St.-Alexandri-Kirche (Eldagsen)

Die St.-Alexandri-Kirche in Eldagsen

Die evangelisch-lutherische St.-Alexandri-Kirche ist die Pfarrkirche des Ortes Eldagsen. Standort des denkmalgeschützten Kirchenbaus,[1] dessen Ursprünge in das 8. Jahrhundert zurückreichen,[2] ist der heutige Marktplatz 2.[1]

Geschichte

Blick von Süden auf die Kirche, das Pfarrhaus und die ehemalige Schule;
Sogenanntes Notgeld der Stadt Eldagsen 1921/22

Eine erste Holzkirche wurde in „Eildagessen“ im Jahr 775 als kleine Taufkirche errichtet, als König Karl der Große von Osten her durch das Gebiet der damaligen Sachsen zog. Um 785 wurde an Stelle der hölzernen Vorgängerin ein Fünfeck-Neubau geplant, der jedoch nicht über die Fundamentierung herauskam.[3]

Im Jahr der Gründung des Bistums Elze im Jahr 796 wurde die Kirche diesem Bistum als Mutterkirche zugeordnet und auf dem Fundament der Fünfeck-Kirche eine Hallenkirche errichtet.[2] Ebenfalls aus der Zeit um 796 und damit der Frühzeit der Christianisierung wird eines der ältesten bei späteren Ausgrabungen aufgefundenen Artefakte datiert, das dann in der Halle im Kirchturms aufgerichtet wurde: Der Rest eines sandsteinernen Tympanons mit einer bildhaften Darstellung aus der Offenbarung des Johannes zeigt, umgeben vom Baum der Erkenntnis und dem Baum des Lebens, das Lamm Gottes bei der Bezwingung eines geflügelten Lindwurms, den Drachen Babylon.[4] Das Bistum wurde bereits 815 nach Hildesheim verlegt.

Um 1100 wurde die Kirche zur Archidiakonskirche erhoben, also zum Sitz des Vertreters des Bischofs. Bis 1150 wurde die Kirche unter dem Einfluss der Edelherren von Völksen-Heusen (Hogisim)[2] beziehungsweise Völksen-Heusen-Higesim-Haldessen zur dreischiffigen Kreuzbasilika ausgebaut und diente als Grablege der Edelherren. An der Turmwand sind einige Grabplatten aus dieser Zeit ausgestellt.[3] Mit der Gründung des Ortes Eldagsen 1254 lag die Kirche am Marktplatz. 1350 wurde die Kirche erweitert. Zwischen den Jahren 1479 und 1488 folgten weitere Erweiterungen, ein neuer Flügelaltar wurde angeschafft.

Im Zuge der Reformation wurde Bernhard Lange erster evangelischer Prediger an St. Alexandri, jedoch schon bald durch das von Herzog Erich II. angewandte Augsburger Interim wieder vertrieben.[5]

Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Kirche stark beschädigt, als 1626 der gesamte Ort niederbrannte. Dabei wurden auch die Glocken im Turm zerstört, während der Flügelaltar verschont blieb.[3] Im Jahr 1628 schenkte der damalige Herzog von Calenberg-Wolfenbüttel der Kirchengemeinde eine noch heute erhaltene Glocke, 16 Jahre später folgten zwei weitere Glocken, von denen eine ebenfalls erhalten ist. 1698 wurde das baufällige gotische Gewölbe abgerissen und das Kirchenschiff bis 1709 mit einem barocken Tonnengewölbe und einem Dach, das alle drei Kirchenschiffe verband, versehen. Damit erhielt die Kirche ihre heutige Gestalt.[3] In den Folgejahren wurde das Kirchengebäude mehrfach renoviert und 1854 folgte der Einbau einer Furtwängler-Orgel. 1962 wurde der Altar restauriert und 2005 wurden die beiden historischen Glocken instand gesetzt.[6]

Ausgrabungen

Erste Ausgrabungen an der Kirche erfolgten auf kleinen Flächen im Bereich des Kirchturms in den Jahren 1963 bis 1965 und 1970. Aufgrund bauliche Umgestaltungen auf dem Kirch- und Marktplatz im Rahmen einer Stadtsanierung kam es 2013 zu großflächigen Ausgrabungen im näheren Umfeld der St. Alexandri-Kirche. Sie erfolgten auf dem die Kirche umgebenden alten Friedhof noch vor Baubeginn und dauerten von März bis August 2013 an. Die archäologischen Untersuchungen wurden von einem Grabungsunternehmen und dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege durchgeführt. Sie erbrachten neue Erkenntnisse zur Baugeschichte der Kirche und der Nutzung des umgebenden Areals. Im Boden konnten 356 Bestattungen und 57 Bau- sowie Siedlungsstrukturen festgestellt werden, was eine nicht erwartete Fundhäufigkeit darstellte[7]. Bei den Grabungen fanden sich zum Teil Bestattungsreste in nur 20 cm Tiefe.[8] Die Gräber waren auf engstem Raum angelegt. Dadurch gab es häufig Grabstörungen und Grabüberlagerungen in bis zu fünf Schichten. Es ist überliefert, dass im frühen 19. Jahrhundert eine Friedhofseinfriedung erfolgte, da Schweine menschliche Knochen aus der Erde wühlten. Bemerkenswert waren vier aus Ziegeln gemauerte Grüfte unter der Pflasterung direkt am Kirchenchor mit einer Tiefe von 1,5 Meter. An dem ergrabenen Knochenmaterial werden anthropologische Untersuchungen durch die Universität Göttingen vorgenommen.[9] Sie sollen Erkenntnisse über die Lebensbedingungen der in Eldagsen ansässigen Bevölkerung und ihre demografische Entwicklung vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert liefern. Teilweise haben die freigelegten Skelette ein Alter von 1000 Jahren.[10]

An Funden aus den Grablegen wurden unter anderem eiserne Sargnägel und -griffe, Drapiernadeln aus Buntmetall, Münzen sowie Ringe geborgen. Der herausragendste Fund ist ein Fingerring aus Gold, der sich außerhalb einer Bestattung fand[11]. Er wird für einen Bischofsring gehalten[12] und lässt sich anhand von Vergleichsstücken aus verschiedenen Bischofsgräbern, wie Albero von Montreuil, Absalon von Lund, Ranulf Flambard und Roger de Vico Pisano, in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts datieren. Der im Ring ehemals eingefasste Schmuckstein ist nicht erhalten.[13] Der Goldring wird einer umfassenden metallurgischen Untersuchung unter Einbeziehung von Vergleichsstücken aus dem In- und Ausland unterzogen. Die Untersuchungen werden beim Institut für Anorganische Chemie der Leibniz Universität Hannover vom Arbeitskreis Archäometrie vorgenommen.[14]

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich-Wilhelm Wiegmann, Joachim Krienke, Thorsten Schoppe, Christel Fritz Prüßner, Ulrich Rohn (Red.): 1200 Jahre St. Alexandri zu Eldagsen und St. Nicolai zu Alferde. Hrsg. von den Kirchenvorständen der St. Alexandrigemeinde zu Eldagsen und der St. Nicolaikirchengemeinde zu Alferde. Selbstverlag, Eldagsen 1996

Weblinks

Commons: St. Alexandri (Eldagsen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Henner Hannig (Bearb.) et al., Gerd Weiß, Walter Wulf (Red.): Springe-Eldagsen, in: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 13.1: Landkreis Hannover, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Institut für Denkmalpflege, Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1988, ISBN 3-528-06207-X, S. 152f., 269–272; sowie Eldagsen/Stadt Springe, o.a.O., S. 301
  2. a b c Friedrich-Wilhelm Wiegmann, Joachim Krienke, Thorsten Schoppe, Christel Fritz Prüßner, Ulrich Rohn (Red.): 1200 Jahre St. Alexandri zu Eldagsen und St. Nicolai zu Alferde. Hrsg. von den Kirchenvorständen der St. Alexandrigemeinde zu Eldagsen und der St. Nicolaikirchengemeinde zu Alferde. Selbstverlag, Eldagsen 1996, passim
  3. a b c d Joachim Krienke: St. Alexandri-Kirche Eldagsen. Informationen zur Geschichte auf der Homepage der Kirchengemeinde
  4. Friedrich-Wilhelm Wiegmann et al.: Missionsbischof Willehad und der begonnene Zentralbau in Eldagsen, sowie Ein Zeugnis der Sachsenbekehrung, in: 1200 Jahre ..., S. 20f.
  5. Danielis Eberhardi Baringii: Descriptio Salae principatus Calenbergici locorumque adiacentium Oder Beschreibung der Saala im Amt Lauenstein des Braunschweig-Lüneb. Fürstenthums Calenberg und aller in dieselbe fliessenden Quellen und Bäche, Imgleichen Der an dieser Saale gelegenen und grenzenden Graf- und Herrschaften, Städte, Flecken, Dörfer, Wälder, Berge, Salzbrunnen, Gesundbrunnen, und dergleichen ..., Lemgo: Druck und Verlag von Johann Friedrich Meyer, 1744, S. 68f.; Digitalisat über Google Bücher
  6. Webseite der Kirchengemeinde Eldagsen
  7. Am Tatort Gräbefeld (Memento des Originals vom 7. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirchengemeinde-eldagsen.de in: Neue Deister-Zeitung vom 6. April 2013
  8. Wo kommen diese Skelette her? in Schaumburger Zeitung vom 10. April 2013
  9. Anthropologie der Uni Göttingen forscht an Edagser Skeletten in Neue Deister-Zeitung vom 10. November 2016
  10. Ausgrabung kostet die Stadt viel Zeit und Geld in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 5. April 2013
  11. Foto des Rings (Memento des Originals vom 7. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirchengemeinde-eldagsen.de in der Neuen Deister-Zeitung vom 5. November 2013
  12. Ein Schatz für die Geschichtsbücher (Memento des Originals vom 7. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirchengemeinde-eldagsen.de in: Neue Deister-Zeitung vom 7. Juni 2013
  13. S. Agostinetto, T. Poremba, Friedrich-Wilhelm Wulf: Die archäologische Untersuchung an der St. Alexandri-Kirche in Eldagsen im Jahr 2013 in: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 4/2014
  14. Uni soll Goldring untersuchen in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 4. November 2013

Koordinaten: 52° 10′ 15″ N, 9° 39′ 36″ O

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Dieser Rest eines Tympanon aus der um das Jahr 796 errichteten ersten Hallenkirche (an Stelle der heutigen St. Alexandri-Kirche) in Eldagsen zeigt ein Motiv aus der in der Bibel niedergeschriebenen Offenbarung des Johannes: Das Lamm Gottes bezwingt (überwindet) einen geflügelten Lindwurm, die "Hure Babylons", Sinnbild für das Böse. Außerhalb des strickförmigen Ringes, der das Lamm und den Lindwurm umrandet, sind beiderseits Bäume angeordnet, die für den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis stehen ...
1921-06-01 Gutschein der Stadt Eldagsen, 0,50 Mark 50 Pfennig, gültig bis 1. Februar 1922, a, Kirche St. Alexandri, Pfarrhaus und Schule an Stelle von Kloster Marienthal, Am Wöhlbach 9, Stiefel, Senf und Honigkuchen.jpg
Aus Spekulationsgründen für Sammler vorgetäuschtes Notgeld über 50 Pfennig.

Die Ansicht zeigt einen Blick von Süden über die Grünflächen in Richtung der Kirche St. Alexandri mit dem Pfarrhaus davor, weiter rechts im Vordergrund die ehemalige Schule unter der - heutigen Adresse Am Wöhlbach 9. Darunter findet sich der Reim

„Stiefel, Senf und Honigkuchen, / Mußt du in unserm Städtchen suchen; / Von diesen drein haben wir sehr viel, / Drum nimm Eldagsen dir zum Ziel. Bezahlst du dort mit großen Scheinen / Erhälst zurück du diese Kleinen.“

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Johann Carl Conrad Wedemeyer 1750-1812 Amtmann zu Westerhof, ausgegrabener Grabstein in Eldagsen, Region Hannover.jpg
Autor/Urheber: Foto: Bernd Schwabe in Hannover, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Bei Grabungsarbeiten auf dem Gebiet des ehemaligen Kirchhofes rund um die Kirche St. Alexandri in Eldagsen, heute das Gebiet des örtlichen Marktplatzes, wurde dieser Grabstein des Johann Carl Conrad Wedemeyer, einem Angehörigen der später geadelten Familie von Wedemeyer ,(wieder) aufgefunden. Die Inschrift lautet:

„Iohan[n] Carl Conrad Wedemeyer Burgman[n] zu Eldagsen Königlich Grossbritan[n]ischer und Churfurstlich Braunschweig Lüneburgischer Amtman[n] zu Westerhof. Gebohren zu Eldagsen am XXIII October MDCCL unverehlicht gestorben zu Westerhof am XV Oct[ober] MDCCCXII“

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