Sprache im technischen Zeitalter

Sprache im technischen Zeitalter

BeschreibungLiteraturzeitschrift
Fachgebietdeutschsprachige Gegenwartsliteratur, internationale Literatur in Übersetzung, Essayistik
VerlagBöhlau-Verlag, Köln/Wien (Deutschland)
HauptsitzBerlin
Erstausgabe1961
GründerWalter Höllerer
Erscheinungsweisevierteljährlich
ChefredakteurThomas Geiger
HerausgeberThomas Geiger, Norbert Miller, Joachim Sartorius
Weblinkwww.spritz.de
ISSN (Print)

Sprache im technischen Zeitalter (abgekürzt Spr.i.t.Z) ist eine 1961 von dem Autor und Literaturwissenschaftler Walter Höllerer gegründete Literaturzeitschrift, die ihren Redaktionssitz seit Mitte der 1970er Jahre am Literarischen Colloquium Berlin (LCB) hat. Zur Redaktion gehören neben Thomas Geiger auch Thorsten Dönges und Vincent Sauer.[1]

Charakteristik

Den Titel der Zeitschrift hat Walter Höllerer im Vorwort zum ersten Heft so erläutert:

„Nicht einer ‚Sprache der Technik‘ wird hier das Wort geredet, noch soll die Sprache auf ihre zählbaren, mechanischen Gesetzmäßigkeiten zurückgeführt werden, sondern der notwendige Gebrauch und Widerstand der Sprache in einem durch die Technik beeinflussten Jahrhundert ist zu untersuchen.“

Charakteristisch für die Spr.i.t.Z. ist heute die Verbindung von literarischen Originaltexten mit theoretischen und literaturwissenschaftlichen Beiträgen sowie Essays und Interviews.

Themen und Autoren

Ein besonderes Anliegen der Redaktion ist die Vermittlung zeitgenössischer Lyrik, der seit den 1990er Jahren in jedem Heft mit Auf Tritt Die Poesie eine eigene Rubrik gewidmet ist.[2] Auch werden in der Spr.i.t.Z. inzwischen regelmäßig Projekte und Werkstätten des Literarischen Colloquium Berlin dokumentiert, u. a. die Berliner Autorenwerkstatt Prosa[3] (regelmäßig im Frühjahrsheft), Step-Text. Literatur und Tanz (Nr. 216, 1/20216) oder Parataxen - Puerto Berlin (Nr. 223, 3/2017).

Seit dem ersten Heft waren deutschsprachige und internationale Autoren vertreten, seit den 1980er Jahren auch einige Gäste des Berliner Künstlerprogramm des DAAD. Erkennbare Schwerpunkte liegen bei Autoren aus Ostmitteleuropa und aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum.[4] Heute sind u. a. Marcel Beyer, Katja Lange-Müller, Ingo Schulze, Volker Sielaff, Lutz Seiler, Judith Hermann und Burkhard Spinnen häufiger in der Zeitschrift vertreten.

Gestaltung und Erscheinungsweise

Die grafische Gestaltung knüpft seit den 1990er Jahren bewusst an das betont sachlich-ruhige Erscheinungsbild der ersten Jahrgänge an, prägend sind seit 1977 die grundsätzlich in Schwarz-Weiß wiedergegebenen Autorenporträts, meist von der Fotografin Renate von Mangoldt stammend.

Sprache im technischen Zeitalter erscheint seit Gründung viermal im Jahr, die Hefte werden fortlaufend seit Nr. 1 gezählt. Seit 2002 werden zusätzlich in unregelmäßiger Folge Sonderhefte publiziert, etwa zum europäischen Schriftstelleraustausch Literarisches Tandem in Kooperation mit der Stiftung Brandenburger Tor (2005: „Offenbar Europa“, 2008: „Sehnsuchtsort Berlin“, 2011: „Abschied zuerst“ und 2014: „Im Grunde wie wir“).[5]

Geschichte

1961–1980

1959 wurde Walter Höllerer als Nachfolger von Paul Altenberg Professor an der Technischen Universität Berlin. In der Folge richtete er die humanistische Fakultät mit der Gründung des Instituts für Sprache im technischen Zeitalter programmatisch nach dem Vorbild des Massachusetts Institute of Technology neu aus. Teil dieser Neuausrichtung waren die besonders in den 1960er Jahren sehr populären und zum Teil vom SFB übertragenen Lesereihen zur Gegenwartsliteratur der TU,[6] etwa im Wintersemester 1961/62 die Reihe Literatur im technischen Zeitalter mit Autorinnen und Autoren wie Ingeborg Bachmann, Witold Gombrowicz, John Dos Passos oder Henry Miller,[7][8] sowie im Jahr des Mauerbaus, 1961, die Gründung der in den Anfangsjahren eng an Höllerers Institut angebundenen Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter.[9] Dabei sollte die Spr.i.t.Z. zunächst nur als wissenschaftliche Ergänzung zur 1953 ebenfalls von Walter Höllerer gegründeten Literaturzeitschrift Akzente dienen. Entsprechend gliederte sich die Zeitschrift zunächst in die vier Rubriken Analyse (wissenschaftliche Untersuchungen zu Fachsprachen), Massenmedien, Buch und Leser (Besprechungen zu Buchhandlungen, Verlagen, Zeitschriften und Preisen) sowie Literaturkritik. Zu den Beitragenden zählten u. a. Paul Lorenzen und Heinz Zemanek. Auch wichtige literarische Diskurse in den 1960er Jahren wie der Streit um die Gruppe 47 (Nr. 20, 1966) oder den Zürcher Literaturstreit (u. a. Nr. 22, 1967) wurden von der Zeitschrift begleitet.[10]

Im Jahr 1973 wurde Norbert Miller, damals Professor für deutsche Philologie und vergleichende Literaturwissenschaft an der TU Berlin, neben Höllerer zum zweiten Herausgeber. In der Folge modernisierte sich auch die Gestaltung der Hefte. Schon seit Beginn der 1970er Jahre wurde die Einteilung in vier Rubriken weniger streng gehandhabt und wich zunehmend Themenheften, zu denen vermehrt auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller beitrugen. Die Programmatik dieser Jahre umriss die Redaktion mit dem Satz:

Den Kontroversen werden wir nicht ausweichen, – wir werden sie austragen“ (Nr. 49, 1974).[10]

1980–1992

Lag der Fokus der Sprache im technischen Zeitalter bis etwa Mitte der 1970er Jahre ganz auf Linguistik und Literaturkritik, ergänzte nun die 40-seitige Beilage Literatur im technischen Zeitalter (kurz L.i.t.Z.) das Heft.[11]

„Die Spritz begann erst dann, sich der Primärliteratur zu widmen, als sich woanders kaum einer mehr dafür interessierte. Das war Anfang der achtziger Jahre.“

Helmut Böttiger: Sprache im technischen Zeitalter[12]

Ebenfalls in den 1980er Jahren begann die Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD – dessen Leiter von 1978–1986, Wieland Schmied, trat ab 1984 zugleich als Co-Herausgeber der Literaturbeilage auf.[10] Immer mehr wurden Spr.i.t.Z. und L.i.t.Z. dadurch zu wichtigen Schnittpunkten des Literarischen Colloquiums, in dessen Hausverlag beide Publikationen seit 1977 erschienen, zum einen zu internationalen wie deutschsprachigen Autorinnen und Autoren, zum anderen aber auch zu den anderen Institutionen des literarischen Feldes.[12] Im Laufe der 1980er Jahre wurden vermehrt Programmschwerpunkte des LCB in der Zeitschrift dokumentiert, etwa mit „Braucht die Literatur den Staat?“ (Nr. 77, 1981).

Wenige Wochen vor dem Fall der Berliner Mauer erschien mit „Die Kommenden? Deutschsprachige Literatur der Mauerrisse“ (Nr. 111, 1989, bis Nr. 114, 1990) einige Ausgaben, die „den literarischen Aufbruch der damals Dreißigjährigen, eine neue Sprachbewegung junger Schriftsteller, die die zementierten Ost-Welt-Verhältnisse zum Tanzen bringen sollte“,[13] (Michael Braun) in 16 Geschichten abbildete.

Seit 1992

Ab 1992 ergänzte Joachim Sartorius das Herausgeberteam. Im selben Jahr wurde die Zweiteilung der Zeitschrift aufgegeben und der Schwerpunkt auf deutschsprachige Gegenwartsliteratur und internationale Literatur in Übersetzung verlagert.[11]

Nach dem Erscheinen von Heft Nr. 140, dem letzten Heft des Jahrgangs 1996, gab der Aufbau-Verlag, in dem die Zeitschrift inzwischen erschien, überraschend deren Einstellung bekannt. Das starke Medienecho führte jedoch dazu, dass sich andere Verlage um die Weiterführung bewarben; Höllerer und seine Mitarbeiter entschieden sich schließlich im Sommer 1997 für den SH-Verlag.

Seit 2002 erschienen verschiedene Sonderausgaben, etwa „Positionen der Literaturkritik“ (2002) oder „Souveräne Brückenbauer. 60 Jahre Verband der Literaturübersetzer“ (2014).

Verlage

Ausgaben

Liste der Ausgaben der Zeitschrift „Sprache im technischen Zeitalter“

Auszeichnungen

Im Juli 2006 erhielt die Spr.i.t.Z. den Calwer Hermann-Hesse-Preis. In der Jurybegründung zur Preisverleihung heißt es:

„Sprache im technischen Zeitalter hat sich seit den frühen neunziger Jahren zu einem führenden Forum für die deutschsprachige und internationale Gegenwartsliteratur entwickelt. Die Diskussionen zwischen Ost und West und die Veränderungen des literarischen Lebens und Produzierens spiegeln sich auf ihren Seiten in eindrücklicher Weise wider. Der sperrige Titel der Zeitschrift erweist stets aufs Neue seine trotzige Aktualität. Die Zeitschrift ist ungeachtet der schwierigen finanziellen und institutionellen Bedingungen im Literaturbetrieb und trotz Verlagswechsel unbeirrt von Moden und im besten Sinne konservativ geblieben: Die Zeitschrift bewahrt die Kultur der literarischen Diskussion und öffnet ihre Tür zugleich weit für junge Autorinnen und Autoren einer neuen Generation.“

Preisverleihungsjury: BuchMarkt[14]

Archiv

Seit 2016 beherbergt das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg das Archiv des 1963 von Walter Höllerer gegründeten Literarischen Colloquium Berlin, das auch alle erschienenen Ausgaben der Sprache im technischen Zeitalter umfasst.[15]

Herausgeber und Redaktion

Seit Höllerers Tod 2003 führen seine Mitherausgeber Norbert Miller und Joachim Sartorius die Zeitschrift fort. Seit 2014 fungiert auch Chefredakteur Thomas Geiger als Herausgeber.

HerausgeberRedaktion
Walter Höllerer (1961–2003)Norbert Miller (1961–1973)
Norbert Miller (seit 1973)Detlef Krumme (1974–1984)
Wieland Schmied (L.i.t.Z., 1984–1992)Wolfgang Trautwein (1984)
Joachim Sartorius (seit 1992)Gerald Biesinger (1985–1986)
Thomas Geiger (seit 2014)Ulrich Janetzki (1985–1986)
Wolfgang Rath (1985–1995)
Lutz Zimmermann (1987–1992)
Wilfried Ihrig (1988–1995)
Thomas Geiger (seit 1992)
Dieter Stolz (1996–2005)
Thorsten Dönges (seit 2005)
Vincent Sauer (seit 2020)

Literatur

  • Achim Geisenhanslüke, Michael Peter Hehl (Hrsg.): Poetik im technischen Zeitalter. Walter Höllerer und die Entstehung des modernen Literaturbetriebs. transcript, Bielefeld 2013 (Literalität und Liminalität, Bd. 17), ISBN 978-3-837615-98-2.
  • Helmut Böttiger: 40 Jahre Sprache im technischen Zeitalter. In: Sprache im technischen Zeitalter, Nr. 166, Juni 2003, S. 188–193. Online abrufbar auf lcb.de.
  • Sandra Uschtrin, Heribert Hinrichs (Hrsg.): Handbuch für Autorinnen und Autoren. 8. Auflage. Uschtrin Verlag, Inning am Ammersee 2015, ISBN 978-3-932522-16-1, S. 300.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Redaktion. In: Literarisches Colloquium Berlin. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  2. Auf Tritt Die Poesie. In: Literarisches Colloquium Berlin. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  3. Die »aufgeschlossene Alte«. In: open mike. 22. Mai 2014, abgerufen am 13. Februar 2021 (deutsch).
  4. Geschichte. In: Literarisches Colloquium Berlin. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  5. Literarisches Tandem. In: Stiftung Brandenburger Tor. Abgerufen am 13. Februar 2021 (deutsch).
  6. Vgl. Michael Peter Hehl: Berliner Netzwerke. In: Achim Geisenhanslüke, Michael Peter Hehl (Hrsg.): Poetik im technischen Zeitalter. Walter Höllerer und die Entstehung des modernen Literaturbetriebs. transcript Verlag, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8394-1598-6, S. 161.
  7. TU Berlin: Technik und Poetik. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  8. Haus der Kulturen der Welt: 1962: Technisches Zeitalter, Literatur und Aufbruch. 6. September 2019, abgerufen am 13. Februar 2021.
  9. Sprache im Technischen Zeitalter. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  10. a b c Karin Siemers: Sprache im technischen Zeitalter – Portraet einer Literaturzeitschrift. Universität Karlsruhe – Institut für Literaturwissenschaft, Karlsruhe 2004 (Online auf yumpu [abgerufen am 8. Mai 2021] Proseminar-Arbeit).
  11. a b Geschichte. In: Literarisches Colloquium Berlin. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  12. a b Helmut Böttiger: 40 Jahre Sprache im technischen Zeitalter. In: Sprache im technischen Zeitalter. Nr. 166, Juni 2003, S. 188–193 (Online abrufbar am Literarischen Colloquium Berlin (LCB) [abgerufen am 8. Mai 2021]).
  13. - Sprache im technischen Zeitalter, Bd. 151. Abgerufen am 13. Februar 2021 (deutsch).
  14. Die Zeitschrift „Sprache im technischen Zeitalter“ erhält den Hermann-Hesse-Förderpreis 2006 / Verleihung am 2. Juli in Calw. In: BuchMarkt. 10. Januar 2006, abgerufen am 13. Februar 2021.
  15. Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg: Bestände. Abgerufen am 13. Februar 2021.