Seenotstaffeln der Wehrmacht

Seenotstaffeln 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10
(Seenotstaffeln 50, 51, 60, 70, 80, 81)


Heinkel He 59B-3 beim Seenotflugkommando 2 in List
Aufstellung12. April 1939 bis August 1942
StaatDeutsches Reich NS Deutsches Reich
TypStaffel (Luftstreitkraft)

Als Seenotstaffel bezeichnete die Luftwaffe der Wehrmacht mehrere Staffeln, die zur Seenotrettung eingerichtet wurden. Diese waren sowohl mit Land- als auch Seeflugzeugen bzw. Flugbooten ausgerüstet.

Den wahrscheinlich letzten Einsatz einer Einheit der Luftwaffe des Dritten Reiches flog die Seenotstaffel 81 am 18. Juni 1945. Sechs Wochen nach Kriegsende transportierte sie etwa 1000 Personen, darunter 450 Verwundete, geleitet von Hawker Typhoons der 175. und 184. Squadron der 2.TAF/RAF aus Schleswig/Jagel vom dänischen Guldborg nach Schleswig.[1]

Geschichte

Es gab insgesamt zehn Seenotstaffeln, die zunächst die Nummern 1 bis 10 trugen. Als erste wurde im April 1939 die Seenotstaffel 1 „Norderney“ aufgestellt, die zehnte und letzte wurde im August 1942 in Tromsø aufgestellt.

Bei einer Umorganisation im August 1944 wurden vier Staffeln aufgelöst und die übrigen sechs erhielten die zweiziffrigen Nummern 50 (ehemalige 10), 51 (5), 60 (1), 70 (7), 80 (4) und 81 (2). Der Hintergrund war u. a. die Zusammenfassung je einer Seenotstaffel und einer mit Seenot-Booten (bzw. Flugsicherungsschiffen) ausgerüsteten Seenotflottille zu Seenotgruppen, wobei Seenotgruppe, -flottille und -staffel jeweils die gleiche Nummer erhielten.

Die Kinder vom Kamper See

In den letzten Kriegsmonaten kamen Seenotflieger vielfach im Ostseeraum bei der Flucht der deutschen Bevölkerung vor der anrückenden Roten Armee zum Einsatz (siehe auch Verwundeten- und Flüchtlingstransporte über die Ostsee 1945). Bei einer großangelegten Luftbrücke von einem Dutzend Flugbooten der Seenotstaffel 81 vom Kamper See westlich Kolberg zum Seefliegerhorst Bug (Dranske), dem Hauptstützpunkt zu der Zeit, stürzte am 5. März 1945 eine Dornier Do 24 beim Start in den See. Beim Flugzeugabsturz im Kamper See kamen ca. 80 Menschen, hauptsächlich Kinder, ums Leben. Insgesamt wurden in den ersten Märztagen, die Schätzungen schwanken stark, 4.000 bis 12.000 Flüchtlinge ausgeflogen.[2]

Der Kamper See lag nach dem Krieg jahrzehntelang in einem militärischen Sperrgebiet. Nach dem Abzug des Militärs entstand die Idee, das Flugzeugwrack und die an Bord vermuteten sterblichen Überreste der Opfer zu bergen. Taucher haben inzwischen Einschussstellen und Granatsplitter im Wrack festgestellt, die von sowjetischen Panzern stammten, so dass man heute nicht mehr von Überladung als alleiniger Absturzursache ausgeht.

Staffelliste

Nr.Aufstellungweitere StützpunkteBemerkungen
1 (60)1. August 1939, Norderney, ListSeptember 1940 bis Juli 1944, Brest
Juli 1944 bis Frühjahr 1945, Pillau-Neutief
neben Brest lag ein Teil in Hourtin
2 (81)26. August 1939, Pillau-NeutiefJuni 1940 bis Dezember 1942, Cherbourg
Dezember 1942 bis Juli 1944, Schellingwoude
Juli 1944 bis Mai 1945, Großenbrode
Bug war ab Mitte 1944 Haupteinsatzbasis
Grossenbrode, Kamp, Nest und Pillau wurden mitbenutzt
3Juni 1940, BoulogneAugust 1944 nach Deutschland verlegt und aufgelöstbis November 1940 Seenotflug-Kommando 3
4 (80)September 1940, NorderneyAugust 1944 bis März 1945, Norderney
März bis Mai 1945, List
bis September 1940 Seenotflug-Kommando 1 -Norderney-
5 (51)Juni 1940, ListAugust 1941 bis Oktober 1944, Stavanger
Oktober 1944 bis Mai 1945, Tromsø
bis November 1940 Seenotflug-Kommando 5
6März 1941, Syrakus/AugustaAugust 1943 bis Oktober 1943, Portofino
Oktober 1943 bis August 1944, Venedig
7 (70)März 1941, Kiel-HoltenauMärz/April 1941, Schellingwoude und Warna
April bis Juli 1941, Saloniki-Mikra
Juli 1941 bis August 1944, Athen-Phaleron
8April 1941, MamaiaAugust 1942 bis März 1944, Sewastopol
März 1944 bis August 1944, Mamaia
August/September 1944 Saloniki/Athen
9 (60)April 1941, Kiel-HoltenauAugust 1941 bis September 1944, Libauab September 1941 zusätzlich Riga
10 (50)August 1942, Tromsøbis Mai 1945

Anmerkung: In Klammern die Mitte August 1944 eingeführten geänderten Staffelnummern.

Galerie

Flugzeuge

Schiffe

Literatur

  • Karl Born: Rettung zwischen den Fronten. E.S. Mittler & Sohn, Hamburg/Berlin/Bonn, ISBN 3-8132-0756-0
  • Peter de Jong: Dornier Do 24 Units. Osprey Publishing, 2015, ISBN 978-1-4728-0570-6

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Siehe Inschrift des Gedenksteines, zu finden im Abschnitt Galerie
  2. Ulrich Krökel: Die toten Kinder von Kamp. In: www.zeit.de. Georg Thieme, 20. März 2012, abgerufen am 5. März 2023.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of the German Reich (1935–1945).svg
National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
Flag of Germany (1935–1945).svg
National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
Heinkel He 59 SAR plane in flight 1940.jpg
A German Heinkel He 59 C-2 search-and-rescue aircraft (Wk.Nr. 1314, D-ARYX) in flight. This was the prototype SAR conversion and reached Seenotflugkommando 2 at List, Sylt island, on 1 August 1940.
Gedenkstein Schleswig.jpg
Autor/Urheber: Dr. Stefan Brosig, Lizenz: CC0
Dieser Gedenkstein zum Andenken an den letzten Flug der deutschen Luftwaffe noch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges steht in Schleswig an der Schlei
Nadat-de-britse-overheid-medio-juli-1940-had-afgekondigd-dat-de-wit-gespoten-he-59-s-evengoed-zouden-worden-neergeschoten.jpg
Autor/Urheber: Ministerie van Defensie, Lizenz: CC0
Nadat de Britse overheid medio juli 1940 had afgekondigd dat de wit gespoten HE 59’s evengoed zouden worden neergeschoten, kregen deze toestellen alsnog camouflagekleuren en militaire kentekens. Op de foto loopt een bemanning van de 6. Seenotstaffel vanaf het Zeeburgereiland over de steiger naar hun toestel. De opname dateert vermoedelijk uit de tweede helft van 1940 of 1941.