Sea Launch

Sea Launch SA

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RechtsformAktiengesellschaft
Gründung1995
SitzNyon, Schweiz Schweiz
LeitungSergey Gugkaev (CEO), Vladimir Solntsev (Präsident)
BrancheRaumfahrt
Websitewww.sea-launch.com

Sea Launch war ein internationales Raumfahrtprojekt zur Vermarktung von Raketenstarts von einer speziell adaptierten Bohrplattform in Äquatornähe. Formaler Betreiber des Systems war eine gleichnamige Schweizer Aktiengesellschaft. Gestartet wurde von 1999 bis 2014 mit Zenit-3SL-Trägerraketen; dabei handelte es sich um eine Zenit-2 mit Block-DM-Oberstufe und einigen Modifikationen für den Start von See aus. Insgesamt wurden mit dieser Rakete 33 Nutzlasten mit Massen von bis zu sechs Tonnen in Geotransferorbits (GTO) befördert.

Infolge des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine sind keine Zenit-Raketen mehr verfügbar. Die Sea-Launch-Schiffe wurden an den russischen Verkehrskonzern S7 Group verkauft, der sie nach Russland verlegte.

Hintergrund, Vorgänger, ähnliche Projekte

Sea Launch war nicht die erste auf die Meeresoberfläche platzierte Startplattform. In den 1960er Jahren wurde vor der Küste Kenias die von Italien betriebene San-Marco-Plattform zum Start von Scout- und Höhenforschungsraketen verankert. Von der Hubinsel „Barbara“ erfolgten zu Beginn der 1970er Jahre einige Raketenerprobungen im Auftrag der Bundeswehr.

Sea Launch Commander im Hafen von Long Beach
Odyssey im Hafen von Long Beach

Russlands Kosmodrome haben gegenüber den äquatornahen Weltraumbahnhöfen den Nachteil, dass eine dort gestartete Rakete bei gleicher Leistung weniger Nutzlast in einen GTO befördern kann. Das liegt daran, dass einerseits zusätzliche Änderungen der Bahn (Anpassungen der Bahnebene) erforderlich sind, und ausserdem fern dem Äquator die Rotationsgeschwindigkeit der Erde einen geringeren Teil der für einen Orbit nötigen Geschwindigkeit bereitstellt. Daher werden stärkere Raketenaggregate und mehr Treibstoff pro Kilogramm Nutzlast benötigt, oder aber die Nutzlast eines bestimmten Trägers verringert sich entsprechend. Diesen kostentreibenden Standortnachteil der sonst wettbewerbsfähigen russischen Trägerraketensysteme galt es auszugleichen.

Entstehung und Geschichte von Sea Launch

Nach den ersten Studien 1993 entstand 1995 das Projekt Sea Launch. Die nächsten vier Jahre wurden zum Aufbau der Infrastruktur genutzt. So wurde das Kommandoschiff „Sea Launch Commander“ gebaut und aus einer ausgedienten Ölbohrplattform entstand die Startplattform „Odyssey“. „Sea Launch Commander“ und „Odyssey“ wurden in Long Beach in Kalifornien stationiert. Der Erstflug mit einem Dummy-Satelliten fand im März 1999 statt, der erste kommerzielle Flug folgte im Oktober desselben Jahres.

Gegründet wurde Sea Launch 1995 als internationales Konsortium von vier Unternehmen: Boeing (USA, Anteil 40 %), verantwortlich für Nutzlasten und Starts, RKK Energija (Russland, 25 %), Hersteller der Block-DM-Oberstufe, KB Juschnoje/Juschmasch (Ukraine, 15 %), Hersteller der Zenit, und Aker Kvaerner (Norwegen, 20 %), verantwortlich für die Startplattform „Odyssey“ und das Kommandoschiff „Sea Launch Commander“.

Fehlstart von NSS 8 im Januar 2007

Beim Startversuch des NSS-8-Kommunikationssatelliten explodierte am 30. Januar 2007 eine Zenit-3SL-Trägerrakete direkt auf der „Odyssey“-Startplattform. Grund der Explosion war ein Metallteil in einer Treibstoffpumpe.[1] Personen kamen dabei keine zu Schaden, da sich die Besatzung während des Starts jeweils auf die „Sea Launch Commander“ zurückzieht. Die Plattform erlitt dabei begrenzte Beschädigungen, war jedoch bereits am 1. Februar 2007 wieder mit der vollen Besatzung bemannt.[2] Das am 3. Februar von Sea Launch veröffentlichte Bild[3] zeigt die Plattform in einem weitgehend intakten Zustand, die Startposition im Pazifik aus eigener Kraft verlassend. Anfang April gab Sea Launch den Oktober 2007 als den Termin für den nächsten Raketenstart bekannt.[4]

Insolvenz und Neustart

Am 22. Juni 2009 musste Sea Launch Insolvenz unter Chapter 11 nach US-Insolvenzrecht anmelden. Grund dafür war Überschuldung – Aktiva von geschätzten 100 bis 500 Millionen US-Dollar standen Verbindlichkeiten von bis zu zwei Milliarden US-Dollar gegenüber.[5][6]

Per 27. Oktober 2010 konnte das Insolvenzverfahren beendet werden, nachdem RKK Energija über die zu diesem Zweck gegründete Tochter Energia Overseas Ltd. eine Mehrheit von 85 % an Sea Launch übernommen hatte. Die Starts von der „Odyssey“-Plattform wurden im Laufe des Jahres 2011 wieder aufgenommen.

2016 wurde Sea Launch weiterverkauft an die russische S7 Group, Muttergesellschaft der S7 Airlines. Im nachfolgenden Jahr bestellte das Unternehmen 12 Raketen bei Juschmasch, kündigte den Vertrag jedoch 2019 wieder auf.[7] Stattdessen begann S7 Gespräche mit Roskosmos über einen Start von Sojus-5-Raketen von einer Sea-Launch-Plattform ab dem Jahr 2024.[8][9]

2020 wurden die Odyssey und die Sea Launch Commander von Long Beach in einen russischen Hafen bei Wladiwostok verlegt.[10]

Tochterfirma Land Launch

Die Tochterfirma „Land Launch“ brachte seit April 2008 mit einer dreistufigen Zenit-3SLB von Baikonur aus Satelliten in den GTO. Dafür wurde die Zenit-3SL leicht modifiziert und von der Zenit-2-Startanlage gestartet. Wegen des ungünstigeren Standortes des Kosmodroms Baikonur konnte die Rakete nur 3,6 t in den GTO befördern. Der Vorteil des Land Launches bestand jedoch darin, dass die Startkosten deutlich geringer als bei einem Start von See aus waren. Auch eine zweistufige Zenit-2SLB war geplant. Sie hätte bis zu 12 Tonnen zur ISS befördern können.

Ablauf eines Starts

Einige Wochen vor einem Start wurde die Rakete in einen Hangar auf der Startplattform geladen, danach fuhren sowohl das Schiff als auch die Startplattform zu einer Stelle im Pazifik, die bei ungefähr 154 Grad westlicher Länge in der Nähe von Kiritimati, etwa 2200 km südlich von Hawaii lag. Die Plattform war nicht verankert, sondern wurde durch ihren Antrieb an einer konstanten Position gehalten. Mithilfe von Satellitennavigation wurde versucht, eine definierte Position zu halten. Dies wurde durch schwer berechenbare Meeresströmungen erschwert.

Kurz vor einem geplanten Start wurden die Schwimmkörper der Plattform geflutet und damit die Plattform abgesenkt. Danach wurde die Rakete aufgerichtet und die Startmannschaft wechselte auf die Sea Launch Commander. Der Start selbst erfolgte ferngesteuert.

Zusätzlich zu der sich auf der Startplattform befindenden Rakete konnte die Sea Launch Commander weitere Raketen transportieren. Davon wurde jedoch kein Gebrauch gemacht, da die Startrate relativ niedrig war und so für beide Schiffe genug Zeit blieb, um in den Heimathafen zurückzukehren.

Startliste

Lfd. Nr.Datum, Uhrzeit UTCNutzlastMasseOrbitKommentar
0128. März 1999, 01:29Dummy-Nutzlast4,5 tGTOErfolg
0210. Oktober 1999, 03:28DIRECTV 1-R3,5 tGTOErfolg
0312. März 2000, 14:49ICO F-12,7 tGTOFehlstart
0428. Juli 2000, 22:42PAS 93,7 tGTOErfolg
0521. Oktober 2000, 05:52Thuraya-15,1 tGTOErfolg
0618. März 2001, 22:33XM-2 Rock4,7 tGTOErfolg
078. Mai 2001, 22:10XM-1 Roll4,7 tGTOErfolg
0815. Juni 2002, 22:39Galaxy IIIC4,9 tGTOErfolg
0910. Juni 2003, 13:56Thuraya-25,2 tGTOErfolg
108. August 2003, 03:31EchoStar IX/Telstar 134,7 tGTOErfolg
111. Oktober 2003, 04:03Galaxy XIII/Horizons-14,1 tGTOErfolg
1211. Januar 2004, 04:13Telstar 14/Estrela do Sul 14,7 tGTOErfolg
134. Mai 2004, 12:42DirecTV-7S5,5 tGTOErfolg
1429. Juni 2004, 03:58Telstar 184,8 tGTOTeilerfolg
151. März 2005, 03:51XM-3 Rhythm4,7 tGTOErfolg
1626. April 2005, 07:31Spaceway-16 tGTOErfolg
1723. Juni 2005, 14:03Intelsat Americas 85,5 tGTOErfolg
188. November 2005, 14:07Inmarsat 4-F25,96 tGTOErfolg
1915. Februar 2006, 23:35EchoStar X4,33 tGTOErfolg
2012. April 2006, 23:30JCSAT-94,4 tGTOErfolg
2118. Juni 2006, 07:50Galaxy 164,7 tGTOErfolg
2222. August 2006, 03:27Koreasat 54,55 tGTOErfolg
2330. Oktober 2006, 23:49XM-4 Blues5,2 tGTOErfolg
2430. Januar 2007, 23:22NSS-85,8 tGTOFehlstart
2515. Januar 2008, 11:49Thuraya 35,2 tGTOErfolg
2619. März 2008, 22:48DirecTV-115,9 tGTOErfolg
2721. Mai 2008, 09:43Galaxy 184,6 tGTOErfolg
2816. Juli 2008, 05:20EchoStar 115,5 tGTOErfolg
2924. September 2008, 19:28Galaxy 194,6 tGTOErfolg
3020. April 2009, 08:16SICRAL 1B3,0 tGTOErfolg
3124. September 2011, 20:18Atlantic Bird 74,6 tGTOErfolg
321. Juni 2012, 05:23Intelsat 195,6 tGTOErfolg
3319. August 2012, 06:55Intelsat 216,0 tGTOErfolg
343. Dezember 2012, 20:44Eutelsat 70B5,25 tGTOErfolg
351. Februar 2013, 06:56Intelsat 276,2 tGTOFehlstart
3626. Mai 2014, 21:10Eutelsat 3B5,97 tGTOErfolg

Weblinks

Commons: Sea Launch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ursache des Fehlstarts der Zenit-3SL – Versagen eines Triebwerkes. RIA novosti / Sputnik News, 13. März 2007 (deutsch)
  2. Sea Launch Assesses Status and Plans for Next Steps (Memento vom 20. März 2007 im Internet Archive), Pressemeldung vom 1. Februar 2007 (englisch)
  3. NSS-8 (Memento vom 7. Februar 2007 im Internet Archive) (englisch) – stark bebilderte Missionsseite bei Sea Launch, vom 3. Februar 2007
  4. Progress on the Sea Launch Investigation and Recovery (Memento vom 3. Mai 2007 im Internet Archive), Pressemeldung vom 3. April 2007 (englisch)
  5. Sea Launch files for Chapter 11. spacetoday.net, 24. Juni 2009 (englisch)
  6. Raketenvermarkter Sea Launch ist pleite. (Memento vom 1. August 2012 im Webarchiv archive.today) Financial Times Deutschland, 24. Juni 2009
  7. Источник: "Морской старт" планируют перебазировать из США на Дальний Восток. In: RIA Novosti. 16. April 2019, abgerufen am 16. April 2019 (russisch).
  8. Roscosmos, S7 in talks over relocating Sea Launch platform to Far East – Rogozin. Interfax, 23. Mai 2019, abgerufen am 24. Mai 2019.
  9. Roscosmos plans to resume missile launches from Sea launch. KXAN36, April 2020.
  10. Sea Launch “frozen” after ships moved to Russia. Spacenews, 24. April 2020.

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Beschreibung: SeaLaunch Kommandoschiff "Commander" im Hafen von Long Beach am April 17, 2004