Seeburg (Bad Urach)

Seeburg
Stadt Bad Urach
Wappen von Seeburg vor der Eingemeindung
Koordinaten:48° 27′ N, 9° 27′ O
Höhe: 596 m
Fläche:2,21 km²
Einwohner:283 (18. Mai 2021)
Bevölkerungsdichte:128 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Januar 1975
Postleitzahl:72574
Vorwahl:07381
Felswände bestimmen das Ortsbild
Felswände bestimmen das Ortsbild

Seeburg ist seit 1975 der kleinste Stadtteil von Bad Urach. Er hat 300 Einwohner und liegt auf 596 m ü. NN.

Zwischen dem Dorf Trailfingen der Stadt Münsingen und Seeburg entspringt die Erms. Durch die beengte Lage im Ermstal hat sich Seeburg die Charakteristik eines Albdorfes erhalten.

Geschichte

Seeburg wurde bereits im Jahre 770 urkundlich erwähnt und ist damit eine der ältesten Siedlungen im Umkreis. Das Dorf wird im Lorscher Codex von 770 (C1183-95) erwähnt. Ein Graf Wigmann von Seburc ist um 1050 mit Dorf und Burg bezeugt, 1250 fand ein Bertholdus des Sebure Erwähnung. 1556 erwarb der Herzog Christoph von Württemberg Seeburc von Hans Ludwig von Speth.

Am 1. Januar 1975 wurde Seeburg in die Stadt Urach eingegliedert.[1]

Sehenswürdigkeiten

Johanneskirche
Pfarrhaus auf großer Kalktuffbarre. 6 m Kalktuffwand, Vorne: aufgegebener Steinbruch (heute ein Garten)

Kalktuff und Bauwerke

Alt-Seeburg liegt auf Kalktuffbarren, deren Kalk aus dem Ermswasser über mehrere Jahrhunderte chemisch ausgefällt und sedimentiert wurde. Die bis zu 34 m dicken Kalktuffschichten[2] wurden ab ca. 1830 in vielen inzwischen aufgegebenen Steinbrüchen als begehrter, gut zu bearbeitender Baustoff abgebaut. Zahlreiche Brücken, Mauern etc. im Ort sind aus diesem Stein gefertigt.

Das einstige Pfarrhaus wurde 1616 vom berühmten Baumeister Heinrich Schickhardt restauriert.[2] Die große Kalktuffwand unterhalb ist ein Überrest der Barre, die das Fischburger Tal nach Osten abriegelte und den historischen „Bodenlosen See“ aufstaute, und damit das eindrucksvollste Lehrstück, warum viele Steinbrüche entstanden.[3] Der heutige Bau stammt allerdings aus dem Jahr 1836. Er ist ein Beispiel für die typische Tuffquaderarchitektur der Gegend.

Auch das Rathaus, das früher auch als Schulhaus diente, ist aus Tuffquadern erbaut. Es stammt aus dem Jahr 1815.

Gitter am 467 m langen, intakten, Schickhardtschen Wasserstollen, der den Fischbach seit 1620 unter Seeburg hindurchführt

Herzog Johann Friedrich von Württemberg beauftragte den Baumeister Heinrich Schickhardt 1616 damit, eine Möglichkeit zu schaffen, den von den Kalktuffbarren aufgestauten Bodenlose See jederzeit (zwecks Fischfang) vollständig entleeren zu können. Schickhardt leitete durch den Bau eines 467 m langen Stollens den aus der Tiefe der Schwäbischen Alb kommenden Fischbach 15 m unter den Kalktuffschichten Seeburgs hindurch. Mit dem 1620 fertiggestellten Stollen wurde 201 Jahre lang der See geleert. Der See wird nicht mehr gestaut, die Staufallen wurden abgebaut, der Stollen ist aber auch heute noch intakt.[2] Der Stollen mündet unterhalb des Dorfes in die Erms. Er kann in allen geraden Jahren am Tag des offenen Denkmals im Rahmen einer Führung mit begrenzter Besucherzahl besichtigt werden. Über seinen Erbauer informiert das Ortsarchiv.

Johanneskirche

Die Johanneskirche wurde erstmals am 11. Juni 770 im Lorscher Codex Laureshamensis im Zusammenhang mit einer Schenkung des Waldo an Abt Gundeland erwähnt. Ihre Seccomalereien in der Apsis stammen aus der Zeit um 1280. Die Kirche ist, ebenso wie ihre Orgel, denkmalgeschützt. Die Kegelladenorgel aus dem Jahr 1853 aus der Hand Johann Viktor Gruols des Jüngeren wurde 1980 restauriert. Die Kirche bildet den Mittelpunkt des Friedhofes, auf dem sich einige Grabsteine hohen Alters finden.

Schloss Uhenfels

Schloss Uhenfels (2020)

Hofmarschall Ernst Wilhelm Friedrich von Hayn ließ 1872 das Schloss Uhenfels erbauen, nachdem schon sein Vater den Uhenhof erworben hatte. Ab 1899 lebten dort die Eltern des dort im Jahr 1902 geborenen späteren Bankiers Siegmund G. Warburg, Gabriel Warburg (1871–1923)[4] und Lucie Lea Kaulla (1866–1955). Das rege gesellschaftliche Leben brach mit deren Vertreibung 1938 ab. Das Hofgut wurde 1938 „arisiert“. 1941 wurde das Schloss an Franz Fuchs verkauft und 1958 an seine Besitzer, die Familie Warburg, zurückgegeben. Im gleichen Jahr ging es in Privatbesitz über.

Danach wurden Schloss und Park vernachlässigt, bis 2009[5] der Unternehmer Willi Balz das Anwesen kaufte und für mehrere Millionen Euro das Gebäude sanieren und die Anlagen erneuern ließ. Geplant hatte Balz, das Schloss zum Tagungszentrum auszubauen und später selbst darin zu wohnen. Nachdem er jedoch insolvent geworden war, wurde das fast vollständig restaurierte Schloss zwangsversteigert und für nur 1,5 Millionen Euro von einer Schweizer Immobiliengesellschaft übernommen.[6]

Schlossbesichtigungen sind nicht möglich.

Hofgut Uhenfels

Seeburg um 1870, Zeichnung von General Eduard von Kallee

Der Mundschenk Hans von Aubern erhielt 1336 von den Grafen Ludwig und Ulrich den Weiler ob Seeburg. 1695 wurde der Auchenhof vom Herzog Eberhard Ludwig an vier Bauern verkauft. 1837 ging er in die Hände des Hofmarschalls C. von Hayn über; ab 1899 betrieben die neuen Besitzer des Schlosses, Familie Warburg, hier eine Landwirtschaft. 1938 wurde das Anwesen zwischen den Gemeinden Trailfingen und Seeburg aufgeteilt; das Hofgut wurde zur Jungviehweide der Vorgängerin der heutigen Rinderunion Baden-Württemberg. Später wurde es den rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben.

Ehrenmal

Auf dem Burgberg befindet sich ein Ehrenmal, das von Gabriel Georg Warburg und Lucie Lea Warburg in Auftrag gegeben wurde. Es wurde von Fritz Steisslinger entworfen und 1920 vom Steinmetzmeister Karl Gräter erbaut.

Grablegen der Familie von Hayn

Grablegen zahlreicher Mitglieder der Familie von Hayn befinden sich in Seeburg.

Ermsquelle

Die in Tuff gehauene Brunnenstube aus dem Jahr 1895 wurde von Regierungsrat Deutelmoser ausgeführt, Staatsarchiv Ludwigsburg. Die mittlere Schüttung der Quelle beträgt 400 l/s.

Kraftwerk Erms

Das Kraftwerk aus dem Jahr 1920 wurde von Chr. Döbler gebaut und diente der Stromversorgung des Zementwerkes Münsingen und Seeburgs. Es wurde eingerichtet, nachdem die Untere Talmühle nicht mehr in Betrieb war. Der Strom wird heute ins Netz zum Umspannwerk Seetal eingespeist. Das Kraftwerk kann auf Anfrage bei den Stadtwerken Münsingen besichtigt werden.

Fotos

Literatur

  • Wilfried Rosendahl, Dorothee Sahm-Stotz (Hrsg.): Bodenloser See und Schickhardt-Stollen. Natur- und Kulturgeschichte im Kalktuff von Seeberg bei Bad Urach. Staatsanzeiger-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-929981-57-2.
  • Gottlob Bleher: Zur Geschichte des Hofgutes Uhenfels auf der Alb hoch über dem Ermstal. In: Schwäbische Heimat. Bd. 52 (2001), Nr. 3, S. 264–269 (https://doi.org/10.53458/sh.v52i3.6192).

Weblinks

Commons: Seeburg (Bad Urach) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 538.
  2. a b c Schickhardt-Stollen, Rosendahl. Siehe Literatur
  3. LGRB-Steckbrief Kalktuffwand und Pfarrhaus (pdf, abgerufen am 26. Mai 2021).
  4. Informationen zu Schloß Uhenfels und der Grabstätte von Gabriel Warburg
  5. Unsere Burgen. Abgerufen am 10. Oktober 2022.
  6. Christine Keck: Schlossherr gesucht. In: Stuttgarter Nachrichten vom 26. Januar 2017. Abgerufen am 10. Oktober 2022

Auf dieser Seite verwendete Medien

Seeburg Kalktufflager Ermstal Schwaebische-Alb.jpg
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Seeburg (Stadtteil von Bad Urach) im Tal der jungen Erms, einem engen Tal auf der stark verkarsteten Mittleren Schwäbischen Alb. Die Karstquelle der Erms entspringt im Tal hinten, ca. 1000 m vom Ort aufwärts. Der kleine Ort ruht weitgehend auf einer ca. 30 m mächtigen Barre aus Kalktuff. Am alten Pfarrhaus sind noch 6 m einer alten Abbauwand des früher begehrten Kalktuffs sichtbar. Das Pfarrhaus liegt 12 m über dem heutigen Niveau des Fischbachtals (vgl. Foto: Image:Kalktuffbarre Seeburg Ermstal Schwaebische-Alb.jpg). Viele Häuser im Ort und auch Einzelne in Tübingen, Stuttgart, Ulm, weiteren Städten und sogar in Strassburg, wurden mit Kalktuffsteinen erbaut. Die aufgegebenen Steinbrüche, tief ausgeschlagene, über den Ort verteilte Grundstücke, zwischen den Häusern nur zu erahnen, wurden oft mit riesigen Müllmengen oder Erde zugeschüttet. Dem Erms-Bach wurde ein künstliches Bett durch den Ort geschaffen.

Geologen konnten aus einer Bohrung die Haupt-Sedimentation des Kalktuffs in die Warmzeit des Atlantikums legen (Beginn ca. 8000 v. Chr.). Die Kalktuffbarre war so massiv, dass sich ein so genannter „Bodenloser See“ bildete. Der württembergische Hofbaumeister Heinrich Schickhardt ließ von 1617-1620 (!) einen 467 m langen Stollen durch den Kalktuff treiben, um den fischreichen See gezielt auslaufen lassen zu können. Der Stollen wurde 1998 restauriert – der See ist dagegen schon seit 1821 dauerhaft abgelassen.

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Kalktuff-Stollen Seeburg-Bad-Urach Schwaebische-Alb.jpg
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Eingang eines 467 m langer Bachstollens, erbaut 1620 (!) vom berühmten Baumeister Heinrich Schickhardt. Der Stollen diente der jederzeitigen Entleerung des "Bodenlosen See"s in Seeburg (Bad Urach). Er wurde in eine 36 m starke Kalktuffbarre vorgetrieben, um den bis zu 12 m tiefen Fischteich unter dem Ort hindurch zu führen. Die Entleerung wurde 201 Jahre später aufgegeben, die Staufallen abgebaut. Der Stollen, fast durchgängig mit sorgfältig verfugten Kalktuffquadern ausgekleidet, ist aber auch heute noch voll intakt.
Kd3 20200405 05067 schloss uhenfels seeburg.jpg
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Schloss Uhenfels beim Ort Seeburg, nahe Bad Urach, Baden-Württemberg.
SeeburgKirche.jpg
Kirche in Seeburg/Bad Urach
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Blick von der Anhöhe Hartberg aus nach Seeburg (Bad Urach). Panorama aus drei Fotos.
Seeburg um 1870 - Zeichnung von Eduard von Kallee.jpg
Seeburg. Seeburger Tal mit Haus und zwei Frauen. Lavierte Zeichnung von Eduard von Kallee.
SeeburgFelsen.jpg
Naturdenkmal "Seeburger Nägelesfels" (Nr. 84150780061) im Bad Uracher Stadtteil Seeburg. Nicht zu verwechseln mit der Naturschutzgebiet "Nägelesfelsen" (Nr. 4004) oberhalb der Stadt Bad Urach.
Alt-Seeburg am Albtrauf.jpg
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Altes Haus, aus hartem Kalkstein der 8000 Jahre alten, 36m mächtigen Kalktuff-barre von Seeburg/Bad Urach erbaut. Große Kalk-Ablagerungen haben sich am Albtrauf hinter vielen Karstquellen in der jüngsten Erdgeschichte gebildet.
SeeburgGrabstein.jpg
alter Grabstein auf dem Seeburger Friedhof
SeeburgKraftwerk.jpg
Aktives Wasserkraftwerk Seeburg bei Bad Urach, Schwäbische Alb. Erbaut 1920.
Die Energie kommt von der großen Karstquelle der Erms, 540m oberhalb. 2 alte Turbinen leisten noch heute 60 kW (Durchschnitt bei 18,6m Gefälle). Baumaterial: vor Ort gesägte Steine aus der unterhalb der Quelle gewachsenen Kalktuffbarre.
Kalktuffbarre Seeburg Ermstal Schwaebische-Alb.jpg
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Im Ort Seeburg (südlich von Bad Urach) steht das Pfarrhaus auf der sichtbaren, oberen, ca. 6 m hohen Steinbruchmauer einer an mehreren Stellen im Ort abgebauten Kalktuffbarre. Die Barre an der Oberen Erms bildet die erste, der acht Kalktuff-Terrassen, die insgesamt ca. 10 km lang sind. Das Wasser der in den Warmzeiten des Holozän kräftigeren Karstquellen der Erms (1 km vor Seeburg) habrn hier bis zu ca. 36 m (!) Kalktuff, als kompaktes oder sandiges Sediment, chemisch ausgefällt. Die aus dem Seitental der Quell-Erms angehäuften Kalktuff-Sedimente haben das bis zu ca. 8 km lange, verzweigte „Fischbachtal“ vor Seeburg zum „Bodenlosen See“ aufgestaut (vom See ist heute nur noch ein von Heinrich Schickhardt 1616 (!) gebauter, intakter Abflussstollen übrig geblieben).
Große Mengen Kalktuff-Sedimente bildeten sich in weiteren Gerinnen am talförmig ausgeräumten Albtrauf, z.B. Kalktuffterrassen der Wiesaz und der Echaz.
SeeburgKircheFresko.jpg
Seeburg, Johanneskirche, Fresko von 1280