Sheriff (Unternehmen)
Sheriff SAO | |
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Rechtsform | |
Gründung | 23. Juni 1993 |
Sitz | Tiraspol, Moldau |
Leitung | Victor Gușan |
Mitarbeiterzahl | 13.157[1] (2012) |
Website | sheriff.md |
Sheriff (kyrillisch Шериф; auch Șerif) ist ein Unternehmen in der Republik Moldau. Es ist das größte Unternehmen in dem international nicht anerkannten De-facto-Regime Transnistrien. Sheriff wurde im Juni 1993 von Victor Gușan und Ilja Kasmaly, zwei KGB-Agenten,[2] gegründet und erhielt seinen Namen nach eigenen Angaben in Anlehnung an die frühere Tätigkeit der Unternehmensgründer als Polizisten.
Sheriff ist in zahlreichen Bereichen der transnistrischen Privatwirtschaft aktiv und erlangte aufgrund seiner wirtschaftlichen Potenz zunehmenden Einfluss auf die transnistrische Politik,[3][4] im Jahr 2020 war auch von einer Quote von 60 % der Wirtschaft der Republik die Rede.[5]
Einige Quellen behaupteten, das Unternehmen gehöre in Wirklichkeit dem ehemaligen transnistrischen Präsidenten Igor Smirnow und diene vorrangig dem Zweck der Geldwäsche.[6][7][8]
Zum Sheriff-Konzern gehören unter anderem auch der Spirituosenhersteller Kvint und das Telekommunikationsunternehmen Interdnestrkom.
Unternehmen
Sheriff besitzt eine Tankstellenkette, eine Supermarktkette, den Fernsehsender TSW, ein Verlagshaus, eine Wohnungsbaugesellschaft, betreibt seit 1999 die transnistrische Mercedes-Benz-Niederlassung, die Werbeagentur Ekskljusiv, die Likörfabrik Kvint, zwei Großbäckereien und den einzigen Mobilfunkbetreiber Transnistriens, die Interdnestrcom.[4][8] Den Gründern des Konzerns gehört außerdem der international bekannte Fußball-Verein FC Sheriff Tiraspol, dessen für 200 Millionen US-Dollar neu erbautes Stadion mit integriertem Luxus-Hotel wiederum von Sheriff betrieben wird.[4] Sheriff hält außerdem als Betreiber des Tiraspoler Kasinos faktisch das Glücksspielmonopol in Transnistrien und ist über Unternehmensbeteiligungen auch im Bankensektor aktiv.[9][5]
Die Dachgesellschaft des Unternehmens firmiert als ЗАО, was sich mit „Geschlossene Aktiengesellschaft“ übersetzen lässt und in etwa einer deutschen GmbH entspricht. Zahlen zu Gewinn und Umsatz waren bis 2012 nicht veröffentlicht worden, nach eigenen Angaben beschäftigte Sheriff damals insgesamt rund 12.500 Menschen, den Großteil davon in der Nahrungs- und Genussmittelproduktion. Im 2020 gab die Nowaja Gaseta die Anzahl Beschäftigter mit 15.000 bis 16.000 an. Landesweit wurden 2006 13 Supermärkte bzw. Einkaufszentren und 10 Tankstellen betrieben.[9] Setzt man diese Zahlen mit der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl Transnistriens (2004: 555.347) in Beziehung, erklärt sich zumindest statistisch die dominierende Stellung Sheriffs für die transnistrische Wirtschaft.
Politische Beziehungen
Die weitgehende internationale Isolierung Transnistriens begünstigte die Entwicklung Sheriffs zum dominierenden Unternehmen des „Staates“ und seiner Monopolstellung in vielen Bereichen der Ökonomie.[10] Es entstand (zumindest zeitweise) ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Präsident Igor Smirnow und Sheriff,[10] in der das Unternehmen die Politik der Regierung finanziell unterstützte und die Regierung dem Unternehmen im Gegenzug weitreichende Steuer- und Zollvergünstigungen gewährte. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang vor allem, dass die Zollbehörde vom Sohn des Präsidenten, Wladimir Smirnow, geleitet wird,[8] dem ebenfalls nachgesagt wird, finanziell am Unternehmen beteiligt zu sein.[7][11] Sheriff kam im Jahr 2020 mit seinen Steuern für mindestens 50 Prozent des Staatsbudgets auf.[5]
Einige Jahre wirkte sich jedoch der ungeklärte Status Transnistriens negativ auf das Wachstum der Sheriff-Gruppe aus,[10][12] so dass das Unternehmen begann, die im Jahr 2000 gegründete Partei „Erneuerung“ zu unterstützen,[10][13][14][15] die sich neben dem Ziel einer Unabhängigkeit Transnistriens vor allem für die Interessen der Wirtschaft einsetzt.[16] Inzwischen sind sowohl der Sheriff-Gründer Kazmaly als auch die Personalchefin Ilona Tjurjajewa Parlaments-Abgeordnete für die Partei „Erneuerung“.[17] Oleg Smirnow, ein weiterer Sohn des Präsidenten und ebenfalls Parlamentsabgeordneter, ist wiederum Mitglied in der Unternehmensleitung von Sheriff.[18]
Begünstigt durch die Kontrolle des transnistrischen Mobilfunknetzes und des Fernsehsenders TSW konnte Sheriff seinen Einfluss auf die Politik des Staates weiter ausbauen.[13] Die von ihm unterstützte Partei „Erneuerung“ errang bei den Parlamentswahlen 2005 schließlich 23 der 43 Sitze und damit die absolute Mehrheit.[12][16][19] Infolge des Wahlsieges wurde der langjährige Parlamentspräsident Grigori Marakuza durch Jewgeni Schewtschuk ersetzt, den Sheriff-nahen Vorsitzenden der Erneuerungspartei.[20]
Aus Angst vor einem Machtverlust warf Präsident Smirnow daraufhin Schewtschuk und Sheriff vor, einen Staatsstreich vorzubereiten.[10] Behauptet wurde, Sheriff betreibe den Wiederanschluss Transnistriens an Moldawien und habe hierfür vom Mutter- bzw. Nachbarland weitreichende wirtschaftliche Vorteile zugesichert bekommen.[10] Die Vorwürfe wurden von Sheriff energisch bestritten und in diesem Zusammenhang die eigenen Interessen an einer politischen Unabhängigkeit Transnistriens bekräftigt.[10][19] In der öffentlich geführten Auseinandersetzung zwischen Sheriff und Smirnow erhielt Smirnow schließlich die Unterstützung der russischen Regierung.[10][21]
Weblinks
- Die offizielle Sheriff-Webseite (englisch)
- Darstellung der Sheriff-Gruppe (englisch, Archiv)
Anmerkungen und Einzelnachweise
- ↑ http://sheriff.md/company/econom/
- ↑ Fabian Held: Osteuropa-Experte Marcel Röthig über den FC Sheriff: „Von zwei KGB-Agenten gegründet“. taz, tageszeitung, 18. Oktober 2021, abgerufen am 22. Oktober 2021.
- ↑ Land des schadhaften Lächelns. In: Süddeutsche Zeitung, Magazin, Nr. 38/2006; abgerufen am 19. April 2011.
- ↑ a b c Nicht anerkannte Wahlen. In: GEO, Nr. 09/2006; abgerufen am 19. April 2011.
- ↑ a b c Es ist möglich, das Militär zurückzuziehen, aber was ist mit Sheriff?, Nowaja Gaseta, 2. Dezember 2020
- ↑ Lucy Ash: Misery in a Pariah State. BBC Radio 4, 1. April 2004; abgerufen am 19. April 2011.
- ↑ a b Patti McCracken: A place the world chooses to forget: Moldova’s breakaway region is a pawn in its fight with Russia. In: San Francisco Chronicle, 12. Februar 2006; abgerufen am 19. April 2011.
- ↑ a b c Kathrin Hillgruber: Die Patrioten von Transnistrien. In: Die Welt, 14. Juni 2008.
- ↑ a b sheriff.md abgerufen am 19. April 2011.
- ↑ a b c d e f g h V. Solovyev, M. Zygar:The Old Guard Wins in Transdniestria. ( vom 6. Juni 2011 im Internet Archive) In: Kommersant, 19. September 2006; abgerufen am 8. November 2006.
- ↑ George Jahn: Hotbed of Weapons Deals. In: The Washington Times, 18. Januar 2004; abgerufen am 17. November 2006.
- ↑ a b Moldova’s Future Uncertain. ( vom 11. März 2007 im Internet Archive) (PDF).
- ↑ a b Transnistria 2006: Is Regime Change Underway? ( vom 27. September 2007 im Internet Archive) British Helsinki Human Rights Group; abgerufen am 8. November 2006.
- ↑ Oleh Protsyk: Moldova’s Dilemmas in Democratizing and Reintergrating Transnistria. (PDF; 157 kB) International Policy Fellowships; abgerufen am 8. November 2006.
- ↑ Arne Semsrott: Hammer, Sichel, Cognac. In: Zeit-Online (Zuender); abgerufen am 19. April 2011.
- ↑ a b Renewal, Pridnestrovie’s reformist opposition party. ( des vom 1. Mai 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. pridnestrovie.net; abgerufen am 8. November 2006.
- ↑ Abgeordnete der aktuellen Wahlperiode Transnistrisches Parlament; abgerufen am 20. April 2011
- ↑ Sheriff – A Kolkhoz with a Private Beneficiary. ( vom 29. September 2007 im Internet Archive) In: hotnews.ro, 19. Juli 2006; abgerufen am 13. November 2006.
- ↑ a b Igor Botan: Democracy and governing in Moldova. E-Democracy.md, 17. Januar 2006; abgerufen am 16. November 2006.
- ↑ Discover Europe’s unknown country. ( vom 21. Juli 2011 im Internet Archive) Pridnestrovie.info; abgerufen am 20. April 2011.
- ↑ Kreml protegiert Kleinstaaten. In: Der Spiegel. Nr. 22, 2006, S. 104 (online).
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