Schwimmende Photovoltaik
Schwimmende Photovoltaik (englisch „floating photovoltaics“, „floatovoltaics“) bezeichnet den Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Wasserflächen, wobei die Solarmodule auf einer schwimmenden Unterkonstruktion oder auf Schwimmkörpern montiert werden. Die Technik wird in der Regel auf stehenden Gewässern wie (Stau-)seen eingesetzt, Prototypen existieren aber auch bereits für den Einsatz auf der Meeresoberfläche.
Vorteile und Marktakzeptanz schwimmender Photovoltaikanlagen
Der Markt für diese erneuerbare Energietechnologie ist seit 2016 rasant gewachsen. Die ersten 20 Anlagen mit einer Leistung von einigen Dutzend kWp wurden zwischen 2007 und 2013 gebaut. Die installierte Leistung erreichte 2020 immerhin drei GW, für 2025 werden zehn GW prognostiziert.
Für diese Entwicklung gibt es mehrere Gründe:
- Keine Landnutzung: Der Hauptvorteil schwimmender PV-Anlagen besteht darin, dass sie außer den begrenzten Flächen, die für Schaltschrank- und Netzanschlüsse erforderlich sind, keine Landfläche einnehmen. Ihr Preis ist vergleichbar mit landgestützten Anlagen, aber sie bieten eine gute Möglichkeit, den Flächenverbrauch zu vermeiden.
- Installation, Betrieb und Außerbetriebnahme: Schwimmende PV-Anlagen sind kompakter als landgestützte Anlagen und sie können dem Sonnenstand leicht nachgeführt werden.
- Sie brauchen keine festen Strukturen, wie Fundamente, sodass ihre Installation vollständig reversibel sein kann.
- Wassereinsparung und Wasserqualität: Die teilweise Abdeckung von Wasserflächen kann die Wasserverdunstung reduzieren. Dieser Effekt hängt von den Klimabedingungen und vom Anteil der bedeckten Fläche ab. In trockenen Klimazonen wie in Teilen Indiens oder Afrikas ist dies ein wichtiger Vorteil, da etwa 30 % der Verdunstung der bedeckten Oberfläche eingespart werden, und ist ein sehr nützliches Merkmal, wenn die Wasserflächen für Bewässerungszwecke verwendet werden. Der Albedo-Wert des Wassers liegt ähnlich hoch wie der der PV-Anlage. Dies bedeutet, dass es zu keiner zusätzlichen Erwärmung kommt.
- Die Kühlung der schwimmenden Struktur ist einfach. Die natürliche Kühlung entsteht durch die Verdunstungskälte des Wassers. Dadurch steigt der Wirkungsgrad der PV-Module.
- Besonders interessant sind solche Anlagen auf Stauseen mit einem Wasserkraftwerk, weil dort die Strominfrastruktur schon vorhanden ist. Hier kann die Wasserkraft auch als Nacht- oder Saisonspeicher der PV-Anlage dienen.
- Schwimmende PV-Anlagen könnten auch dem Frieden dienen. Wenn der Stausee in Äthiopien schnell mit solchen schwimmenden Photovoltaikanlagen ergänzt werden würde, könnten die Spannungen mit Ägypten abgebaut werden. Äthiopien hätte durch den PV-Strom schneller mehr Elektrizität und könnte dadurch den Zeitrahmen für das Aufstauen des Sees verlängern.[1]
Einsatzstandorte und -regionen
Deutschland
In Deutschland gibt es erst wenige schwimmende PV-Anlagen. Sie sind meist auf Baggerseen errichtet worden und dienen diesem Unternehmen zur anteiligen direkten Stromversorgung. In Leimersheim in Rheinland-Pfalz befand sich 2021 die leistungsfähigste Anlage in Deutschland.[2][3] Mit 750 kW Leistung lief 2020 das größte schwimmende Photovoltaik-Kraftwerk in Nordrhein-Westfalen (NRW) an. Es schwimmt auf einem Baggersee bei Weeze.[4] Die weiteren Planungen sind etwas ehrgeiziger. In der Lausitz soll zum Beispiel auf einem See, der nach dem Ende des Braunkohleabbaus entsteht, eine 21-MW-Anlage errichtet werden.[5][6]
Europa
Mit ihrer 17-MW-Spitzenleistung war die schwimmende Photovoltaik-Anlage im Örtchen Piolenc (Frankreich) für einige Zeit die größte FPV in Europa. Bei den beiden neuen Floating-PV-Anlagen handelt es sich um den 41,1-MW-Park Sellingen und den 29,8-MW-Park Uivermeertjes. Diese sind nun die beiden größten schwimmenden Photovoltaik-Anlagen in Europa. An dritter Stelle folgt der 27,4-MW-Floating-PV-Park von Baywa re in Bomhofsplas.[7] Portugal hat im Jahr 2022 insgesamt 183 MW an Leistung für schwimmende Anlagen auf Stauseen vergeben.[8] 2023 soll ein erstes Projekt mit schwimmenden Solaranlagen in der belgischen Nordsee verwirklicht werden.[9]
Asien
Die führende Rolle spielen asiatische Länder, vor allem China. Auch in vielen anderen Teilen Asiens ist die schwimmende Photovoltaik weit verbreitet. Die Kombination mit Wasserkraftwerken bietet zudem die Möglichkeit, die Energieproduktion konstant zu halten: Tagsüber liefert die Sonne die Energie, nachts das Wasser. Die Argumente finden in Asien breitflächig Gehör. Thailands Energiebehörde plant eine Reihe von schwimmenden Solaranlagen auf Stauseen mit einer Gesamtleistung von 2,7 Gigawatt. Auch in Vietnam und Laos entstehen Projekte mit mehreren hundert Megawatt. In Indien laufen derzeit Arbeiten an schwimmenden Anlagen mit einer Leistung von 600 Megawatt. Weitere vier Gigawatt sind in dem Land in Planung. Südkorea kündigte ein 2,1-Gigawatt-Projekt an.[10][11]
Viele Projekte sind in der Planungsphase, z. B. in Indonesien. Die Photovoltaikanlage auf dem Duriangkang-Stausee im Süden der Insel wird eine Leistung von 2,2 Gigawatt haben und sich über eine Fläche von rund 1.600 Hektar erstrecken.[12]
Im Januar 2022 hat Huaneng Power die größte schwimmende Photovoltaikanlage der Welt in Betrieb genommen. Die Anlage in Dezhou in der chinesischen Provinz Shandong gut 300 km südlich von Peking liegt auf einem Stausee und hat eine Leistung von 320 MW. Das Kraftwerk hat die größte einzelne Kapazität eines Photovoltaikkraftwerks an einem eigenen Standort auf einem Gewässer. In der Nähe erzeugt ein Windpark an Land 100 MW Leistung, dazu kommt ein 8-MWh-Energiespeicher. Pro Jahr sollen dort 550 Millionen kWh Strom erzeugt werden.[13]
Besondere Standorte
In der Schweiz gibt es einen schwimmenden Solarpark auf einem Stausee auf 1810 Metern Höhe. Hier muss die Anlage insbesondere mit dickem Eis fertig werden. In der Walliser Gemeinde Bourg-Saint-Pierre in den Schweizer Alpen findet man diese Anlage, die weltweit einzigartig ist.[14]
Energieeffizienz im Vergleich zur Wasserkraft im Verhältnis zur Wasserfläche
Meist wird die Ertragsfähigkeit der Photovoltaik im Verhältnis zur Wasserkraft unterschätzt. Im Regelfall kann auf 2 % der Wasserfläche die gleiche Menge an elektrischem Strom erzeugt werden, welche die Turbinen des Wasserkraftwerks in das Netz einspeisen. Dies lässt sich am Beispiel des Stausees am Nil, dem Nassersee, zeigen. Er hat eine Fläche von ca. 5.000 km² und speist etwa 10 Milliarden kWh Strom pro Jahr ein. Photovoltaikmodule auf einer Wasserfläche von 100 km² speisen ebenso mindestens 10 Mrd. kWh ein.
Wenn Portugal sich zum Ziel setzt, 20 % der Wasserfläche der Stauseen mit PV-Anlagen zu bedecken, ist dies bedeutsam für die Energiewende über Portugal hinaus.[15]
Potentialanalyse und rechtliche Einordnung
Wenn ein Prozent der Wasseroberfläche künstlicher Gewässer in Europa genutzt wird, ergibt sich ein Potenzial für schwimmende PV-Anlagen von 20.000 MWp. In Deutschland sind mittelfristig auch nicht dauerhaft geflutete Konversionsflächen in Betracht zu ziehen, zum Beispiel stillgelegte Tagebauflächen. Neben einer wasserrechtlichen Zulassung ist auch noch eine Genehmigung erforderlich, die Wasserfläche gegenüber dem Eigentümer nutzen zu dürfen, sofern man nicht selbst Eigentümer ist. Mit dem Eigentümer ist dann ein entsprechender Gestattungs-, Pacht- oder Leihvertrag abzuschließen. Idealerweise sollte dieser Vertrag mit einer Dienstbarkeit abgesichert werden. Weitere Nutzungsrechte Dritter am Gewässer sind zu bedenken, z. B. Fischereirechte oder Schifffahrtsrechte.[16]
Umweltauswirkungen
Erste Untersuchungen haben zu einem positiven Ergebnis geführt. Da die Technologie noch sehr jung ist, sind weitere begleitende Untersuchungen erforderlich.[17]
Kombination mit der schwimmenden Windkraft
Gerade auf dem Meer braucht es sehr stabile Strukturen, die die alleinige Nutzung der PV auf dem Meer unwirtschaftlich erscheinen lässt. Eine Kombination, unter anderem mit Windkraft, bietet sich an.[18]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Kein Wasser zu verschwenden, auf tagesschau.de
- ↑ Solaranlage in Leimersheim: Photovoltaik-Anlage auf Baggersee in betrieb – SWR Aktuell, abgerufen am 3. Februar 2022
- ↑ Schwimmende Photovoltaik: Rekordanlage in Leimersheim – natürlichZukunft, abgerufen am 3. Februar 2022
- ↑ Photovoltaik: größte schwimmende Anlage in NRW installiert, auf solarserver.de.
- ↑ Boom bei schwimmenden Solarkraftwerken, auf ingenieur.de
- ↑ Schwimmende Photovoltaik-Anlage auf Kiesweiher geplant, auf br.de.
- ↑ Schwimmende Photovoltaik: Baywa baut die größten europäischen Floating-PV-Anlagen, auf solarserver.de
- ↑ Schwimmende Solarmodule auf Portugals Stauseen. In: en-former.com. 20. Juli 2022, abgerufen am 25. Juli 2022.
- ↑ RWE und Solarduck forcieren Entwicklung von schwimmenden PV-Anlagen auf dem Meer. In: iwr.de. 20. Juli 2022, abgerufen am 25. Juli 2022.
- ↑ Largest Hydro-Floating Solar Farm Opens in Thailand, Uses 145000 Photovoltaic Cells, auf techeblog.com
- ↑ Mit schwimmenden Solarparks will Asien die Energiewende schaffen, auf handelsblatt.com
- ↑ Photovoltaik: größter schwimmender Solarpark entsteht in Indonesien, auf agrarheute.com
- ↑ Andreas Wilkens: Größtes schwimmendes Solarkraftwerk der Welt geht in China in Betrieb. In: Heise online. 10. Januar 2022. Abgerufen am 11. Januar 2022.
- ↑ Schweiz hat weltweit erste hochgelegene schwimmende Solaranlage, auf houseofswitzerland.org
- ↑ Solarfloß im Alqueva, auf entdecken-sie-algarve.com
- ↑ Floating Photovoltaik – Schwimmende PV-Anlagen als neuer Trend? von Rödl & Partner.
- ↑ Keine Umweltschäden durch schwimmende Solaranlagen, auf erneuerbareenergien.de
- ↑ Saipem Looks to the Future of All Floating Power Generation with Equinor – Video, auf heavyliftnews.com
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Nido sotto un pannello di un impianto fotovoltaico flottante
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Dieses Bild zeigt das Schutzgebiet in der World Database on Protected Areas (WDPA) mit der Nummer
This “floatovoltaics” project was executed by seniors at the University of Central Florida for their capstone project. The array conserves land and is an example of many ways the UCF encourages the use or renewables throughout campus.
Autor/Urheber: Raniero francesetti, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Colignola - Italia. Impianto flottante con tracking, cooling e riflettori. Impianto flottante con inseguitore solare, sistema di raffreddamento e specchi riflettori per concentrare le radiazioni solari incidenti.