St. Gangolf (Trier)

Hauptmarkt Trier mit St. Gangolf, von Häusern umgeben
Mittelschiff
Mittelschiff an Weihnachten
Seitenschiff
Turm
(c) Berthold Werner, CC BY-SA 3.0
Barockes Eingangsportal (1731/32)
Ostseite mit Souvenirläden, „Gädemcher“ genannt
St. Gangolf, Luftaufnahme (2016)
Der Turm von St. Gangolf, dahinter Dom und Liebfrauenkirche von der Mariensäule aus gesehen

St. Gangolf ist die dem heiligen Gangolf geweihte Markt- und Stadtkirche von Trier. Nach dem Trierer Dom ist sie der älteste Kirchenbau der Stadt. Sie befindet sich hinter einer Häuserreihe südlich des Hauptmarkts.

Geschichte

Die 958 errichtete erste Marktkirche wurde zwischen 1284 und 1344 durch einen Neubau ersetzt. Das heutige spätgotische Bauwerk ging aus einer um 1500 begonnenen Erneuerung hervor. Barocke Elemente wurden 1731 und 1746 hinzugefügt. Aus dem 19. Jahrhundert stammt die Ausmalung der Altarwand von August Gustav Lasinsky, sie ist das bedeutendste Denkmal nazarenischer Kunst in Trier. Die Glasfenster von Charles Crodel führten 1966 die Elemente der verschiedenen Epochen in einem Gesamtbild zusammen.

Die Kirche ist von jeher fast vollständig von Häusern umgeben und nur die Ostseite grenzt beinahe an eine Straße (Grabenstraße), doch selbst hier sind ebenerdig niedrige Geschäftsbuden, im Volksmund Gädemcher oder Gädemchen genannt, vorgebaut. Die Verkaufsstände gibt es bereits seit dem Mittelalter.[1][2]

Der Haupteingang zur Kirche befindet sich im Fuß des Kirchturms und ist, genauso wie der Eingang im Seitenschiff, durch ein kleines Barocktor (1731/32 von dem Augustiner Josef Walter geschaffen) vom Trierer Hauptmarkt aus zu erreichen.

Ganz oben über dem barocken Eingangstor steht das Chronogramm „sanCtVs gangVLphVs hVIVs teMpLI patronVs et Defensor“ (= Sankt Gangolf Patron und Beschützer des Tempels). Die übergroßen Buchstaben als römische Ziffern zusammengezählt C+V+V+L+V+V+I+V+M+L+I+V+D =1732 ergeben das Errichtungsjahr.[3]

Orgel

Bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte St. Gangolf eine einmanualige Orgel französisch-niederländischer Prägung, deren Erbauer unbekannt ist. 1829 wurde eine neue, zweimanualige Orgel im Barockstil geweiht, die von Franz Heinrich und Carl Stumm erbaut worden war. Diese Orgel wurde 1898 durch ein neues Instrument des Orgelbauers Breidenfeld ersetzt, das 1944 völlig zerstört wurde.

Die heutige Orgel auf der Westempore von St. Gangolf erbaute 1972 die Orgelbauwerkstatt Johannes Klais (Bonn). Das Instrument hat 35 Register (Schleifladen). Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch.[4]

I Rückpositiv C–g3

1.Holzgedackt8′
2.Quintade8′
3.Principal4′
4.Spillflöte4′
5.Flageolett2′
6.Larigot113
7.Scharff IV
8.Rankett16′
9.Krummhorn8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
10.Bordun16′
11.Principal8′
12.Gemshorn8′
13.Oktav4′
14.Nachthorn4′
15.Nasard223
16.Superoktav2′
17.Terz135
18.Sifflet1′
19.Mixtur IV
20.Trompete8′
21.Clairon4′
III Schwellwerk C–g3
22.Rohrflöte8′
23.Fernflöte8′
24.Blockflöte4′
25.Principal2′
26.Cornett III (ab g0)
27.Vox humana8′
Tremulant
Pedal C–f1
28.Principal16′
29.Subbaß16′
30.Oktav8′
31.Koppelflöte8′
32.Superoktav4′
33.Rauschpfeife III
34.Posaune16′
35.Holztrompete8′

Turm

Anfang des 14. Jahrhunderts entstanden die ersten vier Geschosse des Westturms. 1507 kamen dank einer Stiftung der Bürgermeisterwitwe Adelheid von Beßlich die beiden oberen Stockwerke mit der Turmgalerie und den vier kleinen Ecktürmchen hinzu. Da der Westturm mit seinen 62 Meter Höhe die Türme des Trierer Doms überragte, ließ Erzbischof Richard von Greiffenklau den Südturm des Doms aufstocken.[5]

Glocken

Unter den Glocken von St. Gangolf ist die so genannte Lumpenglocke am bekanntesten. 1475 von Nicolaus von Ene gegossen,[6] schlägt sie jeden Abend um 22:00 Uhr und erhielt wie auch andernorts ihren Namen, weil sie früher die abendliche Sperrstunde einläutete. Die Glocke gehört so sehr in die Trierer Lokalkultur, dass ihr Klang sogar in der ersten Radiosendung aus Trier am 16. Juni 1930 über den Äther des Frankfurter Senders ging.[7]

Außerdem beherbergt St. Gangolf die Glocke „Zündel“, eine aus dem Mittelalter stammende Feuerglocke. Die zwei Türmer der Stadt hatten im Brandfall die Aufgabe, tagsüber mit einer Fahne und nachts mit einer Laterne in Richtung des Feuers zu weisen. Der letzte Türmer arbeitete hier bis 1905.[5] Zusätzlich hängen im Turm noch vier weitere läutbare Glocken: die Marien-, die Josefs-, die St.-Barbara- und die St.-Paulinus-Glocke. Die Kirchturmuhr hat noch drei kleine, hellklingende Glocken, die zusammen einen Moll-Akkord ergeben. Die Schlagtöne des Gesamtgeläutes sind h°, cis′, e′, fis′ und gis′.

Friedhof

Auf dem kleinen Priesterfriedhof von St. Gangolf ist neben anderen der Priester und Publizist Georg Friedrich Dasbach beigesetzt, nachdem seine sterblichen Überreste 1959 vom Städtischen Friedhof aus dorthin umgebettet worden waren. Gestorben war er am 11. Oktober 1907 in Bonn. Im Jahr 1875 hatte Dasbach unter anderem das Sanct-Paulinus-Blatt gegründet, die heutige Bistumszeitung Paulinus.[8][9]

Literatur

  • 500 Jahre Kirchturm St. Gangolf in Trier, Pfarrei Liebfrauen/Hans Wilhelm Ehlen (Hg.), Trier 2007, ISBN 978-3-7902-0184-0
  • Markus Gross-Morgen: Teufel, Tod und Welt – Anmerkungen zu einem Skulpturenfragment aus Trier, St. Gangolf. In: Neues Trierisches Jahrbuch. Band 60. Verein Trierisch, 2021, ISSN 0077-7765, S. 39.
Commons: St. Gangolf (Trier) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. volksfreund.de: Die Gädemchen-Tradition geht weiter - Trierer Ehepaar macht nach 58 Jahren Schluss
  2. nat.museum-digital.de: Blick in die Grabenstraße mit dem Gedämchen
  3. 1732 - St. Gangolf Kirche -Trier, RP, Germany - Chronograms on Waymarking.com. Abgerufen am 19. September 2020.
  4. Die Trierer Kirche St. Gangolf. Trierer Orgelpunkt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Mai 2012; abgerufen am 3. Februar 2016 (Nähere Informationen zur Orgelgeschichte).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.trierer-orgelpunkt.de
  5. a b Rathauszeitung Trier vom 8. Mai 2007, S. 1.
  6. Eintrag zu Sankt Gangolf (Mitte-Gartenfeld, Gemeinde Trier Hauptmarkt) in der Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier, abgerufen am 3. Februar 2016.
  7. Hermann Leist: Wenn die Glocken hell erklingen. In: Trierisches Jahrbuch 1956. Trierisch e. V., S. 63–69, abgerufen am 31. Januar 2007.
  8. Rheinische Geschichte. Abgerufen am 9. März 2017.
  9. - Saarlandbiografien. Abgerufen am 9. März 2017.

Koordinaten: 49° 45′ 22,4″ N, 6° 38′ 26,8″ O

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Trier St. Gangolf BW 4.jpg
Trier, Sankt Gangolf, Ostseite mit Souvenirläden, "Gädemcher" genannt
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Trier, Sankt Gangolf, Hauptschiff
Trier Dom Gangolf Liebfrauenkirche.jpg
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Trierer Dom, St. Gangolf und die Liebfrauenkirche von der Mariensäule aus gesehen
Trier St. Gangolf BW 5.JPG
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Trier, Hauptmarkt mit St. Gangolf
St.Gangolf Turm nachts.jpg
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Trier St. Gangolf Turm nachts
Trier BW 2014-05-19 08-32-45.jpg
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Trier, Hauptmarkt 9, Eingang zur Kirche St. Gangolph
Trier 101bx, St. Gangolf.jpg
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Trier, St. Gangolf, Luftaufnahme (2016)
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Trier, St. Gangolf, Seitenschiff
St. Gangolf Trier Nachts nur Altarbeleuchtung.jpg
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