Sonderturm

Als Sondertürme bezeichnet man die Fernmeldetürme der einstigen Deutschen Bundespost (heute Deutsche Funkturm GmbH, einem Tochterunternehmen der Deutschen Telekom) in Stahlbetonbauweise, die speziell für einen besonderen Standort geplant wurden. Sondertürme sind im Regelfall höher als die Typentürme und fast immer mit einem touristischen Bereich ausgestattet. Die Aufgabe dieser, insbesondere in den 1960er und 1970er Jahren errichteten Türme, war es im Bundesgebiet ein dichtes Netz von Fernmeldetürmen vorzuhalten, die untereinander über Richtfunk verbunden waren, um so Signale wie Ferngespräche und Fernsehsignale von Turm zu Turm zu übertragen und zu senden.

Geschichte

Im Jahr 1977 gab es auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland 10 im Bau befindliche oder fertiggestellte Sondertürme. Der damals noch nicht fertiggestellte Frankfurter Fernmeldeturm galt mit seiner Höhe von 331 m und 14 cm damals als das höchste Bauwerk der Bundesrepublik.

Die Post verfügte 1977 über rund 543 Richtfunkstellen, zu denen auch die großen Sondertürme zählten. Diese wurden immer dann in den Randgebieten großer Städte errichtet, wenn es standortbedingt besondere Anforderungen gab. Durch immer höhere Büro-, Wohn- und Verwaltungsgebäude stieg die Anforderung an Richtfunkverbindungen, die von topografischen oder baulichen Hindernissen freigehalten werden mussten. Hinzu kam der Wunsch der Städte, diese markanten, weit sichtbaren Wahrzeichen dem Publikum zugänglich zu machen, so dass beim Neubau zumeist ein Turmrestaurant und eine Aussichtsplattform mit eingeplant wurden. Die Baukosten für die 10 Türme wurden mit rund 300 Millionen DM veranschlagt, wovon auf die Deutsche Bundespost ein Anteil von 220 Millionen DM entfiel.

Die 10 damaligen Sondertürme standen in Stuttgart (192 m) Mannheim (205 m), Dortmund (220 m), Kiel (230 m), Koblenz (255 m), Nürnberg (260 m), Hamburg (272 m), Köln (273 m), München (290 m) und in Frankfurt (331 m). Die Stadt Frankfurt verfügte über die einzige interkontinentale Fernsprechverbindungsstelle und die zentrale Schaltstelle für das deutsche Fernsehen und den Hörfunk in der Bundesrepublik. Im neuen Turm wurden neben richtfunktechnischen Einrichtungen auch das Fernsehleitungsnetz untergebracht. Er war nicht dafür vorgesehen als Fernsehturm genutzt zu werden.[1]

Liste der Sondertürme

NameHöheBaujahrOrtBemerkung
Europaturm337,5 m1979Frankfurt am Main, Hessentouristischer Bereich vorhanden
Fernmeldeturm Nürnberg292 m1977Nürnberg, Bayerntouristischer Bereich vorhanden
Olympiaturm291,28 m1968München, Bayerntouristischer Bereich vorhanden
Telemax282,2 m1992Hannover, Niedersachsen
Heinrich-Hertz-Turm279,7 m1965–1968HamburgStahlbetonweise, touristischer Bereich vorhanden, Drehrestaurant. Für Besucher war der Turm ab dem 12. April 1968 freigegeben. Im Jahre 2001 wurde der Turm für die Öffentlichkeit geschlossen, die Deutsche Funkturm gab 2018 an, dass der Fernsehturm im Jahr 2023 wiedereröffnet wird.[2]
Colonius266 m1981Köln, Nordrhein-Westfalentouristischer Bereich vorhanden
Fernmeldeturm Koblenz265,5 m1976Koblenz, Rheinland-Pfalznicht öffentlich zugänglich
Rheinturm240,5 m1981Düsseldorf, Nordrhein-Westfalentouristischer Bereich vorhanden
Fernmeldeturm Bremen235,7 m1986Bremen-WalleBautyp Kiel
Fernmeldeturm Kiel230 m1972Kiel, Schleswig-Holstein
Friedrich-Clemens-Gerke-Turm230 m1991Cuxhaven, NiedersachsenBautyp Kiel
Fernmeldeturm Münster229,5 m1986Münster, Nordrhein-WestfalenBautyp Kiel
Florianturm219,6 m1959Dortmund, Nordrhein-Westfalentouristischer Bereich vorhanden, Drehrestaurant
Fernmeldeturm Mannheim212,8 m1975Mannheim, Baden-Württembergtouristischer Bereich vorhanden, Drehrestaurant
Stuttgarter Fernmeldeturm192 m1969–1972Stuttgart, Baden-WürttembergStahlbetonbauweise, nicht zu verwechseln mit dem benachbarten Stuttgarter Fernsehturm vom SDR/SWR

Der Berliner Fernsehturm mit seinen 368,03 Metern und der ebenfalls 1969 errichtete Fernsehturm Dresden gehörten zum Bauzeitpunkt nicht zur Sonderturm-Klasse der Deutschen Bundespost, da diese zur Zeit der Entstehung in der DDR lagen und damit von der Deutschen Post errichtet wurden. Nach der Wiedervereinigung gingen diese an die Deutsche Bundespost bzw. später in das Eigentum der Telekom bzw. der Deutschen Funkturm über.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Neuer Superlativ: Frankfurts Fernmeldeturm. In: Abendpost Sonntagpost. Tribune International Corp, Chikago 8. Dezember 1977, S. 9 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
  2. Klönabend zum Thema Fernsehturm Hamburg. In: Bramfelder Rundschau. Nr. 5, Juni 2018 (epub.sub.uni-hamburg.de PDF, S. 14).