Stadtwerke Neumünster
Stadtwerke Neumünster | |
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Rechtsform | GmbH |
Sitz | Neumünster |
Leitung | Michael Böddeker (Sprecher), Morris May, Dirk Lohmeyer |
Mitarbeiterzahl | 784[1] |
Umsatz | 288 Mio. Euro[1] |
Branche | Infrastruktur (Energieversorgung, Fernwärme, Trinkwasser, Entsorgung, Telekommunikation und Verkehr) |
Website | www.swn.net |
Stand: 22. Juni 2021 |
Die Stadtwerke Neumünster (SWN) sind ein regionales Energieversorgungs- und Dienstleistungsunternehmen in Neumünster. Geschäftsfelder sind Energiedienstleistungen, die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Fernwärme und Wasser sowie Telekommunikationsdienstleistungen.
Vorgeschichte
Im Oktober 1899 wurde in Neumünster auf Initiative der AG Elektricitätswerke vormals O. L. Kummer & Co. und eines Bankhauses die Licht-, Kraft- und Wasserwerke AG gegründet. Bereits 1902 kam es zu einer Fusion mit der Baltischen Elektrizitäts-AG in Kiel, aus der die Umfirmierung in Baltische AG für Licht-, Kraft- und Wasserwerke sowie die Verlegung des Sitzes nach Kiel resultierten. Wohl wegen ausbleibendem unternehmerischen Erfolg wurden bis 1914 die einzelnen Werke verkauft, zumeist an die durch sie versorgten Kommunen.[2]
Geschäftsfelder
Energie und Energiedienstleistungen, Fernwärme
Im Geschäftsfeld Energie fungiert SWN in der Stadt Neumünster als Grundversorger. Die Stromerzeugung erfolgt über eine in der Stadt gelegene thermische Ersatzbrennstoffverwertungsanlage (TEV), die zugleich zur Erzeugung von Fernwärme genutzt wird. Befeuert wird sie überwiegend mit Ersatzbrennstoff, der in der im südlichen Neumünster gelegenen mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) gewonnen wird. Die MBA ist ein der größten Einrichtungen dieser Art Deutschlands. Ihr Betriebsgelände im Stadtteil Wittorf umfasst auch eine 2014 stillgelegte Mülldeponie. Das auf der Deponie austretende Methan wird in einem Blockheizkraftwerk zur Stromerzeugung verwendet.
Neben der TEV unterhalten die Stadtwerke auf dem Gelände an der Bismarckstraße ein Heizkraftwerk, das mit Steinkohle betrieben wird, um in Spitzenlastzeiten ausreichend Fernwärme zu erzeugen. Eine Umstellung von Steinkohlebetrieb auf Gasbefeuerung im Zuge des Kohleausstiegs ist in Planung.
Verstärkt werden neuerdings energienahe Dienstleistungen wie die Vermittlung von Elektroautos und der Vertrieb von Wandladestationen für die Elektromobilität unter der Marke nonoxx angeboten.
Telekommunikation
Im Jahr 2009 erweiterte sich das SWN-Leistungsangebot auf Telekommunikationsdienstleistungen. Unter dem Namen GIGA5 werden Telefonie-, Internet- und TV-Dienste über Glasfaser angeboten. SWN unterhält im Kerngebiet Neumünster und Umgebung ein eigenes Glasfasernetz. In anderen Teilen Schleswig-Holsteins (u. a. die Kreise Segeberg, Dithmarschen und Steinburg) hat das Unternehmen umfassend Netze für Breitband-Zweckverbände geplant und gebaut. Anschließend werden diese Netze für mehrere Jahrzehnte gepachtet und betrieben. Im Mai 2020 konnte die Fertigstellung des Netzes in Steinburg vermeldet werden. Als einer der ersten Landkreise bundesweit wird dieser von SWN flächendeckend mit Glasfaserleitungen versorgt. Rund 95 Prozent der Einwohner sind in der Lage, einen Glasfaseranschluss bei SWN zu buchen.[3] SWN ist mit rd. 50.000 Kunden in Schleswig-Holstein und 25 % der versorgten Landesfläche zu einem der größten landesweiten Anbieter solcher Dienste avanciert. Bundesweit engagiert sich das Unternehmen als Mitglied der Verbände BREKO und Buglas für die Verbesserung der Infrastruktur mit Glasfaser.
Stadtverkehr
Seit Januar 2015 wird der Stadtbusverkehr in Eigenregie der SWN Verkehr GmbH durchgeführt. Mit 35 Niederflurbussen werden auf 21 Buslinien insgesamt 75 Haltestellen bedient. Rund 2,6 Mio. Fahrgäste jährlich nutzen den Service.[4] Es gilt der Schleswig-Holstein-Tarif. Unter der Marke hinundwech wird seit dem Jahr 2020 ein zusätzliches Mobilitätsangebot für stationsgebundenen Ruftaxidienst unterhalten, der über eine Mobile App geordert wird.
Historische Entwicklung
Im August 1920 wurde die erste Kraftomnibuslinie von Neumünster nach Bordesholm der Kraftverkehrs-Gesellschaft Union konzessioniert. Den Stadtbusverkehr in Neumünster übernahm am 10. September 1920 die Städtische Kraft-, Wasser- und Verkehrswerke mit zwei Akkumulatorbussen. Während der Inflationszeit wurde der Betrieb mehrmals unterbrochen und 1926 schließlich eingestellt. Der Stadtbusverkehr wurde nun von der Flensburger Automobil-Betriebs-Genossenschaft durchgeführt. 1928 wurde sie in Allgemeine Flensburger Automobil-Betriebs-Gesellschaft (AFAG) und 1930 in Allgemeine Kraftfahrzeug-Betriebs-Gesellschaft (AKB) umfirmiert. Die AKB ging 1932 konkurs, der Busverkehr wurde nun von dem Unternehmen M. Peters übernommen. Nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb 1945 vollständig eingestellt. Die britische Besatzungsmacht beauftragte im Oktober 1945 das Unternehmen Glau & Habild mit der Betriebsdurchführung des Stadtverkehrs.[5]
Nach einem Rechtsstreit um die Konzessionsvergabe vor dem Oberverwaltungsgericht verfügte der Minister für Wirtschaft und Verkehr, dass die Überlandbuslinien von Neumünster aus an Peters, die Stadtbuslinien bis spätestens 1959 an die Stadt Neumünster abzugeben seien. Die Stadt verkaufte die Rechte am 29. Juni 1956 an die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH), die den Stadtbusverkehr in Neumünster ab dem 5. Juli 1956, zunächst mit den alten Bussen von Glau & Habild betrieben. Schon sehr bald kamen neue Busse in der rot-schwarzen Lackierung der VHH (Mercedes-Benz O 321 H und HL) hinzu. Es gab Einmannbetrieb, 30-Minuten-Takt auf den Hauptlinien und geänderte bzw. neue Linien mit Liniennummern zwischen 51 und 61. Die VHH übernahm zum Sommerfahrplan 1957 den Ortsverkehr Bordesholm vom Verkehrsunternehmen Werner Gram, gab ihn 1958 aber wieder ab. Im März 1958 wurde ein neuer Tarif mit Umsteigeberechtigung und Zahlgrenzen für die äußeren Linienabschnitte eingeführt. Im Juni 1958 hatte die VHH 25 neue Busse und noch sechs von Glau & Habild in Neumünster in Betrieb. Der Betriebshof an der Rosenstraße wurde 1961 modernisiert und erhielt ein neues Sozialgebäude sowie eine automatische Wagenwaschanlage. Eine neue Linie von der Böcklersiedlung über das Neubaugebiet Haartkoppel zum Friedhof wurde 1962 eingerichtet. 1962 kamen auch neue luftgefederte Busse (Magirus-Deutz Saturn II) mit Funkgeräten. Ab 1969 wurden neue Standard-Linienbusse beschafft, zunächst Mercedes-Benz O 305, ab Mitte der 1970er Jahre auch Ikarus 190 aus Ungarn.
Der in eigener Regie und auf eigene Rechnung durchführte Betrieb erwirtschaftete zunächst noch Gewinne. Durch die nach der „Wirtschaftswunder“-Zeit zunehmende Verbreitung des MIV sanken die Beförderungszahlen in den 1970er Jahren jedoch erheblich, sodass keine Gewinne mehr erzielt werden konnten.[6] Zum Vergleich: 1957 wurden 5,867 Mio. Personen befördert, 1963 waren es 6,291 Mio., 1966 7,718 Mio., 1975 6,407 Mio. und 1983 nur noch 3,73 Mio.[7] Schließlich kündigte die VHH den Vertrag mit der Stadt zum 31. Dezember 1979 wegen zunehmender Unwirtschaftlichkeit. Die VHH bekam vorher lediglich Ausgleichszahlungen für den Schülerverkehr, das ständig steigende sonstige Defizit musste die VHH selbst tragen. Im Jahr 1980 führte die VHH den Stadtverkehr weiter durch, da die Stadt die Übernahme des Defizits für dieses Jahr zusagte.
Ab dem 1. Januar 1981 wurde der Stadtbusbetrieb in Neumünster von der VHH im Auftrag der Stadtwerke Neumünster durchgeführt. Auf diese Weise konnten Verluste mit Gewinnen aus den SWN-Sparten Strom, Fernwärme und Wasser im „Querverbund“ steuerlich verrechnet werden. Ab 1983 beschaffte die SWN die Busse selbst. Ab 2001 kamen wieder VHH-eigene Busse nach Neumünster. Im Jahr 2004 wurden die ersten zehn Busse mit Motoren für Erdgas-Betrieb (MAN Lion’s City NL 243 CNG) angeschafft, allerdings wieder von den SWN.[8] Ihnen folgten 2006 weitere drei MAN-Erdgasbusse, 2007 neun, 2009 drei und 2010 nochmals ein MAN-Erdgasbus. Die zehn ältesten Erdgasbusse von 2004 wurden Ende 2014 verkauft und durch Mercedes-Benz Citaro Dieselbusse ersetzt. Ab dem 1. Januar 2008 gehörten die Busse wieder der VHH, die den Stadtverkehr in Neumünster bis zum 31. Dezember 2014 im Auftrag der SWN Beteiligungen GmbH außerhalb des HVV durchführte. Zum Jahreswechsel wurde der Stadtbusverkehr von der Stadt übernommen, die den Betrieb – einschließlich vormaligem VHH-Betriebshof in der Rendsburger Straße 87, den Beschäftigten und den Omnibussen – an das neue Stadtwerke-Tochterunternehmen SWN Verkehr GmbH übertrug.
Bad am Stadtwald
SWN betreibt mit dem Bad am Stadtwald eines der größten Bäder im südlichen Landesteil Schleswig-Holsteins. Es wurde ab 2016 umfangreich modernisiert und erweitert. Im Hallenbereich besteht es aus einem im Dezember 2017 neu eröffneten 50-m-Sport-Schwimmbecken mit Startblöcken, dessen eine Dachhälfte bei entsprechender Witterung über das restliche Dach gezogen werden kann („Cabrio“-Dach). Das Hallenbad verfügt über ein 25-m-Schwimmbecken mit Sprungtürmen bzw. -brettern in fünf, drei und einem Meter Höhe. Es gibt ein beheiztes Außenbecken, ein Entspannungs- und ein Kleinkinderbecken sowie eine 90-m-Wasserrutsche. Modernisiert wurde auch die Saunalandschaft. Ein neu errichtetes Freibad-Nichtschwimmerbecken wurde 2018 eröffnet, Kleinkinder- und Sprungbecken sind erneuert.[9]
Im Jahr 2016 besuchten 437.851 Menschen das Bad.[10]
Konzernstruktur
Die Stadtwerke als bis dahin bestehende städtischen Eigenbetriebe wurden Anfang 2002 in separate GmbHs ausgegliedert. Sie firmieren heute wie folgt:
- SWN Stadtwerke Neumünster GmbH, Versorgungsunternehmen für Strom, Gas, Wasser, Fernwärme und Telekommunikation
- SWN Verkehr GmbH, Verkehrsunternehmen für den Stadtbusverkehr
- SWN Bäder und Freizeit GmbH
- SWN Entsorgung GmbH
Alle Unternehmen sind vollumfänglich Tochtergesellschaften der Konzernmutter SWN Stadtwerke Neumünster Beteiligungen GmbH, deren Alleingesellschafterin die Stadt Neumünster ist.
Die SWN Entsorgung GmbH ist eine Gesellschaft ohne operatives Geschäft. In ihr hält SWN als Mehrheitsgesellschafterin die Anteile der gemeinsam mit der Remondis-Gruppe betriebenen MBA Neumünster GmbH.
Daten
Der Stadtwerkekonzern hat im Geschäftsjahr 2020 mit 803 Mitarbeitern, darunter 35 Auszubildenden, 288 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet.[1]
Weblinks
- Offizieller Internetauftritt der SWN Stadtwerke Neumünster GmbH
- Offizieller Internetauftritt des Bades am Stadtwald
- Offizieller Internetauftritt mit Elektromobilitätsangeboten
Einzelnachweise
- ↑ a b c [1]
- ↑ Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften, 19. Ausgabe 1914/1915, Band 2, S. 761.
- ↑ https://www.zfk.de/digitalisierung/breitband/artikel/531eefbfdecbed332d9a9c489f83cbd2/swn-95-prozent-der-einwohner-des-kreises-steinburg-mit-glasfaser-versorgt-2020-05-29/
- ↑ Allgemeine Informationen zu SWN Verkehr auf www.stadtwerke-neumuenster.de, abgerufen am 26. August 2018
- ↑ Die Chronik des Nahverkehrs in Neumünster, im VHH-Blog Gastbeitrag auf vhhbus.de vom 15. Dezember 2014, abgerufen am 11. August 2018
- ↑ Harald von Carnap, Rolf Westphalen, Karsten Peper: 75 Jahre Busbetrieb 1926–2001. BGE VHH. Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein, Hamburg 2001.
- ↑ Hans-Jürgen Kielmann: 40 Jahre VHH-Busbetrieb in Neumünster. In: VHH-Kurier 2/96, Betriebszeitung der VHH, S. 18
- ↑ Lutz Bartoschek: Und beinah fuhr die Straßenbahn · Die Entwicklung des Stadtverkehrs in Neumünster. Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein, Hamburg 2006
- ↑ Bad am Stadtwald: Umbau startet im September. Abgerufen am 18. Januar 2018.
- ↑ Stadtwerke Neumünster, Absatz und Kundenzahlen 2016. Abgerufen am 16. Januar 2017.
Koordinaten: 54° 4′ 55,5″ N, 9° 59′ 16,8″ O
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Hallen- und Freibad "Bad am Stadtwald" Vorderansicht. Das Bad wird von den Stadtwerken Neumünster (SWN) betieben.
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Einfahrt zum SWN Wertstoffzentrum der Stadtwerke Neumünster (SWN) in Neumünster-Wittorf. Der alte Müllberg ist rechts hinter den Gebäuden zu erkennen
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Thermische Ersatzbrennstoff-Verwertungsanlage der Stadtwerke Neumünster in der Bismarckstraße