Sephardische Musik

Gemälde: Jüdische Hochzeitsmusik in Marokko. 19. Jh.

Sephardische Musik ist die den sephardischen Juden eigene Musik. Sephardim sind mit den Aschkenasim und Mizrahim eine der drei ethnischen Hauptzweige der Juden in der Diaspora. Die Sephardim waren ursprünglich auf die Iberische Halbinsel konzentriert, sind aber heute über die gesamte Mittelmeerregion verbreitet, da sie auch Jahrhunderte unter den Mizrahim gelebt haben.

Entwicklung

Die sephardische Musik entstand im mittelalterlichen Spanien, vorgetragen von Cancioneros an Fürstenhöfen. Seither hat sie Einflüsse von Marokko, Argentinien, der Türkei und Griechenland und solche verschiedener spanischer Volksmusikstile von Spanien und anderswo aufgenommen. Es gibt drei Arten sephardischer Lieder: Balladen und Unterhaltungslieder, Romanzen sowie geistliche oder liturgische Gesänge. Die Texte können in unterschiedlichen Sprachen vorgetragen werden, einschließlich des Hebräischen für religiöse Gesänge sowie des Ladino. Die Forschung steht in Bezug auf die Musik der Sephardim vor dem Problem, dass zwar jüdische und nichtjüdische Quellen zum Musikleben der Juden in Spanien vorhanden sind, die erhaltenen Niederschriften von Musik aber alle aus einer Zeit lange nach 1492 stammen. Die meisten Kompositionen wurden über lange Zeiträume nur oral tradiert und erst im 20. Jahrhundert aufgenommen. Israel J. Katz schreibt deshalb, dass „die Musik des sephardischen Spanien für uns Rätsel (Enigma) bleibt“.[1]

Diese Gesangstraditionen verbreiteten sich von Spanien nach Marokko (die „westliche Tradition“) und in Teile des Osmanenreichs („östliche Tradition“) mit Griechenland, Jerusalem, Balkan und Ägypten. Die sephardische Musik hat sich in jeder Region angepasst und regionale Eigenheiten aufgenommen, so die nordafrikanischen hohen, gedehnten mikrotonal verzierten Töne; die Rhythmen vom Balkan, z. B. 9/8-Takt; und die arabisch-türkischen Modi (arabisch maqāmāt).

Die Sänger sind traditionsgemäß zumeist Frauen, die während der Hausarbeit singen. Diese, meist monophonen Lieder sind normalerweise unbegleitet. Tamburins und andere Perkussionsinstrumente werden zuweilen, besonders bei Hochzeitsliedern verwendet. Zusätzlich begleiten Oud- und Kanun-Musiker, heutige Interpreten beziehen zahllose weitere importierte Instrumente mit ein.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden einige populäre kommerzielle Plattenaufnahmen sephardischer Musik in Griechenland und der Türkei, später in Jerusalem und anderen Regionen der östlichen Tradition veröffentlicht. Die ersten Interpreten waren zumeist Männer, einschließlich der Türken Jack Mayesh, Haim Efendi und Yitzhak Algazi. Später kam eine neue Sängergeneration auf, viele von ihnen waren selbst keine Sepharden. Gloria Levy, Pasharos Sefardíes und Flory Jagoda waren bekannte Interpreten dieser östlichen Traditionsperiode. Yasmin Levy zählt zu einer neuen Sängergeneration, die das Ladino-Erbe neu interpretiert und mit andalusischem Flamenco kombiniert. Myriam Alter fusioniert sephardische Musik mit Jazz und lateinamerikanischer Musik. In der Türkei schaffte es die sephardische Musikgruppe Sefarad bis in die Top Ten.

Liste von Interpreten

  • Noam Vazana (Israel/Niederlande)
  • Ana Alcaide (Spanien)
  • Judi Frankel (USA)
  • Mor Karbasi (Großbritannien)
  • Yehoram Gaon (Israel)
  • George Dalaras (Griechenland)
  • Janet & Jak Esim (Türkei)
  • BraAgas (Tschechische Republik)
  • Avraam Perera (Israel)
  • Yasmin Levy (Israel)
  • Kohava Levy (Israel)
  • Fortuna (Brasilien)
  • Daddo Dganit (Israel)
  • Rosa Negra – Fado Ladino (Portugal)
  • Glykeria (Griechenland)
  • Reinette l’oranaise (Algerien)
  • Lili Boniche (Algerien)
  • René Perez (Algerien)
  • Javier Ruibal (Spanien)
  • Los Desterrados (Großbritannien)
  • Françoise Atlan (Frankreich)
  • Soledad Bravo (Venezuela)
  • Joaquín Díaz González (Spanien)
  • Yosi Azulay (Israel)
  • Sefarad (Türkei)
  • David d’Or (Israel)
  • Esther Ofarim (Israel)
  • Stefanie Valadez (USA)
  • María Salgado (Spanien)
  • Montserrat Franco (USA)
  • Avishai Cohen (Israel)
  • Koby Israelite (Großbritannien)
  • Lampa Ladino (Russland)
  • Sarah Aroeste (USA)
  • Deleon (USA)
  • La Mar Enfortuna (USA)
  • Sophie Solomon (Großbritannien)
  • Adik Chezron (Deutschland)
  • Israeli Andaluzian Orchestra (Israel)
  • Ensemble Sarband (Deutschland / Bulgarien / Türkei / Libanon)
  • Al Andaluz Project (Spanien)
  • Savina Yannatou (Griechenland)

Literatur

  • Judith Cohen: Ladino Romance. In: Simon Broughton, Mark Ellingham et al. (Hrsg.): World Music, Vol. 1: Africa, Europe and the Middle East. Rough Guides Ltd, Penguin Books, 2000, ISBN 1-85828-636-0, S. 370–379.
  • Edwin Seroussi: Between the Eastern and Western Mediterranean. Sephardic Music after the Expulsion from Spain and Portugal. In: Alisa Meyuhas Ginio (Hrsg.): Jews Christians, and Muslims in the Mediterranean World after 1492. Routledge, 1992, ISBN 978-0-714-68050-7, S. 198–206.
  • Edwin Seroussi: Sephardic Music – A Bibliographical Guide with a Checklist of Notated Sources. In Jewish Folklore and Ethnology Review, Vol. 12, Nr. 1–2. 1990, S. 56–61
  • Abraham Zvi Idelsohn: Hebräisch-orientalischer Melodienschatz. Vol. 4: Gesänge der orientalischen Sefardim. Berlin u. a. 1923
  • Mark Kligman: Diversity and Uniqueness – An Introductio to Sephardic Liturgical Music. In Zion Zohar (Hrsg.): From the Golden Age of Spain to Modern Times. New York University Press, 2005, ISBN 0-8147-9705-9, S. 259–284

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Israel J. Katz: The Music of Sephardic Spain - An Exploratory View; in Carol E. Robertson (Hrsg.): Musical Repercutions of 1492 - Encounters in Text and Performance, 1992, S. 103

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