Sempacherlied

Sempacherlied ist der Titel von zwei Liedern, die den eidgenössischen Sieg in der Schlacht von Sempach (1386) besingen. Das ältere Lied darf als früheste Erwähnung der Tat des Arnold Winkelried gelten.

Lied von 1470

Das ältere Lied ist eine spätmittelalterliche Dichtung, vermutlich um 1470 entstanden, die in verschiedenen Versionen in den Schweizer Chroniken des 16. Jahrhunderts erhalten ist. Die bekannteste Fassung, das sogenannte Halbsuterlied, hat 63 Strophen. Zitiert wurde das Lied zuerst von Melchior Russ (1488) und später von Wernher Schodeler (1515), Aegidius Tschudi (1536) und anderen Chronisten. Das Halbsuterlied wurde 1599 von Rudolf Wyssenbach (vor 1527 – 1572)[1] in Zürich gedruckt. Wie bei vormodernem Liedgut üblich, ist das Halbsuterlied nicht aus einem Guss, sondern stellt ein Konglomerat von Hinzufügungen dar, das sich bis zum Zeitpunkt der Drucklegung im Fluss befand. Die Forschung des 19. Jahrhunderts unternahm Versuche, das ursprüngliche, vermutlich wesentlich kürzere Lied Hans Halbsuters zu rekonstruieren, kam aber zu keinem abschliessenden Ergebnis. In diesem Zusammenhang ist Lorenz[2] zu erwähnen, der das Lied in vier Bestandteile auflöste.

Über den Autor Hans (oder Hensli) Halbsuter[3] ist wenig Sicheres bekannt. Aufgrund der letzten der 63 Strophen, einer Art Kolophon, wurde spekuliert, dass Halbsuter in der Schlacht von Nancy oder einer anderen Schlacht der Burgunderkriege mitkämpfte und eine Parallele zwischen dieser und der damals 90 Jahre zurückliegenden Schlacht von Sempach zog. Die fragliche Strophe lautet bei Wernher Steiner:

Halbsuter unvergessen /
also ist er genannt /
zuo Luzern ist er gesessen /
er was gar wohl erkannt /
he, er war ein bidermann /
dis Lied hat er gemachet / als ab der Schlacht er kam.

Der Luzerner Staatsarchivar Theodor von Liebenau meinte: „Halbsuter hat den Opfertod Winkelrieds erst dann besungen, als er von der Schlacht von Grandson und Murten heimkam, aber statt des Lebens die Gesundheit und Arbeitskraft einbüsste.“[4] Tobler widerspricht dieser Ansicht.[5]

Lied von 1832/1836

Das moderne und heute vor allem bekannte Sempacherlied ist eine Dichtung von Heinrich Bosshard, datiert auf etwa 1832 oder 1836, also in die Schweizerische Regeneration. Die Melodie ist eine Komposition von Johann Ulrich Wehrli. Auch dieses Lied handelt von Winkelried. Die erste Strophe lautet:

Lasst hören aus alter Zeit
Von kühner Ahnen Heldenstreit,
Von Speerwucht und wildem Schwertkampf,
Von Schlachtstaub und heissem Blutdampf.
Wir singen heut’ ein heilig Lied,
Es gilt dem Helden Winkelried.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Halbsuter: Lied von der Schlacht beschehen vor Sempach, in Lucerner Biet gelegen. Rudolff Wyssenbach, Zürich 1599.
  • Jakob Bucher: Halbsuter, Hans. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 10, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 405 f.
  • Alois Lütolf: Luzerner Schlachtliederdichter im 15. Jahrhundert, besonders Hans Halbsuter und das Sempacherlied. In: Geschichtsfreund. 1862.
  • Ludwig Tobler: Schweizerische Volkslieder; mit Einleitung und Anmerkungen. Frauenfeld 1882.
  • Kaspar Kreis: Das Sempacherlied mit den Lebensbildern des Componisten Hans Ulrich Wehrli und des Dichters Heinrich Bosshard. Zürcherische Liederbuchanstalt, Zürich 1886.

Einzelnachweise

  1. Adalbert Quadt: Lautenmusik aus der Renaissance. Nach Tabulaturen hrsg. von Adalbert Quadt. Band 1 ff. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1967 ff.; 4. Auflage ebenda 1968, Band 2, S. 65.
  2. Germania IV 173 – 179
  3. zu Halbsuter siehe Kuno Müller: Halbsuter, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 535 (Digitalisat).
  4. Das Alte Luzern, 1881, S. 266.
  5. Ludwig Tobler: Schweizerische Volkslieder; mit Einleitung und Anmerkungen. Frauenfeld 1882. S. 222.