Steglitzer Werkstatt

Die Steglitzer Werkstatt wurde Mitte Oktober 1900 von F. H. Ehmcke, F. W. Kleukens und Georg Belwe gegründet und gilt als eine der wichtigsten Keimzellen der deutschen Buchkunstbewegung.

Geschichte

F. H. Ehmcke und Georg Belwe kannten sich von ihrer gemeinsamen Ausbildung bei der Chromolithographischen Anstalt Wolf Hagelberg, Berlin. Beim Studium an der Berliner Unterrichtsanstalt am königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin trafen sie auf den gelernten Zeichner F. W. Kleuckens. Alle drei waren mit dem dort vermittelten Unterrichtsstoff unzufrieden und beschlossen, ihre „Erziehung zum praktischen Kunstgewerbler selbst in die Hand“[1] zu nehmen. In den beengten Verhältnissen einer Dachkammer des Hauses Belwe in der Fichtestraße 59 (heute Lepsiusstraße 23) im Berliner Vorort Steglitz, die gleichzeitig als Atelier wie auch als Wohn- und Schlafraum diente, entstand eine der ersten klassischen Werbeagenturen des Landes, inklusive einer kleinen Steindruck-Handpresse für die lithographische Produktion. Eine vollwertige Offizin mit einer Boston Tiegel wurde im Laufe des Jahres im liebevoll hergerichteten Belwe'schen Hühnerstall eingerichtet – das von Kleukens gezeichnete Pressen-Signet zeigt deshalb einen Hahn. Hier bildete Kleukens auch seinen Bruder Christian Heinrich Kleukens aus, der ab 1907 gemeinsam mit ihm die Ernst Ludwig Presse übernahm und diese ab 1914 allein leitete.

Der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens wurde vor allem durch den Industriellen Otto Ring gesichert. Als Hersteller des erfolgreichen Klebstoffes Syndetikon ließ er fast all seine Akzidenzien hier gestalten und drucken. 1902 wurde der Werkstatt eine „Schule für Buchgewerbe“ im zweiten Stock des Hauses angegliedert, in welcher Buchkunst und andere kunstgewerbliche und künstlerische Fächer gelehrt wurden. Die Druckerei wurde um drei weitere Druckmaschinen erweitert, eine Tiegeldruckpresse mit Motorantrieb sowie zwei Schnellpressen. Im Jahr darauf wurden noch Teile des Nebengebäudes angemietet, um eine Maschinenwerkstatt, eine Bildhauerwerkstatt und eine Buchbinderei einzurichten. Die Erzeugnisse der Werkstatt wurden im Selbstvertrieb vermarktet. Da jedoch nicht alle Fachbereiche der Werkstatt profitabel arbeiteten, stellten sich allmählich finanzielle Schwierigkeiten ein. Anfang 1903 firmierte die Steglitzer Werkstatt deshalb als GmbH und nahm finanzkräftige Gesellschafter auf. Mitte 1903 verließen F. H. Ehmcke und F. W. Kleukens das Unternehmen. Kleukens übernahm eine Lehrtätigkeit an der Leipziger Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe. Ehmcke ging zu Peter Behrens an die Düsseldorfer Kunstgewerbeschule. Georg Belwe verblieb zunächst im Unternehmen und übernahm zusätzlich einen Lehrauftrag an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums; 1906 verließ auch er die Steglitzer Werkstatt und folgte ebenfalls dem Ruf an die Leipziger Akademie, wo er später die Leitung der Abteilung Satz und Druck übernahm. Die Steglitzer Werkstatt produzierte noch einige Jahre weiter, versank jedoch allmählich im Mittelmaß.

Literatur

  • F. H. Ehmcke: Die Steglitzer Werkstatt. In: Das Plakat, Jg. 11 (1920), Heft 4, S. 179–190 (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Britta Marthen: Die Steglitzer Werkstatt. Freie Universität Berlin, Berlin 1999.