Staatsrat (Danzig)

Der Staatsrat war die provisorische Regierung der entstehenden Freien Stadt Danzig von März bis Oktober 1920.

Geschichte

Vorgeschichte

Durch den Versailler Vertrag von 1920 wurden Danzig aus dem deutschen Staatsverband herausgelöst.[1] Am 9. Januar 1920 wurde ein Umsetzungsankommen abgeschlossen und die Staatshoheit über die künftige Freie Stadt Danzig ging auf die Siegermächte über. Die deutschen Truppen der Danziger Garnison wurden verabschiedet und alliierte Truppen Anfang Februar rückten alliierte Truppen unter General Richard Haking zogen Anfang Februar ein. Der britische Diplomat Reginald Thomas Tower wurde als Administrator und vorläufiger Hoher Kommissar des Völkerbundes Verwaltungschef.

Staatsrat in Danzig

Am 5. März 1920 berief Tower zur Führung der laufenden Verwaltungsgeschäfte den Staatsrat. Er bestand zunächst aus Oberbürgermeister Heinrich Sahm als Vorsitzenden, dem Oberregierungsrat Felix Otto von Kameke und dem stellvertretenden Landrat Emil Venske.

Mit Verordnung vom 20. März wurde der Staatsrat durch 6 Vertreter der politischen Parteien und durch Leiter verschiedener Verwaltungen vergrößert. Diese Chefs der Behörden (Gericht, Eisenbahn, Zollverwaltung, Post) waren nur in Angelegenheiten stimmberechtigt, die die eigenen Ressorts betraf.

Er hatte nun die Kompetenz, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen und über Mittelaufnahme und -verwendung zu entscheiden. Reginald Thomas Tower behielt sich die Bestätigung einzelner Beschlüsse vor und verlangte die Vorlage aller Beschlüsse.

Auflösung

Nach der Bildung des ersten Senats (Sahm I) gingen die Amtsbefugnisse im Oktober 1920 auf diesen über und der Staatsrat beendete seine Tätigkeit.

Mitglieder

Der Staatsrat bestand aus[2]

Staatsrat im engeren Sinne

  • Oberbürgermeister Heinrich Sahm – Vorsitzender
  • Oberregierungsrat Felix Otto von Kameke, stellvertretender Regierungspräsident – Stellvertretender Vorsitzender
  • Regierungsrat Emil Venske, stellvertretender Landrat des Kreises Danziger Höhe

Leiter von Behörden

Die Leiter einzelner Behörden waren nur in den sie betreffenden Angelegenheiten stimmberechtigt.[3]

  • Geheimer Oberjustizrat Paul Kirchner, Landgerichtspräsident
  • Oberregierungsrat Bruno Schmauch, stellvertretender Eisenbahndirektionspräsident
  • Paul Beermann, Präsident der Oberpostdirektion
  • Oberregierungsrat Friedrich Kraefft, stellvertretender Präsident der Oberzolldirektion

Vertreter der Parteien

Stellvertreter für die Vertreter der politischen Parteien

Literatur

  • Heinrich Sprenger: Heinrich Sahm: Kommunalpolitiker und Staatsmann, 1969, S. 53–54
  • Robert Franke, Otto Loening (Hrsg.): Staatshandbuch für die Freie Stadt Danzig I. Die Verfassunggebende Versammlung, Danzig 1920. S. 58 Digitalisat
  • Ernst Ziehm: Die Verwaltung Danzigs durch die interalliierten Hauptmächte und die Konstituierung der Freien Stadt Danzig; in: Albert Brödersdorff (Hrsg.): Die Entstehung der Freien Stadt Danzig : fünf Aufsätze, Danzig, 1930

Einzelnachweise

  1. Versailler Vertrag, Artikel 100–108 Abschnitt XI, Teil III VV
  2. Robert Franke, Otto Loening (Hrsg.): Staatshandbuch für die Freie Stadt Danzig I. Die Verfassunggebende Versammlung, Danzig 1920, S. 58. Digitalisate
  3. Zu den Mitgliedern gibt es kaum biographische Informationen; zu den Vornamen und Adressen siehe Danziger Einwohnerbuch, 1920