Shuttle Carrier Aircraft

Shuttle Carrier Aircraft
Die SCAs 905 (vorn) und 911 (hinten) bei einem Kontroll- und Trainingsflug
Die SCAs 905 (vorn) und 911 (hinten) bei einem Kontroll- und Trainingsflug
TypVierstrahliges Frachtflugzeug
Entwurfsland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

HerstellerBoeing
Indienststellung1978
Stückzahl2
Die Atlantis wird auf dem Dryden Flight Research Center auf das SCA montiert
Columbia fliegt auf dem Shuttle Carrier Aircraft (SCA) nach der STS-32-Mission am Vehicle Assembly Building (VAB) vorbei
Start und Landung eines SCA mit einem Shuttle
Absetzen zum Flugtest der Enterprise
Endeavour wird mit einem Shuttle Carrier zurück nach Florida gebracht

Die Shuttle Carrier Aircraft (SCA) Transporter waren zwei modifizierte Flugzeuge vom Typ Boeing 747-100 zum Huckepack-Transport des über 100 Tonnen schweren Space Shuttles der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA. Die erste Maschine wurde für die Segelflugversuche der „Enterprise“ genutzt, für Auslieferungen sowie zum Rücktransport der Space Shuttles zum Kennedy Space Center wenn die Shuttle-Landung auf einem der alternativen Landeplätze an der Westküste, den Luftwaffenbasen Edwards in Kalifornien und White Sands in New Mexico erfolgte. Die zweite Maschine half ab 1991 mit.

Nach dem Ende des Shuttle-Programms und Verbringung der Fähren in Museen dienten die beiden Flugzeuge als Ersatzteilspender für SOFIA, ein fliegendes Infrarotteleskop, das die NASA gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieb.

Beschreibung

Die US-Luftwaffe besaß mit den Frachtmaschinen vom Typ Lockheed C-5 „Galaxy“ das in den 1970er Jahren größte Flugzeug der Welt, das jedoch als Schulterdecker ausgelegt war, mit Tragflächen oben am Rumpf. Damit wäre der Abstand zu den Stummelflügeln der Fähre gering gewesen, die NASA wählte daher den Tiefdecker Boeing 747 als Basis, zumal ein Jumbojet als bereits gebrauchte Zivilmaschine günstiger zu erwerben und zu betreiben war. Den Sowjets stand in den 1980er Jahren zwar die noch größere Antonow An-124 zur Verfügung, dieser Schulterdecker musste jedoch durch deutliche Verbreiterung zur noch größeren Antonov An-225 umgebaut werden um einen sicheren Transport zu gewährleisten.

Wichtigste Aufgabe waren zunächst die ab 1977 durchgeführten Segelflugversuche mit der „Enterprise“, um die Funktion des Konzepts zu beweisen. Der Raumfähren-Prototyp wurde dazu mit einem Hebekran, dem Mate-Demate Device, auf den Rücken des SCAs gehoben und dort verankert. Ein „Demate“ konnte auch im Sinkflug erfolgen, um die Fähre für den Segelflug freizugeben.

Der Flug mit einer Raumfähre auf dem Rücken brachte aufgrund des hohen Luftwiderstandes Einschränkungen mit sich. Die Reichweite der Boeing 747 reduzierte sich auf etwa 1.900 km, zu wenig für einen transkontinentalen Flug von den häufig genutzten Landeplätzen in den trockenen Wüsten der Westküste zurück zum Startkomplex am Kennedy Space Center, das an der Atlantikküste nach bei günstiger Witterung erfolgtem Start oft kein ebenso gutes Wetter zur Landung bieten konnte. Im Vergleich dazu hat eine unbeladene Maschine eine Reichweite von 10.000 km. Das SCA hat eine maximale Flughöhe von 7.600 m bei einer Geschwindigkeit von Mach 0,7 und einem Treibstoffverbrauch von etwa 100 Litern pro Flugkilometer. Aus diesem Grund musste ein SCA bei einem transkontinentalen Flug mehrere Tankstopps einlegen, auf eine Umrüstung auf Luftbetankung wurde verzichtet.

Etwa 170 Personen bereiteten das SCA etwa eine Woche lang für einen Flug vor. Ein transkontinentaler Flug kostete ca. 1,7 Millionen US-Dollar.

Beide Flugzeuge sind in ihren Eigenschaften identisch. Während eine Maschine normalerweise immer am Dryden Flight Research Center auf der Edwards Air Force Base (i. d. R. N911NA) stationiert wurde, befand sich die andere auf dem Pinal Airpark in Arizona (KMZJ) (i. d. R. N905NA). Bis zum Ende der Ära der US-Raumfähren waren beide SCA auf der Edwards Air Force Base stationiert (34° 57′ 25″ N, 117° 52′ 58″ W).

NASA 905

Die Maschine NASA 905 (Luftfahrzeug-Kennzeichen: N905NA) war das erste Shuttle Carrier Aircraft der NASA. Die Boeing 747-123, Erstflug am 15. Oktober 1970, Seriennummer 20107, Laufende Nummer 86 wurde am 29. Oktober 1970 von American Airlines erworben. Am 18. Juli 1974 wurde sie mit dem immer noch aktuellen Kennzeichen auf die NASA zugelassen.[1] Ihr ursprünglicher Einsatzzweck bei der NASA diente zur Untersuchung von Wirbelschleppen. Ihr damaliger Stationierungsort war das Dryden Flight Research Center.

1976 wurde NASA 905 von Boeing umgebaut. Die Sitze wurden ausgebaut, es wurden Halterungen für das Shuttle angebracht und der Rumpf wurde verstärkt. Dem Austrittspunkt der vorderen Halterung auf dem Oberdeck fiel auf beiden Seiten das dritte, hintere Fenster zum Opfer. Zusätzliche Seitenleitwerke sorgen für mehr Stabilität beim Transport des Orbiters. Die Avionik und die Triebwerke wurden verbessert und ein Notausstiegssystem, das dem der ersten Boeing-747-Testflüge ähnlich war, wurde in N905NA eingebaut. Der Fluchttunnel wurde jedoch später nach der Beendigung der Approach and Landing Tests (ALT) wieder entfernt. Man befürchtete, dass eine Person beim Notausstieg in ein Triebwerk geraten könnte.

Die Approach and Landing Tests des Space Shuttles, die ab 1977 mit diesem Flugzeug durchgeführt wurden, war eine Serie von 13 Flügen mit dem Raumfährenprototyp Enterprise. Bei fünf dieser Flüge landete die Enterprise nach der Trennung vom SCA selbstständig. Bei diesen Tests wurde das SCA und vor allem das Shuttle auf seine Flug- und Landeeigenschaften untersucht.

Bis November 1990 war NASA 905 das einzige SCA zum Transport der Space Shuttles. Neben dem Transport der Raumfähren zwischen den Start- und Landeplätzen flog NASA 905 1983 die Raumfähre Enterprise auch nach Europa für Ausstellungen in England, auf der Pariser Luftfahrtschau und auf dem Flughafen Köln/Bonn (Pfingsten 1983).

Bemerkenswerterweise flog NASA 905 noch bis mindestens Mitte 1982 in der Lackierung von American Airlines. Es wurden nur das komplette Seitenleitwerk und die für die Halterungen der Shuttles und zur Versteifung des Rumpfes erneuerten Bereiche mit dem aktuellen Anstrich versehen, Teile des oberen Rumpfes wie bei American Airlines üblich nur mit neuem Klarlack.[2] Der American-Schriftzug war bis zur komplett neuen und bis jetzt aktuellen Farbgebung als Schatten erkennbar.

Am 13. Dezember 2010 wurden am Flughafen St. Louis Testflüge durchgeführt, um den Transport einer Boeing Phantom Ray zur Dryden Test Range vorzubereiten. Dies war der erste Transportflug, bei dem kein Shuttle montiert war, sondern ein anderes Flugzeug.[3]

Das SCA N905NA hat alle außer Dienst gezogenen Space Shuttles zu ihren endgültigen Bestimmungsorten gebracht. Nach dem letzten Flug wurde das Flugzeug am 24. September vom Los Angeles International Airport zum Dryden Flight Research Center geflogen, um als Ersatzteillieferant für das SOFIA-Programm zu dienen.[4]

Seit 2015 steht sie im Space Center Houston.

NASA 911

Die zweite Maschine NASA 911 vom Typ Boeing 747-146SR, Seriennummer 20781, Laufende Nummer 221, Erstflug 31. August 1973, wurde am 26. September 1973 an Japan Airlines (JAL) ausgeliefert. Sie wurde nach Erwerb der NASA am 15. April 1988 auf Boeing mit dem Kennzeichen N747BL zugelassen und schließlich nach erfolgtem Umbau mit dem Luftfahrzeug-Kennzeichen N911NA auf die NASA zugelassen.[5] Im Gegensatz zur ersten SCA besitzt dieses Flugzeug fünf Oberdeckfenster auf jeder Seite, denn ursprünglich waren die SR-Varianten für extremen Kurzstreckenverkehr bei hohem Passagieraufkommen konzipiert, sodass auf dem Oberdeck auf beiden Seiten 10 Fenster wie später bei den 747-200-Varianten verbaut waren. Die hinteren 5 wurden aus dem gleichen Grund wie bei der 905 verschlossen.[6]

Bei ihrem ersten Einsatz 1991 wurde mit ihr die neue Raumfähre Endeavour vom Hersteller in Palmdale, Kalifornien zum Kennedy Space Center überführt.

Am 8. Februar 2012 flog die Maschine zum letzten Mal. Sie wurde zum Dryden Flight Research Center geflogen, um dort als Ersatzteilspender für die N905NA und das fliegende Teleskop SOFIA zu dienen.[4]

Technische Daten

Der Vergleich der Zivilversion der Boeing 747-100 mit dem SCA:

Kenngröße747-100NASA 905NASA 911
Besatzung (Cockpit)34
Länge70,60 m
Spannweite59,60 m
Höhe19,3 m
max. Startmasse333.400 kg323.410 kg
Triebwerke (je 4×)P&W JT9D-7A à 206,8 kNP&W JT9D-7J à 222,4 kN
HöchstgeschwindigkeitMach 0,84 (895 km/h)Mach 0,6 (648 km/h)
Reichweite9.800 km10.186 km
(1.852 km mit Shuttle)

Sonstiges

Der hintere Befestigungspunkt an N905NA trägt die wohl nicht ganz ernst gemeinte Beschriftung „Attach Orbiter Here – Note: Black Side Down“, was so viel heißt wie „Hier Raumfähre anbringen – Hinweis: Schwarze Seite nach unten“
  • Im James-Bond-Film Moonraker – Streng geheim startet eine dem Space Shuttle nachempfundene Raumfähre namens Moonraker, das auf einer 747-100 befestigt ist, mitten im Flug, wodurch das Trägerflugzeug explodiert. In der Realität hätte ein Space Shuttle ohne angebrachten Außentank keinen Treibstoff für einen solchen Start, und selbst mit einem Tank im Frachtraum wäre die für einen Weltraumflug nötige Treibstoffmenge viel zu schwer für das Flugzeug.
  • Im Film Superman Returns aus dem Jahr 2006 rettet Superman ein beschädigtes Shuttle Carrier Aircraft. Das Shuttle ist eine neue Version, „Genesis“ genannt, und das SCA ist eine Boeing 777.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Shuttle Carrier Aircraft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Boeing 747 – MSN 20107 – N905NA. Airfleets.net, abgerufen am 4. März 2014 (englisch).
  2. Spotterfotos der N905NA (englisch)
  3. boeing.mediaroom.com: Boeing Phantom Ray Takes a Ride on NASA’s Shuttle Carriere Aircraft, vom 13. Dezember 2010
  4. a b NASA’s Shuttle Carrier Aircraft 911's Final Flight. NASA, 10. Februar 2012, abgerufen am 15. Oktober 2012 (englisch).
  5. Boeing 747 – MSN 20781 – N911NA. Airfleets.net, abgerufen am 4. März 2014 (englisch).
  6. Spotterfotos der N911NA (englisch)

Auf dieser Seite verwendete Medien

Space Shuttle Enterprise 747 separation.ogg
This video begins with an air-to-air shot of the Space Shuttle as it separates from the SCA, then cuts to a wide, ground-to-air shot of the two aircraft as they fly almost in formation. 1977. Keywords: Enterprise; Shuttle; Shuttle Carrier Aircraft; SCA; Approach and Landing Tests; Rogers Dry Lakebed; Edwards Air Force Base; F-8 Digital Fly-By-Wire; DFBW; Pilot Induced Oscillation; PIO; separation
SCA takeoff and landing.ogv
This 31 second movie clip shows a takeoff and landing of the 747 Shuttle Carrier Aircraft. NASA uses two modified Boeing 747 jetliners, originally manufactured for commercial use, as Space Shuttle Carrier Aircraft (SCA). One is a 747-100 model, while the other is designated a 747-100SR (short range). The two aircraft are identical in appearance and in their performance as Shuttle Carrier Aircraft. The 747 series of aircraft are four-engine intercontinental-range swept-wing "jumbo jets" that entered commercial service in 1969. The SCAs are used to ferry space shuttle orbiters from landing sites back to the launch complex at the Kennedy Space Center, and also to and from other locations too distant for the orbiters to be delivered by ground transportation. The orbiters are placed atop the SCAs by Mate-Demate Devices, large gantry-like structures which hoist the orbiters off the ground for post-flight servicing, and then mate them with the SCAs for ferry flights. Features which distinguish the two SCAs from standard 747 jetliners are: -Three struts, with associated interior structural strengthening, protruding from the top of the fuselage (two aft, one forward) on which the orbiter is attached -Two additional vertical stabilizers, one on each end of the standard horizontal stabilizer, to enhance directional stability -Removal of all interior furnishings and equipment aft of the forward No. 1 doors Instrumentation used by SCA flight crews and engineers to monitor orbiter electrical loads during the ferry flights and also during pre- and post-ferry flight operations. The two SCAs are under the operational control of NASA's Johnson Space Center, Houston, Tex.
NASA's Shuttle Carrier Aircraft 905 (front) and 911 (rear).jpg
For the first time ever, the NASA Shuttle Carrier Aircraft 905 (foreground) and NASA 911 aircraft (rear) were captured together by photographer Carla Thomas as they flew in formation over the Rio Tinto Borax mine west of Boron, at the Edwards Air Force Base test range.
Located in the western Mojave Desert and eastern Kern County, California.
NASA 905 was on a functional check flight after undergoing maintenance, while NASA 911 was aloft on a flight crew proficiency flight.
Endeavour after STS-126 on SCA over Mojave from above.jpg
STS-126 Das Space Shuttle Endeavour, das auf dem modifizierten Trägerflugzeug Boeing 747 montiert ist, fliegt am 10. Dezember 2008 über die kalifornische Mojave-Wüste zurück zum Kennedy Space Center in Florida.
Shuttle mate demate facility.jpg
Evening light begins to fade at NASA's Ames-Dryden Flight Research Facility (later redesignated Dryden Flight Research Center), Edwards, California, as technicians begin the task of mounting the Space Shuttle Atlantis atop NASA's 747 Shuttle Carrier Aircraft (NASA #911) for the ferry flight back to the Kennedy Space Center, Florida, following its STS-44 flight 24 November-1 December 1991. Post-flight servicing of the orbiters, and the mating operation, is carried out at Dryden at the Mate-Demate Device (MDD), the large gantry-like structure that hoists the spacecraft to various levels during post-space flight processing and attachment to the 747.
STS-32 Return to KSC - GPN-2000-000677.jpg
The Space Shuttle Columbia, returning to KSC after the successful STS-32 mission, is poised atop the Shuttle Carrier Aircraft (SCA) as the duo fly by the Vehicle Assembly Building (VAB) at KSC January 26. Columbia, carrying the Long Duration Exposure Facility (LDEF) in its payload bay, was compleitng a two-day ferry flight from Edwards Air Force Base, California. Landing at the Shuttle Landing Facility occurred a few moments later at 3:30 p.m.