Staffelgiebel
Staffelgiebel (Treppengiebel, Stufengiebel, selten auch Katzentreppe[1]) bezeichnet im Bauwesen einen Giebel mit abgetreppter Kontur.[2] Die gemauerte Giebelscheibe ragt dabei über die Dachhaut hinaus und verdeckt sie.
Geschichte und Verbreitung
Die frühesten Beispiele entstanden im 12. Jahrhundert in der romanischen Architektur in Flandern (Belgien), dann im 13. Jahrhundert im Rheinland. Das aus dem späten 12. Jahrhundert stammende Kornhaus am Graslei in Gent, genannt Korenstapelhuis oder Spijker, hat vielleicht den ältesten erhaltenen Staffelgiebel. Das Overstolzenhaus in Köln gehört zu den wenigen romanischen Bauten mit Staffelgiebel. In der Gotik verbreitete sich der Staffelgiebel besonders in Norddeutschland und im Gebiet des Deutschen Ordens sowie in Dänemark, aber auch im niederländisch-flämischen Gebiet, sowie weiter südlich von Südwestdeutschland bis nach Böhmen. Vor allem repräsentative Profanbauten wurden mit Stufengiebeln versehen, dazu einige Kirchenschiffe im Ostseeraum und einige Kirchtürme in Schwaben. In Polen weisen nicht wenige Profanbauten Staffel- und Volutengiebel auf. Im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert wurden auch einige schottische Herrenhäuser und Schlösser mit Stufengiebeln errichtet.
Nicht ohne Stufengiebel zu denken sind Bürgerbauten der Backsteingotik sowie Werke der Backsteinrenaissance und der Weserrenaissance.
Auf der Baar, der waldarmen Ostseite des Schwarzwaldmassivs, gibt es zahlreiche Bauernhäuser mit Stufengiebeln.
Ausgestaltung
Die Stufen wurden gelegentlich mit Blendbögen, Friesen, Maßwerk oder Zinnen verziert. Diese Verzierungen können in Form einer Maßwerkbekrönung noch über den stufenförmigen Mauerabschluss hinausragen, oder die über die Dachschräge hinausragende Stufen können mit runden („Windlöcher“) oder fensterförmigen Öffnungen („Wind“- oder „Luftfenster“) durchbrochen sein.
In der Architektur der Renaissance und mehr noch des Barock wurde der Staffelgiebel unter der Verwendung von schneckenförmigen Verzierungen (Voluten) und anderen zeitgenössischen Schmuckelementen zum Volutengiebel weiterentwickelt.
In der Barockzeit waren das Dach überragende Ziergiebel nicht nur in Norddeutschland, sondern auch in den Niederlanden, Flandern, Süddeutschland und Böhmen beliebt. Statt vieler Stufen baute man nun oftmals nur noch wenige, manchmal ein einziges Paar, mit riesigen Voluten.
Beispiele
- „Tempelhaus“ (Burgmannenhaus) in Erbach (Odenwald), 14. Jahrhundert
- Steintor in Anklam, Giebel ab 1450
- Kurie in der Fischgasse in Fritzlar, um 1410
- Sog. Fruchtkasten in Nellingen, Ostfildern, zw. 1565 u. 1599
- Schloss Heynitz, ein Beispiel der Sächsischen Renaissance
- Solnice (Salzhaus) in České Budějovice, vor 1563[3]
- Dominikanerkirche in Lublin, 16. Jh., Voluten- wie auch Staffelgiebel
- (c) Piergiuliano Chesi, CC BY-SA 3.0
- Leiden, Niederlande, 17./18. Jh.
- Arras, Nordfrankreich – der letzte gotische Stufengiebel, flankiert von barocken Volutengiebeln
- Helferei (1526) und Haus zum Thiergarten (links, 1529) in Schaffhausen, Schweiz
- Gebäudeensemble in Friedrichstadt, Kreis Nordfriesland, 17. Jh.
Andere Ziergiebel
Dreiecksgiebel mit einzelnen Staffeln
Es gibt auch Dreiecksgiebel mit einzelnen Staffeln, oft in Kombination, die aber keine zusammenhängende Treppe bilden:
- Firststaffel, eventuell als architektonisch aufgewerteter Kamin
- Schulterstaffeln bei den Traufen
- eventuell auch zwischendurch
Dreiecksgiebel mit First- und Schulterstaffeln werden als Dreistaffelgiebel bezeichnet.
- Dreistaffelgiebel in Edam, Nordholland
- Giebel mit fünf Einzelstaffeln in Enkhuizen, Nordholland
- Abtshaus der Abtei Middelburg, Provinz Zeeland
- Burg Bederkesa, spätgotisch, Elbe-Weser-Dreieck
Volutengiebel
Außer Stufengiebeln mit Volutenschmuck gibt es auch Volutengiebel, bei denen Voluten die Stufen ersetzen oder die ganze Giebelschräge als eine einzige Volute ausgebildet ist. Im deutschen und im niederländischen Sprachgebiet sind Volutengiebel an Bürgerhäusern in dicht bebauten Altstädten bekannt. Die Entwicklung des Volutengiebels fiel aber zeitlich zusammen mit der Entwicklung einer Vormachtstellung des Abendlandes und der Gründung europäischer Niederlassungen weltweit. So wurden rund um den Globus Kirchen mit Volutengiebeln errichtet. Die Verwendung von Volutengiebeln fand keine Unterbrechung von der Renaissancearchitektur bis in den Historismus und den Jugendstil des Industriezeitalters.
- Buddenbrookhaus in Lübeck, 1758
- Volutengiebel in Edam, Nordholland
- Haus „de Keyzer“ in Diest, Flämisch Brabant
- Ehemaliges Woiwodschaftsgebäude in Nawahrudak, Belarus
- Uspenski-Kathedrale des Kiewer Höhlenklosters, Ukraine
- Kathedrale von Puducherry (Indien), französisch, 1791
Weblinks
- Katzentreppe in der Altstadt, auf osnabrueckbesten.de
Einzelnachweise
- ↑ Otto Lueger: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5, Stuttgart / Leipzig 1907, S. 411. (Abschrift auf zeno.org, abgerufen am 17. Februar 2024)
- ↑ Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 17. Februar 2024), S. 441: Staffelgiebel.
- ↑ Franz Seraph Seyser, Franz Xaver Jlling, Chronik der Kreisstadt Budweis von ihrem Ursprunge bis zum Jahre 1840 (Google Buchsuche 15. Februar 2016)
- ↑ Die besondere Gestaltung der Giebel. In: osnabrueckbesten.de. Abgerufen am 17. Februar 2024.
- ↑ Wiederherstellung in der Dominikanerkirche św. Stanisław in ihrer heutigen Gestalt Ende 16. Jh. nach Großbrand 1575
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Früher Rentamtsgebäude „Wirlehaus“, heute Schöndorfer-Wörle-Lankmayerhaus
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Diest (prov. Vlaams-Brabant, België). Renaissancepand De Keyzer, Grote Markt nr. 24. Uit 1616 blijkens muurankers.
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Voivodeship in Navahrudak, Belarus
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Buddenbrookhaus in Lübeck
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Kodeń, kościół filialny p.w. św. Ducha, cerkiew zamkowa z 1530
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Die ehemalige "Kurie in der Fischgasse" in Fritzlar, zwischen Marktplatz und Dom, erbaut um 1410. Die gotische Kurie war eine von einst insgesamt 18 Kurien, Wohnhäusern der Chorherren, im Stiftsbezirk um den Dom. Das im Siebenjährigen Krieg zerstörte Dach wurde 1928 in seiner ursprünglichen Form mit Staffelgiebeln wieder hergestellt.
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Hauptstraße in Stockach
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Das Steintor in Anklam (Vorpommern).
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Tongeren, brewery of the beginage
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22.06.2016 01683 Heynitz (zur Stadt Nossen): Schloß von Nordwesten, Hofseite. Das Renaissanceschloß (16. Jh.) Heynitz gehörte über acht Jahrhunderte der Adelsfamilie von Heynitz. Hervorgegangen ist es aus einer Wasserburg des 12./13. Jh. In dem kleinen Erker auf der Parkseite im 2. OG befindet sich der Chor einer Hauskapelle. Nach 1945 wurde der Besitz enteignet und an Neubauern aufgeteilt. Im Schloß waren Wohnungen u. Schulräume. Außerdem befand sich hier die Gemeindeverwaltung. Seit 2004 gehört das Schloß der Eigentümergemeinschaft Familie v. Watzdorf und dem Förderverein Schloß Heynitz. [SAM6669.JPG]20160622110DR.JPG(c)Blobelt
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