Schwibbogen (Architektur)
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Der Schwibbogen (auch Schwiebbogen, Schwebebogen) ist im Allgemeinen ein nicht tragender stützenloser, horizontal gespannter Bogen zwischen zwei Gebäuden oder Bauteilen zur Übertragung des Horizontalschubs[1], oder allgemeiner ein Bogen, der sich baustatisch zwischen zwei Wände oder Pfeiler spreizt.
Geschichte
In der Antike sowie im frühen und hohen Mittelalter waren Schwibbögen weitestgehend unbekannt. Antike Ansätze hierzu sind die zur Stabilisierung zwischen die dominierenden vertikalen Pfeiler des Aquädukts von Merida gespannten Bögen, die hunderte Jahre später wohl auch die Gestaltung der Bögen in der Mezquita von Córdoba beeinflusst haben. Als hochmittelalterliche Ausnahmen können die – allerdings schrägen – gotischen Strebebögen an Kathedralen und anderen größeren Kirchen gelten. Schwibbögen im Innern von Kirchen oder Sälen sowie über Gassen finden sich erst ab dem Spätmittelalter.
Schwibbögen über Gassen
Häufig finden sich maximal etwa 6 m breite Schwibbögen in den engen Gassen mittelalterlicher Städte. Sie können als Rund- oder Spitzbögen ausgeführt sein; häufiger sind jedoch Segmentbögen. Die Bögen sind in der Regel so geformt, dass sich oben ein horizontaler Abschluss ergibt, auf dem Dachziegel zur Wasserableitung angebracht werden können. Ihre Funktion ist in der Regel die baustatische Abstützung (Abspreizung) gegen sich neigenden Mauern. Derartige Schwibbögen haben in der Regel keine seitlichen Stützelemente wie Halbsäulen oder Pilaster. Die in der Achse meist horizontal ausgeführten Bögen sind so übermauert, dass sich oben gerade – meist gedeckte – Abschlüsse ergeben. Größere Schwibbögen wurden manchmal auch zu begehbaren Verbindungsbrücken zwischen den Obergeschossen der abgestützten Häuser ausgebaut.
- Schwibbögen über Gassen
- Görlitz, Schwarze Gasse
- Graz, Davidgasse
- Gmünd in Kärnten, Hintere Gasse
- Bozner Waaghaus (16. Jahrhundert)
Schwibbögen als Scherenbögen
Eine baukonstruktive und sehr seltene Variante des Schwibbogens ist der Scherenbogen in der gotischen Architektur. Ihre Bezeichnung rührt von der markanten scherenartigen Gestalt und ergibt sich aus der Kombination von zwei gegenläufigen Gewölbebögen. Die bekanntesten vier Scherenbögen befinden sich in der Kathedrale von Wells, die in den Jahren 1338–1348 zur statischen Stabilisierung der gut hundert Jahre älteren Vierung errichtet wurden, als sich dort die Pfeilerfundamente senkten.[2]
- Schwibbogen als Scherenbogen über einer Gasse in Venedig
- Scherenbogen in der Vierung der Kathedrale von Wells
Schwibbögen in Sälen und Kirchen
Schwibbögen können auch die baustatische Funktion von Unterzügen für weitgespannte Holzbalkendecken übernehmen, wodurch seit dem Spätmittelalter große Räume und Säle ermöglicht werden.
- Saal der ehemaligen Börse (lonja), Uncastillo, Aragón
- Oberer Kreuzgang im Kloster San Juan de los Reyes, Toledo
Sonstige
In Kirchen ist die begriffliche Unterscheidung solcher Schwibbögen zu den romanischen Scheidbogen – insbesondere zur Betonung und statischen Sicherung der Vierung – fließend. Diese Bögen sitzen allerdings in der Regel auf Pfeilervorlagen.
In der auvergnatischen Romanik wird der innere Vierungsbereich von Kirchen im sogenannten Massif barlong durch Schwibbögen getragen und betont (Stiftskirche Notre-Dame du Port in Clermont-Ferrand, Prioratskirche Saint-Nectaire (Puy-de-Dôme)), wobei die karolingische Kirche von Germigny-des-Prés (806) als Vorbild gedient haben könnte.
- Vierungsscheidbogen einer flachgedeckten Kirche (Klosterkirche Alpirsbach, 12. Jahrhundert)
- Vierungsscheidbögen Münster Schwarzach (13. Jahrhundert)
Siehe auch
Literatur
- Günther Binding: Schwibbogen. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. VII, Lexma Verlag, München 1995, ISBN 3-7608-8907-7, Sp. 647.
- Hans Erich Kubach: Schwibbogen und Dienst im romanischen Kirchenbau. In: Festschrift für Wilhelm Messerer zum sechzigsten Geburtstag. Hrsg. Klaus Ertz. DuMont, Köln 1980, ISBN 978-3-7701-1303-3, S. 107–119.
- Oscar Mothes: Illustrirtes Bau-Lexikon. Band 3. Spamer, Leipzig 1868, S. 289 f. (Online-Version, abgerufen am 17. Dezember 2014). – Mothes stellt eine begrifflich-historische Verbindung der Schwibbögen zu Strebebögen her, die sich in der Literatur nicht durchgesetzt hat.
- Oskar Pfeiffer, Helga Zoglman: Kunstlexikon. P.W. Hartmann, Sersheim 1997, ISBN 3-9500612-0-7 (Online-Version, abgerufen am 17. Dezember 2014).
- Carlheinz Pfitzner: Studien zur Verwendung des Schwibbogens in frühmittelalterlicher und romanischer Baukunst. Düren 1933.
- K. Thieme, R. Sommer, S. Wolfe: Das große Buch der Stile. Band 5: „Die Romanik“. Reinhard Welz Vermittler Verlag e.K., Mannheim 2005, ISBN 3-938622-53-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 31. Dezember 2023), S. 424.
- ↑ Wells Cathedral Somerset, the scissor arches seen from the south transept. In: ribapix.com (RIBApix). Abgerufen am 31. Dezember 2023.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Johann Jaritz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Wohnhaus und Schmiede in der Hintere Gasse 28, Stadtgemeinde Gmünd, Bezirk Spittal an der Drau, Kärnten, Österreich, Europäische Union
Autor/Urheber: Rendor Thuces Al'Nachkar, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Scherenbogen bzw. Schwibbogen, Venedig, 2013
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Artesonado del segundo piso del claustro de San Juan de los Reyes
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Lonja (S.XIII). Sede de la Fundación Uncastillo y sala de exposiciones
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Church in Cordoba, Spain (inside)
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Aqueduc qui transportait l'eau depuis le barrage de Proserpina situé à 5 kms de Merida.
Autor/Urheber: Jorge Láscar from Australia, Lizenz: CC BY 2.0
The Palace of the Grand Master of the Knights of Rhodes is a medieval castle in the city of Rhodes, on the island of Rhodes in Greece. The site was previously a citadel of the Knights Hospitaller that functioned as a palace, headquarters and fortress.
Overview
The palace was built in the early 14th century by the Knights of Rhodes, who controlled Rhodes and some other Greek islands from 1309 to 1522, to house the Grand Master of the Order. After the island was captured by the Ottoman Empire, the palace was used as a command center and fortress.
Some parts of the palace were damaged by an ammunition explosion in 1856. When the Kingdom of Italy occupied Rhodes in 1912, the Italians made the palace a holiday residence for the King of Italy, Victor Emmanuel III, and later for Fascist dictator Benito Mussolini, whose name can still be seen on a large plaque near the entrance.
On 10 February 1947, the Treaty of Peace with Italy, one of the Paris Peace Treaties, determined that the recently-established Italian Republic would transfer the Dodecanese Islands to Greece. In 1948, Rhodes and the rest of the Dodecanese were transferred as previously agreed. The palace was then converted to a museum, and is today visited by the millions of tourists that come to Rhodes.
In 1988, when Greece held the rotating presidency of the European Economic Community (as the European Union was known back then), Greek Prime Minister Andreas Papandreou and the other leaders of the EEC had a famous party in the Palace. [Wikipedia.org]Autor/Urheber: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Schwarze Straße in Görlitz
Interior of Wells Cathedral, Somerset, England. In 1338, to strengthen the cathedral, low arches topped by inverted arches of similar dimensions were inserted, forming scissors-like structures. These “scissor” arches brace the piers of the crossing on three sides, while the easternmost side is braced by a choir screen.
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Blick zum Chor des Münsters Schwarzach.
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Fleischmarkt, Vienna, Wien, Vienna, und Griechengasse
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Schwibbögen in Laufen a. d. Salzach
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Davidgasse, Mittelalterliche Gassenanlage
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Die Golden Gate Bridge in San Francisco, Kalifornien, von der Battery East aus gesehen.
View into the Engelsgrube in the old town of Lübeck, 1876
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Alpirsbach im Landkreis Freudenstadt