Spektralradius
Der Spektralradius ist ein Konzept in der linearen Algebra und in der Funktionalanalysis. Der Name erklärt sich dadurch, dass das Spektrum eines Operators in einer Kreisscheibe enthalten ist, deren Radius der Spektralradius ist.
Spektralradius von Matrizen
Definition
Der Spektralradius (Rho) einer -Matrix ist der Betrag des betragsmäßig größten Eigenwerts von , das heißt, ist definiert durch
- .
Dabei durchläuft die höchstens verschiedenen Eigenwerte von . Der Spektralradius wird auch mit statt mit notiert.
Eigenschaften
Jede induzierte Matrixnorm von ist mindestens so groß wie der Spektralradius. Ist nämlich ein Eigenwert zu einem Eigenvektor von , dann gilt:
Allgemeiner gilt diese Abschätzung für alle mit einer Vektornorm verträglichen Matrixnormen. Weiterhin gibt es zu jedem mindestens eine induzierte Norm (die für verschiedene Matrizen unterschiedlich sein kann), sodass
gilt. Ferner gilt für jede induzierte Matrixnorm:
Anwendungen
Der Spektralradius ist beispielsweise bei Splitting-Verfahren von Bedeutung. Falls für eine invertierbare Matrix gilt, dann konvergiert die Iteration
für jeden Startvektor gegen die exakte Lösung des linearen Gleichungssystems .
Spektralradius in der Funktionalanalysis
Definition
Der Begriff des Spektralradius kann allgemeiner auch für beschränkte lineare Operatoren auf Banachräumen definiert werden. Für einen beschränkten linearen Operator definiert man
- ,
wobei das Spektrum von bezeichnet.
Operatoren mit Spektralradius gleich nennt man quasinilpotent. Nilpotente Operatoren sind quasinilpotent, denn dann ist die Folge in der nachfolgenden Grenzwertformel ab einer Stelle gleich .
Eigenschaften
Da das Spektrum kompakt ist, wird das Supremum angenommen, es liegt also ein Maximum vor.
Außerdem kann man auch hier zeigen, dass
gilt, wobei hier die Operatornorm meint.
Insbesondere ist der Spektralradius eines Operators auch, wie im Endlichdimensionalen, nie größer als die Norm des Operators, d. h.:
Ist ein normaler Operator auf einem Hilbertraum, dann gilt immer Gleichheit, wie der Abschnitt über C*-Algebren genauer erklären wird.
C*-Algebren
Falls wir uns auf Hilberträume beschränken, so können wir uns -Algebren widmen. (Und dank der GNS-Konstruktion lassen sich alle -Algebren als Operatoralgebren über Hilberträumen darstellen.) In diesen Algebren gibt es für besondere Klassen von Elementen (Operatoren) einen engeren Zusammenhang zwischen dem Spektralradius und der Norm. Sei eine -Algebra. Bezeichne mit die Menge aller Charaktere, d. h. algebraischen Homomorphismen. Dies bildet einen lokal kompakten Hausdorff'schen Raum und wir können die Abbildung
betrachten, wobei durch
definiert wird. Das Gelfand-Repräsentationstheorem für -Algebra besagt, dass dies eine Isometrie ist, solange kommutativ ist. Für normal (d. h. kommutieren) können wir die durch erzeugte Unter--algebra betrachten, die notwendigerweise kommutativ ist, und erhalten
(Hier sind einige Details noch zu klären, z. B. dass das Spektrum von sich nicht ändert, wenn man auf die Unteralgebra beschränkt. Diese Details stimmen und sind in elementaren Einführungen von -Algebren zu finden.)
Auch wenn nicht alle Elemente normal sind, besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Norm und dem Spektrum. Im Allgemeinen gilt für alle
weil selbstadjungiert und deshalb normal ist.
Literatur
- Stoer: Numerische Mathematik. Springer-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-540-21395-3.
- Dirk Werner: Funktionalanalysis. Springer-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-72533-6.