Schweizer Truppen in lothringischen Diensten
Schweizer Truppen in lothringischen Diensten waren während knapp zwei Jahrhunderten als Leibgarde, mehrmals aufgelöst und immer wieder neu errichtet, für den persönlichen Schutz der Herzoge und ihrer Familie verantwortlich und folgten deren Aufstieg von Lothringen über das Grossherzogtum Toskana an den kaiserlichen Hof in Wien.
Herzog Karl III. von Lothringen rekrutierte 1581 in den katholischen Schweizer Kantonen zu seinem persönlichen Schutz vierzig Söldner für seine Schweizer Garde. Fünf Generationen später, nachdem Herzog Franz III. Stephan für seine Heirat 1736 mit Maria Theresia von Österreich auf das Herzogtum Lothringen und Bar verzichtet hatte und mit dem Grossherzogtum Toskana entschädigt worden war, zog diese Leibgarde 1737 mit ihm von Nancy nach Florenz. Sie begleitete Franz Stephan 1745 auch nach Frankfurt a/M zu seiner Krönung als Franz I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, und nach Wien. Dort versah sie den Wachtdienst in der Hofburg, bis sie 1767 durch den Sohn und Nachfolger des Kaisers, Joseph II., aufgelöst wurde.
Schweizer Truppen in fremden Diensten hiess der von Behörden der Schweizer Eidgenossenschaft mit Staatsverträgen geregelte Solddienst von geführten, ganzen Truppenkörpern im Ausland. Diese Verträge enthielten ein Kapitel, das die militärischen Angelegenheiten regelte: die sogenannte Kapitulation (oder Privatkapitulation, wenn einer der Vertragspartner ein privater Militärunternehmer war).
Die Gründung 1581 während der französischen Religionskriege
Der katholische König Frankreichs, Heinrich II., besetzte 1552 das Herzogtum Lothringen und die Grenzbistümer Toul, Verdun, Metz und Cambrai. Er unterstützte damit zeitweise den Aufstand der protestantischen deutschen Fürsten gegen den katholischen Habsburger Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation.
Er nahm dabei den 9-jährigen Herzog Karl III. als Geisel und brachte ihn nach Paris an den Königshof. Karl war bereits 1545 im Alter von erst zwei(!) Jahren Nachfolger seines früh verstorbenen Vaters Franz I. zum Herzog von Lothringen und Mercoeur ernannt, wegen seiner Minderjährigkeit jedoch von seiner Mutter, Christina von Dänemark, in Regentschaft vertreten worden.
Sieben Jahre später, 1559, wurde der mit 16 Jahren nun volljährige Karl, nachdem er die 11-jährige Tochter von König Heinrich II., Claudia von Valois (körperlich durch Buckel und Klumpfuss behindert) geheiratet hatte, wieder als Herrscher über das Herzogtum Lothringen eingesetzt. Renward Cysat, der Luzerner Stadtschreiber, berichtet[1], dass er bereits damals über eine Leibgarde von Schweizer Söldnern verfügt habe, deren Hauptmann, der Luzerner Hans Jakob Göldlin, allerdings bereits 1565 gestorben sei.
Karl III. hielt sich lange, obwohl streng katholisch erzogen, in den französischen Religionskriegen neutral zurück. Er versuchte hingegen mehrmals, wie das schon seine Vorgänger in und nach den Burgunderkriegen getan hatten, als Bittsteller mit den Eidgenossen ein Bündnis zu schliessen, was regelmässig, letztmals 1583, von der Tagsatzung abgelehnt wurde. Der Einfluss Frankreichs und das Wirken seines Botschafters in der Schweiz waren ein zu grosses Hindernis.
1581 hatte der Herzog als Bittsteller Melchior von Rynach, Herr zu Bellemont und Montquentin, einen Nachfahren eines in den Sundgau emigrierten Schweizer Rittergeschlechts, nach Luzern, an den Vorort der katholischen Orte, vorgeschickt. Seine Anfrage für 40 Mann als Schweizer Garde nach dem Vorbild der französischen Hundertschweizer zum Schutze des Herzogs und dessen Familie hatte hingegen rasch das Einverständnis einer Mehrheit der katholischen Tagsatzungsabgeordneten (und sogar Frankreichs König!) gefunden.
Bezeichnung, Einsatzdauer | (1) Schweizer Garde[1] 1581–1638, 1641–1654, 1699–1767 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Jahr, Vertragspartner | 1581: Vertrag von Karl III., Herzog von Lothringen und Bar, mit den katholischen Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Freiburg. Luzern als Vorort der katholischen Orte führte die Verhandlungen, deren Ergebnis in einer Ordonnanz (= Dienstreglement) festgehalten wurde. Die Ordonnanz verlangte u. a.[2]
Was einiges über den damaligen Ruf der Schweizer Söldner aussagt! 1641 bewilligten die 6 katholischen Orte Karl IV., Herzog von Lothringen und Bar, die Wiedererrichtung der Garde ohne eine neue Vereinbarung abzuschliessen. 1699: Kapitulation von Leopold, Herzog von Lothringen und Bar, mit den katholischen Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Freiburg. Luzern führte die langwierigen Verhandlungen. Der Vertrag wurde 1721 von Herzog Leopold und 1760 von Kaiser Franz I. Stephan erneuert. Sie enthielt die Klausel, dass der Kommandant auch ein Nichtschweizer sein konnte, was die eigene Gerichtsbarkeit der Truppe, durch Schweizer Offiziere nach Luzerner Recht ausgeübt, komplizierte. Die ausgehandelten Bedingungen für die Ernennungen, den Marketender, den deutschen Beichtvater, den Sold und die Ausrüstung, die Krankenpflege und die Quartiere, davon vier für verheiratete Gardisten, fielen zur Zufriedenheit der Eidgenossen aus. Aber die Zusicherung des Herzogs, für je zwei Gardisten ein Bett zur Verfügung zu stellen, hätte sie eigentlich misstrauisch stimmen sollen! Die Kapitulation wurde noch mit einer Ordonnanz von 36 Artikeln (Verhaltenskodex) und einer Partikular-Instruktion für den Leutnant (im Wesentlichen Anweisungen für die Berichterstattung an die Behörden in Luzern und für die Beziehungspflege vor Ort mit dem verantwortlichen Oberst) ergänzt. Bei der ersten Erneuerung wurden die Privilegien bezüglich Zölle, Konsumabgaben und Fleischversorgung der Garde, der Witwen und aller Truppenangehörigen mit mehr als 12 Dienstjahren verbessert sowie die Quartiere für verheiratete Gardisten von vier auf sechs erhöht. 1760 wurden die Bezüge der Teuerung angepasst und eine rote Uniform eingeführt. Deren Retablierungsfrist wurde von zwei auf drei Jahre verlängert, aber zu ihrer Schonung jährlich ein neuer grauer Überrock abgegeben. 1764 hob Kaiser Franz I. Stephan für seinen Sohn Joseph II. zusätzlich eine kurzlebige neue Schweizergarde aus, geführt von Gardeleutnant Xaver Emanuel Pfyffer von Altishofen. Sie wurde 1765 bereits wieder mit der Schweizergarde verschmolzen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Bestand, Formation | Bei der ersten Aufstellung 1591 bestand die Kompanie aus 40 Mann. 1634, während des Dreissigjährigen Krieges (1618–1648), war der Bestand auf 32 Mann abgesunken, stieg bis 1636 wieder auf 60 Mann an und wies, nach der ersten Auflösung 1638 und Wiedererrichtung 1641, drei Jahre später, 1644, nur noch 18 Mann aus. 1654 wurde sie zum zweiten Mal aufgelöst. Eine Anfrage von 1667 von Herzog Karl IV. für die Wiedererrichtung der Garde mit 3 Offizieren und 64 Mann an die katholischen Kantone scheiterte an der fehlenden Einigung über die ausstehenden Ansprüche der vorherigen und den finanziellen Anforderungen für die neue Garde. Erst 1698 gelang Herzog Leopold die erneute Werbung einer Schweizergarde mit 1 Offizier, 2 Unteroffizieren und 63 Mann. Sie wurde 1716 auf 1 Hauptmann, 2 Leutnants und 1 Fähnrich erhöht, 1721 mit erneuerter Kapitulation auf 100 Mann ausgebaut, 1749 mit 20 Mann und 1755 mit 10 Mann sowie 1760 mit 10 Mann und 1 Korporal verstärkt. 1764 war mit den gleichzeitig nebeneinander existierenden Schweizergarden von Kaiser Franz I. Stephan und des Kronprinzen Joseph II. der Höchstbestand der (habsburgisch-, toskanisch-) lothringischen Schweizergarde erreicht. 1767, kurz danach, wurde die 1765 aus beiden wieder vereinigte Schweizergarde in Wien endgültig aufgelöst. Der Mannschaftsbestand der Schweizer Garde veränderte sich im Verlaufe der Zeit wie folgt:
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Besitzer, Kommandant, Namensgeber | Der Rat von Luzern setzte alle Hebel in Bewegung, die lukrative Stellung des Gardekommandanten selber und zwar an einen Offizier der einheimischen Führungsschicht vergeben zu können, was ihm mit wenigen Ausnahmen und wechselndem finanziellem Erfolg meist gelang. Allerdings nicht auf Anhieb: 1581–1596: Hauptmann Girard von Rynach. Ein Elsässer Adliger aus einer ursprünglich aus dem Aargau eingewanderten Ritterfamilie wurde als erster Kommandant eingesetzt. Wenigstens war mit Philipp Jakob von Wartensee als Leutnant ein Schweizer sein Stellvertreter. 1596–1630: Oberst Rudolf Pfyffer (Kleinrat in Luzern). Oberst Rudolf Pfyffer[3] war nur zeitweise in Nancy anwesend und sein kränklicher Stellvertreter, der jüngere Dr. Rudolf Pfyffer, hielt sich abwechslungsweise in Kreuzheim, Ruffach oder Kaisersberg auf. Die Garde wurde de facto vom intriganten Leutnant Michael Pfyffer, in Ermangelung einer klaren Kompetenzordnung, ziemlich eigenmächtig geführt. Oberst Pfyffer verfügte zwar 1627 die Kommandoübertragung von Leutnant Pfyffer auf Leutnant Golder und Ritter Jost Bircher als seinen eigenen Nachfolger, um das Ganze aber gleich wieder zu annullieren und das Kommando selber wieder zu übernehmen. Eine nachfolgende Untersuchungskommission aus Luzern lief ins Leere. Oberst Pfyffer hatte die Leutnantsstelle und sein Stellvertreter Dr. Pfyffer die Hauptmannstelle (für Franken 12'000.-) an Baron Antoine du Châtelet (aus der Linie de Trichâteau-Bonney) verkauft! 1630–1634: Oberst Antoine von Châtelet und Cirey. Die Ernennung eines Nichtschweizers als Gardekommandant stiess in Luzern auf Widerstand. Herzog Karl jedoch war mit dem kriegstüchtigen Offizier einverstanden, da jetzt zum bisherigen Gardedienst auch der Kriegsdienst kommen solle. Um die Rekrutierung in der Schweiz sicherzustellen, beantragte Châtelet in Luzern einen Gardestatthalter. Der Rat setzte daraufhin für diese Aufgabe ein: 1630 Ratsherr Johann Leopold Peyer, 1636 Leutnant Johann Leopold Peyer im Hof. 1634–1638: Leutnant Johann Leopold Peyer im Hof. 1635 berichtete Peyer nach Luzern, dass er seit 2 Jahren Kommandant der Garde von 60 Mann sei. 1638–1641: die Schweizer Garde der Herzöge von Lothringen war während 3 Jahren aufgelöst. 1641–1654: Leutnant Niklaus an der Allmend kommandierte die Schweizer Garde nach der alten Ordonnanz von 1591. 1654–1698: die Schweizer Garde der Herzöge von Lothringen war für 44 Jahre aufgelöst. 1699–1727: Hauptmann Hans Kaspar an der Allmend. Mit der Kapitulation von 1699 erhielt der Kommandant der Garde am herzöglichen, grossherzoglichen bzw. kaiserlichen Hof einen Adligen als Ansprechperson, meist ein kriegserfahrener lothringischer Oberst: 1699–1701 Graf de Salins in Nancy, 1701–1707 Baron de Chauviray, 1707–1745 Baron Ferdinand Lunati-Visconti, 1745–1756 Graf Kaspar Fernandez von Cordua und Alajon, 1757–1767 Graf Anton von Colloredo. 1727–1753: Hauptmann Alphons Franz Pfyffer von Altishofen. 1753–1767: Oberleutnant Fridolin Leonz Hartmann. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Herkunft Kader, Truppe | Nominell aus den katholischen Kantonen der Schweiz mit Schwergewicht in Luzern, die Offiziere beinahe immer aus (der Stadt) Luzern. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Einsatz, Ereignisse | Die Schweizer Garde war eine Leibgarde für den Wachtdienst zum persönlichen Schutz und die Sicherheit ihrer Dienstherren. Das waren nacheinander die Herzöge von Lothringen und Bar, der Grossherzog von Lothringen-Toskana und die Familie von Franz I. Stephan von Habsburg-Lothringen, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Diesen Auftrag erfüllte sie an folgenden Standorten: 1591–1634: Nancy, 1634 Besançon: Herzogin Nicole, Karls IV. in Nancy verbliebene Frau, löste 1634 die noch aus 32 Mann (aus den Kantonen Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und von Delsberg) bestehende Garde in Nancy auf. Unter der Führung von Châtelet marschierte die Kompanie nach Besançon zu Herzog Karl, der sie sogleich wieder einstellte. Sie begleitete ihn, chronisch nicht bezahlt und unterversorgt, auf seinen Umherzügen. 1635–1638: Tübingen: Der kurbayrische Kommandant von Tübingen verweigerte der Garde schliesslich sogar die Verpflegungsversorgung. Der Rat von Luzern erlaubte Leutnant Peyer daraufhin den Ab- und Heimzug der Garde. 1638–1641: die Schweizer Garde der Herzöge von Lothringen war während 3 Jahren aufgelöst. 1641–1643: Worms, 1644: Frankfurt a/M und Köln: Nach der Wiedererrichtung der Garde war ihr Kommandant, Leutnant an der Allmend, anfangs optimistisch und meldete 1643 nach Luzern:
Aber dann wurde Karl vom Papst wegen Bigamie in Bann gesetzt und halbierte den Sold, der jedoch ständig ausblieb. Nur ein Jahr später beklagte sich an der Allmend bereits, dass er seit 3½ Jahren die Garde aus eigenen Mitteln erhalten und dabei sein ganzes Vermögen aufgebraucht habe. Die Garde litt unter Hunger, den schlechten Umständen, wurde sogar zu Kampfeinsätzen befohlen und schrumpfte bis auf 18 Mann, hielt aber trotzdem aus. 1645–1648: Köln, 1649: Cambrai, 1650: Antwerpen, Brüssel, 1651–1654: Limburg: Herzog Karl wurde 1654 bei einem Rapport am spanischen Hof in Brüssel festgesetzt, nach Toledo in Gefangenschaft gebracht und die Schweizer Garde von seinem Bruder, Herzog Nikolaus Franz, entlassen. 1654–1698: die Schweizer Garde der Herzöge von Lothringen war für 44 Jahre aufgelöst. 1699–1703: Nancy: Nach der Neugründung traf die Schweizer Garde in Nancy auf trostlose Verhältnisse. Nicht einmal Herzog Leopold verfügte anfänglich über eine Wohnung. Er quartierte die Garde bei Privaten ein und wandelte die freie Unterkunft in eine Soldzulage um, die dann aber regelmässig ausblieb. Die einzige Aufgabe der Garde war es, den Herzog und die Herzogin auf dem Gang zur Kirche zu begleiten! Bereits 1705 war mit 15 Frauen die vereinbarte Zahl von 4 verheirateten Gardisten überschritten und der Gardist Jost Vonesch aus Ettiswil bekam sogar Schwierigkeiten, weil er eine Bürgerin von Lunéville geheiratet hatte. 1703–1737: Lunéville, 1737–1738: Brüssel, Mons, Ostende, Dunes, Plymouth, Livorno: Nach einer längeren Periode in Lunéville wurde die Garde, mit unvermeidlichen Diskussionen über die Reisespesen, von Grossherzog Franz II. Stephan nach Florenz beordert und verschob sich etappenweise zur Einschiffung nach Ostende. Die Überfahrt nach Livorno wurde beinahe zur Katastrophe: als nach fünf Wochen Wartezeit die Winde günstig schienen, stach die Jungfrau Maria in See, wurde aber nach England abgetrieben und kenterte beinahe. Als sie auf der Reede von Dunes ankern konnte, wurde sie vom Sturm losgerissen und konnte sich mit knapper Not nach Plymouth retten. Nachdem sie endlich weitersegelte, kam wieder Sturm auf und trieb sie 300 km zurück in den Ärmelkanal. Zwei Männer mussten das Steuer halten, vier Männer waren permanent am Wasserpumpen, Alle waren seekrank, der Gardekaplan verteilte die letzten Sakramente und es wurden täglich 1'100 Rosenkränze gebetet und 3 Messen gelesen. Nach endlich ruhigerer See tauchte westlich von Portugal ein Piratenschiff auf, das aber abdrehte, als sich die Gardisten in ihren gelbroten Uniformen und geladenen Waffen entschlossen auf Deck aufstellten. Es folgten Windstille und grosse Hitze und sechs Wochen nach der Abfahrt in Plymouth, nach der Einfahrt ins Mittelmeer, nochmals Gegenwind und Sturm, bis nach zwei Monaten die glückliche Landung in Livorno, heil und ohne Verluste, mit einem grossen Te Deum gefeiert werden konnte. 1738–1745: Florenz: Für die Garde folgten in Florenz nun ruhige Zeiten. Schon bald brachen aber Streitereien zur Soldhöhe und zum Geldwert aus. 1745–1767: Wien: Diese Diskussionen hielten auch an, als die Garde, nachdem sie Franz Stephan zur Kaiserkrönung in Frankfurt begleitet hatte und, nach Wien verschoben, in der Hofburg den Wachtdienst übernahm und daneben vor allem bei Paraden auftrat. Die Soldaten waren 1745–1748 in angemieteten Räumen (1, Freyung 1, Strauchgasse 2, damals im Besitz der Grafen Kaunitz, heutiger Palais Hardegg) untergebracht, ab 1748 im Hofstallgebäude des Schloss Schönbrunn. 1760 scheint, nach einigen Quellen, die Schweizer Garde bei Kotzemitz und am Weissen Berg bei Prag im Kriegseinsatz gewesen zu sein, und 1764 begleitete ein grösseres Detachement den Kronprinzen Joseph zu seiner Königskrönung nach Frankfurt. Die selbstherrliche Haltung gewisser Ratsherren in Luzern erzeugte jedoch beim Dienstherrn mehr und mehr eine Missstimmung. Nachdem Kaiser Franz I. Stephan 1765 gestorben war, wurde die Garde zuerst nur noch provisorisch, dann gar nicht mehr vereidigt, Abgänge wurden nicht mehr ersetzt. Ein Erneuerungsvorschlag Luzerns für die Kapitulation, mit die Lage verkennenden Forderungen, erlitt nach langwierigen Verhandlungen Schiffbruch: der junge Kaiser Joseph II. löste die Schweizer Garde 1767 schliesslich auf. 1767: die Schweizer Garde der Herzöge von Lothringen war endgültig aufgelöst. Kaiserin Maria Theresia bemühte sich um die Entlassenen: Die vier Offiziere erhielten Pensionen oder Überbrückungsrenten bis zu einer neuen Anstellung. Den 167 Truppenangehörigen wurden die Weiterbeschäftigung oder Abgangsentschädigungen angeboten. Selbst die Hinterbliebenen wurden entschädigt. Nachdem sie ihre finanziellen Angelegenheiten unter Mithilfe von Hauptmann Hartmann geregelt hatten, führte dieser knapp 40 Gardisten, wie von Luzern verlangt(!) mit wehender Gardefahne und klingendem Spiel (unterwegs eingerollt und ohne musikalische Begleitung), auf dem Marsch von Wien nach Hause. Sie wurden auf eidgenössischem Territorium von den durchquerten Orten in allen Ehren empfangen und begleitet. Vom Rest der Garde waren zwei Mann gestorben und 15 in Wien (mit Bewilligung von Luzern, das eigentlich strikte eine nichtmilitärische Weiterbeschäftigung – mit Ausnahme der Offiziere – als Bedingung formuliert hatte) in das kaiserliche Leibregiment eingetreten. Zwölf Gardisten hatten in Innsbruck, 17 in Prag, 24 im Schloss Hof, 52 in Hollitsch (Slowakei) sowie 14 in Wien, Schönbrunn, Laxenburg und Eckartsau als Schlosswachen und sogenannte Pfortenschweizer in kaiserlichen Liegenschaften eine Anstellung gefunden. Nach dem Tod von Maria Theresia 1780 wurden die Leistungen in der Schweiz nach unten angepasst oder gestrichen, was noch einmal finanzielle Nachwehen verursachte. |
Das Herzogtum Lothringen, französischer „Spielball“ zwischen allen Fronten bis 1736
1584 schloss sich Herzog Karl III. aber dann doch der katholischen Liga des Henri de Guise an, die den Sturz seines Schwagers Heinrich III. anstrebte. Dieser, der letzte französische König des Hauses Valois und kinderlos, wurde 1589 von einem fanatisierten jungen Dominikaner ermordet. Deutsche protestantische Söldner verwüsteten daraufhin, auf dem Weg zu den Truppen seines Nachfolgers und ersten Bourbonen, Heinrich IV., das Herzogtum Lothringen.
Was das Herzogtum Lothringen und Bar zwischen die Fronten der religiösen Kämpfe der Zeit und der Auseinandersetzungen Frankreichs mit Habsburg gerieten liess, war nicht nur des Herzogtums geografische Lage, die es zur Durchmarschregion werden liess oder seine bescheidene Grösse, die den mächtigen Ländern der Zeit wenig Respekt einzuflössen vermochte. Auch die internen Querelen und der wiederholte aussenpolitische Kurswechsel einiger seiner Herzöge trugen wesentlich das Ihre dazu bei.
1608, nach dem Tode des Herzogs Karl III., trat sein ältester Sohn Heinrich II. die Nachfolge an als Herzog von Lothringen und Bar. Obgleich ein fundamentalistischer Katholik, hatte er 1599 die überzeugte Calvinistin Catherine de Bourbon geheiratet – aus Gründen der Staatsraison. Der päpstliche Dispens liess lange auf sich warten und die unglückliche, kinderlose Ehe endete bereits nach 5 Jahren mit Catherines Tod.
Seine zweite Frau Margarita Gonzaga gebar ihm keinen Sohn, aber vier Töchter. Zwei davon verheiratete er mit den Söhnen seines jüngeren Bruders Franz II.: Nicole mit dem späteren Herzog Karl IV. und Claudia mit dessen jüngerem Bruder Nikolaus II. Franz.
Heinrich II. versuchte sich aus dem Dreissigjährigen Krieg herauszuhalten. Zur Sicherheit vor den fremden Truppendurchzügen verstärkte er mehrere seiner Festungen und ruinierte dadurch beinahe die lothringischen Staatsfinanzen.
Die Schweizer Garde verbrachte bei ihm eine relativ ruhige Zeit in Nancy.
Das änderte sich, als nach seinem Tod 1624 nicht, wie von ihm vorgesehen, seine Tochter Nicole seine Nachfolge übernahm, sondern die lothringischen Generalstände 1625 seinen jüngeren Bruder Franz II. als Herzog von Lothringen und Bar einsetzten. Dieser aber trat bereits fünf Tage darauf, nach der Begleichung seiner Schulden auf Staatskosten, zu Gunsten seines Sohnes Karl IV. zurück.
Herzog Karl IV., ein unsteter, kriegerischer Charakter, von manchen auch als Alptraum Richelieus bezeichnet, hielt sich nur selten in Lothringen auf und wechselte öfters die Seite. Obschon er im letzten Moment die Herzogswürde an seinen politisch unbelasteten Bruder Nikolaus II. Franz abgetreten hatte, führte seine Parteinahme für die antifranzösischen Kräfte 1634 zur Eroberung Lothringens durch Frankreichs Truppen. Der französische König regierte von da an bis ans Ende des 17. Jahrhunderts das Herzogtum mehr oder weniger offen in eigener Vollmacht oder zeitweise über eingesetzte Herzöge.
Die Schweizer Garde führte unter Karl IV. ein unstetes Leben. Ihr Dienst war geprägt durch häufige Standortwechsel, ausbleibende Entlöhnung, mangelhafte Ernährung, fehlende Versorgung und sogar gelegentliche Kampfeinsätze. Sie erfüllte ihren Auftrag lange getreulich, trotz stark schwankendem Bestand. Kurzzeitig war sie dann nicht mehr existent und wurde nach einem neuen Aufbau 1658 schliesslich aufgelöst.
Karl IV. wurde von Frankreich noch zwei Mal als Herzog über Lothringen eingesetzt. Unterbrochen wurde seine Regierungs- und militärische Führungszeit durch die Zeit seiner Gefangenschaft in Toledo (insgesamt fünf Jahre).
1664 wies der Rat in Luzern seinen Antrag zur Aushebung eines Regiments von 1'000 Mann ab, trotz des Versprechens des Herzogs, erst mal die Hälfte davon zu rekrutieren, die Truppe weder gegen Frankreich noch Spanien einzusetzen und Luzern das Rückrufsrecht im Bedarfsfall zu garantieren. Die finanziellen Forderungen der Ratsherren liessen sich nicht mit den herzoglichen Möglichkeiten in Einklang bringen. Auch drei Jahre später nicht, als Luzern bei einem erneuten Antrag Karls IV. gar die Wiedererrichtung der Schweizer Garde ablehnte. Immerhin gelang es Karl IV. wenigstens, die religiösen Gegensätze der Eidgenossen ausnützend, in Basel 120 Söldner als Besatzungen für seine verschiedenen Schlösser anzuwerben.
Es waren schliesslich die Nachkommen seines Bruders Nikolaus II. Franz, die Herzoge Karl V. (1675–1690) und dessen Sohn Leopold (1690–1729), die nach seinem Tod 1675 als Titularherzöge des Herzogtums Lothringen unter französischer Besatzung in kaiserlichem Dienst von allen europäischen Mächten ausser Frankreich anerkannt waren. Erst Leopold gelang es, die 1654 bei der Gefangennahme von Karl IV. aufgelöste Schweizer Garde gegen Ende des Jahrhunderts wieder neu zu errichten.
Die steile Karriere von Herzog Franz III. Stephan von Lothringen und Bar nach 1736
Franz Stephan, der 15-jährige Sohn Herzog Leopolds, wurde an den österreichischen Hof nach Wien zur Ausbildung geschickt und dort von Kaiser Karl VI. fast wie ein Sohn behandelt. Der Kaiser hatte keinen männlichen Nachwuchs und suchte deshalb von den mächtigsten Fürsten Europas die Zustimmung zu seiner Pragmatischen Sanktion zu erhalten, die seine Tochter Maria Theresia als Thronerbin vorsah.
Sechs Jahre später, 1729, nach dem Tode seines Vaters Leopold, kehrte Franz Stephan als Herzog von Lothringen und Bar nach Nancy zurück. Die zarten Bande des jungen lothringischen Herzogs zur habsburgischen Erzherzogin Maria Theresia sollten jedoch seinem Leben eine entscheidende Wendung geben. Sein Heiratswunsch wurde von Maria Theresia leidenschaftlich erwidert und kam seinem zukünftigen Schwiegervater Kaiser Karl VI. gelegen. Er wurde 1735 Bestandteil des Präliminarfriedens zum Frieden von Wien.
Franz Stephan verzichtete darin auf das Herzogtum Lothringen und Bar zu Gunsten der Heirat mit Maria Theresia im Jahr 1736. Er erhielt als Apanage gleichzeitig die Anwartschaft auf das Grossherzogtum Toskana, das er ein Jahr später, nach dem Tod des letzten Medici, in habsburgischer Sekundogenitur übernahm. Ab 1739 lebte das Paar in Wien; das Grossherzogtum Toskana wurde von Beamten als eine seiner Finanzquellen verwaltet.
Als Karl VI. 1740 starb, ging der Kaiserthron an den kurbayrischen Wittelsbacher Karl VII. Franz Stephan, Grossherzog der Toskana, wurde zum Mitregenten von Maria Theresia. Als Erbtochter Karls VI., war sie nun Erzherzogin von Österreich sowie Königin von Ungarn und Böhmen und damit zur Herrscherin über die Habsburgischen Erblande geworden.
Damit nicht genug: Als bereits 1745 Karl VII. starb, wurde Franz Stephan in Frankfurt am Main zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt. Er war also in nur neun Jahren vom einfachen Herzog zum mächtigsten Kaiser aufgestiegen – welch steile Karriere!
Als Stammvater des neuen, bis heute bestehenden Fürstenhauses Habsburg-Lothringen führte er als Kaiser Franz I. Stephan mit Maria Theresia eine glückliche Ehe. Von ihren sechzehn Kindern erreichten dreizehn das Erwachsenenalter. Später traten zwei seiner Söhne, Joseph II. und Leopold II., nacheinander in seine Nachfolge als Kaiser ein, und die Tochter Marie-Antoinette wurde Königin von Frankreich und die Tochter Maria Karolina von Österreich Königin von Neapel-Sizilien.
Mit wenig militärischem Talent gesegnet stand er im Österreichischen Erbfolgekrieg eher im Hintergrund. Aber als tüchtiger Finanzexperte sanierte er den kaiserlichen Staatshaushalt und begründete den habsburgisch-lothringischen Familienfonds, der bis zum Ende der Doppelmonarchie 1918 bestand.
Das Ende der Schweizer Garde der Herzöge von Lothringen 1767 in Wien
Die Schweizer Garde begleitete Franz Stephan 1737 von Nancy nach Florenz und 1745 von da nach Wien. Sie nahm an seiner Kaiserkrönung in Frankfurt a/M teil und führte in Wien, im Schweizertrakt der Hofburg untergebracht, ein geruhsames Leben mit Wachtdienst und als Repräsentationstruppe bei Paraden und zu zeremoniellen Anlässen. Erst nach dem Tode von Kaiser Franz I. im Jahr 1765 wurde sie von seinem Sohn und Nachfolger Joseph II., einem Anhänger des aufklärerischen Absolutismus (Alles für das Volk, nichts durch das Volk!) mit reformorientiertem Geist, 1767 endgültig aufgelöst.
Maria Theresia setzte sich für die Weiterbeschäftigung oder Entschädigung der Entlassenen, ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen ein. Als sie 1780 starb, wurden die noch laufenden Pensionen gekürzt, was in der Schweiz noch zu einigen diplomatischen Nachwehen mit Österreich führte.
Damit war das Kapitel der Schweizer Garde der lothringischen Herzöge aber endgültig zu Ende.
Literatur
- Walter Mohr: Geschichte des Herzogtums Lothringen: Das Herzogtum Lothringen zwischen Frankreich und Deutschland (14.-17. Jahrhundert), Verlag der akademischen Buchhandlung Interbook, Trier, 1986, OCLC 493964656.
- Renate Zesinger: Franz Stephan von Lothringen (1708–1765): Monarch, Manager, Mäzen, Böhlau Verlag Wien Köln Weimar 2008.
- Theodor von Liebenau: Lothringen und die Schweiz, in: Katholische Schweizerblätter 1897, OCLC 717496373.
- Karl Stähelin: Geschichte Elsass-Lothringens, Druck und Verlag von R. Oldenburg, München und Berlin 1920.
Siehe auch
- Herzogspalast in Lunéville
- Hofburg in Innsbruck
- Hofburg in Wien
- Herzogspalast in Florenz
- Luzern
- Schlösser von Laxenburg
- Schweizer Truppen in fremden Diensten
- Schloss Eckartsau
- Schloss Hof
- Lothringen
- Schloss Hollitsch
- Prager Burg
- Schloss Schönbrunn
Weblinks
- Stammbaum der Herzöge von Lothringen (englisch)
- Die Welt der Habsburger
- Herzogspalast in Nancy (französisch)
- Herzogspalast in Florenz (Youtube)
- Herzogspalast in Lunèville (Youtube)
- Museum Lothringens im Herzogspalast von Nancy (Youtube)
Einzelnachweise
- ↑ a b Theodor von Liebenau: Lothringen und die Schweiz, in: Katholische Schweizerblätter 1897.
- ↑ Joseph Schürmann-Roth: Die Gardisten der Eidgenössischen Garde in Lothringen, Florenz und Wien im 17./18. Jahrhundert, Personenregister (bearbeitet), Staatsarchiv Luzern 1989.
- ↑ Lischer, Markus: Pfyffer, Rudolf (von Altishofen). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
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Imperial Coat of arms of Francis I, Holy Roman Emperor
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Die Odyssee der lothringischen Schweizer Garde von Lunéville nach Florenz 1737/38
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Reproduction d'après un plan du Palais Ducal de Nancy (archives municipales de Nancy).
À gauche : l'Église des Cordeliers et la Chapelle Ducale, tombeaux des Ducs de Lorraine. En bas du plan côté rue, façade principale du palais donnant sur la rue.
Les autres bâtiments (y compris la Collégiale Saint-Georges à droite du plan) et jardins en terrasse furent détruit par Léopold.18th century drawing or painting of the Château de Lunéville, Lorraine
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Map of the Duchy of Lorraine, France, showing the communes according to the current administrative division.
Grafik aus dem Klebeband Nr. 1 der Fürstlich Waldeckschen Hofbibliothek Arolsen
Motiv: Karl IV., Herzog von LothringenAutor/Urheber: sidonius 23:27, 20 April 2007 (UTC), Lizenz: CC BY-SA 2.5
Das alte Wappen des Kantons Unterwalden, Schweiz. Es ist eine Verbindung der Wappen der Halbkantone Ob- und Nidwalden, verwendet vom späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert.
Teilweise Weiterverwendung auch im 19. und frühen 20. Jahrhundert (Bsp. von 1912) neben dem seit 1816 offiziellen geteilten Wappen. Die hier gezeigte Darstellung des Doppelschlüssels (für Nidwalden) ist allerdings modern (Louis Ruckli 1944).
Vor etwa 1650 war das Kantonswappen das gleiche wie das des Kantons Solothurn, der horizontal in weiss und rot geteilte Schild.
Eine frühe Darstellung des Wappens von Unterwalden mit geteiltem Feld und einbärtigem Schlüssel findet man bei Merian (1654).Autor/Urheber: Ipankonin, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Coat of arms of Lorraine (province) in 1538 Arms of Lorraine of 1473 combined with Guelders-Jülich
Blazon: Quarterly, I barry of eight gules and argent impaling azure semy-de-lis Or a label gules; II argent a cross potent and four crosslets Or impaling Or four pallets gules; III azure semy-de-lis Or a bordure gules impaling azure a lion sinister rampant Or, armed, langued, and crowned gules (for Guelders); IV Or a lion rampant sable, armed and langued gules (for Jülich) impaling azure crusilly fitchy, two barbels addorsed Or; overall an inescutcheon Or a bend gules three alerions argent.