Silberner Bär/Großer Preis der Jury

Christian Petzold mit seinem gewonnenen Silbernen Bären für Roter Himmel (2023)

Der mit dem Silbernen Bären prämierte Große Preis der Jury zeichnet bei den jährlich veranstalteten Filmfestspielen von Berlin nach dem Goldenen Bären den zweitbesten Langfilm des Wettbewerbs aus.[1] Der Preis wurde erstmals bei der siebenten Auflage des Filmfestivals im Jahr 1957 als „Sonderpreis“ verliehen. Zuvor waren unbetitelte Silberne Bären vergeben worden. Von 1961 bis 1972 firmierte die Auszeichnung unter dem Namen „Sonderpreis der Jury“, von 1973 bis 1998 als „Spezialpreis der Jury“. Seit dem Jahr 1999 lautet die offizielle Bezeichnung „Großer Preis der Jury“. Über die Vergabe stimmt die Wettbewerbsjury ab, die sich meist aus internationalen Filmschaffenden zusammensetzt.

Preisträger

Am häufigsten ausgezeichnet wurden die Werke französischer Filmregisseure (10 Siege), gefolgt von ihren Kollegen aus Italien (9 Siege), den USA und Deutschland (je 7). Je zweimal prämiert wurden der Brasilianer Ruy Guerra (1964 und 1978) und der Bosnier Danis Tanović (2013 und 2016).

Mehrfach in der Vergangenheit konnte sich die Jury nicht auf einen Sieger einigen. Filmregisseure aus dem deutschsprachigen Kino waren erstmals 1966 erfolgreich, als sich der Deutsche Peter Schamoni (Schonzeit für Füchse) gegen die Konkurrenz durchsetzen konnten. Ihm folgten Ulrich Schamoni (1967 für Alle Jahre wieder), Werner Herzog (1968 für Lebenszeichen), Peter Zadek (1969 für Ich bin ein Elefant, Madame), Andreas Dresen (2002 für Halbe Treppe), Maren Ade (2009 für Alle anderen) und Christian Petzold (2023 für Roter Himmel).

JahrOriginaltitelDeutscher TitelRegie
Silberner Berliner Bär (1951–1956)
1951aIl cammino della speranzaWeg der HoffnungPietro Germi
Leva på ‚Hoppet‘Fahrt ins BlaueGöran Gentele
The Tales of HoffmannHoffmanns ErzählungenMichael Powell
Emeric Pressburger
1952Fanfan, la tulipeFanfan, der HusarChristian-Jaque
1953Magia verdeDas grüne GeheimnisGian Gaspare Napolitano
1954Pane, amore e fantasiaBrot, Liebe und FantasieLuigi Comencini
1955Marcellino pan y vinoDas Geheimnis des MarcellinoLadislao Vajda
1956Richard III
(„Internationaler Preis“)
Richard III.Laurence Olivier
Silberner Berliner Bär – Sonderpreis (1957–1959)
1957bAmenecer en puerta oscuraDer Tag der Verdammten (Wem Gott vergibt)José María Forqué
1958दो आँखें बारह हाथ (Do Aankhen Barah Haath)Zwei Augen – Zwölf HändeV. Shantaram
1959Preis nicht vergebenc
Silberner Berliner Bär – Sonderpreis der Jury (1960–1972)
1960Les jeux de l’amour
(„für die beste Filmkomödie“)
LiebesspielePhilippe de Broca
1961dUne femme est une femmeEine Frau ist eine FrauJean-Luc Godard
MabuDer KutscherKang Dae-jin
1962이 생명 다하도록 (Isaengmyeong dahadorok)eBis zum letzten TagShin Sang-ok
1963The CaretakerDer HausmeisterClive Donner
1964Os Fuzis
(Regie)
Die GewehreRuy Guerra
1965Le bonheurLe Bonheur (Glück aus dem Blickwinkel des Mannes)Agnès Varda
RepulsionEkelRoman Polanski
1966fSchonzeit für FüchseSchonzeit für FüchsePeter Schamoni
1967gLa collectionneuseDie SammlerinÉric Rohmer
1968hCome l’amoreSo etwas wie LiebeEnzo Muzii
Lebenszeichen
(„für erste Spielfilm-Regie“)
LebenszeichenWerner Herzog
Nevinost bez zastiteUnschuld ohne SchutzDušan Makavejev
1969iBrasil ano 2000Brasilien anno 2000Walter Lima jr.
GreetingsGreetingsBrian De Palma
Ich bin ein Elefant, MadameIch bin ein Elefant, MadamePeter Zadek
Made in SwedenMade in SwedenJohan Bergenstrahle
Un tranquillo posto di campagnaDas verfluchte HausElio Petri
1970Preis nicht vergeben (Abbruch der Berlinale)
1971jIl decameronDecameronPier Paolo Pasolini
1972The HospitalHospitalArthur Hiller
Silberner Berliner Bär – Spezialpreis der Jury (1973–1998)
1973kIl n’y a pas de fumée sans feuKein Rauch ohne FeuerAndré Cayatte
1974lL’horloger de Saint-PaulDer Uhrmacher von St. PaulBertrand Tavernier
1975Dupont LajoieMonsieur DupontYves Boisset
OverlordKennwort: OverlordStuart Cooper
1976CanoaHetzjagd in CanoaFelipe Cazals
1977Le diable probablementDer Teufel möglicherweiseRobert Bresson
1978A QuedaDer FallRuy Guerra
Nelson Xavier
1979mIskanderija... lih?Alexandria... warum?Youssef Chahine
1980Chiedo asiloMein AsylMarco Ferreri
1981আকালের সন্ধানে (Akaler Sandhane)Die Suche nach der HungersnotMrinal Sen
1982Dreszcze
(„für die größte Originalität“)
SchauderWojciech Marczewski
1983Hakkari'de Bir MevsimEine Saison in HakkariErden Kıral
1984nNo habrá más penas ni olvidoSchmutziger KleinkriegHéctor Olivera
1985Szirmok, virágok, koszorúkBlüten, Blumen, KränzeLászló Lugossy
1986La messa è finitaDie Messe ist ausNanni Moretti
1987海と毒薬 (Umi to dokuyaku)Das Meer und das GiftKei Kumai
1988Комиссар (Kommissar)Die KommissarinAlexander Askoldow
1989晚鐘 (Wan zhong)AbendglockenWu Ziniu
1990Астенический синдром (Asteniceskij sindrom)Das asthenische SyndromKira Muratowa
1991La condannaDie VerurteilungMarco Bellocchio
Сатана (Satana)Der SatanViktor Aristow
1992Édes Emma, drága Böbe – vázlatok, aktokSüße Emma, liebe BöbeIstván Szabó
1993oArizona DreamArizona DreamEmir Kusturica
1994Fresa y chocolateErdbeer und SchokoladeTomás Gutiérrez Alea
Juan Carlos Tabío
1995pSmoke
(„und für die schauspielerische Leistung von Harvey Keitel“)
SmokeWayne Wang
1996Lust och fägring storSchön ist die JugendzeitBo Widerberg
1997河流 (He liu)Der FlussTsai Ming-liang
1998Wag the DogWag the Dog – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedeltBarry Levinson
Silberner Berliner Bär – Großer Preis der Jury (1999–2002)
1999Mifunes sidste sangMifune – Dogma IIISøren Kragh-Jacobsen
2000q我的父亲母亲 (Wo de fu qin mu qin)Heimweg – The Road HomeZhang Yimou
2001r十七岁的单车 (Shiqi sui de dan che)Beijing BicycleWang Xiaoshuai
2002Halbe TreppeHalbe TreppeAndreas Dresen
Silberner Bär – Großer Preis der Jury (seit 2003)
2003AdaptationAdaption – Der Orchideen-DiebSpike Jonze
2004El abrazo partidoEl Abrazo PartidoDaniel Burman
2005孔雀 (Kǒng Què)Kong QueGu Changwei
2006OffsideOffsideJafar Panahi
En SoapEn SoapPernille Fischer Christensen
2007El otroDer AndereAriel Rotter
2008Standard Operating ProcedureStandard Operating ProcedureErrol Morris
2009Alle anderenAlle anderenMaren Ade
GiganteGiganteAdrián Biniez
2010Eu când vreau să fluier, fluierEu când vreau să fluier, fluierFlorin Șerban
2011A Torinói lóDas Turiner PferdBéla Tarr
2012sCsak a szélJust the WindBence Fliegauf
2013Epizoda u životu berača željezaAus dem Leben eines SchrottsammlersDanis Tanović
2014The Grand Budapest HotelGrand Budapest HotelWes Anderson
2015El clubEl ClubPablo Larraín
2016Smrt u SarajevuSmrt u SarajevuDanis Tanović
2017FélicitéFelicitéAlain Gomis
2018TwarzDie MaskeMałgorzata Szumowska
2019Grâce à DieuGelobt sei GottFrançois Ozon
2020Never Rarely Sometimes AlwaysNiemals Selten Manchmal ImmerEliza Hittman
2021偶然と想像 (Gūzen to sōzō)Das GlücksradRyūsuke Hamaguchi
2022소설가의 영화 (So-seol-ga-ui Yeong-hwa)Die SchriftstellerinHong Sang-soo
2023Roter HimmelRoter HimmelChristian Petzold

Anmerkungen

a 1951 wurden Silberne Bären in den Kategorien Dramatischer Film (Il cammino della speranza), Komödien (L’espoire fait vivre) und Musikfilm (The Tales of Hoffmann).
b 1957 erhielt Amenecer en puerta oscura die Auszeichnung „ für die bemerkenswerte filmische Lösung des dramat. Aufbaus und seiner kulturhist. Darstellung“. Ravi Shankar erhielt für seine Musik in dem indischen Beitrag Der Mann aus Kabul (Kabuliwala) einen weiteren Sonderpreis.
c 1959 gewann Hayley Mills für ihre schauspielerische Leistung in Tiger Bay einen Sonderpreis.
d 1961 gewann Eine Frau ist eine Frau den 1. Sonderpreis, Mabu den 2. Sonderpreis.
e 1962 wurde Jon Young Sun mit dem Sonderpreis geehrt.
f 1966 wurde der Schauspieler Lars Passgård für seine Leistung in dem schwedischen Beitrag Die Jagd (Jakten) ebenfalls mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.
g 1967 wurde der Drehbuchautor Michael Lentz für Idee und Drehbuch an dem Film Alle Jahre wieder ebenfalls mit einem Sonderpreis geehrt.
h 1968 erhielt Nevinost bez zastite den Sonderpreis der Jury, Come l’amore und Lebenszeichen Sonderpreise.
i 1969 wurden ex aequo die Beiträge Brasil ano 2000 („für die Originalität seiner Thematik und die Lebendigkeit seiner Personen“), Greetings („für die Spontanität und Unkonventionalität des Regisseurs und seiner Darsteller“), Ich bin ein Elefant, Madame („für die eigenwillige, intelligente und treffsichere Regie“), Made in Sweden („für die polemische Kraft und Leidenschaftlichkeit, mit der der Regisseur ein aktuelles Thema behandelt und ein gesellschaftliches Tabu durchbrochen hat“) und Un tranquillo posto di campagna („für die Virtuosität, mit der sich der Kameramann aller Möglichkeiten der Farbfotografie bedient“) ausgezeichnet.[2]
j 1971 wurde ein weiterer Silberner Bär als „Preis der Jury“ an den Animationsfilm Die Ordnung von u. a. Boris von Borresholm vergeben.
k 1973 wurden weitere Silberne Bären an die Beiträge The 14 (Regie: David Hemmings), Toda nudez sera castigada (Regie: Arnaldo Jabor), Die Sachverständigen (Regie: Norbert Kückelmann), Le grand blond avec une chaussure noire (Regie: Yves Robert) und Los siete locos (Regie: Leopoldo Torre Nilsson) vergeben.
l 1974 wurden weitere Silberne Bären an die Beiträge Im Namen des Volkes (Regie: Ottokar Runze), Little Malcolm (Regie: Stuart Cooper), Pane e cioccolata (Regie: Franco Brusati), La Patagonia rebelde (Regie: Héctor Olivera) und Tabejade Bijan (Regie: Sohrab Shahid Saless) vergeben.
m 1979 wurde ein weiterer Silberner Bär an das gesamte Filmteam von Die Ehe der Maria Braun verliehen.
n 1984 wurden weitere Silberne Bären an Morgen in Alabama (Regie: Norbert Kückelmann) und Rembetiko (Regie: Kostas Ferris) vergeben.
o 1993 wurde ein weiterer Silberner Bär an Samba Traoré (Regie: Idrissa Ouédraogo) für die „Aufrichtige Darstellung des alltägl.Lebens“ verliehen.
p 1995 wurde ein weiterer Silberner Bär an Pjesa dlja passashira (Regie: Vadim Abdraschitov) für „Für stilistische und thematische Besonderheit“ vergeben.
q 2000 wurde ein Silberner Bär als „Preis der Jury“ an The Million Dollar Hotel (Regie: Wim Wenders) verliehen.
r 2001 wurde ein Silberner Bär als „Preis der Jury“ an Italiensk for begyndere (Regie: Lone Scherfig) vergeben.
s 2012 wurde ein Silberner Bär als „Sonderpreis“ an L’enfant d’en haut (Regie: Ursula Meier) verliehen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ehlert, Matthias; Reden, Sven von: Film ab: Das Berlinale-Lexikon Buchstaben. In: Welt am Sonntag, 5. Februar 2006, Kultur, S. 60
  2. für die Jurybegründungen s. Die Berliner Bären: Preise des Filmfestivals. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Juli 1969, S. 22.

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Christian Petzold with Silber Bear, Berlinale 2023.jpg
Autor/Urheber: Elena Ternovaja , Lizenz: CC BY-SA 3.0
Christian Petzold, Winner of Silver Bear Grand Jury Prize, Berlinale 2023