Schweizer Parlamentswahlen 1959

1955Gesamterneuerungswahlen
des Nationalrats 1959
1963
Wahlbeteiligung: 68,5 %
 %
30
20
10
0
26,38
23,67
23,32
11,56
5,50
2,68
2,33
2,01
1,43
0,98
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1955
 %p
   2
   0
  -2
  -4
−0,64
+0,37
+0,15
−0,52
+0,02
+0,31
+0,11
−0,14
+0,52
−0,32
Bundeshaus in Bern:
Sitz des Schweizer Parlaments

Die Schweizer Parlamentswahlen 1959 fanden am 25. Oktober 1959 statt. Dabei waren alle 196 Mandate des Nationalrats sowie 25 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 36. Legislaturperiode dauerte vier Jahre bis Oktober 1963.

Diese Wahlen waren durch eine sehr hohe Stabilität gekennzeichnet. Weder im National- noch im Ständerat kam es zu nennenswerten Verschiebungen. Keine Partei verlor oder gewann mehr als zwei Sitze. Die Katholisch-Konservativen traten erstmals unter dem Namen "Konservativ-Christlichsoziale Volkspartei" an, Zeichen ihrer zunehendemer Mitteorientierung.

Bemerkenswerter waren die anschliessende Bundesratswahlen. Mit der Wahl der beiden sozialdemokratischen Ständeräte Spühler (ZH) und Tschudi (BS) wurde die Linke endgültig in die Landesregierung integriert. 1959 markiert somit den Beginn der so genannte „Zauberformel“. Diese parteipolitischen Regierungszusammensetzung sollte bis 2003 unverändert gelten.

Bei den so nötig gewordenen Nachwahlen in Basel-Stadt und Zürich von 1960 verloren die Sozialdemokraten im Übrigen beide Sitze (an FDP resp. BGB). Während der Legislatur reduzierte sich somit die sozialdemokratische Ständeratsdelegation von vier auf zwei.

Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1959 sank mit 68,5 % erstmals unter 70 %, mit kantonalen Werten zwischen 37,6 % in Appenzell Innerrhoden und 85,9 % in Schaffhausen.[1]

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 25. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden im Frühjahr die Ständeräte. Die Kantone hatten nicht nur abweichende Wahltermine, sondern auch noch verschieden lange Amtsperioden (1–4 Jahre). In den Kantonen Bern (Novembersession), Freiburg (1 Person in der Maisession, 1 Person in der Novembersession), Neuenburg (gleichentags mit den Nationalratswahlen) und St. Gallen (in der Frühjahrssession) wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In allen anderen Kantonen wurden die Ständeräte bei Urnenwahlgängen ermittelt, normalerweise am gleichen Tag wie die Nationalratswahlen. Abweichend davon wählten die Stimmberechtigten in den Kantonen Graubünden (erster Sonntag im März), Tessin (letzter Sonntag im Februar) und Zug (im November).

Resultate Nationalrat

Anmerkungen zu den Wählerzahlen

In den Mehrpersonenwahlkreisen hat jeder Wähler so viele Stimmen, wie in seinem Kanton Sitze zu vergeben sind (im Kanton Bern 34, im Kanton Zug 2). Diese Stimmen kann er an beliebige Kandidaten der sich zur Wahl stellenden Listen vergeben (Panaschieren). Eine Stimme für einen Kandidaten ist gleichzeitig eine Stimme für dessen Partei. Hat ein Wähler nicht alle seine Stimmen an Kandidierende vergeben, gehen diese Stimmen als sogenannte «Zusatzstimmen» an die von ihm gewählte Liste. Wenn der Wähler keine Liste auswählt, sondern einen so genannten «Wahlzettel ohne Parteibezeichnung» – auch Blankoliste genannt – verwendet, verfallen nicht benutzte Stimmen (sog. Leere Stimmen).

Um zu überkantonal vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, muss zuerst die Anzahl fiktiver Wähler pro Kanton und Partei berechnet werden. Und die Summe aller fiktiven Wähler der einzelnen Kantone sind dann die Wähler auf Landesebene (z. B. SP auf 259'139 Wähler gerundet). Ein Aargauer «Wähler» kann aber auch aus 13 Personen bestehen, die nur je einen Kandidaten der betreffenden Partei auf ihrer Liste aufgeführt haben.

Das Bundesamt für Statistik benutzt daher den Begriff fiktiver Wähler für den Wähler, da ein effektiver Wähler auch nur ein Teilwähler sein kann. Die Zahl der Wähler entspricht der Anzahl gültiger Wahlzettel. Auf Kantonsebene ist die Summe aller Parteistimmen (Summe der Kandidatenstimmen von Kandidierenden einer Partei plus Zusatzstimmen = leere Felder einer Parteiliste) Berechnungsgrundlage. Beispiel: Partei A erzielt im Kanton X 12000, Partei B 27000 und Partei C 48000 von 87000 Parteistimmen. Die Anzahl gültiger Wahlzettel beträgt 25000. Somit hat Partei A in diesem Kanton 3448,28 (12000:87000 × 25000), Partei B 7758,62 (27000:87000 × 25000) und Partei C 13793,10 (48000:87000 × 25000) fiktive Wähler. Alle drei Parteien zusammen total 25000 Wähler.

Die gewählten Mitglieder des Nationalrats sind im Bundesblatt Nr. 49 vom 3. Dezember 1959 aufgelistet.[2]

Parteien, Wähler, Sitze

Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1959/Resultate Nationalratswahlen. Im Kanton Appenzell–Ausserrhoden kam es zu stillen Wahlen.

Insgesamt 196 Sitze
ParteiWähler%(+/−)Sitze(+/−)
Sozialdemokratische Partei259'13926,38 %−0,64 %51−2
Freisinnig-Demokratische Partei232'55723,67 %+0,37 %51+1
Konservativ-Christlichsoziale Volkspartei229'08823,32 %+0,15 %47±0
Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei113'61111,56 %−0,52 %23+1
Landesring der Unabhängigen54'0495,50 %+0,02 %10±0
Partei der Arbeit26'3462,68 %+0,31 %3−1
Liberale Partei der Schweiz22'9342,33 %+0,11 %5±0
Demokratische Partei19'7782,01 %−0,14 %4±0
Evangelische Volkspartei14'0381,43 %+0,52 %2+1
Wiedervereinigungsfreundliche Liste–Aktion Kanton Basel (BL)3'1930,33 %+0,10 %0±0
Mouvement social des paysans, ouvriers et indépendants (VS)12'0740,21 %+0,01 %0±0
Überparteiliche Liste Christlicher Bürger (BE)2'0050,20 %+0,20 %0±0
Freie Stimmbürger für die Aufhebung des Stimmzwangs (AG)1'6820,17 %+0,17 %0±0
Parti progressiste national1'3920,14 %+0,14 %0±0
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen4840,05 %−0,03 %0±0
Total982'370100 %196±0
1 auf deutsch (sinngemäss): Sozialbewegung der Bauern, Arbeiter und Unabhängigen

Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1959/Resultate Nationalratswahlen.

KantonSPFDPKCVBGBLdUPdALPSDPEVP
Kanton Aargau Aargau31,4 %18,7 %22,9 %14,9 %6,7 %3,3 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft33,1 %25,5 %13,0 %14,8 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt30,0 %19,8 %13,5 %11,2 %9,0 %12,5 %4,1 %
Kanton Bern Bern35,6 %17,0 %7,1 %33,4 %5,5 %
Kanton Freiburg Freiburg13,8 %22,6 %51,3 %12,3 %
Kanton Genf Genf15,6 %26,2 %17,1 %26,0 %15,1 %
Kanton Glarus Glarus39,4 %28,6 %13,1 %18,9 %
Kanton Graubünden Graubünden15,1 %16,1 %40,5 %28,3 %
Kanton Luzern Luzern9,6 %38,8 %51,5 %
Kanton Neuenburg Neuenburg37,9 %26,9 %10,8 %18,3 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen46,6 %31,3 %22,1 %
Kanton Schwyz Schwyz23,7 %22,5 %53,8 %
Kanton Solothurn Solothurn31,0 %43,5 %25,5 %
Kanton St. Gallen St. Gallen18,0 %28,3 %45,9 %7,8 %
Kanton Tessin Tessin19,3 %41,2 %39,5 %
Kanton Thurgau Thurgau28,4 %20,5 %25,2 %25,9 %
Kanton Waadt Waadt29,8 %30,6 %5,1 %9,0 %11,3 %14,2 %
Kanton Wallis Wallis12,7 %19,5 %62,1 %
Kanton Zug Zug20,5 %31,7 %47,8 %
Kanton Zürich Zürich28,0 %14,9 %12,7 %14,8 %15,4 %2,8 %5,9 %5,5 %
Schweiz26,4 %23,7 %23,3 %11,6 %5,5 %2,7 %2,3 %2,0 %1,4 %

Sitzverteilung in den Kantonen

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1959/Resultate Nationalratswahlen.

KantonTotalSPFDPKCVBGBLdULPSDemPdAEVP
Kanton Aargau Aargau1343321
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden2211
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden11
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft41−1111+1
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt83+121110−1
Kanton Bern Bern3312−162112+1
Kanton Freiburg Freiburg71141
Kanton Genf Genf8131−112+1
Kanton Glarus Glarus211
Kanton Graubünden Graubünden61+112−12
Kanton Luzern Luzern90−14+15
Kanton Neuenburg Neuenburg5221
Kanton Nidwalden Nidwalden11
Kanton Obwalden Obwalden11
Kanton Schaffhausen Schaffhausen211
Kanton Schwyz Schwyz310−12+1
Kanton Solothurn Solothurn7232
Kanton St. Gallen St. Gallen132461
Kanton Tessin Tessin7133
Kanton Thurgau Thurgau62112
Kanton Uri Uri11
Kanton Waadt Waadt16561+1121−1
Kanton Wallis Wallis7115
Kanton Zug Zug211
Kanton Zürich Zürich329−15+1455−122+1
Schweiz19651−251+147±023+110±05±04±03−12+1

Ergebnisse der Ständeratswahlen

Die gewählten Mitglieder des Ständerats sind im Bundesblatt Nr. 49 vom 3. Dezember 1959 aufgelistet.[3]

Sitzverteilung

Insgesamt 44 Sitze
ParteiWahlen 1959Wahlen 1955
SPS45
KCV1717
LPS33
FDP1312
DP22
BGB33
parteilos22

Gewählte Ständeräte

Kanton1. Ständeratssitz2. Ständeratssitz
Kanton Aargau AargauErnst Speiser, FDP (bisher)Xaver Stöckli, KCV (bisher)
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell AusserrhodenWalter Ackermann, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell InnerrhodenArmin Locher, KCV (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Landschaft Basel-LandschaftEmil Müller, SP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Stadt Basel-StadtHans-Peter Tschudi, SP (neu)nur ein Sitz
Kanton Bern BernDewet Buri, BGB (neu)Charles Jeanneret, FDP (neu)
Kanton Freiburg FreiburgJean Bourgknecht, KCV (neu)Paul Torche, KCV (bisher)
Kanton Genf GenfVictor Gautier, LPS (bisher)François Perréard, FDP (bisher)
Kanton Glarus GlarusHeinrich Heer, DP (bisher)Rudolf Stüssi, parteilos (bisher)
Kanton Graubünden GraubündenGion Darms, KCV (neu)Arno Theus, DP (neu)
Kanton Luzern LuzernChristian Clavadetscher, FDP (bisher)Peter Müller, KCV (bisher)
Kanton Neuenburg NeuenburgJean-Louis Barrelet, FDP (bisher)Sydney de Coulon, LPS (bisher)
Kanton Nidwalden NidwaldenWerner Christen, KCV (bisher)nur ein Sitz
Kanton Obwalden ObwaldenLudwig von Moos, KCV (bisher)nur ein Sitz
Kanton Schaffhausen SchaffhausenErnst Lieb, BGB (bisher)Kurt Schoch, FDP (bisher)
Kanton Schwyz SchwyzDominik Auf der Maur, KCV (bisher)Heinrich Oechslin, KCV (bisher)
Kanton Solothurn SolothurnGottfried Klaus, SP (bisher)Karl Obrecht, FDP (neu)
Kanton St. Gallen St. GallenRudolf Mäder, KCV (neu)Willi Rohner, FDP (bisher)
Kanton Tessin TessinAntonio Antognini, KCV (bisher)Ferruccio Bolla, FDP (neu)
Kanton Thurgau ThurgauJakob Müller, FDP (bisher)Erich Ullmann, BGB (bisher)
Kanton Uri UriLudwig Danioth, KCV (bisher)Emil Wipfli, KCV (bisher)
Kanton Waadt WaadtGabriel Despland, FDP (bisher)Frédéric Fauquex, LPS (bisher)
Kanton Wallis WallisLeo Guntern, KCV (neu)Marius Lampert, KCV (bisher)
Kanton Zug ZugAugustin Lusser, KCV (bisher)Alois Zehnder, KCV (bisher)
Kanton Zürich ZürichWilly Spühler, SP (bisher)Ernst Vaterlaus, FDP (bisher)

Fraktionen in der 36. Legislaturperiode

Fraktionen sind Zusammenschlüsse der Parlamentsmitglieder einer oder mehrerer Parteien. Untenstehende Tabelle gibt den Stand zu Beginn der Legislaturperiode wieder.[4]

FraktionGesamtNationalratStänderat
Radikal-demokratische Fraktion (FDP)645113
Konservativ-christlichsoziale Fraktion644717
sozialdemokratische Fraktion55514
Bauern-, Gewerbe und Bürgerfraktion26233
Fraktion des Landesrings10100
Liberal-Demokratische Fraktion853
Demokratische und evangelische Fraktion752
ohne Fraktionszugehörigkeit642

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tabelle «Nationalratswahlen: Wahlbeteiligung, 1919–2015»
  2. Mitglieder des Nationalrats, Seiten 1147–1233
  3. Mitglieder des Ständerats, Seiten 1234–1236
  4. Fraktionen seit 1912

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