Menü (Speisenfolge)
Als Menü (im 19. Jahrhundert aus französisch menu für „klein“, „Kleinigkeit“ entlehnt[1]) bezeichnet man in der Gastronomie und Kochkunst eine Kombination von Speisen, die aus mehreren Gängen besteht.
Geschichte
Bereits die Esskultur im Römischen Reich bestand aus Vorspeise (lateinisch antecenium, gustatio), Hauptgericht (lateinisch mensa prima) und Nachspeise (lateinisch savillum, secunda mensa). Viele Gastmahle sind aus jener Zeit überliefert wie das des Cornelius Lentulus[2] oder Plinius des Jüngeren.[3]
Die heute in der westlichen Welt übliche Menüfolge aus mehreren Gängen hintereinander ist vergleichsweise jung. Sie wurde erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts allmählich üblich.[4] Der russische Fürst Kurakin soll erstmals 1830 in Paris auf diese Weise ein Festbankett servieren lassen haben.[5] Die Speisenfolge steigert sich im Geschmack (von pikant/stimulierend bis zu süß), in der Konsistenz (über flüssig/leicht bis zu bissfest und wieder leicht) und Vermischung oder Trennung der Speisebestandteile (vermischt bei Suppen, getrennt bei Hauptspeise bis vermischt bei Nachspeise).[6]
Das klassische Menü ist eine sinnvolle Aneinanderreihung von Speisen. Begonnen wird mit leichten „Happen“ (Amuse-Gueule oder französisch mise en bouche), die das Menü einleiten. Dazu werden gegebenenfalls Aperitifs gereicht. Dann folgen Vorspeisen oder Suppe. Gehaltvollere Speisen, also Fleisch- und Fischgerichte, stellen den Hauptteil des Menüs dar. Sorbets haben eine frische und neutralisierende Wirkung, man serviert sie manchmal zwischen Gängen, um ein Menü kurzzeitig zu unterbrechen bzw. starke Geschmacksunterschiede voneinander abzugrenzen. Das gibt dem Gast Zeit, sich auf den nächsten Gang vorzubereiten. Mit kleinen, relativ leichten Speisen lässt man schließlich das Menü ausklingen.
Das moderne Menü ist ähnlich wie das klassische Menü aufgebaut. Leichte Speisen eröffnen das Essen, meist wird eine kalte und/oder warme Vorspeise sowie eine Suppe gereicht. Der Hauptgang stellt den Höhepunkt dar und wiederum leichtere Speisen runden das Menü ab.
Man spricht noch heute von einem Gang (historisch auch Tracht), weil zum Herbeibringen des neuen Gerichtes eines Menüs die Servierkräfte jedes Mal einen neuen Gang zur Küche machen mussten.
Zusammenstellung
Bei einem Menü handelt es sich nicht um eine willkürliche Aneinanderreihung von Speisen. Es gibt wichtige Regeln, die jeder Koch beherrschen muss. Dies betrifft unter anderem die Vermeidung von Wiederholungen der Rohstoffe in der Speisenfolge, aber auch deren Zubereitungsart. Weiterhin gilt, dass auf helle Rohstoffe im nächsten Gang dunkle folgen; gebundenen Speisen folgen ungebundene (klare) usw. Am Ende sollten alle Speisen ein harmonisches Zusammenspiel ergeben.
Menüs können unter ein Motto gestellt werden, wie z. B. „Aus dem Meer“ (Fisch und Meeresfrüchte, Seetang) oder „Aus dem Wald“ (Wild, Pilze, Maronen, Beeren usw.). Ein Menü sollte an den Gästekreis angepasst sein: Teilnehmer einer Tagung, die vor allem geistig arbeiten, haben z. B. ganz andere Erwartungen an ein Menü als eine Hochzeitsgesellschaft.
Die Nennung eines Gerichts folgt einem bestimmten Muster: Hauptbestandteile und deren Zubereitungsart (evtl. mit Garnitur), Soße, Gemüse, Sättigungsbeilage und Salat. Die einzelnen Elemente werden dabei durch Präpositionen miteinander verbunden.[7]
Klassisches und modernes Menü im Vergleich:
Das klassische Menü
| Das moderne Menü:
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- Anmerkungen
Über die Frage, ob die Käseplatte vor oder nach dem süßen Dessert gereicht wird, besteht keine Einigkeit. Wird beispielsweise beim Hauptgang ein schwerer Rotwein getrunken, folgt danach der Käse und nicht die Süßspeise (zu der in der Regel Süßwein, Sekt, Champagner oder Dessertwein serviert wird). So bleibt die Harmonie bei den korrespondierenden Getränken erhalten.
Ein weiterer Unterschied zwischen dem klassischen Menü und dem modernen: Beim klassischen wurden die Vorspeisen (französisch hors d’œuvre, „außerhalb des Werkes“) und die Suppe nicht an der Tafel, sondern in einem anderen Raum vorher gereicht. Somit sind die Entrées (deutsch „Eingang, Beginn“) die eigentlich ersten Speisen an der Tafel. Die Süßspeisen heißen „Zwischengericht“ (französisch Entremets), weil sie zwischen den künstlerischen Einlagen (Musik, Gesang, Tanz) serviert wurden.
Sonderformen
In Küchen nicht-europäischer Kulturkreise kann die Speisefolge eine ganz andere sein. In China zum Beispiel werden mehrere Gerichte gleichzeitig serviert und zum Abschluss eine Suppe gereicht. Desserts sind dort unbekannt, jedoch kommen zusammen mit den anderen Speisen oft auch süße Gerichte auf den Tisch.
Andere Wortbedeutung
Nach den zum Menü gereichten Karten mit der Speisefolge wird der Begriff manchmal auch als Bezeichnung für die allgemeine Speisekarte eines Restaurants verwendet.
In den USA bezeichnet Entrée meist das Hauptgericht.
Literatur
- Eugen Pauli: Lehrbuch der Küche. Orell Fuessli Verlag, Aarau 1984, S. 215.
Weblinks
- Literatur von und über Menü im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Ursula Hermann, Knaurs etymologisches Lexikon, 1982, S. 315
- ↑ Macrobius Ambrosius Theodosius, Saturnalia, 3, 13, 11 ff.
- ↑ Plinius der Jüngere, Epistulae 1,15.
- ↑ Margaret Visser, The Rituals of Dinner: The Origins, Evolution, Eccentricities, and Meaning of Table Manners, 1991, S. 198
- ↑ Margaret Visser, The Rituals of Dinner: The Origins, Evolution, Eccentricities, and Meaning of Table Manners, 1991, S. 202
- ↑ Lothar Kolmer: "Finger fertig": eine Kulturgeschichte der Serviette. LIT Verlag Münster, 2008, ISBN 978-3-8258-1307-9 (google.de [abgerufen am 26. Mai 2022]).
- ↑ hotelfach.de - Menükunde. Abgerufen am 15. Juli 2012.
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Menü und Getränkeauswahl (links) für einen Sonderzug in England (englisch, deutsch).
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Speisekarte des Hotel Adlon, Berlin vom 26. Oktober 1907
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4-Gänge-Menü für eine Hochzeitsfeier in Kärnten, Österreich.
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Speisekarte zum Festessen im Hotel Kaiserhof zu Porta Westfalica anlässlich der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals am 18. Oktober 1896.