Sexting

Simulierter Sexting-Chat

Sexting bezeichnet das Verhalten, sexuell eindeutige Nachrichten, Fotos oder Videos per mobiles Messaging zu verschicken. Im engeren Sinn handelt es sich um Dirty Talk zur gegenseitigen Erregung. Seit Verfügbarkeit der Multimedia Messaging Services (MMS) und Instant-Messagern wie WhatsApp kann damit auch der Versand von erotischem Bildmaterial des eigenen Körpers über Instant-Messaging-Anwendungen durch mobile Endgeräte verbunden sein. Derartige Nacktaufnahmen werden auch als Nelfie (nackte Selfies) bezeichnet. Das aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum stammende Kofferwort Sexting setzt sich aus Sex und texting zusammen.[1][2] Im Deutschen wird das Wort hauptsächlich für das Versenden von erotischen Selbstaufnahmen per Smartphone oder Internet verwendet.[3] Seit 2012 führt Pro Juventute aus der Schweiz eine Aufklärungskampagne durch, um auf die Gefahren von Sexting aufmerksam zu machen sowie Betroffenen Hilfen anzubieten.[4]

Verbreitung

Ein simulierter Sexting-Chat

Die Befragung einer bevölkerungsrepräsentativ zusammengesetzten Quotenstichprobe von 1500 Erwachsenen in Deutschland (18 bis 85 Jahre; 48 Prozent Frauen, 52 Prozent Männer) im November 2015 zeigte, dass 41 Prozent der Befragten schon mindestens einmal im Leben eine Sexting-Botschaft verschickt hatten.[5] Dabei war das Versenden erotischer Texte am verbreitetsten, gefolgt von erotischen Fotos und von Videos der eigenen Person. Eine statistisch signifikant stärkere Beteiligung am Sexting wiesen jeweils Personen mit männlichem Geschlecht, jüngerem Lebensalter, Familienstand unverheiratet und nicht-heterosexueller Orientierung auf. Die Befragten berichteten deutlich mehr positive als negative Effekte ihrer Sexting-Aktivitäten.

Sexting wird vor allem von Teenagern und jungen Erwachsenen praktiziert. Laut einer US-amerikanischen Studie der National Campaign to Prevent Teen and Unplanned Pregnancy (NCPTUP) von 2008 haben 20 Prozent der 13- bis 19-Jährigen und 59 Prozent der 20- bis 26-Jährigen bereits Sextings versendet. 48 Prozent der Jugendlichen und 64 Prozent der jungen Erwachsenen haben Sexting-MMS empfangen.[6][7]

Eine englische Studie für die National Society for the Prevention of Cruelty to Children geht von einer hohen Dunkelziffer in England aus und fand je nach Alter und Definition der Jugendlichen von Sexting einen Anteil von 15 Prozent bis 40 Prozent unter jungen Menschen. Die Studie zeigte auch, dass der Großteil der weiblichen Jugendlichen von den männlichen Jugendlichen unter Druck gesetzt wird, eigene Bilder zur Verfügung zu stellen.[8] Eine Erhebung unter Schweizer Jugendlichen (JAMES-Studie, 2012)[9] ergab, dass nur 6 Prozent der Befragten erotische Medien von sich selbst versenden. 2012 lancierte die Schweizer Stiftung Pro Juventute eine Aufklärungskampagne gegen Sexting.

Eine 2017 in Österreich durchgeführte Studie von SaferInternet Österreich ergab eine hohe Verbreitung von Sexting unter Jugendlichen (14 bis 18 Jahre):[10]

„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass Sexting, also das Verschicken von Nacktbildern, unter Jugendlichen weit verbreitet ist. Fast die Hälfte der befragten Jugendlichen kennen jemanden, der bereits Nacktbilder an andere geschickt hat. Jeder Dritte hat selbst schon einmal Nacktbilder oder Videos erhalten. Für viele Jugendliche (31 Prozent) ist es völlig normal, dass man in einer Beziehung Nacktbilder – meist via WhatsApp – an seinen Freund oder seine Freundin schickt. Jeder zehnte Jugendliche kennt sogar die Nacktbilder der besten Freundin oder des besten Freundes.“

Die meisten Jugendlichen nutzen die Messenger-App WhatsApp für Sexting, danach folgen, weit abgeschlagen, Facebook, Skype, Snapchat, also Instant-Messaging-Anwendungen für Smartphones und Tablets, oder aber per E-Mail.[7][10] Die mit Snapchat verschickten Fotos sollen nur eine bestimmte Anzahl an Sekunden sichtbar sein und sich dann selbst zerstören.[11] Es ist jedoch mit relativ einfachen Mitteln möglich, versendete Dateien innerhalb der Ordnerstruktur des genutzten Gerätes zu finden und wiederherzustellen.[12]

Rechtslage

Das Verbreiten und der Besitz von erotischem Bildmaterial Minderjähriger (Kinderpornografie) ist in den meisten Ländern verboten.

Situation in den Vereinigten Staaten

Den minderjährigen Teilnehmern an dieser Variante eines „Ich zeig dir meins – Du zeigst mir deins“ mit den Mitteln der modernen Kommunikation droht in den Vereinigten Staaten durch das Versenden eine juristische Verfolgung mit schwerwiegenden Konsequenzen.[13][14][2][15][16]

Situation in Deutschland

In Deutschland kann Sexting bei Minderjährigen eine Strafbarkeit bis zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen § 184b oder § 184c des StGB begründen. Während nach § 184b sexuelle Darstellungen von Kindern unter 14 Jahren ausnahmslos verboten sind, lässt § 184c im Fall sexueller Darstellungen Jugendlicher zwischen 14 und 17 eine Straffreiheit zu für den Fall, dass das fragliche jugendpornografische Material „ausschließlich zum persönlichen Gebrauch mit Einwilligung der dargestellten Personen“ hergestellt wurde. Da jedoch insbesondere der § 184c erst seit November 2008 Rechtsgültigkeit hat,[17] bleibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzuwarten, wie die deutsche Rechtsprechung diese neue Norm auf die Problematik des „Sexting“ anwenden wird.

Während die Betreiber von Sexting dieses als „Hightech-Flirt“ ansehen,[18] weisen Kritiker auf die Gefahren der missbräuchlichen Verbreitung dieser Fotos, zum Beispiel über soziale Netzwerke im Internet hin.[19]

Situation in Österreich

Die österreichische Rechtslage ähnelt der deutschen insofern, als Sexting von Unter-Vierzehn-Jährigen illegal ist, diese jedoch gleichzeitig nicht strafmündig sind. Während Herstellung und Besitz von pornografischen Darstellungen Jugendlicher (14 bis 17 Jahre) mit deren Einwilligung stets legal war, war die durch Sexting gegebene Verbreitung bis 2016 strafbar. So wurde im März 2015 ein Jugendlicher wegen des Sendens eines pornografischen Bildes seiner selbst rechtskräftig verurteilt.[20] Auf Druck der Bundesjugendvertretung kam es anschließend zu einer Gesetzesänderung.[21]

Siehe auch

  • Telefonsex, die Befriedigung sexueller Wünsche über das Gespräch am Telefon
  • Cyber-Grooming, gezieltes Ansprechen von Personen im Internet mit dem Ziel der Anbahnung sexueller Kontakte
  • Cybersex, Sammelbegriff für verschiedene Formen der virtuellen Erotik, sexueller Interaktion und Pornografie
  • Internetsexsucht
  • Sextortion
  • Dickpic
Commons: Sexting – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sex + Texting = Sexting - On Parenting. Abgerufen am 2. Oktober 2022.
  2. a b „Sexting“: Amerikanische Teenager schocken Sittenwächter. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 2. Oktober 2022]).
  3. Eva-Maria Berendsen: Ich will was von dir sehen. In: FAZ.net. 17. Februar 2014, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  4. Sexting kann berühmt machen. Auch wenn man es gar nicht will. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juli 2019; abgerufen am 2. Juli 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/medienprofis.projuventute.ch
  5. Döring, Nicola & Mohseni, Rohangis: Are Online Sexual Activities and Sexting Good for Adults‘ Sexual Well-Being? Results from a National Online Survey. In: International Journal of Sexual Health. Band 30, Nr. 3, 2018, S. 250–263, doi:10.1080/19317611.2018.1491921.
  6. Sex and Tech: What’s Really Going On – Studie. (Memento vom 21. Juni 2010 im Internet Archive) In: thenationalcampaign.org (PDF; 485 kB)
  7. a b Warum Sexting unter Jugendlichen (k)ein Problem ist. Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Nicola Döring, medienbewusst.de – kinder. medien. kompetenz (Archiv).
  8. Jessica Ringrose, Rosalind Gill, Sonia Livingstone, Laura Harvey: A qualitative study of children, young people and 'sexting'. In: nspcc.org.uk, London 2012
  9. Ergebnisbericht zur JAMES-Studie 2012 (Memento vom 19. März 2014 im Internet Archive) S. 53 (PDF)
  10. a b Sexting: Jeder 3. Jugendliche bekommt Nacktbilder über WhatsApp | BRAVO. Abgerufen am 2. Oktober 2022.
  11. Archivierte Kopie (Memento vom 11. Dezember 2013 im Internet Archive) Gawker.com über die Eignung von Snapchat für Sexting
  12. Snapchat: Sexting-App löscht Videos nicht. (Memento vom 21. Juli 2015 im Internet Archive) In: chip.de
  13. Zeigefreudige US-Teenager kassieren Kinderporno-Klagen. In: Spiegel Online, 15. Januar 2009.
  14. Ich zeig Dir meins 2.0. In: bernerzeitung.ch, 15. Januar 2009
  15. Reymer Klüver:Von Posen und Possen. (Memento vom 28. Dezember 2009 im Internet Archive) In: Süddeutsche Zeitung online, 16. April 2009
  16. Schmitz/Siry: Teenage Folly or Child Abuse? State Responses to "Sexting" by Minors in the U.S. and Germany. Mai 2011.
  17. Einführung des §184c StGB (BGBl. 2008 I S. 2149)
  18. Sexting normal (Memento vom 8. März 2009 im Internet Archive) In: canberratimes.com.au, 14. Juli 2008 (engl.)
  19. Teen "Sexting" Worries Parents, Schools - CBS News. 22. Mai 2013, archiviert vom Original am 22. Mai 2013; abgerufen am 2. Oktober 2022.
  20. Sex-Selfie: Darsteller kann strafbar sein. In: diepresse.com. 29. März 2015, abgerufen am 10. Februar 2016.
  21. Tweet von BJV-Vorsitzendem David Neuber. In: twitter.com. 6. September 2015, abgerufen am 10. Februar 2016.

Auf dieser Seite verwendete Medien

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Autor/Urheber: Amphiggins, Lizenz: CC BY-SA 3.0
This is a simulated sexting conversation using early Renaissance artist Sandro Botticelli's Birth of Venus, which is in the public domain.
Pro Juventute Aufklärungskampagne ‚Sexting’ Themenbild 02 (10817153305).jpg
Autor/Urheber: Pro Juventute from Zürich, Schweiz, Lizenz: CC BY 2.0

Aufklärungskampagne ‚Sexting’

Bildmaterial mit Copyright der Quellenangabe zur freien Verfügung verwendbar (©Pro Juventute)

Unter dem Slogan ‚Sexting kann dich berühmt machen. Auch wenn du es gar nicht willst.‘ macht die Aufklärungskampagne von Pro Juventute auf Risiken von Sexting aufmerksam. Ein TV-Spot und Plakate zeigen provokativ auf, dass der Missbrauch von intimen Fotos harte Konsequenzen haben kann – für Betroffene wie für Täter. Mit einer für die Kampagne entwickelten Facebook-App können Jugendliche im Sinne eines Cyber-Risiko-Checks ihr Profil überprüfen. Auf der Kampagnenplattform finden Jugendliche und Eltern Informationen zum Thema. Allen Schulen in der Schweiz werden Materialien angeboten, um Jugendliche auf die Hilfe via Notrufnummer 147 von Pro Juventute aufmerksam zu machen. www.projuventute.ch/sexting