Schwarzmeer Kosaken-Chor

Schwarzmeer Kosaken-Chor
Sitz:Deutschland Köln
Gründung:1938
Wiedergründung: 1992
Auflösung:1967
Gattung:Kosaken-Chor
Gründer:Boris Ledkovsky
Leitung:Peter Orloff
Website:schwarzmeerkosakenchor.de

Der Schwarzmeer Kosaken-Chor ist ein 1938 in Deutschland gegründeter Kosakenchor.

Geschichte

1938–1967

Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden außerhalb Russlands Kosakenchöre, die das Liedgut ihrer Heimat mit seinem Melodienreichtum pflegten. Erster Dirigent und Gründer des Schwarzmeer Kosaken-Chores war Boris Ledkovsky (1894–1975)[1], der gemeinsam mit dem während der Oktoberrevolution 1917 aus Russland nach Lemgo emigrierten Nikolai S. von Orloff[2] (1900–1990) den Chor leitete. Orloff war evangelischer Geistlicher[2][3][4] und gründete zudem in Lemgo die „Russische Bruderhilfe“.[5][6]

Unter der Leitung Orloffs absolvierte der Chor europaweite Tourneen,[2] trat überwiegend in Kirchen auf, war zudem Synodal-Chor der Russisch-Orthodoxen Kirche in Deutschland[7] und gab auch Konzerte unter dem Patronat der Inneren Mission der Evangelischen Kirche.[8] Es bestand zudem eine Zusammenarbeit mit dem Reichs-Rundfunk in Berlin,[8] der Chor erlangte mit seinen russischen und ukrainischen Kosakenliedern weltweite Bekanntheit.[9]

1951 emigrierte Ledkovsky mit einigen Sängern des Chores in die USA und gründete dort einen Chor der Russisch-Orthodoxen Kirche.[10] Die Schwarzmeer Kosaken standen seitdem unter dem alleinigen Patronat der „Bruderhilfe“ und deren Geschäftsführer Nikolai Orloff. Dieser ernannte Andrej Scholuch zum musikalischen Leiter. Dieser war früher Leiter des 1940 aufgelösten und später neu gegründeten Ural Kosaken Chores.[11]

1955 übernahm Sergej Horbenko,[8] vormals Dirigent der Kiewer Oper und Professor[9] an der Musikhochschule Kiew, die musikalische Leitung. In dieser Zeit kam es zu einer Spaltung des Chores, als Andrej Scholuch mit einigen Sängern der Schwarzmeer Kosaken seinen zweiten Ural Kosaken Chor gründete.[11] Zu den Mitgliedern des Ensembles der 1950er Jahre gehörten auch Ivan Rebroff[3] und Orloffs Sohn Peter Orloff, der ab dem 14. Lebensjahr zehn Jahre lang im Schwarzmeer Kosaken-Chor sang.[12]

Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen Horbenkos dirigierte von 1960 bis 1962 zunächst sein neuer Stellvertreter Leonid Dorojynski den Chor,[13] ihm folgte der frühere Dirigent und Gründer der Wolga Kosaken Nikolai Tripolitoff,[14] der auch die tänzerischen Elementen der russischen Volksmusik mit einbezog. In jener Zeit traten die Schwarzmeer Kosaken anlässlich der weltlichen Konzerte fast immer mit mehreren Tänzern und außerdem mit einem Bajan (russisches Akkordeon) auf. Tripolitoff leitete den Chor bis 1967.

Ende der 1960er Jahre entschied Nikolai Orloff, die aktive Tätigkeit des Chores ruhen zu lassen. In den 1950er und 1960er Jahren fanden regelmäßig ausgedehnte Tourneen sowie zahlreiche Tonträgereinspielungen statt. Nach der Auflösung des Chores 1967 sorgten in den 1970er und 1980er Jahren vor allem diverse Tonträgerveröffentlichungen dafür, dass die Musik und der Name des Schwarzmeer Kosaken-Chores weiterlebte.

Nach der Neugründung ab 1990

Nach dem Tod Nikolai Orloffs im Jahr 1990 trat dessen Sohn Peter Orloff, der bereits 1958 im Schwarzmeer Kosaken Chor mitwirkte,[3] die Nachfolge an mit einer Wiedergründung des Chores. Ihm zur Seite stand zunächst Toma Pitkov, Chef-Dirigent der Rumänisch-Orthodoxen Kirche in Sofia, der auch mehrfach an der Mailänder Scala konzertierte. Ende 1996 schied Toma Pitkov aus Altersgründen aus und übergab Orloff im Rahmen eines Konzerts beim Classic open air Hoppegarten in Berlin[15] den Gürtel des Kosakenführers und damit die alleinige Leitung.[16]

Orloff versammelte um sich durchweg ausgebildete Opernsänger vom Schwarzen Meer, aus Russland und der Ukraine,[4] wie u. a. den „Künstler des Russischen Volkes“, Bariton Vitali Alekseenko, den „Künstler des Ukrainischen Volkes“ Tenor Wladimir Kuzmenko († 2018),[17][18] die „Verdienten Künstler der Ukraine“ Tenor Oleg Kulyeshov und Sopran Igor Ishchak[19] sowie den bulgarische Bass Stefan Arininskiy.[20] Weitere bekannte bulgarische Chormitglieder waren der Tenor Noy Nikolov und der Bassist Ivan Petroff. Heute wird der Chor von den Instrumentalisten Ilya Kurtev (Bajan), Irina Kripakova (Domra) und Slava Kripakov (Kontrabass-Balalaika) begleitet.[20]

Seit 1993 finden die Konzerte größtenteils unter Orloffs persönlicher Mitwirkung statt. Der Chor absolvierte außerdem zahlreiche Fernsehauftritte und produzierte Tonaufnahmen und arbeitet dabei auch mit anderen bekannten Künstlern zusammen. Für Helmut Lottis Album „From Russia With Love“ (2004) wirkte er als Begleitchor.[21] 2020 fand in der Stadthalle Limburg erstmals ein Konzert des Chores in Zusammenarbeit mit dem Plovdiv Symphonic Orchestra unter der Leitung von Nayden Todorov statt.[22]

Das Album „Teure Heimat“ erreichte im Mai 2019 Platz 2 der offiziellen Verkaufscharts der GfK Top 10 volkstümliche Musik[23] und kam in dieser Sparte in der Jahresauswertung in die Top 20.[24] Im Dezember 2019 stieg das Album erstmals in die Top-100-Albumcharts der GfK ein und platzierte sich dort mehrmals in den Jahren 2019 und 2020.[25]

Musikalische Leiter

  • 1938–1950: Boris Ledkovsky
  • 1950–1954: Andrej Scholuch
  • 1955–1959: Sergej Horbenko
  • 1959–1962: Leonid Dorojynski
  • 1962–1967: Nikolai Tripolitoff
  • seit 1993: Peter Orloff (bis 1995 gemeinsam mit Toma Pitkov)

Diskografie (Auswahl)

Alben bis 1990

  • 1958: The Cossacks. Label Vox (6)
  • 1962: Die Schwarzmeer Kosaken singen. Leitung: Leonid Dorojinsky, Discophon Schallplattengesellschaft, Harmonia Mundi, HMAC 30633; HM 30633
  • 1963: Die schönsten Gesänge aus dem Heiligen Rußland. Aladin, LA 25302
  • 1972: Ivan Rebrov, Boris Rubaschkin, Original Schwarzmeer Kosaken Chor, Intercord, 28 514-8Z/1-3; F 556 A-C

Datum der Veröffentlichung unbekannt

  • Schwarzmeer Kosaken-Chor. Leitung: Andrej Scholuch, Columbia, SEGW 21-7813
  • Kalinka, Russian Folk Songs. Michael Minsky, Schwarzmeer Kosakenchor. Brilliant Classics, 92341
  • Der Schwarzmeer Kosakenchor. Leitung Nikolai Tripolitoff, Label Saphir, 701-05 SB; E 701/8
  • From The Steppes of Russia With Love, Michael Minsky, The Wolga Balalaika Orchestra, The Choir Of The Black Sea Cossacks. Liz records, 501
  • Schwarzmeerkosaken. Die Schwarzmeerkosaken singen. Schwarzmeer-Kosakenchor, Leitung Sergey Herbenko, Label Almathea, AM 11 520
  • Mütterchen Russland. Russische Volkslieder und Tänze. Balalaika-Orchester Fedor Astachow, Schwarzmeer-Kosaken, Europa, E 192

Alben ab 1993

  • 1995: Peter Orloff und der Original Schwarzmeer Kosaken Chor. MCP Records
  • 1996: Peter Orloff und der Schwarzmeer Kosaken-Chor. „Nach Hause, das heißt Damoj“. MCP Sound & Media
  • Die Geschichte einer Legende – Jubiläums-Edition: 4-CD-Box, EAN 9002986142850
  • Die große 4-CD-Box zum Konzert. 4-CD-Box, EAN 9002986142829
  • Von Kiew nach St. Petersburg. 2-CD-Box, EAN 9002986709855
  • Kosaken-Classics. EAN 9002986709886
  • Es strahlt ein Stern. Festliches Weihnachtskonzert. 2-CD-Box, Aladin Records, EAN 9002986901211
  • Wolgalied. EAN 9002986190875
  • Dieses Lied ist nur für Dich (nur Online über TROJA bestellbar)
  • 2019: Teure Heimat – Die Gold-Edition: 5-CD-Box, Telamo, EAN 4053804313346

Filmografie

  • Weihnachtskonzert, DVD, EAN 9002986633112
  • Wolgalied, DVD, EAN 9002986190875

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  2. a b c Stephan Imming: Die Peter-Orloff-Story. In: Schlagerprofis.de. 26. Januar 2019, abgerufen am 6. Juli 2020 (deutsch).
  3. a b c Ein Mehr an Stimmen in Bad Berleburg. In: Siegener Zeitung. Abgerufen am 6. Juli 2020.
  4. a b Peter Orloff & Schwarzmeer Kosaken-Chor. In: Stadtanzeiger. Abgerufen am 6. Juli 2020.
  5. Biographische Sammelwerke, einzelne Personen und Familien, Einzelpersonen: Zeitungsausschnitte zu Nikolai Orloff, Gründer der Russischen Brüderhilfe. In: Archiv Bestand S 829 (2015/022). Stadtarchiv Lemgo, abgerufen am 6. Juli 2020.
  6. Uwe Kaminsky, Ulrike Winkler: Dienen unter Zwang: Studien zu ausländischen Arbeitskräften in Evangelischer Kirche und Diakone im Rheinland während des Zweiten Weltkriegs. Rheinland-Verlag, 2002, ISBN 978-3-7927-1855-1 (google.de [abgerufen am 6. Juli 2020]).
  7. Russische Seele in der Schneeberger Kirche, Gastspiel der Schwarzmeer-Kosaken. In: Kirche Chemnitz: Neues aus Chemnitz und der Region. Archiviert vom Original am 9. Juli 2020; abgerufen am 6. Juli 2020.
  8. a b c russian-records.com. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  9. a b Kritiker auf Lebenszeit. In: Mitteilungen für alle Tonbandfreunde, Heft 16, 1958, Seite 16. BASF, abgerufen am 7. Juli 2020.
  10. ROCM Music About Choir (English). Abgerufen am 7. Juli 2020.
  11. a b Ural Kosaken Chor: Geschichte. Abgerufen am 6. Juli 2020.
  12. Stephan Imming: Die Peter-Orloff-Story. In: Schlagerprofis.de. 26. Januar 2019, abgerufen am 7. Juli 2020 (deutsch).
  13. Original Schwarzmeer Kosaken Chor - Die Schwarzmeerkosaken singen. Abgerufen am 10. Juli 2020.
  14. Ensemble. In: wolga-kosaken.de. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  15. Gießener Anzeiger Verlags GmbH: Peter Orloff im Interview: Echte Gefühle sind nicht kitschig - Gießener Anzeiger. Abgerufen am 10. Juli 2020.
  16. Die Geschichte einer Legende. In: Merkur.de. 28. September 2009, abgerufen am 10. Juli 2020.
  17. Bayerische Staatsoper: Kuzmenko Vladimir. Abgerufen am 10. Juli 2020.
  18. Nach Todesfall: Schwarzmeer-Kosaken-Chor holt Auftritt nach. Abgerufen am 10. Juli 2020.
  19. „Weltreise der Melodien“ mit Ilya Kurtev & Freunde und Gaststar Igor Ishchak. Evangelische Kirche Brück, abgerufen am 10. Juli 2020 (deutsch).
  20. a b Stimmgewaltig Schwarzmeer-Kosaken-Chor in Hausen. In: Gießener Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 10. Juli 2020.
  21. Schwarzmeer Kosaken mit Peter Orloff in Marl. In: Marl Aktuell/Sonntagsblatt im Vest. Abgerufen am 6. Juli 2020.
  22. Josef-Kohlmaier-Halle | Stadthalle Limburg - Detailansicht. Abgerufen am 6. Juli 2020.
  23. smago! präsentiert …: Die „Top 10 volkstümliche Musik Endauswertung“ (Mai 2019)! In: smago.de. smago, abgerufen am 13. Juni 2020.
  24. Andy Tichler: „Offizielle deutsche Charts“ smago! top-exklusiv: Die Top 48 (!) des Jahres „Volkstümliche Musik“! In: smago.de. smago, 28. Dezember 2018, abgerufen am 13. Juni 2020.
  25. GFK Charts. Abgerufen am 13. Juni 2020.