St.-Marien-Kirche (Waase)
Die St.-Marien-Kirche zu Waase ist die evangelische Pfarrkirche der Kirchgemeinde Gingst auf der Insel Ummanz. Sie ist die einzige Kirche auf der Insel.
Anfänge
Die St.-Marien-Kirche zu Waase wurde erstmals im Jahr 1322 als Ecclesia Omanz urkundlich erwähnt und als selbständige Pfarrstelle betrieben. Im Jahr 1341 wurde die Kirche dem Heilgeisthospital zu Stralsund unterstellt.
Architektur
Die Kirche ist eine Basilika mit schmalen fensterlosen Seitenschiffen. Das Langhaus erhält also sein gesamtes Licht aus den bandförmigen Obergadenfenstern. Arkaden und Hochschiffswände bestehen aus Eichenholz-Fachwerk mit Ziegelstein-Ausfachung. Das Holz ist dendrochronologisch auf 1381 datiert.[1] Die Außenwände der Seitenschiffe sind massiv aus Backstein, ebenso der um 1500 errichtete, blendengeschmückte Westgiebel. Chor und Sakristei zeigen in den Wänden auch kein Holz, aber Balken der Deckenkonstruktion ragen frei durch den Raum. Im Ostgiebel gibt es ein vermauertes leicht spitzbogiges Fenster. Die Seitenfenster des Chors sind mit ihren geknickten Bögen und dem Nur-Stab-Maßwerk an der Stralsunder Marienkirche orientiert. Über dem Westgiebel erhebt sich ein hölzerner Giebelreiter mit Zwiebelhaube. Südwestlich steht ein breitgelagerter Glockenstuhl mit Zeltdach.
Ausstattung
Ein kostbares Ausstattungsstück stellt das Antwerpener Retabel dar. Es ist ein spätgotisches Wandelretabel, das etwa um 1520 im Auftrag des Schweriner Bistumsverwalters Zutfeld Wardenberg gefertigt wurde. Wardenberg war Archidiakon von Tribsees und galt als großer Thomasverehrer. Dieses stand ursprünglich auf dem Laienaltar S. Crucis in der Stralsunder St. Nikolai-Kirche, an dem Wardenberg ein stattliches Beneficium unterhielt. Im Jahr 1702 wurde es im Zuge der Umgestaltung ihrer Chorschranke abgebaut und für fünfzig Taler an die Pfarrkirche in Waase verkauft. Der geschnitzte Mittelteil zeigt Szenen aus der Passionsgeschichte sowie aus dem Leben Thomas Beckets, des Lordkanzlers des englischen Königs Heinrich II. Auf den Flügeln des Altars sind insgesamt zwölf Tafelbilder zu sehen, sechs in aufgeklapptem Zustand, sechs in zugeklapptem Zustand[2]
- Aufgeklappter Flügelaltar, ganz links Sakramentsschrein aus dem 15. Jh.
- Mittelteil des Altars mit Schnitzwerk
- Ermordung Thomas Beckets
- oben: Kreuztragung; unten: Einsetzung Thomas Beckets als Erzbischof von Canterbury
- Beweinung Christi (oben) und Schwur Heinrich II. (unten)
- Kreuzigung
- Erscheinung des Auferstandenen vor Maria (Tafelbild)
- Christus trifft zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus (Tafelbild)
- Abendmahl (Tafelbild)
- Gefangennahme Christi (Tafelbild)
- Auferstehung (Tafelbild)
- Ausgießung des Heiligen Geistes (Tafelbild)
Das spätgotische Kruzifix der Kirche stammt aus dem Jahr 1500. Etwa zeitgleich befand sich auf dem Hochaltar ein mittelalterlicher Heiligenschrein mit den Heiligen Anna Selbdritt, Maria und Katharina, der sich zur Zeit ebenso im Stralsund-Museum befindet wie auch der aufwändig gestaltete frühgotische Taufstein aus gotländischem Kalkstein. In der Kirche erhalten hat sich der aus dem 15. Jahrhundert stammende Sakramentschrein an der Ostwand der Kirche, der Bronzeleuchter vor dem Chorbogen (ebenfalls 15. Jahrhundert) und der separate Glockenturm neben der Kirche. Die Renaissancekanzel stammt aus dem Jahre 1572.
- Kruzifix
- Renaissancekanzel: Erschaffung Evas (Relief am Kanzelkorb)
- Renaissancekanzel: Geburt Christi (Relief am Kanzelkorb)
- Renaissancekanzel: Auferstehung Christi (Relief am Kanzelkorb)
- Bronzeleuchter
Gemeinde
Die Kirchengemeinde Waase/Gingst gehört seit 2012 zur Propstei Stralsund im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Vorher gehörte sie zum Kirchenkreis Stralsund der Pommerschen Evangelischen Kirche.
Literatur
- Sabine Bock: Rügen. Burgen und Schlösser, Kirchen und Kapellen, Rittersitze und Herrenhäuser. Thomas Helms Verlag, Schwerin 2022, ISBN 978-3-944033-42-6, S. 550–554.
Einzelnachweise
- ↑ Tilo Schöfbeck: Mittelalterliche Kirchen zwischen Trave und Peene. Lukas Verlag, 2014, ISBN 978-3-86732-131-0, S. 254/255.
- ↑ Burkhard Kunkel: Werk und Prozess. Die bildkünstlerische Ausstattung der Stralsunder Kirchen – eine Werkgeschichte. Berlin 2008, ISBN 978-3-7861-2588-4, S. 144–146, 319–320.
Weblinks
- Literatur über St.-Marien-Kirche in der Landesbibliographie MV
- Informationen zur Orgel (PDF; 67 kB)
- Pfarramt Gingst
- Sebastian Wamsiedler: Die Glocke der St. Marienkirche zu Waase auf der Insel Ummanz
Koordinaten: 54° 27′ 26,1″ N, 13° 10′ 46,7″ O
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Tafelbild Auferstehung
Autor/Urheber:
Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw).
Charlie1965nrw at de.wikipedia, Lizenz: CC BY-SA 3.0Kruzifix in der St.-Marien-Kirche zu Waase auf Ummanz bei Rügen
Autor/Urheber: J.-H. Janßen, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die evangelische St.-Marien-Kirche in Ummanz-Waase, Landkreis Vorpommern-Rügen, Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Tafelbild Erscheinung des Auferstandenen vor Maria
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Beweinung Christi (oben) und Schwur Heinrich II. (unten)
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Tafelbild Auferstehung
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Gesamtsicht des Schnitzwerks
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Tafelbild Gefangennahme Christi
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Tafelbild Jünger auf dem Weg nach Emmaus
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ostseite der Kirche St. Marien in Waase auf Ummanz bei Rügen
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Renaissancekanzel der Kirche St. Marien in Waase auf Ummanz: Erschaffung Evas (Relief am Kanzelkorb)
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Renaissancekanzel der Kirche St. Marien in Waase auf Ummanz: Geburt Christi (Relief am Kanzelkorb)
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Leuchter in St. Marien, Waase (Ummanz)
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Kreuzigung
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Ermordung Thomas Beckets
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Kreuztragung (oben) und Einsetzung Thomas Beckets als Erzbischof von Canterbury (unten)
Autor/Urheber: J.-H. Janßen, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die evangelische St.-Marien-Kirche in Ummanz-Waase, Landkreis Vorpommern-Rügen, Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Renaissancekanzel der Kirche St. Marien in Waase auf Ummanz: Auferstehung Christi (Relief am Kanzelkorb)
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Gesamtansicht des aufgeklappten Altars in der St.-Marien-Kirche zu Waase auf Ummanz
Autor/Urheber: Karl-Heinz Meurer (--Charlie1965nrw), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Antwerpener Schnitzaltar in der Kirche St. Marien zu Waase: Tafelbild Ausgießung des Heiligen Geistes