Shein

Shein

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RechtsformPrivatunternehmen, Betreiber: Infinite Styles Services Co., Limited[1], Roadget Business PTE. LTD.[2][3]
Gründung2008
SitzSingapur Singapur
LeitungQuist Huang (CEO)
Mitarbeiterzahlca. 11.000 (2024, weltweit)
Umsatzca. 24 Mrd. US-Dollar (2022)[4]
BrancheInternethandel
Websitewww.shein.com

Shein (Eigenschreibweise SHEIN, Aussprache zweisilbig wie englisch She In[5]) ist ein chinesischer Online-Händler für Mode und Sportartikel, der 2008 von Chris Xu gegründet wurde und seinen Hauptsitz in der Stadt Guangzhou hatte, bevor er 2022 nach Singapur verlegt wurde. Er liefert Artikel in über 200 Länder.[6] Das Unternehmen produziert Fast Fashion, die direkt in China hergestellt und zu extrem niedrigen Preisen verkauft wird. Shein bedient hauptsächlich internationale Märkte und ist in China selbst kaum bekannt.[7] Der Wert des Unternehmens wurde Mitte 2021 auf 30 Milliarden US-Dollar geschätzt.[8]

Geschichte

Shein wurde 2008 in Nanjing gegründet. Die ursprüngliche Website der Marke war Sheinside.com. 2013 hatte Shein 100 Mitarbeiter und hatte bereits seine Produktzentrale in Guangzhou eingerichtet, von wo aus Shein ein agiles Lieferkettensystem nutzt, bekannt als „Echtzeit-Einzelhandel“.[9]

2015 wurde das Unternehmen in „Shein“ umbenannt und begann, sich auf ausländische Märkte zu konzentrieren.[6] Um die Expansion voranzutreiben, wurde dabei aggressiv Werbung in den sozialen Netzwerken geschaltet.[10]

Am 9. Mai 2020 veranstaltete Shein ein virtuelles Werbekonzert mit dem Titel SHEIN Together, bei dem die Künstler Katy Perry, Lil Nas X und Doja Cat auftraten.[11]

Im Mai 2021 war Shein die am häufigsten heruntergeladene Shopping-App in den USA.[8] Nach Auswertungen einer britischen Preisvergleichsseite war Shein 2022 in über 120 Ländern die am häufigsten gegooglete Modemarke.[12]

Shein hat seine Holdinggesellschaft nach Singapur verlagert.[13][14] Nach einigen Quellen plant das Unternehmen 2023 seinen Börsengang in den USA, was Shein offiziell verneint. In einer Finanzierungsrunde im März 2023 sollen neben den bestehenden Investoren General Atlantic und Sequoia Capital China neu Mubadala Investment und Tiger Global Management dazugekommen sein.[15] In den Vereinigten Staaten starteten einige Unternehmen, Privatpersonen und Organisationen die Kampagne „Shut Down Shein“, die Shein als Gefahr für die äußere Sicherheit der USA bezeichnet und dem Unternehmen zahlreiche Rechtsverstöße vorwirft. Dabei bedient sie auch ein Bedrohungsgefühl durch den Einfluss der Volksrepublik China.[16][17] Anfang Mai forderten amerikanische Abgeordnete von der Securities and Exchange Commission (SEC), mögliche Zwangsarbeit in der Lieferkette von Shein unabhängig aufklären zu lassen.[18] Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire erklärte nach öffentlichen Debatten im Juni, dass er die Verbraucherschutzbehörde DGCCRF damit beauftragt habe, die Auswüchse von Fast Fashion und Shein im Speziellen zu untersuchen. Dabei solle es um umweltbezogene Bedenken, aber auch die Produktsicherheit und die Fairness der Preise gehen.[19]

Im Mai 2023 startete Shein in den USA, Mexiko und Brasilien einen Online-Marktplatz.[20] Reuters berichtete Ende Juni 2023, dass Shein einen Antrag auf Börsenzulassung gestellt habe. Das Unternehmen bestritt dies, die SEC äußerte sich nicht.[21]

Auf einem Marktstand liegen durchsichtige Plastiktüte mit dem SHEIN-Label, darum herum stehen mehrere Personen.
Verkauf von SHEIN-Kleidung auf einem Straßenmarkt in Mexiko

Kritik

Qualitätsprobleme, Gesundheitsrisiken und mangelnde Nachhaltigkeit

Shein wird wegen seiner mangelnden Nachhaltigkeit kritisiert.[22][23] Vielfach bemängelt werden auch die schlechte Qualität der Kleidung und Schwierigkeiten bei der Lieferung.[24][25] Eine von Greenpeace beauftragte Labor-Untersuchung von 47 bei Shein gekauften Textilien brachte im November 2022 zum Vorschein, dass in 96 Prozent aller Produkte gefährliche Chemikalien gefunden wurden, in 32 Prozent aller Produkte sogar „gefährliche Chemikalien in besorgniserregenden Mengen“.[26] Die gefundenen Schwermetalle, Beschichtungen sowie Weichmacher können demnach Hautirritationen, allergische Reaktionen und in hoher Konzentration sogar Leberkrankheiten oder Hormonstörungen auslösen, so die Experten von Greenpeace.

Les Amis de la Terre France veröffentlichte im Juni 2023 eine Untersuchung, nach der Shein im Mai durchschnittlich 7.200 neue Teile pro Tag anbot. Diese große Menge habe verheerende soziale und ökologische Auswirkungen. Außerdem treibe Shein damit den Wettbewerb weiter an, immer mehr Modelle zu produzieren, was zu einer noch nie dagewesenen Überproduktion führe. Mit den etwa 470 Tausend neuen Modellen pro Monat sei Shein 900-mal schneller als eine durchschnittliche französische Modekette.[27]

Schlechte Arbeitsbedingungen

Das Unternehmen hat nach Recherchen von Reuters Verstöße gegen den britischen Modern Slavery Act begangen, der Zwangsarbeit bei Zulieferern verhindern soll. Shein habe demnach Lieferketten nur unvollständig dargestellt und Zertifizierungen behauptet, die nie stattgefunden hätten.[28] Die Nichtregierungsorganisation Public Eye veröffentlichte Ende 2021 eine Recherche über die Zulieferbetriebe von Shein in Guangzhou in Kooperation mit einer örtlichen Arbeitsrechtsorganisation. Danach lässt Shein hier etwa in informellen, kleinen Fertigungsbetrieben (Sweatshops) im Bezirk Panyu produzieren. Viele der Angestellten, meist Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus ärmeren chinesischen Provinzen, hätten keine Arbeitsverträge, arbeiteten außerhalb der Sozialversicherung und erhielten einen Stücklohn, häufig ohne Mindestverdienst. Sie arbeiteten extrem lange, häufig über 75 Stunden pro Woche. Nach der Recherche findet in Guangzhou überwiegend die Konfektion und die Produktion komplizierterer Teile statt, einfachere Produktionsschritte würden etwa nach Jiangxi, Guangxi oder Hunan nahverlagert. Die Bestellungen von Shein seien oft sehr klein. Shein organisiere die Lieferketten seiner Zulieferer und der Subunternehmen über computergestützte Systeme sehr effizient, ohne allerdings zu überprüfen, ob der eigene Verhaltenskodex eingehalten werde. Auch im Shein-Zentrallager Ambo in Foshan, das dem US-Unternehmen Prologis gehört, soll gegen das chinesische Arbeitsrecht verstoßen werden.[29]

Seit Bloomberg Ende 2022 dazu Recherchen veröffentlichte, wird Shein vorgeworfen, Baumwolle aus Xinjiang zu verwenden.[30] Durch den Uyghur Forced Labor Prevention Act gilt diese in den Vereinigten Staaten als Produkt aus Zwangsarbeit und darf nicht importiert werden, wenn ein Unternehmen nicht das Gegenteil nachweist.[31] Shein gibt an, keine Zulieferbetriebe in Xinjiang zu haben.[32]

Weitere Kritik

Shein steht als Fast-Fashion-Unternehmen in der Kritik, Urheberrechte zu missachten und Designs anderer Modelabel zu kopieren.[33] Im Jahr 2018 wurde das Unternehmen von Levi Strauss & Co. verklagt, weil es eine markenrechtlich geschützte Jeans-Naht kopiert hatte. Der Fall wurde außergerichtlich beigelegt.[34]

2018 wurden von Hackern Daten aus 6,4 Millionen Shein-Kundenkonten erbeutet.[35] Im Juni 2020 gehörte Shein zu den chinesischen Apps, welche in Indien aus Gründen der nationalen Sicherheit und aufgrund angeblicher Privatsphäreverletzungen verboten wurden.[7] Der Eigentümer der Website wurde im Oktober 2022 von einem New Yorker Gericht zu einer Geldstrafe von 1,9 Mio. US-Dollar (1,69 Mio. Euro) verurteilt. Lt. BBC sagte die Generalstaatsanwältin Letitia James, Zoetop habe über das Ausmaß des Einbruchs gelogen und „nur einen Bruchteil“ der betroffenen Kunden informiert.[36]

An Shein wird auch ein hohes Suchtpotenzial für Jugendliche kritisiert.[37]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Impressum | aktuelle Trends, günstig kaufen | SHEIN Deutschland. Abgerufen am 25. November 2023.
  2. SHEIN Trademark of ROADGET BUSINESS PTE. LTD. - Registration Number 5689042 - Serial Number 87857147 :: Justia Trademarks. Abgerufen am 25. November 2023 (englisch).
  3. SHEIN - Shopping Online. 19. November 2023, abgerufen am 25. November 2023 (amerikanisches Englisch).
  4. Fast-Fashion Juggernaut Shein’s Sales Close In on Zara, H&M. Abgerufen am 2. August 2023.
  5. Michelle Toh: The mysterious Chinese fashion app that's as popular as Amazon. In: CNN. 15. August 2021, abgerufen am 16. August 2021 (englisch).
  6. a b Mark Faithfull: Shein: Is China’s Mysterious $15 Billion Fast Fashion Retailer Ready For Stores? Abgerufen am 18. Juli 2021 (englisch).
  7. a b This Chinese shopping app Gen Z loves is banned in India. 1. Juli 2020, abgerufen am 18. Juli 2021 (englisch).
  8. a b How Trump’s Trade War Built Shein, China’s First Global Fashion Giant. Abgerufen am 18. Juli 2021.
  9. Packy McCormick: Shein: The TikTok of Ecommerce. Abgerufen am 18. Juli 2021.
  10. Shein: Das steckt hinter dem Fast-Fashion-Giganten. 28. Mai 2021, abgerufen am 18. Juli 2021.
  11. Isis Briones: Yara Shahidi, Katy Perry And More Come Together With SHEIN For Covid-19 Relief Efforts. Abgerufen am 18. Juli 2021 (englisch).
  12. Sabina Weston: Shein overtakes Zara as most popular fashion retailer in the world. In: Drapers. 1. Dezember 2022, abgerufen am 10. Juni 2023 (englisch).
  13. How China Inc is tackling the TikTok problem. In: The Economist. ISSN 0013-0613 (economist.com [abgerufen am 2. August 2023]).
  14. Ana Swanson: As Ties to China Turn Toxic, Even Chinese Companies Are Breaking Them. In: The New York Times. 15. Juni 2023, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 2. August 2023]).
  15. Thomson Reuters, Felicia Enderes (Übersetzung): Shein will angeblich 2 Mrd. USD aufbringen und strebt US-Börsengang an. In: FashionNetwork. 10. März 2023, abgerufen am 13. März 2023.
  16. Kampagne will Shein aus USA vertreiben. In: Die Presse. 15. Mai 2023, abgerufen am 3. Juni 2023.
  17. Miranda Jarrett: SHEIN faces fresh challenge with ‘Shut Down Shein’ campaign. In: Dao Insights. 28. März 2023, abgerufen am 3. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  18. Chelsey Cox: Lawmakers urge SEC to crack down on Chinese retail giant Shein over alleged forced labor. In: CNBC. 1. Mai 2023, abgerufen am 3. Juni 2023 (englisch).
  19. Margaux Menu: Fast fashion : Shein dans le viseur de la DGGCRF, saisie par Bruno Le Maire. In: capital.fr. 29. Juni 2023, abgerufen am 13. Juli 2023 (französisch).
  20. Denni Hu: Shein Claims Record Profit Results in First Half. In: WWD. 31. Juli 2023, abgerufen am 2. August 2023 (amerikanisches Englisch).
  21. Kane Wu, Julie Zhu: Exclusive: China's Shein files for U.S. IPO, sources say. In: Reuters. 29. Juni 2023, abgerufen am 1. Juli 2023 (englisch).
  22. Hella Schneider: Noch billiger als Zara: Was den chinesischen Konzern Shein antreibt. In: Bellevue. NZZ. vom 18. Juni 2021.
  23. Seraina Gross: Warum Nestlé nachhaltiger ist als Shein. Nachhaltigkeit. Mehr Shein als Sein. In: Handelszeitung vom 6. Juni 2021.
  24. Gregor Schmalzried: Shein: Das steckt hinter dem Fast-Fashion-Giganten. In: BR24: Netzwelt vom 28. Mai 2021.
  25. Hella Schneider: Noch billiger als Zara: Was den chinesischen Konzern Shein antreibt. In: Bellevue. NZZ. vom 18. Juni 2021.
  26. Greenpeace-Labor-Test: Gefährliche Chemikalien in Ultra-Fast-Fashion von SHEIN. Abgerufen am 24. November 2022.
  27. La mode surchauffe : on a décrypté l’impact et le modèle de Shein. In: Les Amis de la Terre France. 22. Juni 2023, abgerufen am 13. Juli 2023 (französisch).
  28. Victoria Waldersee: Chinese retailer Shein lacks disclosures, made false statements about factories. In: Reuters. 6. August 2021, abgerufen am 12. August 2021 (englisch).
  29. Timo Kollbrunner: Schuften für Shein. In: stories.publiceye.ch. Public Eye, November 2021, abgerufen am 27. November 2021 (Schweizer Hochdeutsch, französisch, englisch).
  30. Unterstützt der chinesische Moderiese Shein Zwangsarbeit? In: Manager Magazin. 10. Februar 2023, abgerufen am 3. Juni 2023.
  31. Annabelle Liang: US ban on imports from China's Xinjiang region takes effect. In: BBC News. 20. Juni 2022 (bbc.com [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  32. Nathaniel Meyersohn: Congress presses Chinese fast-fashion giant Shein on forced labor. In: CNN Business. 2. Mai 2023, abgerufen am 3. Juni 2023 (englisch).
  33. Fabian Kretschmer: Shein: Mode aus China zu Dumping-Preisen. In: Frankfurter Rundschau vom 20. Juli 2021.
  34. Chinese ecommerce site Shein hit with trademark disputes. In: Financial Times. Abgerufen am 18. Juli 2021.
  35. Gregor Schmalzried: Shein: Das steckt hinter dem Fast-Fashion-Giganten. In: BR24: Netzwelt vom 28. Mai 2021.
  36. Shein owner Zoetop fined $1.9m over data breach response. In: BBC News. 14. Oktober 2022 (bbc.com [abgerufen am 15. Oktober 2022]).
  37. Jennifer Wiebking: Gefährliche Verführung für Teenager. In: FAZ.net vom 5. Dezember 2021.

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Verkauf von Kleidung des chinesischen Labels SHEIN bei einem Strassenmarkt in Huejotzingo, Mexiko.