Spohn-Gymnasium Ravensburg

Spohn-Gymnasium Ravensburg
SchulformGymnasium
Schulnummer04111880
GründungLateinschule vor 1220, Lyceum 1839, Gymnasium 1880
AdresseSpohnstraße 22
OrtRavensburg
LandBaden-Württemberg
StaatDeutschland
Koordinaten47° 47′ 8″ N, 9° 37′ 13″ O
TrägerStadt Ravensburg
Schüleretwa 430
Lehrkräfteetwa 40
LeitungSilke Hubig
Websitewww.spohngymnasium.de

Das Spohn-Gymnasium ist ein städtisches humanistisches Gymnasium in Ravensburg. Es ist nach dem Ravensburger Unternehmer Julius Spohn benannt.

Geschichte

Ehemalige Lateinschule in Ravensburg

Bereits um 1220 wird erstmals ein Lateinlehrer (scolasticus) für Ravensburg erwähnt. 1351 befand sich eine Lateinschule im Gebäude Kirchstraße 25 bei der Pfarrkirche Liebfrauen. Nach dem ersten bekannten Bestallungsvertrag von 1528 stand der Schulmeister damals in städtischen Diensten. 1534 bis 1542 lehrte dort der Humanist Johannes Susenbrot.

Mit der Reformation in Ravensburg 1546–1548 erfolgte eine Trennung der Schulformen nach Konfessionen mit einer katholischen Lateinschule und einer evangelischen deutschen Volksschule. In der Lateinschule setzte sich im 16. Jahrhundert die Lehrmethode der Jesuiten durch, wobei die religiöse Unterweisung und die Musik breiten Raum einnahmen. Vom klassischen Trivium wurde allerdings nur die Grammatik gelehrt und es gab einen rudimentären Altgriechisch-Unterricht.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg gab es aufgrund der numerischen Parität der Konfessionen in der Stadt Bestrebungen, die Lateinschule in eine paritätische Schule umzuwandeln. Dieses führte jedoch 1662 zur Gründung einer eigenen katholischen höheren Schule im Kloster des Karmeliterordens, so dass bis zum Ende der Reichsstadtzeit zwei konfessionelle höhere Schulen bestanden.

Als Ravensburg zu Beginn des 19. Jahrhunderts für einige Jahre zum Königreich Bayern zählte, wurde auch das Schulwesen neu geordnet. Zunächst wurde 1805 eine paritätische Realschule mit Französisch als erster und Latein als zweiter Fremdsprache gegründet. Nachdem Ravensburg 1810 dem Königreich Württemberg zugeschlagen worden war, wurde 1820 die Lateinschule im Sinne des Neuhumanismus ebenfalls als paritätische Schule reformiert. Beide Schulen standen unter derselben Leitung und weiterhin in städtischer Trägerschaft, allerdings unter Schulaufsicht des Landes. Als Schulgebäude diente seit 1825 das zu diesem Zweck aufwendig umgebaute ehemalige Karmeliterkloster.

1839 wurden beide Schulen mit einer Klasse zu einer dreiklassigen Anstalt erweitert. Die Realschule befähigte damit zum Besuch an der höheren Handelsschule in Stuttgart und die nun Lyzeum genannte ehemalige Lateinschule konnte so auch Griechisch und Hebräisch für angehende Theologiestudenten anbieten. Die acht Lehrer waren fast alle Theologen.

1869 wechselten die höheren Schulen in die Räumlichkeiten des ehemaligen Frauenklosters am Mehlsack.

1880 wurde das Lyzeum durch Dekret des württembergischen Königs Karl zum Gymnasium erhoben und am 11. Januar 1881 feierlich eingeweiht. Die Schülerzahl wuchs in diesem Jahr von 217 im Januar auf 256 Schüler im Oktober. 121 kamen aus dem Umland. 1885 gab es bereits 307 Schüler, von denen 188 katholisch, 83 evangelisch und 4 jüdisch waren.

Spohn-Gymnasium auf einer Ansichtskarte von 1914

1905 gab es erste Überlegungen zu einem Neubau, da aufgrund der wachsenden Schülerzahlen der Platzbedarf wuchs und bereits einige Klassen in Nachbargebäude ausgelagert worden waren. 1907 schrieb die Stadt hierzu einen Architektenwettbewerb aus.

1909 wurde mit der Aufnahme der ersten Schülerinnen die Koedukation eingeführt.

1912 konnte der damalige Oberbürgermeister Andreas Reichle den vermögenden Ravensburger Textil- und Zementunternehmer Julius Spohn zu einer großzügigen Stiftung für den Bau eines neuen Schulgebäudes bewegen, das bis 1914 auf 8000 m² großen, ehemaligen Spohn’schen Grundstücken am Hang nördlich des Stadtkerns nach Entwurf des Heilbronner Architekten Adolf Braunwald errichtet wurde.[1]

1934 wurde Max Luib, der NSDAP-Kreisleiter von Böblingen, Schulleiter des Ravensburger Gymnasiums. Wegen schlechten Dienstzeugnissen aus den 1930er Jahren zu seiner Lehrertätigkeit und seinem außerordentlichen Parteieinsatz in der NSDAP war diese Versetzung nicht fachlich, sondern politisch motiviert.[2] 1939 setzte er sich maßgeblich für die Einführung des Weltanschaulichen Unterrichts ein, der den Religionsunterricht ersetzte.[3] Im gleichen Jahr wurde der einzige jüdische Schüler der Schule Peter "Pinchas" Erlanger, obwohl er einer der besten Schüler war, nicht versetzt und musste deswegen die Schule verlassen und anschließend mit seiner Familie aus Deutschland fliehen. Daraufhin beschrieb Schulleiter Luib die Schule erfreut als "judenrein".[4][5] Luib übernahm auch den Schulleiterposten der Oberrealschule Ravensburg und führte 1944 beide Schulen zur "Spohnoberschule für Jungen" zusammen.[3] Am 1. Juli 1945 wurde Luib von den französischen Besatzern seines Amtes als Schulleiter enthoben.[6]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit der Trennung der beiden Oberschulen begonnen, und es entstanden unter einem Dach das altsprachliche Spohn-Gymnasium mit ca. 250 Schülern und das naturwissenschaftlich orientierte Albert-Einstein-Gymnasium mit ca. 500 Schülern.

2008 richtete man einen Hochbegabtenzug für Schüler mit Hochbegabung ein.[7][8]

Im November 2017 verwandelte sich das Spohn-Gymnasium im Rahmen des Projekts "Schule als Staat" gemeinsam mit dem Albert-Einstein-Gymnasium Ravensburg für eine Woche in die "Republik Vestraragymbi".[9]

2021/2022 erfolgte eine Generalsanierung des Gebäudes für ca. 23,3 Mio. Euro.[10]

Schulhaus und Gelände

Das Spohn-Gymnasium teilt sich ein Gelände mit dem Albert-Einstein-Gymnasium Ravensburg (AEG) und dem Welfen-Gymnasium. Auf dem Gelände stehen zwei Schulhäuser, wobei sich in einen der Gebäude das AEG und das Spohn befinden und sich im anderen das Welfen-Gymnasium befindet. Sowohl an das Welfen-Gebäude als auch an das Gebäude des Spohn- und Albert-Einstein-Gymnasiums sind Anbauten angebaut worden, der Anbau des Spohns wird "Pavillon" und der des Welfen "Schlössle" genannt. Es befinden sich drei weitere Gebäude auf dem Gelände: die Mensa und zwei Sporthallen, die große Turnhalle und die „rote Halle“. Zudem gibt es noch einige Container aus der Phase der Generalsanierung.

Schulleiter

Titelblatt von Susenbrots „Grammaticae artis institutio“, Leipzig 1539
  • 1248 Heinricus scolasticus
  • 1275 Heinricus dictus Wolfegge
  • 1534–1542 Johannes Susenbrot
  • 1816 Johannes Dehlinger
  • 1825 Johann August Beigel
  • 1875 Julius Held
  • 1883–1903 Hermann Ehemann
  • 1904–1919 Johannes Schermann
  • 1919–1933 Josef Haug
  • 1934–1. Juli 1945 Max Luib[2][6]
  • 1945–1947 Max Simon (kommissarisch)
  • 1947–1953 Georg Mühleisen
  • 1953–1965 Anton Breitinger
  • 1965–1971 Wilhelm Wahl
  • 1971–1990 Franz Braig
  • 1990–1998 Walter Boenchendorf
  • 1998–1999 Hermann von Blume (kommissarisch)
  • 1999–2000 Hans Albrecht Schnitzler
  • 2000–2001 Hermann von Blume (kommissarisch)
  • 2001–2012 Ulrich Bösenberg
  • 2012–2013 Wolfgang Bechler (kommissarisch)
  • 2013–2024 Susanne Lutz
  • seit 2024: Silke Hubig

Persönlichkeiten (Schüler)

Literatur

  • Mack: Die neue Erdbebenwarte in Ravensburg, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 43. Jg. 1914, S. 45 (Digitalisat); Nachtrag 44. Jg. 1915, S. 194 (Digitalisat)
  • Spohn-Gymnasium (Hrsg.): 125 Jahre Gymnasium in Ravensburg. Ravensburg 2005
  • Alfred Lutz: Ein „Bildungsschloss“ auf dem Ravensburger Andermannsberg. Der Neubau für Gymnasium und Oberrealschule (1912/14). In: Altstadt-Aspekte. 9. Jg. (2005/2006), S. 6–13
  • Wolf-Ulrich Strittmatter: Max Luib, Oberstudiendirektor – „Der Lehrer des neuen Staates muss Offizier seiner Mannschaft sein“. In: Wolfgang Proske: Täter Helfer Trittbrettfahrer. Band 4. NS-Belastete aus Oberschwaben. Kugelberg Verlag, Gerstetten 2015, ISBN 978-3-945893-005, S. 169–182
  • Württembergisches Gymnasium Ravensburg (Hrsg.): Programm des Kgl.-Württemb. Gymnasiums in Ravensburg, Schuljahre 1883 - 1889. Digitalisat
  • Württembergisches Gymnasium Ravensburg (Hrsg.): Jahresbericht des Württembergischen Gymnasiums in Ravensburg über d. Schuljahre 1904 - 1914. Digitalisat
Commons: Spohn-Gymnasium Ravensburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schwäbische.de: Das „Bildungsschloss“ wird 100. In: schwaebische.de. Schwäbische Zeitung, 9. Oktober 2014, abgerufen am 22. Februar 2024.
  2. a b Wolf-Ulrich Strittmatter: Max Luib, Oberstudiendirektor - "Der Lehrer des neuen Staates muss Offizier seiner Mannschaft sein". In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. Band 4. NS-Belastete aus Oberschwaben. 4. Auflage. Kugelberg Verlag, Gerstetten 2015, ISBN 978-3-945893-00-5, S. 173 f.
  3. a b Wolf-Ulrich Strittmatter: Max Luib, Oberstudiendirektor - "Der Lehrer des neuen Staates muss Offizier seiner Mannschaft sein". In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. Band 4. NS-Belastete aus Oberschwaben. 4. Auflage. Kugelberg Verlag, Gerstetten 2015, ISBN 978-3-945893-00-5, S. 177.
  4. SWR: Peter "Pinchas" Erlanger: "... hätte ich hierbleiben können". In: SWR.de. Südwestrundfunk, 9. Januar 2014, abgerufen am 22. Februar 2024.
  5. Wolf-Ulrich Strittmatter: Max Luib, Oberstudiendirektor - "Der Lehrer des neuen Staates muss Offizier seiner Mannschaft sein". In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. Band 4. NS-Belastete aus Oberschwaben. 4. Auflage. Kugelberg Verlag, Gerstetten 2015, ISBN 978-3-945893-00-5, S. 181.
  6. a b Wolf-Ulrich Strittmatter: Max Luib, Oberstudiendirektor - "Der Lehrer des neuen Staates muss Offizier seiner Mannschaft sein". In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. Band 4. NS-Belastete aus Oberschwaben. 4. Auflage. Kugelberg Verlag, Gerstetten 2015, ISBN 978-3-945893-00-5, S. 179.
  7. Schwäbische.de: Spohn-Gymnasium informiert über Hochbegabtenzug. In: schwaebische.de. Schwäbische Zeitung, 6. Februar 2015, abgerufen am 22. Februar 2024.
  8. Hochbegabtenzug. In: spohngymnasium.de. Spohn-Gymnasium Ravensburg, abgerufen am 22. Februar 2024.
  9. Schwäbische.de: „Militärische Ehren“ für Minister Luchaim Spohngymnasium. In: schwaebische.de. Schwäbische Zeitung, 13. November 2017, abgerufen am 22. Februar 2024.
  10. SWR: Generalsanierung von Ravensburger Gymnasien abgeschlossen. In: SWR.de. Südwestrundfunk, 23. Februar 2022, abgerufen am 22. Februar 2024.
  11. Rupert Mayer besuchte als Mitglied der deutschen Oberprima des Feldkircher Jesuitenkollegs Stella Matutina das letzte Schuljahr 1892–1893 am Gymnasium in Ravensburg und legte dort auch sein Abitur ab, vgl. Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte, Band 21, S. 229
  12. Sauer, Albert. In: Landeskundliches Informationssystem Baden-Württemberg LEO-BW. Landesarchiv Baden-Württemberg, abgerufen am 22. Februar 2024.
  13. Abitur 1929
  14. Abitur 1967
  15. Chef der Kreissparkasse: Hans Lamparter folgt auf Christoph Gögler. In: tagblatt.de. Schwäbisches Tagblatt, 13. Dezember 2021, abgerufen am 22. Februar 2024.
  16. "Von unserer Redaktionsmitarbeiterin chr": Unfall beim Snowboardfahren in Bergün. In: Spohn-Gymnasium Website. Spohn-Gymnasium, archiviert vom Original; abgerufen am 20. April 2019 (Dass Charlotte Rezbach Schülerin am Spohn war, liest man im Abschnitt "Unfall beim Snowboardfahren in Bergün").

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Ravensburg, Marienplatz, ehemalige Lateinschule (1351–1802), ab 1878 katholische Mädchenschule
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Ravensburg. Spohn-Gymnasium, Ansichtskarte; rückseitige Beschriftung: Ravensburg, Spohn'sche Familienstiftung, Gymnasium & Oberrealschule-Neubauten.