Simson SL1

Simson SL1 S mit Vorderradfederung
Simson SL1 S mit Vorderradfederung

Das Simson SL 1 ist ein Mofa von Simson mit einem 1,2 kW leistenden Ein-Gang-Motor.

Geschichte

In der Bundesrepublik Deutschland etablierten sich Ende der 1960er-Jahre 25-km/h-Mofas (Motor-Fahrräder) als eine neue Fahrzeugkategorie, die viel Zuspruch in der Bevölkerung fand. Ähnlich wie beim Aufkommen der „Kleinkrafträder“ (offene 50er) wollte Simson auch hier dem neuen Trend mit einem entsprechenden Fahrzeug begegnen – dem Mofa SL 1. Die Fachpresse sah in einem Mofa auch die Chance, die außergewöhnlich große, nicht erfüllbare Nachfrage nach den Simson-Kleinkrafträdern teilweise durch den Verkauf eines simplen Mofas abzudecken.[1]

Produktionsstart war offiziell der 20. Juli 1970, jedoch konnte wegen fehlender Druckgussteile aus Jugoslawien bis Mitte August kein Fahrzeug fertiggestellt werden. Im Folgenden trat der erwartete Verkaufserfolg nicht ein. Im Frühjahr 1971 produzierte man bereits auf Halde und der Verkauf stagnierte. Die Betriebsleitung war sich der konzeptionellen Probleme dieses ersten Mofas bewusst und legte bereits Pläne für einen verbesserten Nachfolger mit der Bezeichnung SL 2 vor. Stattdessen beschlossen die Wirtschaftsstrategen nach 60.200 Exemplaren den Produktionsstopp zum 31. März 1972. Bemerkenswert ist, dass für das Mofa SL 1 – anders als damals üblich – kaum standardisierte Bauteile verwendet wurden. Der Motor wurde noch bis zum Ende der DDR in Rasenmähern verbaut. 1990 war erneut von einem Simson-Mofa SL 2 die Rede. Es handelte sich dabei um ein Mofa von Solo aus Sindelfingen, dessen Produktion nach Suhl verlegt und als „Simson SL 2“ verkauft werden sollte. Für 1991 wurde dessen Serienproduktion in Suhl angekündigt, die jedoch nicht eintrat.[2]

Das Mofa sollte diejenigen ansprechen, denen die Vogelserie zu teuer oder zu kompliziert war. Da die Vogelserie jedoch bereits relativ preiswert verkauft wurde, musste am Mofa sehr hart kalkuliert werden. Mit dem angestrebten EVP von 550 Mark wurde nur das Nötigste angebracht, wie zum Beispiel eine starre Vordergabel, die ursprünglich abgefedert sein sollte, dann aber doch aus Kostengründen herausgelassen wurde. Die abgefederte Variante gab es dann als Mofa SL 1 S ab Mitte Dezember 1970 mit staatlicher Genehmigung. Trotz äußerster Sparsamkeit konnten die Ingenieure die Preisvorgabe nicht einhalten, deshalb kam das SL 1 dann für 695 Mark in die Läden. Anfangs sollten schmalere Reifen (20x2,00) eingebaut werden, die allerdings wegen (angeblicher) Überlastung vom DAMW nicht zugelassen wurden. Somit wurden letztendlich Ballonreifen der Größe 20x2,25 verwendet.

Eigenschaften

Der fahrtwindgekühlte 50-cm³-Motor M 51A konnte bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h beschleunigen und war mit einer Fliehkraftkupplung ausgestattet. Man konnte während des Fahrens mit Motorkraft ebenso mittreten, dazu befand sich auf der rechten Fahrzeugseite ein zweiter Kettentrieb. Die Übersetzung war allerdings ungünstig ausgelegt, sodass dauerhaftes Fahren ohne Motorkraft nicht in Frage kam.

Das Mofa sollte Fahrer ansprechen, denen ein Mokick bereits zu viel Technikverständnis und fahrerisches Können abforderte. Das SL 1 ließ sich in der Praxis jedoch nicht einfacher bedienen (vor allem beim Starten), und technisch sorgten unausgereifte Details für Probleme. Hinzu kamen der dürftige Fahrkomfort und das spartanische Äußere. Besonders nachteilig war, dass sich das Mofa SL1 in Versicherungs- und Führerscheinfragen nicht von den schnellen Mokicks unterschied.

Rechtliche Fragen

Zu DDR-Zeiten wurde das Simson SL1 als Mofa zur Gruppe der „Fahrräder mit Hilfsmotor“ gezählt. Einziger rechtlicher Unterschied gegenüber anderen Kleinkrafträdern war, dass keine Verpflichtung zur Registrierung bei der VP bestand bzw. ab 1977 keine ABE vorgezeigt werden brauchte. Es bestand aber sowohl Haftpflichtversicherungs- als auch Führerscheinpflicht.[3] Laut Einigungsvertrag werden Fahrräder mit Hilfsmotor im Sinne der bisherigen Vorschriften der DDR auch in der BRD als Fahrräder mit Hilfsmotor anerkannt.[4] Der entsprechende § 18 der StVZO wurde im Jahr 2007 gestrichen. Seitdem muss demnach auch für das Simson SL1 eine Betriebserlaubnis vorgelegt werden. Diese kann beim Kraftfahrtbundesamt beantragt werden.

Technische Daten

KenngrößeMofa SL1Mofa SL 1S
MotorSimson-Zweitakt
StarterPedaltrieb
KühlungFahrtwind
Bohrung (mm)40
Hub (mm)39,5
Hubraum (cm³)49,9
Verdichtung8:1
Leistung (PS/min)1,6/4000
Getriebe1-Gang, Automatik
Vergaser BVF 11 N1-1
Tankinhalt (l)3,2
RahmenKasten-Trägerrahmen
Bereifung20x2,25
Bremse vorn/hintenTrommel
Radführung vornstarre GabelKurzschwinge auf Schraubenfedern
Radführung hintenstarre Aufhängung
Eigengewicht (kg)38,540
Höchstgeschwindigkeit (km/h)30
Bauzeit1970–19711971–1972
Stückzahl60 200
Drehmoment (Nm)3,2
Zylinder1
KraftstoffGemisch 1:33
Verbrauch je 100 km (l)1,6–1,8
Sitzplätze1

Literatur

  • Frank Rönicke: Simson Schwalbe & Co 1955–1991. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-613-02813-5. (Schrader-Typen-Chronik)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. KFT beurteilt Kleinroller Schwalbe KR 51/1 S. In: Kraftfahrzeugtechnik 11/1968, S. 338–339; 349.
  2. KFT Kraftfahrzeugtechnik Heft 9/1990, S. 17.
  3. Ich fahre ein Kleinkraftrad 3. Auflage 1976, S. 16
  4. Einigungsvertrag Anlage I Kap XI B III Anlage I Kapitel XI Sachgebiet B – Straßenverkehr Abschnitt III 2. Abs. 22

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Mofa from GDR, produced 1970-1972
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Simson-Emblem am Tank eines Motorrades der Streitkräfte der Deutschen Demokratischen Republik im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr
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Mofa from GDR, produced 1970-1972