St.-Marien-Kirche (Esgrus)

Beim Blick auf die Kirche von Nordosten sind die erhaltene Feldsteinmauer des romanischen Kirchenschiffs und Chor sowie der gotische Chorabschluss zu erkennen.

Die denkmalgeschützte St.-Marien-Kirche in Esgrus, eine romanische Feldsteinkirche aus dem 12. Jahrhundert, ist eine der ältesten Kirchen in Angeln und besitzt eine reiche Ausstattung aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Die Kirchengemeinde gehört zum Kirchenkreis Schleswig-Flensburg der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.

Geschichte

Die Esgrusser St.-Marien-Kirche steht auf einem Hügel abseits des Ortes. Nach der St.-Marien-Kirche in Sörup wurde sie noch vor 1200 als zweite Kirche der Nieharde im Mittelpunkt ihres damaligen Kirchspiels errichtet. Da das Kirchspiel schon um 1230 nach dem Bau der St.-Laurentius-Kirche in Sterup geteilt wurde, liegt die Kirche seitdem ohne eigentliches Kirchdorf am Rand des Gemeindebezirks.

Die der Gottesmutter Maria geweihte Kirche bestand aus einem einschiffigen Langhaus und einem eingezogenen Chor aus Feldsteinen. Nur die Ecken bestehen aus behauenen Quadern. Im Langhaus haben sich die flache Holzdecke und zwei Portale an der Süd- und Nordwand erhalten. Der Chor erhielt im 15. Jahrhundert ein Gewölbe und einen 5/8-Abschluss im gotischen aus Backsteinen, der möglicherweise eine ursprüngliche Apsis ersetzte. Von der Ausmalung des Gewölbes sind noch Reste zu sehen. Etwas später, wohl um 1500, wurden auch der massive Turm, ebenfalls aus Backstein, das Vorhaus vor dem Nordportal und eine nicht mehr bestehende Grabkapelle an der Nordseite des Chores angebaut.

Zum Kirchspiel gehörten Gut Rundhof und das 1292 erstmals erwähnte Gut Brunsholm.[1] Die Gutsherren ließen um 1600 mit ihren Wappen gekennzeichnete ebenerdige Herrschaftsstühle im bis zur Reformation der Geistlichkeit vorbehaltenen Chor der Kirche aufstellen, die zu den ältesten erhaltenen in Schleswig-Holstein zählen[2] und teilweise bis ins 20. Jahrhundert hinein von den Gutsherren genutzt wurden.[3] Die Besitzer von Brunsholm besaßen eine wohl gleichzeitig mit dem Turm errichtete nördlich an die Kirche angebaute, im 20. Jahrhundert abgetragene Grabkapelle, während die Herren von Rumohr von Rundhof um 1794 ihre Grablage in der Turmhalle einrichten ließen,[4] nachdem ihre bisherige Grablege, der Vorgängerbau der heutigen St-Nikolai-Kirche in Kappeln abgerissen worden war.[5]

1725 wurden Emporen an der Nord- und Westseite des Kirchenschiffs eingezogen. 1824 wurde die Kirche „sehr verbessert“ und erhielt erstmals eine Orgel.[4] Ob die großen, spitzbogigen Fenster der Südwand im Zusammenhang mit diesem Umbau geschaffen wurden oder bereits in spätgotischer Zeit, ist nicht belegt. Die schon im 19. Jahrhundert verfallene Brunsholmer Grabkapelle[5] wurde im 20. Jahrhundert abgetragen. 1966/67 fand eine Renovierung statt, bei der die romanischen Fenster der Nordwand wiederhergestellt wurden.

Ausstattung

Das Altarretabel stammt aus der Zeit kurz nach 1450. Ursprünglich ein Flügelaltar wurde er im 17. bis 19. Jahrhundert mehrfach umgestaltet, wie durch Inschriften dokumentiert ist (1650, 1750, 1824). Im Mittelschrein befindet sich eine Kreuzigungsszene, die mit zehn aus zwei Eichenblöcken geschnitzten Figuren in zeitgenössischer Kleidung unter den Kreuzen eher wenig Personen aufweist. Gerahmt wird die Szene von den etwas größeren Apostelfiguren Petrus und Paulus. In den Seitenflügeln stehen die zwölf Apostel, auf den Sockelbrettern mit Namen bezeichnet. Anstelle des verlorenen gotischen Maßwerks zieren barocke Akanthusranken von 1750 die Gefache. Über dem gekreuzigten Jesus halten zwei Putten einen Stern, in dem der Gottesname JHWH in hebräischen Buchstaben steht. Der Ädikula-Aufsatz und die Seitenschwünge, die den gotischen Schrein umgeben, wurden 1650 angebracht. Im Aufbau befinden sich zwei Gemälde, die die Auferstehung und Himmelfahrt zeigen. 1824 wurde das bis dahin farbig mit viel Vergoldung gefasste Retabel klassizistisch weiß übermalt und das Relief im Mittelschrein hinter einem davor befestigten Gemälde einer Abendmahlsdarstellung des Flensburger Malers Heinrich Friede verborgen. Auch die schon stark beschädigte gotische Predella mit einer Darstellung des Schweißtuchs der Veronika wurde ersetzt. Sie gelangte 1903 ins Thaulow-Museum in Kiel und befindet sich inzwischen im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte auf Schloss Gottorf. Das Abendmahlsgemälde wurde spätestens 1882 wieder abgenommen. 1882 und 1923/24 erfolgten erneute Übermalungen. 1969–1974 legte Barbara Rendtorff die farbige Fassung von 1750 wieder frei.[6]

Weitere mittelalterliche Schnitzarbeiten sind die Triumphkreuzgruppe von 1490, die seit 1966 wieder am ursprünglichen Ort im Chorbogen hängt, eine thronende Gottesmutter aus dem 13. Jahrhundert, deren Kopf um 1500 erneuert wurde, sowie eine Anna selbdritt von etwa 1510. Ebenfalls mittelalterlich sind die drei in die Chorwand eingelassenen gotischen Sakramentsschränke, eins davon mit einem auf die Innenseite der Tür gemalten Schmerzensmann. Aus der Zeit nach der Reformation stammt das bronzene, von vier Evangelistenfiguren getragenes Taufbecken, das der Bronzegießer Marcus Dibler, der Sohn von Michel Dibler, 1619 schuf. Gleichzeitig entstand ein hölzerner Deckel, um das Wasser im Taufbecken vor Verunreinigung zu schützen. Dieser ist ein Werk des Johan von Bremen aus der Ringerink-Werkstatt und zeigt in einer hohen Laterne den sitzenden Schmerzensmann. Die Taufschale wurde 1681 gestiftet.[7] Die Kanzel mit Gemälden der Passionsgeschichte stammt von 1681.

Die Orgel stellte Marcussen & Søn 1911/12 her.

Gemeinde

Am 1. Oktober 2021 fusionierte die Kirchengemeinde Esgrus mit den Kirchengemeinden Steinbergkirche, Quern-Neukirchen, Sörup, und Sterup zur Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Nieharde innerhalb des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg.[8]

Literatur

  • Uwe Albrecht (Hrsg.): Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band IV/1. Ludwig, Kiel 2020, ISBN 978-3-86935-342-5, S. 117–133.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein. 3. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Deutscher Kunstverlag, München 2009, ISBN 978-3-422-03120-3, S. 247–248.
  • Kunst-Topographie Schleswig-Holstein. Neumünster 1982.

Weblinks

Commons: St.-Marien-Kirche (Esgrus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Johannes von Schröder: Topographie des Herzogtums Schleswig 1837, Bd. 1, S. 151.
  2. Kerstin Aßmann-Weinlich: Adelskultur im Kirchenraum. Herrschaftsstände in Schleswig-Holstein aus nachreformatorischer Zeit, Monsheim 2009 (Diss.), S. 60f (pdf, abgerufen am 1. September 2021).
  3. Kerstin Aßmann-Weinlich: Adelskultur im Kirchenraum. Herrschaftsstände in Schleswig-Holstein aus nachreformatorischer Zeit, S. 135.
  4. a b Johannes von Schröder: Topographie des Herzogtums Schleswig 1837, Bd. 1, S. 147.
  5. a b H. N. A. Jensen: Angeln: Zunächst für die Angler historisch beschrieben. Flensburg 1844, S. 370.
  6. Ulrike Nürnberger: Esgrus. Kreuzigungsretabel. In: Albrecht (Hrsg.): Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band IV/1; S. 118–122.
  7. Kirsten Riechert: Taufbecken in Nordelbien zwischen 1500 und 1914. Gestalt- und Bedeutungswandel eines Prinzipalstücks. Hamburg 2010, S. 50f.
  8. Kirchengemeinde Nieharde.

Koordinaten: 54° 43′ 23,3″ N, 9° 46′ 50,9″ O

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