Schwedischer Film

Die Schwedische Filmgeschichte ist ein vielfältiger und wechselhafter Teil der internationalen Filmkultur. Sie reicht von den frühen Kinokunstwerken des Stummfilms über den Dokumentarfilm der 1950er Jahre und dem innovativen Autorenkino Ingmar Bergmans bis zu den internationalen Erfolgen der letzten Jahre durch Lukas Moodysson und Björn Runge.

Geschichte

Die Stummfilmzeit

Um 1910 begann man in Schweden mit der regelmäßigen Produktion von Spielfilmen. Als prägender Pionier dieser Zeit gilt der Filmproduzent Charles Magnusson, Direktor der Filmproduktionsgesellschaft Svensk Filmindustri. Zwei Regisseure, Victor Sjöström und Mauritz Stiller, beide von Magnusson entdeckt und für Svensk Filmindustri engagiert, traten hervor und erreichten Anfang der 1920er Jahre Weltruhm mit der Verfilmung zweier literarischer Werke von Selma Lagerlöf: Herrn Arnes Schatz (Herr Arnes pengar) (1919) und Der Fuhrmann des Todes (Körkarlen) (1921). Auch die Ibsen-Verfilmung Terje Vigen (1917) gehört zu den herausragenden Werken in diese Zeit. Das Besondere am schwedischen Stummfilm war das Nutzen der schwedischen Landschaft als natürliche Kulisse in Verbindung mit Themen der schwedischen Literatur und der schwedischen Volkstradition, wobei eine realistische Grundhaltung vorherrschte. Diese Mischung brachte dem schwedischen Stummfilm internationale Anerkennung und finanziellen Erfolg ein.

Die beiden Regisseure und der von Stiller entdeckte Star Greta Garbo zogen Mitte der 1920er Jahre nach Hollywood. Gleichzeitig kam die Filmindustrie in finanzielle Schwierigkeiten.

Die 1930er und 1940er Jahre

Der Tonfilm Anfang der 1930er Jahre führte zu einer wirtschaftlichen Stabilisierung, aber auf Kosten der künstlerischen und internationalen Ambitionen. Provinzielle und volkstümliche Lustspiele ohne jeden künstlerischen Anspruch waren für den eigenen Markt gedacht. Erst während des Zweiten Weltkrieges, während dessen der Film eine wichtige Aufgabe in der psychologischen Verteidigung erhielt, kam es wieder zu einem künstlerischen Aufschwung, der vor allem von zwei Regisseuren getragen wurde: Alf Sjöberg und Hasse Ekman.

Die 1950er Jahre

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die finanzielle Lage unsicherer, was aber die künstlerische Qualität eher begünstigte. Vier Filmunternehmen konkurrierten miteinander und ließen im folgenden Jahrzehnt ihren Mitarbeitern eine relativ große künstlerische Freiheit. Arne Sucksdorff bekam eine Reihe internationaler Preise für seine Dokumentarfilme, unter anderem einen Oscar für Menschen in der Stadt (Människor i stad) (1948), Alf Sjöberg erreichte den ersten großen internationalen Erfolg für den schwedischen Spielfilm, als er 1951 in Venedig den Großen Preis für Fräulein Julie (Fröken Julie) erhielt. Im Jahr danach erregte Arne Mattsson mit Sie tanzte nur einen Sommer (Hon dansade bara en sommar) in Berlin großes Aufsehen, wo er auf der Berlinale 1952 den Goldenen Bären gewann. Die glänzendste Karriere aber machte Ingmar Bergman, der 1956 in Cannes mit Das Lächeln einer Sommernacht (Sommernattens leende) großen Erfolg hatte, zwei Jahre später mit Wilde Erdbeeren (Smultronstället) den Goldenen Bären in Berlin gewann und in der Folge dreimal den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film (Die Jungfrauenquelle [Jungfrukällan], Wie in einem Spiegel [Såsom i en spegel] und Fanny und Alexander [Fanny och Alexander]) entgegennehmen konnte. Fanny und Alexander, Bergmans letzter Film gewann übrigens weitere drei Oscars.

Die schwedische Filmindustrie geriet Ende der 1950er Jahre erneut in eine Krise, ausgelöst durch das Fernsehen. Die Zahl der Kinobesucher nahm ab, ebenso die Risikofreude der Produktionsunternehmen. Ein neues Genre, das der erotisch freizügigen Filme, für die Sie tanzte nur einen Sommer schon ein Vorbote war, entstand. Ebenfalls Kinderfilme, vor allem Olle Hellboms Verfilmungen von Astrid Lindgrens Büchern, waren ein Publikumsmagnet.

Von den 1960er Jahren in die 1980er

Eine Filmreform 1963 rettete den schwedischen Qualitätsfilm. In einem Abkommen zwischen dem schwedischen Staat und der Filmbranche wurde die 25%ige Vergnügungssteuer auf Kinokarten aufgegeben, während die Kinobesitzer 10 % ihrer Einnahmen an das Schwedische Filminstitut abführen. Das Schwedische Filminstitut, das auch vom Staat Zuschüsse erhält, unterstützt die Produktion schwedischer Filme auf unterschiedliche Art.

1963 wurde auch ein schwedischer Filmpreis geschaffen, der Guldbagge, der in 14 Kategorien vergeben wird. In diesem neuen Filmklima konnten neue, junge Regisseure debütieren, wie beispielsweise Vilgot Sjöman, Bo Widerberg, Jan Troell und Lasse Hallström, der später nach Hollywood ging. In den 1970er und 1980er Jahren übernahmen auch Frauen wie Mai Zetterling, Marianne Ahrne, Suzanne Osten, Marie Luise Ekman u. a. die Regie und konnten große Erfolge erzielen.

Der zeitgenössische Film

Schwedische Kinospielfilmproduktion[1]
JahrAnzahl
197520
198517
199515
200554

Die Produktionsbedingungen für den schwedischen Film haben sich im letzten Jahrzehnt stark verändert. Neue technische Möglichkeiten durch die Videotechnik und Digitalisierung sowie die enge Verflechtung mit anderen Akteuren auf dem Medienmarkt hat in den letzten Jahren zu einem deutlichen Anstieg von Spielfilmproduktionen geführt. Gleichzeitig hat sich die Filmproduktion von Stockholm in regionale Produktionszentren verlagert, von denen Film i Väst, auch Trollywood genannt, bei Trollhättan das bekannteste ist. Filme wie Fucking Åmål, Dancer in the Dark und Dogville wurden dort gedreht.

In den letzten Jahrzehnten haben ausländische Regisseure in Schweden sehr "schwedische" Filme gemacht, wie Colin Nutley und Bille August, dessen Pelle, der Eroberer (Pelle Erövraren) 1988 einen Oscar für den besten fremdsprachigen Film bekam. Gleichzeitig hat sich die zweite Generation von Einwanderern als Filmemacher etabliert. Beispiel dafür sind Flügel aus Glas (Vingar av glas) von Reza Bagher und Jalla! Jalla! von Josef Fares.

Einer der wichtigsten Regisseure der letzten Jahre ist Lukas Moodysson, der mit seinem ersten Film Raus aus Åmål (Fucking Åmål) (1998) nicht nur einen großen Publikumserfolg in Schweden erreichte, den er mit den Filmen Zusammen (Tillsammans) und Lilja 4-ever wiederholte, sondern mit dem er auch eine Reihe von Auszeichnungen gewann.

Björn Runge hatte 2003 mit seinem Film Morgengrauen (Om jag vänder mig om) internationalen Erfolg, unter anderem auf der Berlinale 2004.

Wie im Himmel (Så som i himmelen) ist der jüngste erfolgreiche schwedische Film aus dem Jahr 2004 vom Regisseur Kay Pollak – gedreht in Schweden und Tirol, nominiert für den Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film. Die Hauptdarsteller sind Frida Hallgren und Michael Nyqvist sowie der schwedische Musicalstar Helen Sjöholm mit brillantem Gesang.

Schwedische Oscarpreisträger

Liste schwedischer Regisseure

Lasse Åberg, Mac Ahlberg, Per Åhlin, Marianne Ahrne, Jonas Åkerlund, Daniel Alfredson, Hans Alfredson, Roy Andersson, Reza Bagher, Daniel Bergman, Eva Bergman, Ingmar Bergman, Maria Blom, Jonas Cornell, Tage Danielsson, Johan Donner, Hasse Ekman, Marie-Louise Ekman, Teresa Fabik, Josef Fares, Lars-Lennart Forsberg, Daniel Fridell, Kjell Grede, Mikael Håfström, Lasse Hallström, Olle Hellbom, Richard Hobert, Stefan Jarl, Nils Jerring, Mikael Kristersson, Ella Lemhagen, Daniel Lind Lagerlöf, Gunnel Lindblom, Lars-Magnus Lindgren, Jan Lindkvist, Oscar A.C. Lund, Ulf Malmros, Arne Mattsson, Gustaf Molander, Lukas Moodysson, Cecilia Neant-Falk, Colin Nutley, Sven Nykvist, Lisa Ohlin, Christina Olofson, Suzanne Osten, Reza Parsa, Kay Pollak, Björn Runge, Alf Sjöberg, Vilgot Sjöman, Victor Sjöström, Johan Söderberg, Mauritz Stiller, Arne Sucksdorff, Kjell Sundvall, Karin Swanström, Peter Torbiörnsson, Jan Troell, Maj Wechselmann, Bo Widerberg, Mai Zetterling

Liste wichtiger oder bekannter schwedischer Filme

Aufgeführt sind Filme mit Hauptproduktionsland Schweden und fast ausschließlicher schwedischer Originalsprache

Literatur

  • Hans-Jürgen Hube: Film in Schweden. Henschelverlag, Berlin 1985, ISBN 3-362-00179-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Weltfilmproduktionsbericht (Auszug) (PDF; 280 kB), Screen Digest, Juni 2006, S. 205–207 (eingesehen am 15. Juni 2007)