Schweizer Parlamentswahlen 1922

1919Gesamterneuerungswahlen
des Nationalrats 1922
1925
Wahlbeteiligung: 76,4 %, Wähleranteil in Prozent
 %
30
20
10
0
28,34
23,28
20,95
16,12
3,95
2,06
1,83
1,27
0,86
1,34
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1919
 %p
   2
   0
  -2
  -4
−0,51
−0,18
−0,02
+0,79
+0,14
+0,10
+1,83
−1,48
+0,05
−0,71
Bundeshaus in Bern:
Sitz des Schweizer Parlaments

Die Schweizer Parlamentswahlen 1922 fanden am 29. Oktober 1922 statt. Dabei waren alle 198 Mandate des Nationalrats sowie 25 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 26. Legislaturperiode dauerte drei Jahre bis Oktober 1925.

Die Wahlen brachten keine grossen Veränderungen. Weil sich die Sitzzahl im Nationalrat von 189 auf 198 erhöhte, konnten die meisten grösseren Parteien Sitzgewinne verzeichnen. Eigentlicher Wahlsieger waren die Bauern-, Gewerbe- und Bürgerparteien, die vier Sitze gewannen und ihren Wähleranteil steigerten. Die Kommunisten (KPS), die bei den Wahlen von 1919 noch keine eigene Partei gebildet hatten, errangen zwei Sitze.[1]

Im Ständerat gab es keine grossen Veränderungen. Die SP gewann einen Sitz auf Kosten der LPS und konnte so wieder ins "Stöckli" einziehen, nachdem sie in der vorangegangenen Legislatur dort nicht vertreten gewesen war.

Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1922 betrug 76,4 %, mit kantonalen Werten zwischen 30,7 % in Uri und 90,3 % in Schaffhausen.[2]

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.

Ausführlicher hierzu: Nationalrat (Schweiz) – Wahlverfahren

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde auch die Ständevertretung am 29. Oktober gewählt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden und Uri wählten die Landsgemeinden im Frühjahr die Ständeräte. Die Kantone hatten nicht nur abweichende Wahltermine, sondern auch noch verschieden lange Amtsperioden (1–4 Jahre). In den Kantonen Bern (Novembersession), Freiburg (1 Person in der Mai-Session, 1 Person in der Novembersession), Neuenburg (gleichentags mit den Nationalratswahlen) und St. Gallen (in der Frühjahrssession) wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In allen anderen Kantonen wurden die Ständeräte bei Urnenwahlgängen ermittelt, normalerweise am gleichen Tag wie die Nationalratswahlen. Abweichend davon wählten die Stimmberechtigten in den Kantonen Graubünden (erster Sonntag im März), Tessin (letzter Sonntag im Februar) und Zug (im November).

Ausführlicher hierzu: Ständerat – Wahlverfahren

Resultate Nationalrat

Die gewählten Mitglieder des Nationalrats sind im Bundesblatt vom 29. November 1922 aufgelistet.[3]

Parteien, Wähler, Sitze

Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1922/Resultate Nationalratswahlen.

Insgesamt 198 Sitze
Stärkste Parteien in den Kantonen und Sitzverteilung
ParteiWähler%(+/-)Sitze(+/-)
Freisinnig-Demokratische Partei208'14428,35 %−0,50 %60±0
Sozialdemokratische Partei170'97423,28 %−0,18 %43+2
Konservative Volkspartei153'83620,95 %−0,02 %44+3
Bauern-, Gewerbe- und Bürgerparteien118'38216,12 %+0,79 %34+4
Liberale Partei der Schweiz29'0413,95 %+0,14 %10+1
Demokratische Partei15'1442,06 %+0,10 %3−1
Kommunistische Partei der Schweiz13'4411,83 %+1,83 %2+2
Grütlianer9'3131,27 %−1,48 %0−2
Evangelische Volkspartei6'3060,86 %+0,05 %1±0
Parti progressiste national (NE)14'1430,56 %−0,07 %1+1
Jungfreisinnige (SG + GE)3'0520,42 %−0,25 %0−1
Freiland-Freigeldbund (BE)1'1060,15 %+0,15 %0±0
Unabhängige Freie Wähler (LU)6560,09 %+0,09 %0±0
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen8660,12 %+0,09 %0±0
Total734'404100 %198±9
1 auf deutsch (sinngemäss): Nationale Fortschrittspartei, Vergleich Wähleranteil mit der Summe der beiden Vorgängerparteien Union helvétique und Ordre et Liberté aus 1919.

Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1922/Resultate Nationalratswahlen.

KantonFDPSPKVPBGBLPSDPKPSGrütliEVP
Kanton Aargau Aargau19,8 %29,8 %22,6 %23,9 %1,2 %2,7 %
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden64,9 %35,1 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft53,8 %24,6 %9,5 %5,4 %6,7 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt12,2 %29,2 %11,6 %12,8 %16,5 %15,3 %2,4 %
Kanton Bern Bern16,6 %28,2 %6,0 %46,0 %0,3 %2,0 %
Kanton Freiburg Freiburg23,5 %7,2 %69,2 %
Kanton Genf Genf22,2 %32,1 %10,2 %28,0 %1,1 %
Kanton Glarus Glarus35,6 %45,6 %18,7 %
Kanton Graubünden Graubünden38,3 %15,0 %35,4 %11,3 %
Kanton Luzern Luzern35,2 %11,3 %51,3 %0,3 %
Kanton Neuenburg Neuenburg23,9 %36,7 %22,9 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen20,1 %19,9 %40,4 %19,6 %
Kanton Schwyz Schwyz26,2 %22,6 %51,2 %
Kanton Solothurn Solothurn46,4 %26,7 %27,0 %
Kanton St. Gallen St. Gallen29,9 %16,9 %40,3 %10,2 %
Kanton Tessin Tessin40,2 %14,7 %35,5 %9,7 %
Kanton Thurgau Thurgau18,7 %18,2 %17,8 %31,6 %13,7 %
Kanton Waadt Waadt47,9 %23,1 %6,1 %22,6 %0,3 %
Kanton Wallis Wallis23,1 %8,7 %68,2 %
Kanton Zug Zug26,9 %22,8 %50,3 %
Kanton Zürich Zürich29,1 %29,3 %5,5 %23,1 %5,4 %3,1 %4,5 %
Schweiz28,3 %23,3 %20,9 %16,1 %4,0 %2,1 %1,8 %1,3 %0,9 %

Sitzverteilung in den Kantonen

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1922/Resultate Nationalratswahlen.[4]

KantonTotalFDPSPKVPBBLPSDemKPSEVPPPNGrütliJRS1
Kanton Aargau Aargau122−14+133
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden321
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden11
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft431
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt7S212−11111+1
Kanton Bern Bern34510+12+117+10−1
Kanton Freiburg Freiburg72+15−1
Kanton Genf Genf923+113+10−1
Kanton Glarus Glarus211
Kanton Graubünden Graubünden6312
Kanton Luzern Luzern931+15
Kanton Neuenburg Neuenburg722−121+1
Kanton Nidwalden Nidwalden11
Kanton Obwalden Obwalden11
Kanton Schaffhausen Schaffhausen31+12
Kanton Schwyz Schwyz3S312
Kanton Solothurn Solothurn7322+1
Kanton St. Gallen St. Gallen15527+11−1
Kanton Tessin Tessin8413
Kanton Thurgau Thurgau71−1113+11
Kanton Uri Uri11
Kanton Waadt Waadt168−131+14
Kanton Wallis Wallis615
Kanton Zug Zug211+1
Kanton Zürich Zürich278+1917+11+110−1
Schweiz19860±043+244+334+410+13−12+21±01+10−20−1
S1 Jeunes Radicaux (Jungfreisinnige)
S3 Nationalrat Karl Oskar Schär wurde auf der Liste der FDP gewählt, politisierte aber bis 1925 in der Sozialpolitischen Fraktion (Demokraten und andere Linksbürgerliche).[5]
S3 Nationalrat Josef Bürgi wurde auf der Liste der FDP gewählt, politisierte aber anschliessend in der BB-Fraktion.[6]

Ergebnisse der Ständeratswahlen

Die gewählten Mitglieder des Ständerats sind im Bundesblatt vom 29. November 1922 aufgelistet.[7]

Sitzverteilung

Insgesamt 44 Sitze
ParteiWahlen 1922Wahlen 1919
KVP1717
FDP2323
BGB11
DP11
LPS11
SPS11

Gewählte Ständeräte

Kanton1. Ständeratssitz2. Ständeratssitz
Kanton Aargau AargauPeter Emil Isler, FDP (bisher)Gottfried Keller, FDP (bisher)
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell AusserrhodenJohannes Baumann, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell InnerrhodenCarl Rusch, KVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Landschaft Basel-LandschaftGustav Johann Schneider, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Stadt Basel-StadtVictor Emil Scherer, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Bern BernPaul Charmillot, FDP (bisher)Carl Moser, BGB (bisher)
Kanton Freiburg FreiburgGeorges de Montenach, KVP (bisher)Emile Savoy, KVP (bisher)
Kanton Genf GenfCharles Burklin, SP (neu)Alexandre Moriaud, FDP (neu)
Kanton Glarus GlarusEdwin Hauser, DP (bisher)Philippe Mercier, FDP (bisher)
Kanton Graubünden GraubündenFriedrich Brügger, KVP (bisher)Andreas Laely, FDP (bisher)
Kanton Luzern LuzernJakob Sigrist, KVP (bisher)Josef Winiger, KVP (bisher)
Kanton Neuenburg NeuenburgErnest Béguin, FDP (bisher)Pierre de Meuron, LPS (bisher)
Kanton Nidwalden NidwaldenJakob Konstantin Wyrsch, KVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Obwalden ObwaldenAdalbert Wirz, KVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Schaffhausen SchaffhausenAlbert Ammann, FDP (bisher)Heinrich Bolli, FDP (bisher)
Kanton Schwyz SchwyzMartin Ochsner, KVP (bisher)Joseph Räber, KVP (bisher)
Kanton Solothurn SolothurnHugo Dietschi, FDP (neu)Robert Schöpfer, FDP (bisher)
Kanton St. Gallen St. GallenJohannes Geel, FDP (bisher)Anton August Messmer, KVP (bisher)
Kanton Tessin TessinBrenno Bertoni, FDP (bisher)Arnaldo Bolla, FDP (bisher)
Kanton Thurgau ThurgauAlbert Böhi, FDP (bisher)Rudolf Huber, FDP (bisher)
Kanton Uri UriKarl Huber, KVP (bisher)Franz Muheim, KVP (bisher)
Kanton Waadt WaadtÉmile Dind, FDP (bisher)Henri Simon, FDP (bisher)
Kanton Wallis WallisRaymund Loretan, KVP/CSP (bisher)Joseph Ribordy, KVP (bisher)
Kanton Zug ZugJosef Andermatt, KVP (bisher)Josef Hildebrand, KVP (bisher)
Kanton Zürich ZürichGustav Keller, FDP (neu)Oskar Wettstein, FDP (bisher)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tabelle «Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien, 1919–2015» (Memento des Originals vom 17. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bfs.admin.ch
  2. Tabelle «Nationalratswahlen: Wahlbeteiligung, 1919–2015» (Memento des Originals vom 15. Februar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bfs.admin.ch
  3. Mitglieder des Nationalrats
  4. Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien und Kanton. Bundesamt für Statistik, 1. Dezember 2015, abgerufen am 4. Mai 2022.
  5. Bundesamt für Statistik: Statistik der Nationalratswahlen 1919, 1922, 1925 und 1928 - (Schweizerische statistische Mitteilungen. XI. Jahrgang, 1929. 1. Heft) | Publikation. 1. Januar 1929, abgerufen am 5. April 2021.
  6. Franz Auf der Maur: Bürgi, Josef. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  7. Mitglieder des Ständerats

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