Siegfried Thannhauser

Siegfried Josef Thannhauser (* 28. Juni 1885 in München; † 18. Dezember 1962 in Boston) war ein deutsch-amerikanischer Internist.

Leben

Er war der Sohn von Josef Salomon Thannhauser aus einer ursprünglich in Mönchsdeggingen ansässigen jüdischen Familie und seiner Frau Charlotte, geb. Langermann. Der Kunsthändler Heinrich Thannhauser war sein Cousin.

Nach dem Medizin-Studium habilitierte er sich 1917 an der Universität München und wurde zu einem Experten für Stoffwechselkrankheiten.

1930 übernahm er die Leitung der Medizinischen Klinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Am 17. April 1934 wurde er per Beschluss des Wissenschaftsministerium gemäß § 5 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zum Hilfsarbeiter degradiert und als solcher nach Heidelberg an die Universitätsklinik versetzt.[1]

Später gelang Thannhauser die Emigration in die USA und der Aufbau einer neuen Existenz in Boston. Hier beschrieb er zusammen mit dem gleichfalls emigrierten Alfred Hauptmann im Jahre 1941 erstmals eine autosomal dominant vererbte Myopathie, die heute als Hauptmann-Thannhauser-Muskeldystrophie bezeichnet wird.

Mitgliedschaft

1946 wurde Thannhauser in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.[2] Seit 1953 war er korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.[3]

Ehrungen und Nachwirken

1998 wurde eine vorher nach Paul Uhlenhuth benannte Straße in Freiburg nach ihm umbenannt.

Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten vergibt einen mit 10.000 Euro (Stand 2011) dotierten Thannhauser-Preis.

Schriften

  • Ueber den chemischen Aufbau des Nucleinsäuremoleküles und seine Veränderungen im Stoffwechsel des Menschen. [s. l.]: [s. n.] (München: Wolf) 1917 (Habil.)
  • Lehrbuch des Stoffwechsels und der Stoffwechselkrankheiten. München: J. F. Bergmann 1929
  • Die Bedeutung der Tradition für die Erziehung zum Arzte. Freiburg: Speyer & Kaerner 1932
  • Stoffwechselprobleme. Berlin: J. Springer, 1934
  • (mit Alfred Hauptmann): Muscular shortening and dystrophy. A heredofamilial disease. In: Archives of Neurology and Psychiatry 1941; Vol. 46: 654–664
  • Thannhausers Lehrbuch des Stoffwechsels und der Stoffwechselkrankheiten. Stuttgart: Thieme 1957, 2. Aufl.

Literatur

  • Dieter MeckeThannhauser, Siegfried. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 26, Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-11207-4, S. 81 (Digitalisat).
  • Alan F. Hofmann & Nepomuk Zöllner: Siegfried Thannhauser (1885–1962): Ein Leben als Arzt und Forscher in bewegter Zeit. Falk Foundation, Freiburg 2000, 2. neub. Auflage 2001, ISBN 3-933186-10-2 (mit Bibliographie)
  • Rudolf Nissen: Siegfried Thannhauser 1885 – 1962 in: Zs. Medizinische Klinik, Jg. 58, 1963, S. 268, wieder in ders.: Fünfzig Jahre erlebter Chirurgie. Ausgewählte Vorträge & Schriften Schattauer, Stuttgart 1978, ISBN 3-7945-0615-4, S. 349–351

Einzelnachweise

  1. Eduard Seidler: Die Medizinische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau: Grundlagen und Entwicklungen, Springer, Berlin-Heidelberg 1993, S. 314; Nissen, S. 350: „Die Freiburger Zeit, voll von Ergebnissen und Plänen, wird durch die NS-Herrschaft beendet. Noch ein Jahr bleibt er in seiner Stellung, Intrigen und Schikanen ausgesetzt...“
  2. Members of the American Academy. Listed by election year, 1900–1949 (PDF). Abgerufen am 11. Oktober 2015.
  3. Mitglieder der HAdW seit ihrer Gründung im Jahr 1909. Siegfried Thannhauser. Heidelberger Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 10. Juni 2016.