Starogard Gdański

Starogard Gdański
Wappen von Starogard Gdański
Starogard Gdański (Polen)
Starogard Gdański
Basisdaten
Staat:Polen
Woiwodschaft:Pommern
Powiat:Starogard Gdański
Fläche:25,27 km²
Geographische Lage:53° 58′ N, 18° 32′ O
Höhe:70 m n.p.m.
Einwohner:47.272
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl:83-200 bis 83-202
Telefonvorwahl:(+48) 58
Kfz-Kennzeichen:GST
Wirtschaft und Verkehr
Straße:DK 22: (Berlin–) Kostrzyn nad OdrąGrzechotki
Eisenbahn:Tczew–Chojnice
Nächster int. Flughafen:Danzig
Gmina
Gminatyp:Stadtgemeinde
Einwohner:47.272
(31. Dez. 2020)[1]
Gemeindenummer (GUS):2213031
Verwaltung (Stand: 2009)
Stadtpräsident:Janusz Stankowiak
Adresse:ul. Gdańska 6
83-200 Starogard Gdański
Webpräsenz:www.starogard.pl



Starogard Gdański [sta'rɔgard 'gdaɲski] (deutsch Preußisch Stargard; kaschubisch Starogarda) ist eine Stadt im Powiat Starogardzki (Stargarder Kreis) der polnischen Woiwodschaft Pommern. Die Stadt mit nahezu 48.000 Einwohnern ist Sitz des Powiat sowie eine eigenständige Stadtgemeinde.

Geographische Lage

Die Stadt liegt in Pommerellen im ehemaligen Westpreußen, an dem kleinen Fluss Ferse (poln. Wierzyca), etwa 21 Kilometer südwestlich von Tczew (Dirschau), 40 Kilometer südlich von Danzig und 67 Kilometer nordöstlich von Chojnice (Konitz).

Geschichte

Stadtwappen um die Mitte des 14. Jahrhunderts
Rathaus in nächtlicher Beleuchtung
Front des Rathauses
St.-Katharinen-Kirche
Katholische St.-Matthäus-Kirche (ehemalige Pfarrkirche St. Marien, 14. Jh.)

Mittelalter

Vom 8. bis zum 12. Jahrhundert existierte eine Burg an der Stelle der heutigen Stadt.

Die erste urkundliche Erwähnung einer Siedlung an der Stelle des heutigen Starogard Gdański stammt vom 11. November 1198 als Starigrod. Die Urkunde erwähnt die angeblich 24 Jahre zuvor erfolgte Schenkung der Burg und ihrer Umgebung durch den pommerschen Herzog Grzymisław II. von Pommerellen-Liebschau/Dirschau an den Johanniterorden.[2] Die Johanniterburg lag am linken Ufer der Ferse an der Stelle der 1655 zerstörten St.-Johannis-Kirche. Am Ort der Burg führte die „Kaufmannsstraße“ über die Ferse.[2] 1269 wurde der Ort als Stargarde (slawisch alte Burg) erwähnt. 1305 eroberte der Deutsche Orden den Ort, wodurch es an den Deutschordensstaat Preußen kam. Unmittelbar südlich der Burg entstand nach 1309 die Stadt Preußisch Stargard als Gründung des Deutschen Ritterordens.[2] Um 1338 begannen die Einwohner mit dem Bau einer Befestigungsanlage für die Siedlung, ein Jahr später erhielt der Ort sein eigenes Wappen. Das Stadtrecht nach Kulmer Recht erhielt Starogard 1348 vom Hochmeister Heinrich Dusemer. Im Nordwesten erhebt sich über dem Fluss die katholische Pfarrkirche zu St. Marien, später auch »St. Mathaei Apostoli« genannt, eine dreischiffige Basilika aus dem 14. Jahrhundert.

1465 wurde die Stadt von der polnischen Armee belagert. Ein Jahr später wurde Preußisch Stargard Teil des sezessionistischen westlichen Ordenspreußens, das sich als autonomes Preußen Königlichen Anteils freiwillig der Oberhoheit der polnischen Krone unterstellt hatte. Stargard wurde Teil der Woiwodschaft Pommerellen und Tagungsstätte seiner Landtage. Ein großes Feuer vernichtete 1484 die Hälfte der Stadt.

Frühe Neuzeit

Aus dem Jahr 1525 datieren die ersten Anzeichen der Anwesenheit von Lutheranern. 1557 wurde die St.-Katharinen-Kirche evangelisch-lutherisch und blieb es auch, als 1599 alle übrigen Kirchen den Katholiken ausgeliefert werden mussten. Sie wurde 1792 Opfer des großen Stadtbrandes und anschließend an ihrem heutigen Standort wieder aufgebaut.[2] 1566 wurde die Stadt erstmals Starogard genannt. Der Lauf der Ferse bildete bis in die Neuzeit hinein die Nordgrenze der Stadt, obwohl der Johanniterbesitz bereits 1370 vom Deutschen Orden erworben wurde.[2] 1624 wurde der nördliche und 1749 der südliche Stadtteil gänzlich durch Feuer zerstört.[3]

Während des Zweiten Nordischen Kriegs wurde die Stadt 1655 von Schweden eingenommen und zwei Jahre lang besetzt.

Durch die erste polnische Teilung von 1772 wurde Stargard Teil des Königreichs Preußen. 1792 wüteten mehrere Feuer in der Stadt und zerstörten sie nahezu vollständig. 1789 hatte Preußisch Stargard, das von einer Stadtmauer umgeben war, innerhalb der Ringmauer 102 Häuser, »größtenteils nach alter Art mit Vorlauben« erbaut, und die Bürgerschaft mitsamt dem Magistrat bestand »fast durchgehends aus Deutschen und Protestanten«, während die Bewohner der Vorstadt größtenteils Polen und Katholiken waren.[3] Mitten auf dem großen viereckigen Marktplatz stand das 1766 errichtete Rathaus »mit einem sehr alten Turme«, auf dem sich die Stadtuhr befand. An allen vier Ecken des Marktplatzes befanden sich öffentliche Brunnen, die mittels einer Wasserkunst aus der Ferse gespeist wurden.[3] Die Anlage einer Wasserkunst mit kupfernen Röhren wird bereits 1514 erwähnt.[2] Mit Hilfe derselben Wasserkunst wurde auch Wasser in das Stadt-Brauhaus geleitet.[3]

19. Jahrhundert

1807 besetzten für Napoleon kämpfende Truppen unter Jan Henryk Dąbrowski kurzzeitig die Stadt. Der Beginn des 19. Jahrhunderts bedeutet für den Ort eine zunehmende Industrialisierung und die Stadt, die seit 1818 Sitz des Kreises Preußisch Stargard war, wurde zu einem wichtigen Zentrum für die Getreide-, Tabak-, Leder-Produktion. 1862 erhielt der Ort als einer der ersten im heutigen Polen eine Feuerwehr und zwei Jahre später wurde die Wodka-Fabrik Winkelhausen eröffnet. 1871 erfolgte der Anschluss an das Schienennetz und 1900 wurde ein Wasser- und Gasnetz in der Stadt errichtet. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Preußisch Stargard eine evangelische Kirche, eine katholische Kirche, eine Synagoge, ein Gymnasium, eine Präparandenanstalt, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, ein Hauptsteueramt und eine Reihe von gewerblichen Betrieben.[4]

Die Provinzial-Irrenanstalt Conradstein entstand als dritte psychiatrische Pflegeanstalt Westpreußens ab 1893 auf dem Gelände des Ritterguts Konradstein (Koczborwo), etwa 1,5 km entfernt vom Ortszentrum. 1909 befanden sich hier 1282 Patienten.[5]

Bis 1920 war Preußisch Stargard Kreisstadt des Kreises Preußisch Stargard im Regierungsbezirk Danzig der preußischen Provinz Westpreußen des Deutschen Reichs.

20. Jahrhundert

Als nach dem Ende des Ersten Weltkrieges im Januar 1920 die Bestimmungen des Versailler Vertrags in Kraft traten und der Polnische Korridor durch deutsches Reichsgebiet verlegt wurde, wurde die Stadt ohne Volksabstimmung in die Zweite Polnische Republik eingegliedert, wo sie an die 1919 gebildete neue Woiwodschaft Pommerellen kam. Der Kreis Stargard bestand als Powiat Starogardzki fort. Durch den Frieden von Versailles waren die Stargarder, deutschsprachige wie polnischsprachige, aufgefordert, entweder Polen zu werden oder für die deutsche, bisherige Staatsangehörigkeit zu optieren. Wer für die deutsche Staatsangehörigkeit optierte, unterstand als Auslandsdeutscher polnischem Ausländergesetzgebung und konnte sein Aufenthaltsrecht verlieren. Deutschsprachige Stargarder, die Polen wurden, gehörten damit zur deutschsprachigen Minderheit in Polen, polnischsprachige Stargarder, die Polen wurden, gehörten dagegen zur Mehrheit im neuen polnischen Staat.

Mit dem deutschen Überfall auf Polen drangen deutsche Streitkräfte am 2. September 1939 in die Stadt ein, der deutsche Einmarsch kostete etwa 7000 Menschen das Leben. Insbesondere polnischsprachige Stargarder waren Opfer der Besatzerwillkür. Im Herbst 1939 ermordeten deutsche Einsatzgruppen 2342 psychisch Kranke der Anstalt Konradstein (Koczborwo).[6]

Im Oktober wurde Preußisch Stargard 1939 dem besatzungsamtlichen Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeschlagen. Der Powiat Starogardzki wurde besatzungsamtlich in Landkreis Preußisch Stargard umbenannt. In der Stadt wurde ein Außenkommando des KZ Stutthof eingerichtet.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Preußisch Stargard am 6. März 1945 von der Roten Armee besetzt, womit die deutsche Besatzung dieses Teils Polens endete. Zunächst gehörte Starogard wieder zur Woiwodschaft Pommerellen, die am 14. März die Amtsgeschäfte wieder aufgenommen hatte. Am 1. April 1945 kam das Kreisgebiet an die neu gebildete Woiwodschaft Danzig (1945–1975).

In der Folgezeit wurden unter deutscher Besatzung zugewanderte Deutsche vollzählig, wie auch angestammte deutschsprachige Polen, soweit sie nicht vorher geflohen waren, größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben.

1950 erhielt die Stadt Starogard den Zusatznamen Gdański.

Marktplatz

Bevölkerungsentwicklung bis 1945

JahrEinwohnerBemerkungen
17720103[3]
178201410ohne die hier seit 1776 stationierte Garnison (fünf Kompanien eines 1774 gegründeten Infanterie-Regiments)[3]
180202778[7]
18100 2235[7]
181602540davon 1118 Evangelische, 967 Katholiken und 450 Juden[7]
18180 2616[8]
18210 2675in 284 Privatwohnhäusern[7]
183103145meist Evangelische[9]
186705568davon 2676 Evangelische, 2082 Katholiken und 796 Juden[10]
187506022[11]
188006253[11]
189007080davon 3212 Evangelische, 3.366 Katholiken und 454 Juden[11]
190510.485mit der Garnison (eine Abteilung Feldartillerie Nr. 72), davon 4252 Protestanten und 352 Juden,[4] 6297 Einwohner mit deutscher Muttersprache[2]
191010.419am 1. Dezember, davon 5615 mit deutscher Muttersprache (darunter 3998 Evangelische, 1312 Katholiken, 375 Juden und 30 Sonstige), 4698 mit polnischer Muttersprache (darunter sechs Evangelische und 4692 Katholiken) und zwei Einwohner mit kaschubischer Muttersprache (beide Katholiken)[12]
192113.360davon 1780 Deutsche[13]
194317.895[2]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs
JahrAnzahl EinwohnerBemerkungen
201249.072meist Polen

Städtepartnerschaften

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Sport

Wirtschaft und Verkehr

Die zwei größten Unternehmen des Ortes sind Polpharma SA und Destylarnia Sobieski SA, das unter anderem das bekannte Traditionsgetränk „Krupnik“ herstellt.

Im Bahnhof Starogard Gdański kreuzt die nur noch südlich, und auch nur noch im Güterverkehr, betriebene Bahnstrecke Skórcz–Skarszewy die Bahnstrecke Tczew–Küstrin-Kietz Grenze (frühere Preußische Ostbahn).

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Weitere Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen

  • Bernhard Stadié (1833–1895), evangelischer Pfarrer, Lokalhistoriker von Preußisch Stargard und Westpreußen

Landgemeinde Starogard Gdański

Die Landgemeinde Starogard Gdański, zu der die Stadt selbst nicht gehört, umfasst eine Fläche von 196,16 km² und hat 16.865 Einwohner (Stand 31. Dezember 2020).

Literatur

  • Preußisch Stargard, Kreisstadt, an der Ferse, Regierungsbezirk Danzig, Provinz Westpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Preußisch Stargard (meyersgaz.org).
  • Erich Weise (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Ost- und Westpreußen (= Kröners Taschenausgabe. Band 317). Unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1966. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-31701-X, S. 181.
  • Bernhard Stadié: Geschichte der Stadt Stargard. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Kreises. Preußisch Stargard 1864 (books.google.de)
  • Bernhard Stadié: Der landräthliche Kreis Stargard in Westpreußen in historischer Beziehung von den ältesten Zeiten bis jetzt. Teil II: Historische Notizen über die einzelnen Ortschaften des Kreises. In: Preußische Provinzial-Blätter. Band 72, Königsberg 1869, S. 699–726, insbesondere 709–710 (books.google.de).
  • Isaac Gottfried Gödtke: Kirchengeschichte der Stadt Stargard, vom Jahre 1577 bis zum Jahre 1758. In: Archiv für vaterländische Interessen. Neue Folge, Jahrgang 1845, Marienwerder 1845, S. 192–212.
  • Martin Steinkühler: Preußisch Stargard: 800 Jahre Geschichte – 650 Jahre Stadtrechte. Ausstellungskatalog. Westpreußisches Landesmuseum, Münster 1998.
  • Martin Zeiller: Stargard (Preussen). In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae (= Topographia Germaniae. Band 13). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1652, S. 48 (Volltext [Wikisource]).
Commons: Starogard Gdański – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. a b c d e f g h Erich Weise (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Ost- und Westpreußen. Unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1966. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-31701-X, S. 181 (= Kröners Taschenausgabe, Band 317).
  3. a b c d e f Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil II: Topographie von West-Preussen. Marienwerder 1789, S. 62–63; Textarchiv – Internet Archive.
  4. a b Stargard. 2). In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 18: Schöneberg–Sternbedeckung. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1909, S. 857 (Digitalisat. zeno.org).
  5. Johannes Bresler: Deutsche Heil- und Pflegeanstalten für Psychischkranke in Wort und Bild. Band 1. 1910.
  6. Walter Grode: Deutsche „Euthanasie“-Politik in Polen während des Zweiten Weltkrieges. (PDF; 700 kB) In: Psychologie und Gesellschaftskritik, 1992, 16; abgerufen am 11. Oktober 2015.
  7. a b c d Alexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z. Karl August Kümmel, Halle 1823, S. 384–391, Ziffer 698 (Textarchiv – Internet Archive).
  8. Alexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 4: P–S. Karl August Kümmel, Halle 1823, S. 365, Ziffer 6272 (Textarchiv – Internet Archive).
  9. August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde. Königsberg 1835, S. 388–389, Nr. 21; Textarchiv – Internet Archive.
  10. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 43–44, Ziffer 5.
  11. a b c Michael Rademacher: Westpreußen, Kreis Preußisch Stargard. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft II: Regierungsbezirk Danzig. 11. Kreis Preußisch Stargard, S. 40–41, Ziffer 1 (Google Books).
  13. Der Große Brockhaus. 15. Auflage. Band 15. Leipzig 1933, S. 114.

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