Stangenwand

Stangenwand
Blick von Südosten auf v. l. n. r. Großen Beilstein, Stangenwand und Zagelkogel
Blick von Südosten auf v. l. n. r. Großen Beilstein, Stangenwand und Zagelkogel
Höhe2157 m ü. A.
LageSteiermark, Österreich
GebirgeHochschwabgruppe, Nördliche Kalkalpen
Dominanz0,395 km → Zagelkogel
Schartenhöhe21 m
Koordinaten47° 36′ 26″ N, 15° 6′ 58″ O
Stangenwand (Steiermark)
Stangenwand (Steiermark)
GesteinDachsteinkalk[1]
Alter des GesteinsObertrias
pd2
pd4
fd2

Die Stangenwand ist eine Erhebung bzw. eine markante Felswand der Hochschwabgruppe im österreichischen Bundesland Steiermark. Besondere Bedeutung hat sie durch ihre Kletterrouten.

Lage und Umgebung

Die Stangenwand liegt rund 2,3 Kilometer südwestlich des Hochschwab-Gipfels. Sie ist eine jener Formationen, die aus dem kleinteilig zergliederten Abbruch des Hochschwab-Plateaus zum Trawiestal im Süden markant hervorragen. An ihrer West- und Nordwestseite ist sie durch das Rauchtal bzw. Rauchkar deutlich vom Großen Beilstein und dem Hochwart abgesetzt. Die Abgrenzung zum Zagelkogel im Osten bildet das weniger tief eingeschnittene Bogenkar.

Vom Plateau im Norden aus betrachtet hat die Stangenwand keinen ausgeprägten Gipfel, nur ein flacher Sattel trennt ihren höchsten Punkt vom rund hundert Meter höheren Zagelkogel. Der höchste Punkt der Stangenwand liegt direkt oberhalb des Rauchtals, ihr Gipfelkreuz steht jedoch auf einem etwa 2135 m hohen Felsturm an der Südkante, der durch eine mit großen Dolinen durchsetzte Senke vom restlichen Massiv abgegrenzt wird.

Alpinistisch bedeutsam sind die über 300 m hohen, quasi senkrechten Wände an der Südseite der Stangenwand. Längliche Gesteinsformen in dieser Wand könnten dem Berg seinen Namen gegeben haben.[2]

Geologie und Geomorphologie

Der Hochschwab und die ihn westlich umgebende Hochfläche, aus deren Abbruchkante die Stangenwand vorkragt, besteht vorrangig aus Wettersteinkalk, dieser ist leicht wasserlöslich und führt damit zu der typischen Verkarstung. Die Stangenwand selbst besteht jedoch – wie auch der Zagelkogel und die östlich anschließende Karlalm und Mitteralm – aus dem jüngeren, ebenso verkarsteten Dachsteinkalk, der dem Wettersteinkalk auflagert.[1] Unterhalb des Wettersteinkalks befinden sich Schichten aus Werfener Schiefer, die einige Kilometer westlich (etwa im Bereich des Sackwiesensees) ebenfalls zutage treten. Während der Würmeiszeit war das Areal von einem Plateaugletscher bedeckt. Aufgrund geringer Eisbewegung sind die erwähnten Hochflächen nur wenig glazial überprägt. An ihren Randabstürzen und in Steilstufen zwischen den Flächen wurden jedoch Kare gebildet, die mit ihren Felswänden und Schutthalden und mit den zwischen ihnen aufragenden Graten den Hochgebirgscharakter der Gegend prägen.[3]

Wandern und Klettern

Der Nord-Süd-Weitwanderweg 05 sowie der Nordalpenweg 01 und damit auch die Europäischen Fernwanderwege E6 und E4 führen nördlich der Stangenwand über das Hochschwab-Plateau. Aus dem Trawiestal führen mehrere meist unmarkierte und i. d. R. schwierig (mindestens T3 nach der SAC-Wanderskala) zu gehende Steige durch die Kare auf das Plateau, für die Stangenwand erwähnenswert ist ein Steig, der von der Trawiesalm über das Bogenkar hinauf das Plateau führt. An seiner Schlüsselstelle ist der Steig recht ausgesetzt und nur kletternd (Schwierigkeitsgrad I+) zu bewältigen. Der etwas weniger anspruchsvolle Weg durch das Rauchtal ist für Wanderer unangenehm steil und schottrig, hingegen bei Skitourengehern beliebt.[4][5]

Stangenwand Südwest- und Südostwand

Die hoch aufragenden Wände der Stangenwand sind ein Anziehungspunkt für Kletterer und waren Schauplatz alpinistischer Pioniertaten. Am 9. Mai 1937 stürzte eine Bergsteiger-Seilschaft, bestehend aus Ulrich Sild (1911–1937), Walter Mittelholzer (1894–1937) und Liselott Kastner (?–1937), geborene Lorenz, in der Südwestwand der Stangenwand ab. Ursache war vermutlich Steinschlag.[6][7]

Von überregionaler alpinistischer Bedeutung ist insbesondere die 320 m hohe Südostwand. Sie wurde im Jahr 1938 von Raimund Schinko, Fritz Sikorovsky und Otto Pschentschnik nach vier vergeblichen Versuchen erstbegangen, welche mit derartigen Leistungen Pioniere im damals höchsten Kletterschwierigkeitsgrad VI+ waren. Für die Erstbegehung verbrachte die Seilschaft drei Tage in der Wand, biwakiert wurde auf einem mitgebrachten Holzbrett. Eine erneute Begehung gelang erst 1947 Karl Lukan und Leo Kozel.[8] Dauerhafte Rezeption bescherte der Stangenwand Südostwand auch Walter Pause durch Aufnahme der Route in sein 1977 erschienenes, bis heute als Standardwerk geltendes Buch Im extremen Fels: 100 Kletterführen in den Alpen.

Literatur und Karten

  • Walter Pause, Jürgen Winkler: Im extremen Fels: 100 legendäre Kletterführen in den Alpen. BLV Verlag, München 1977, ISBN 978-3-405-11742-9 (3. Neuauflage: Christoph Klein, Jürgen Winkler: Im extremen Fels & Im extremen Fels+. Panico Alpinverlag, Köngen 2023, ISBN 978-3-95611-182-2).
  • Martin Moser: Hochschwab: Zwischen Salzatal und Murtal (= Rother Wanderführer). 8. Auflage. Bergverlag Rother, Oberhaching 2021, ISBN 978-3-7633-4582-3, S. 74 ff.
  • Hochschwabgruppe. Alpenvereinskarte 1:50.000, Blatt 18, Zusammendruck der amtlichen Karte ÖK50 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, ISBN 978-3-937530-62-8.
Commons: Stangenwand – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b GeoSphere Austria: Geologische Österreichische Karte 1:50.000
  2. Alfred Webinger: Zur Ortsnamenkunde des Hochschwabgebietes. Siedlungen, Almen, Fluren, Berge, Gewässer. Leykam, Graz 1953, S. 17.
  3. Gerhard Zückert: Versuch einer landschaftsökologischenb Gliederung der Hochflächen der südlichen Hochschwabgruppe. In: Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark (Hrsg.): Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark. Nr. 125, 1996, S. 55–72 (zobodat.at [PDF; 1,6 MB]).
  4. Wetzsteinkogel - Zagelkogel (SG I+) - Hochwart - Rauchtal. In: bergfex.at. Abgerufen am 29. Juli 2024.
  5. Skitouren: Hochwart - Rauchtal. In: bergwelten.com. Abgerufen am 16. August 2024.
  6. Uli Sild, in: Österreichische Alpenzeitung, Folge 1182, Juni 1937, S. 142–145.
  7. Historisches Alpenarchiv der Alpenvereine in Deutschland, Österreich und Südtirol, Personenmappe Uli Sild, Signatur: DAV PER 1 SG/2041/0 (PDF-Datei; 859 kB), auf: historisches-alpenarchiv.org, abgerufen am 15. November 2017.
  8. Stangenwand - Südostwand. In: tiefoben.at/. 6. November 2021, abgerufen am 16. August 2024.

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Blick auf die Südostseite der Stangenwand (links) und das Bogenkar
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Blick von Norden auf den Gipfel der Stangenwand in der Hochschwabgruppe, Steiermark.
Beilstein, Stangenwand, Zagelkogel, Rauchtal.jpg
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Unteres Rauchtal mit Großem Beilstein, Stangenwand und Zagelkogel, Hochschwab (Steiermark)
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Blick vom Wetzsteinkogel auf die Ostseite der Stangenwand
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Blick über den Gipfel der Stangenwand nach Nordosten auf den Zagelkogel, mittig-rechts im Hintergrund der Hochschwab.
Beilstein, Stangenwand, Wetzsteinhöhle.jpg
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Blick vom Weg Richtung Joser Alm nach Nordosten über das Trawiestal auf die Südflanke des Hochschwab-Plateaus.
Stangenwand Westseite.jpg
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Blick über den oberen Bereich des Rauchkars nach Osten auf die Westseite der Stangenwand in der Hochschwabgruppe, Steiermark.