St. Johannes Baptist (Jena)

Luftaufnahme von St. Johannes Baptist

Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Johannes Baptist steht in der thüringischen kreisfreien Stadt Jena. Sie ist die Pfarrkirche der Pfarrei St. Johannes Baptist Jena im Dekanat Weimar des Bistums Erfurt.[1] Sie trägt das Patrozinium des heiligen Johannes Baptist.

Geschichte

Blick in die Kirche

Die Kirche wurde im 9. Jahrhundert als Urpfarrei gebaut. 937 wurde die Urpfarrei erst auf die Lobdeburg und später in die Kirche von Lobeda verlegt. Da Jena mit der Michaeliskirche eine eigene Kirche in ihrem Zentrum erbaute und die Johanniskirche mit der Stadtwerdung außerhalb der Stadtmauern zu liegen kam, erhielt sie die Funktion einer Begräbniskapelle. Um sie herum entstand der Johannisfriedhof, dessen Reste sich heute nördlich der Kirche und der B7 befinden und als historischer Parkfriedhof sehenswert sind.

Im Zuge der Reformation wurde Jena vollständig evangelisch. Als Napoléon Bonaparte die Schlacht bei Jena und Auerstedt gewann, sprach er einer kleinen Gruppe von Jenaer Katholiken die Begräbniskirche zu. Der damalige Bittsteller dafür war der Franzose Gabriel Henry, der in Jena als freischaffender Lehrer und Seelsorger wirkte. Nach den Befreiungskriegen wurde Gabriel Henry festgenommen und nach Bayern abgeschoben. Die Jenaer katholische Gemeinde wurde 1813 aufgelöst und seit 1817 von Weimar aus verwaltet. Erst 1905 wurde sie wiedergegründet. Die Johanneskirche ist seit Napoléons Feldzug die einzige römisch-katholische Kirche in Jena. Die katholische Gemeinde in Jena mit ihren Dörfern zählt heute ca. 6.700 Mitglieder und gehört damit zu den größten Diasporagemeinden Ostdeutschlands. Seit dem 1. Januar 2017 gehören auch die Kirchorte Camburg, Bad Sulza und Apolda zur neu gegründeten Pfarrei St. Johannes Baptist, die von Jena aus verwaltet wird.

Die Kirche war ursprünglich eine romanische Saalkirche mit Chorrechteck und halbrunder Apsis. Das Kreuzrippengewölbe im Chor mit dem Christuskopf als Schlussstein war Ergebnis eines ersten frühen Umbaus. Die erste Erweiterung der Kirche erfolgte im 13. Jahrhundert nördlich des Chores als Sakristeianbau. 1903 wurde die Kirche erweitert und gewestet: Im Westen wurden ein Querschiff und ein neogotischer Chor angebaut und der alte Chor im Osten zum Eingang umgewandelt. Zusätzlich wurde dem alten Chor im Osten ein Turm aufgesetzt.

Während der Luftangriffe auf Jena gab es Bombenschäden im Kirchendach und an den Fenstern, die als erstes beseitigt wurden. Außerdem hatte man an die Wehrmacht die Glocken aushändigen müssen, die nun wieder ersetzt wurden. Da durch Flüchtlingsströme die Zahl der Katholiken im Gemeindegebiet auf 16.000 Menschen anstieg, beantragte die Gemeinde bei der DDR-Regierung eine Erweiterung ihrer Kirche. Die Genehmigung wurde 1957 erteilt und die Umbauarbeiten dauerten bis 1960 an. Dabei wurde die Kirche wieder geostet, indem der ursprüngliche Chor wiederhergestellt wurde und im Westchor und in Teilen des Querschiffes eine Empore eingezogen wurde. In das nördliche Querschiff wurde eine Orgel eingebaut. Außerdem wurden in der Südseite die heutigen großen Fenster eingezogen. Vor der Kirche entstand vom Kirchhof aus eine Treppenanlage zur Wagnergasse.

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde der Altar in die Mitte des Altarraumes gesetzt, das große Holzkreuz wurde durch das noch heute vorhandene kleinere Metallkreuz ersetzt. Die Marienstatue kam auf ein Podest an der Nordwand. An ihren alten Platz wurde der heutige Tabernakel gebaut. Die Altarweihe erfolgte am 7. Oktober 1961. Die heutige Einrichtung der Marienkapelle wurde bei der Renovierung von 1987 durchgeführt. Bei der letzten Renovierung nach der Jahrtausendwende wurden die Fenster erneuert, die Hälfte der Beichtstühle entfernt und dafür die alte Beichtkapelle wieder hergerichtet. Außerdem wurde die Statue der Gottesmutter von der Nordseite auf die Südseite versetzt und der Taufstein mehr in das Zentrum des Altarraumes gerückt.

Orgeln

St. Johannes Baptist hat eine wechselvolle Orgelgeschichte.[2]

Gerhard-Orgel

Von 1822 bis 1910 befand sich in der Kirche eine Orgel vom Orgelbauer Johann Christian Adam Gerhard aus Dornburg, die er für 320 Thaler lieferte.

Klais-Orgel

Von 1910 bis 1957 stand im hinteren Bereich der Kirche ein zweigeteiltes Instrument, das vom Orgelbauer Johannes Klais (Bonn) erbaut worden war. Der Spieltisch befand sich in der Nähe des Altars. Über eine elektrische Traktur wurde die Orgel gespielt.

Jehmlich-Orgel

Im Jahre 1959 trat die Orgel der Firma Jehmlich Orgelbau (Dresden) ihren Dienst in der Kirche an. Bei der Kirchensanierung im Jahre 2002 trat jedoch ein Problem mit Hausschwamm zutage, da die Kirche über viele Jahre Probleme mit eindringendem Wasser hatte und das Dach nicht fachgerecht saniert werden konnte. Davon war auch die Orgel betroffen und musste ausgebaut werden. Da die Restaurierung sehr teuer geworden wäre, entschied man sich für einen Neubau.

Während die Jehmlich-Orgel ausgebaut werden musste, wurden als Übergangslösung die Gottesdienste auf einer digitalen Kirchenorgel begleitet.

Kutter-Orgel

Kutter-Orgel von 2009

Der Auftrag für den Neubau wurde an die Orgelbauwerkstatt Bernhard Kutter – Orgelbau und Audiotechnik vergeben. Die Kosten der neuen Orgel von 320.000 € wurden hauptsächlich durch Spenden aufgebracht, die unter anderem der Orgelbauverein St. Johann Baptist sammelte. Die Arbeiten für den Einbau der neuen Orgel in der Kirche begannen Ende August 2008. Nach Lieferschwierigkeiten musste die Orgelweihe, die ursprünglich für den 29. November 2008 geplant war, auf den 10. Januar 2009 verschoben werden. 2012 wurde ein weiteres Register (Panflöte 8′) nachgerüstet, dessen Pfeifen aus Glas bestehen[A. 1]. Auch einige Gestaltungselemente im Prospekt der Orgel bestehen aus Glas, womit ein Bezug zu Jena als Stadt der Optik hergestellt wird.

Die 1991 Pfeifen verteilen sich auf 37 Register (darunter 13 Extensionen aus drei Pfeifenreihen und 2 Transmissionen) gruppiert in vier Werken (drei Manuale und Pedal). Die Spiel- und Registertraktur ist elektrisch. Die Disposition der Kutter-Orgel lautet wie folgt:[3]

I Hauptwerk C–c4
Principal [A. 2]8′
Koppelflöte8′
Erzähler8′
Unda maris8′
Panflöte [A. 1]8′
Oktave4′
Flauto traverso4′
Nasat223
Oktave2′
Terz135
Mixtur III–IV113
Krummhorn8′
Tremulant
II Schwellwerk C–c4
Bordun16′
Violoncello08′
Gedackt08′
Quintatön08′
Aeoline08′
Vox coeleste08′
Nachthorn04′
Fugara04′
Waldflöte02′
Progressio III–IV02'
Rauschpfeife II
Oboe08′
Tremulant [A. 3]
III Solowerk C–c4
Clarabella16′, 8′, 4′, 2′
Violine16′, 8′, 4′, 223′, 2′
Trompete16′, 8′, 4′
Sesquialtera II223
Tremulant
Pedalwerk C–f1
Contrabass16′
Bordun16′
Salicet16′
Quintbass1023
Principalbass [A. 2]08′
Gedacktbass08′
Choralbass04′
Rohrpfeife04′
Posaune16′
Trompete08′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
    • Superoktavkoppeln: II/I, II/II[A. 4], II/P
    • Suboktavkoppeln: I/I, II/I, II/II
    • Normallage II ab
  • Spielhilfen: elektrische Setzeranlage, Schwelltritte für Schwell- und Solowerk, Walze
  • Anmerkungen
  1. a b aus Glas, siehe Glasflöte; 2012 nachgerüstet; Hörbeispiel des Orgelbauvereins
  2. a b im Prospekt
  3. Balanciertritt zum einstellen der Tremulanten-Frequenz
  4. Schwellwerk bis c4 ausgebaut

Besonderheiten

10-Markschein

Auf dem 10-Markschein der DDR von 1964 wurden die Jenaer Zeisswerke abgedruckt, welche sich damals sehr nahe am Zentrum befanden. Am linken Rand des Bildes wurde dabei auch der Kirchturm von St. Johannes Baptist mit einbezogen. Somit war die Kirche die einzige, die die DDR auf ihre Geldscheine druckte.

Seelsorger

Die Reihe der katholischen Priester von Jena lautet:[4]

  • Anton Ley, 1905–1915
  • Arthur Hilden, 1915–1921
  • Ferdinand Reinhardt, 1921–1950
  • Otto Schröter, 1950–1954
  • Aloys Mohn, 1954–1966
  • Georg Sterzinsky, 1966–1981
  • Joachim Kramer, 1981–1991
  • Karl-Heinz Ducke, 1991–2010
  • Ansgar Paul Pohlmann, 2010–2015
  • Stephan Riechel, seit 2015

Literatur

  • Katholische Pfarrgemeinde St. Johannes Baptist: Unterwegs mit Christus durch die Zeit. Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Neugründung der Pfarrei St. Johannes Baptist Jena., Jena 2005.
  • Herbert Koch: Die St. Johanniskirche zu Jena (= Baudenkmäler der Stadt Jena und ihrer Umgebung. Heft 1). Vopelius: Jena 1936.

Weblinks

Commons: St. Johannes Baptist – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pfarreien Bistum Erfurt. Abgerufen am 29. Januar 2023.
  2. Informationen zur Gerhard-, Klais- und Jehmlich-Orgel aus Orgelweihe. Festschrift zur Fertigstellung der neuen Orgel in der Katholischen Pfarrkirche St. Johann Baptist Jena. 10. Januar 2009
  3. Informationen zur Orgel. In: orgelbau-kutter.de. Abgerufen am 8. August 2021.
  4. Informationen zu Seelsorgern der Gemeinde. (pdf) Abgerufen am 22. Oktober 2022.

Koordinaten: 50° 55′ 49″ N, 11° 34′ 57″ O

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Orgel der St. Johannes Baptist, Jena
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Kirche St. Johannes Baptist in Jena vom JenTower aus fotografiert
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Wappen der Stadt Jena, genehmigt am 16. September 1992
„Das Wappen der Stadt Jena zeigt in Silber einen silber-blau gekleideten Engel mit langen goldenen Haaren sowie goldenem Nimbus, Harnisch, Helm und Flügel; mit der Rechten einem grünen Drachen eine Lanze in den Rachen stoßend, in der Linken einen goldenen Schild mit aufgerichtetem schwarzen Löwen haltend; der linke Fuß steht auf dem Drachen. Unter dem Drachen ein kleiner silberner Schild mit blauer Weintraube.“
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Paper money: DDR: 10 mark 1964 year