnen der Landkreis mit den meisten dieser geologisch seltenen Naturphänomene. In diesem befindet sich – bei Heidenheim – mit etwa 150 Metern auch die längste Steinerne Rinne und – bei Wolfsbronn – mit zirka 128 Metern eine etwas kürzere. Siehe hierzu auch die Liste der Steinernen Rinnen in Bayern.

f1 Karte mit allen Koordinaten: OSM | WikiMap

Ort

Gemeinde

Land-
kreis
Länge
(in m)
Höhe
(in m)
Lage
Baun-Alm[4]WackersbergTÖL0151,00
Buckmühle[5]DittenheimWUG0200,1049° 2′ 37″ N, 10° 44′ 5″ O
Steinerne Rinne bei DüsselbachVorraLAU49° 32′ 59″ N, 11° 28′ 23″ O
Steinerne Rinne bei DeißlingenDeißlingenRW48° 6′ 21″ N, 8° 35′ 25″ O
Steinerne Rinne bei Raschbach bei RaschbachAltdorf bei NürnbergLAU49° 25′ 9″ N, 11° 23′ 10″ O
Steinerne Rinne am Buchenberg bei HellershofOffenhausen
Engelthaler Forst
LAU49° 27′ 24″ N, 11° 23′ 18″ O
ErasbachBerchingNM0800,7749° 8′ 4″ N, 11° 25′ 12″ O
Hechlingen[6]HeidenheimWUG0100,3048° 59′ 19″ N, 10° 44′ 9″ O
Käsrinne bei Heidenheim[7]HeidenheimWUG1500,2049° 2′ 8″ N, 10° 43′ 38″ O
Knapp[8]WackersbergTÖL0301,00
Kuharsch[9]KrautheimKÜN0,5 49° 23′ 29″ N, 9° 38′ 36″ O
Oberweiler[10]MeinheimWUG0501,0049° 0′ 34″ N, 10° 48′ 27″ O
Steinerne Rinne und Junge Steinerne Rinne von Rohrbach[11][12]EttenstattWUG0801,0049° 3′ 6″ N, 11° 2′ 59″ O
Steinerne Rinne bei Roschlaub[13]Scheßlitz-RoschlaubBA0300,4050° 1′ 29″ N, 11° 1′ 40″ O
Schönbrunn
(Wachsender Stein)[14]
Landshut-0070,50
Usterling
(Wachsender Felsen)
LandauDGF0375,4048° 39′ 42″ N, 12° 38′ 55″ O
Steinerne Rinne bei Wolfsbronn am Hahnenkamm[15][16]MeinheimWUG1281,5049° 0′ 36″ N, 10° 47′ 16″ O

Literatur

  • VIB: Von der Natur gemauert. Auf der Fränkischen Alb fließen Bäche durch Rinnen aus Stein. In: Süddeutsche Zeitung, 23. Januar 2015, S. 46, Bayern.
  • Wolfgang Voigtländer: Eine „Steinerne Rinne“ auf der Baun-Alm bei Bad Tölz. In: Jahrbuch des Vereins zum Schutz der Alpenpflanzen und -Tiere. Band 32, 1967, S. 86–93.
  • Alfons Baier: Die „Steinerne Rinne“ am Berg südlich Erasbach/Opf. Eine Untersuchung zur Hydrogeologie und -chemie des Seichten Karstes. In: Geologische Blätter für Nordost-Bayern und angrenzende Gebiete. Band 52, Nr. 1–4, 2002, S. 139–194 (geol.uni-erlangen.de).

Weblinks

Commons: Steinerne Rinne in Deutschland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bayer: Die „Steinerne Rinne“ am Berg südlich Erasbach/Opf. (siehe Literatur)
  2. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit: Geotop 279R004 Steinerne Rinne bei Usterling (Wachsender Stein). Umweltobjektkatalog-Bayern-Archiv.
  3. Bayerisches Landesamt für Umwelt: Wachsender Felsen von Usterling. Bayerns Schönste Geotope.
  4. Geotop Steinerne Rinne Baum-Alm
  5. Geotop Steinerne Rinne S von Buckmuehle
  6. Geotop Steinerne Rinne Hechlingen
  7. Geotop Steinerne Rinne NW von Heidenheim
  8. Geotop Steinerne Rinne Knapp
  9. Steckbrief Geotope, Wachsender Bach bei Krautheim
  10. Geotop Steinerne Rinne Oberweiler
  11. Steinerne Rinne Rohrbach
  12. Geotop Steinerne Rinne Rohrbach
  13. Liste der Naturdenkmale des Landkreises Bamberg (PDF; 24 kB) 28. Februar 2005, Nr. 60.
  14. Geotop Wachsender Stein in Schoenbrunn
  15. Naturdenkmal Steinerne Rinne Wolfsbronn
  16. Geotop Steinerne Rinne Wolfsbronn

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Deißlingen-2341.jpg
(c) Dietrich Krieger, CC BY-SA 4.0
Steinerne Rinne im Neckartal bei Deißlingen, Landkreis Rottweil, Baden-Württemberg, Deutschland
Kuharsch 240510.jpg
Autor/Urheber: BerndH, Lizenz: CC BY-SA 3.0
"Kuharsch", Naturdenkmal "Wachsender Bach" (Steinerne Rinne) bei Krautheim an der Jagst.
Steinerne Rinne Wackersberg.JPG
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Steinerne Rinne Wackersberg
Kalktuff Lenningen Rinnenwald Schwaebische-Alb.jpg
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Seltene Erscheinung einer Kalktuffrinne, Gewann „Rinnenwald“, ein bewaldetes Seitental der Oberen Lenninger Lauter, Schwäbische Alb. Aus dem abgeflachten Waldboden drückt eine stauende Weißjura-Schicht (Schichtquelle) Karstwasser als kleine Karstquelle an die Oberfläche. Das Wasser fließt in einem den Hang hinab führenden Rinnsal. Dabei wird ständig CaCO3 (Kalziumkarbonat) chemisch aus dem Wasser ausgefällt, welches sich unter und beiderseits des Rinnsals als weiche Kalkmasse absetzt. In dieser wässrigen Masse wachsen Moose (meist: Palustriella commutata) und werden auch im Laufe der Zeit von Kalkteilchen umhüllt. Die Kalkmasse und der Kalk auf den Moosen trocknen und härten langsam aus, so dass Moose und Kalk eine Krustenstruktur bilden, auf der eine neue Moosgeneration gedeihen kann. Die Wasserrinne läuft auf der höher wachsenden Krustenstruktur oben weiter (Sie auch das Foto: Image:Steinerne-Rinne_Kalktuffrinne_Erasbach_Fraenkische-Alb.jpg). Die Struktur wird auf ihrem Weg ständig niedriger und nach geschätzten 50 m ist der chemische Ausfällungsprozess nahezu erschöpft. Das Rinnsal fließt ohne Erhöhung weiter.
Von dieser seltenen Erscheinung sind auf der Fränkischen Alb mehrere Beispiele als „Steinerne Rinne“ bekannt (Liste der Steinernen Rinnen in Bayern).
Karstwasserrinne NSG-Diessener-Tal Neckar-Tributar-Diessen.jpg
Autor/Urheber: Ustill, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Karstwasserrinne südwestlich vom Dorf Dießen (Horb am Neckar) im Dießener Tal, Obere Gäue, Baden-Württemberg. Die nasse Wiese vor dem Ortseingang sollte vor etwa 300 Jahren trocken gelegt werden. Daraus entstand die "Tuffsteinrinne" (Steinerne Rinne, hochwachsend durch ausfällenden Kalktuff). Es gibt in Bayern und Baden-Württemberg etwa 25 solche Gebilde, die meisten auf der Fränkischen Alb ( Liste_der_Steinernen_Rinnen_in_Bayern). Die fragilen Gebilde können leicht irreversibel beschädigt werden.

Wie alle Steinernen Rinnen treten die seltenen Gebilde nur bei kleinen Rinnsalen auf, deren Quellen im kalksteinhaltigen Gestein (Muschelkalk oder Weißer Jura) entspringen. Die Dießener Tuffsteinrinne befindet sich an einem sehr steilen Hang eines Seitentals zum Dießener Tal im Bereich des Mittleren Muschelkalk.

Das Flüsschen Dießener Bach fließt durch das naturgeschützte Tal („Naturschutzgebiet Dießener Tal und Seitentäler“) von Westen in den Oberen Neckar (südwestlich von Horb). Tuffablagerungen sind im Dießener Tal und seinen Seitentälern weit verbreitet und wurden nördlich von Dießen früher umfangreich abgebaut.
Steinerne-Rinne Kalktuffrinne Erasbach Fraenkische-Alb.jpg
Autor/Urheber: Ustill, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Weltweit seltene Erscheinung einer Kalktuffrinne, hier im Wald südlich von Erasbach, Oberpfalz (Bayern). Aus dem Waldboden drückt eine kleine Karstquelle an die Oberfläche. Das Karstwasser fließt in einem Rinnsal auf dem ca. 130 m langen Gebilde den Hang hinab. Es wird ständig CaCO3 (Kalziumkarbonat) chemisch aus dem Wasser ausgefällt. Das Ausfallsprodukt setzt sich unter und beiderseits des Rinnsals als weiche Kalkmasse ab. An den Seiten in der Masse wachsen Moose (meist: Palustriella commutata) heran. Im Laufe der Zeit werden auch die Moose von Kalkteilchen umhüllt. Die Kalkmasse und die verkalkten Moose trocknen und härten langsam aus, so dass sich eine Krustenstruktur bildet, auf der eine neue Moosgeneration gedeihen kann. Die Wasserrinne läuft auf der höher wachsenden Krustenstruktur oben weiter (vgl. die fortgeschrittene Verkrustung im Foto: Image:Kalktuff-Mosscrusts.jpg). Die Struktur wird auf ihrem Weg ständig niedriger, da die Wassermenge und die Ausfällungsprozesse sich verringern. Schließlich fließt das Rinnsal ohne Erhöhung weiter.
Analysen der Angewandten Geologie der Uni Erlangen zufolge entwickeln sich Steinerne Rinnen nur unter ganz spezifischen lokalen Verhältnissen (Klima, Karst, Quellschüttung, Hangneigung). Die Rinne im Foto existiert erst seit ca. 50 Jahren. Diese seltenen Erscheinungen sind nur aus Süddeutschland (Baden-Württemberg und Bayern) sowie aus der Türkei und Mexiko dokumentiert. (vgl. auch die Liste der Steinernen Rinnen in Bayern).
Steinerne Rinne.jpg
Autor/Urheber: Manfred E. Fritsche, Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Steinerne Rinne in Ettenstatt