Schwalheim

Schwalheim
Wappen von Schwalheim
Koordinaten:50° 21′ N, 8° 46′ O
Höhe: 131 m ü. NHN
Fläche:4,48 km²[1]
Einwohner:2077 (31. Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte:464 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Februar 1972
Postleitzahl:61231
Vorwahl:06032

Schwalheim ist ein Stadtteil von Bad Nauheim im hessischen Wetteraukreis.

Geografische Lage

Der Stadtteil liegt zweieinhalb Kilometer südöstlich der Kernstadt von Bad Nauheim auf einer Höhe von 140 m über NN. Von der Kernstadt ist Schwalheim im Westen durch die Trassen der Bundesstraße 3, der Bundesstraße 275 und der Main-Weser-Bahn getrennt. Durch den Ort führen die Kreisstraßen 174 und 175. Schwalheim liegt im Wettertal.

Geschichte

Vorgeschichte

Münzfunde im Schwalheimer Sauerbrunnen belegen, dass die Heilquelle bereits in römischer Zeit genutzt wurde.

Mittelalter

(c) Foto von Hydro bei Wikipedia, CC BY-SA 4.0
Die Kirche von Schwalheim

Der Ort Schwalheim wird bekanntermaßen erstmals im sogenannten Codex Eberhardi des Klosters Fulda erwähnt: „Rutheri tradidit deo et sancto Bonifacio in Wettereiba in Rodoheimere marca in villa Suabileheim predia et familiam suam“.[3] Die betreffende Stelle wird auf 780–817 datiert. Der Ortsname bedeutet „Heim des Swabilo“.

Schwalheim war nach dem Tod von Ulrich II. von Münzenberg 1255 Bestandteil der Münzenberger Erbschaft und fiel als Allod zunächst an die Herren von Falkenstein. Nach deren Aussterben wurde es 1418 an die Herren von Eppstein vererbt. Diese starben 1535 ebenfalls aus. Schwalheim wurde an die Grafen von Stolberg vererbt. Diese verpfändeten das Dorf 1572 und verkauften es 1578 endgültig an die Grafschaft Hanau-Münzenberg. Dort wurde es 1597 in das neu gebildete Amt Dorheim integriert.[4]

Neuzeit

In der Grafschaft Hanau-Münzenberg wurde Mitte des 16. Jahrhunderts nach und nach die Reformation eingeführt. Dies geschah zunächst im lutherischen Sinn. In einer „zweiten Reformation“, wurde die Konfession erneut gewechselt: Graf Philipp Ludwig II. verfolgte ab 1597 eine entschieden reformierte Kirchenpolitik. Er machte vom Jus reformandi, seinem Recht als Landesherr Gebrauch, die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen, und setzte dies für die Grafschaft Hanau-Münzenberg weitgehend als verbindlich durch, so auch in Schwalheim. Kirchliche Oberbehörde war nun das Konsistorium in Hanau.

Wie in der übrigen Grafschaft Hanau-Münzenberg wurde auch hier seit der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert das Solmser Landrecht zum Gewohnheitsrecht.[5] Das Gemeine Recht galt nur, wenn Regelungen des Solmser Landrechts für einen Sachverhalt keine Bestimmungen enthielten. Das Solmser Landrecht blieb auch im 19. Jahrhundert geltendes Recht, auch in kurhessischer und großherzoglich hessischer Zeit. Erst das Bürgerliche Gesetzbuch vom 1. Januar 1900, das einheitlich im ganzen Deutschen Reich galt, setzte das alte Partikularrecht weitgehend außer Kraft.

Nach dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., 1736 erbte Landgraf Friedrich I. von Hessen-Kassel aufgrund eines Erbvertrages aus dem Jahr 1643 die Grafschaft Hanau-Münzenberg und damit auch Schwalheim. 1803 wurde die Landgrafschaft Hessen-Kassel zum Kurfürstentum Hessen erhoben. Während der napoleonischen Zeit stand das Amt Dorheim ab 1806 unter französischer Militärverwaltung, gehörte 1807–1810 zum Fürstentum Hanau, und dann von 1810 bis 1813 zum Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau. Anschließend fiel es wieder an das Kurfürstentum Hessen zurück. Nach der Verwaltungsreform des Kurfürstentums Hessen von 1821, im Rahmen derer Kurhessen in vier Provinzen und 22 Kreise eingeteilt wurde, ging das Amt Dorheim im neu gebildeten Kreis Hanau auf. Die erstinstanzliche Rechtsprechung lag beim Justizamt Dorheim – einem Gericht, trotz der heute befremdlichen Bezeichnung. Nach dem verlorenen Krieg von 1866 annektierte das Königreich Preußen das Kurfürstentum Hessen. Allerdings wurde das ehemalige Amt Dorheim im Friedensvertrag vom 3. September 1866 von Preußen in einem Gebietstausch an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt weitergegeben, von dessen Gebiet es vollständig umgeben war. Dort wurde das Dorf Schwalheim in den Kreis Friedberg eingegliedert, der zur Provinz Oberhessen gehörte. Das „Justizamt“ wurde in Landgericht Nauheim umbenannt, das wiederum 1879 anlässlich der Reichsjustizreform von dem Amtsgericht Nauheim ersetzt wurde, das bis 1968 bestand. Anschließend war das Amtsgericht Friedberg zuständig.

1908 wurde die Schule im Ort gebaut.

Gebietsreform

Zum 1. Februar 1972 wurde Schwalheim im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis in die Stadt Bad Nauheim eingemeindet.[6] Für den Stadtteil Schwalheim wurde, wie für die anderen eingegliederten ehemals eigenständigen Gemeinden sowie die Kernstadt, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[7]

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Schwalheim lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][8]

Einwohnerentwicklung

Einwohnerzahlen

Schwalheim: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2019
Jahr  Einwohner
1834
  
396
1840
  
398
1846
  
422
1852
  
468
1858
  
496
1864
  
507
1871
  
506
1875
  
559
1885
  
609
1895
  
628
1905
  
736
1910
  
824
1925
  
931
1939
  
946
1946
  
1.416
1950
  
1.408
1956
  
1.359
1961
  
1.428
1967
  
1.625
1970
  
1.611
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2010
  
2.147
2011
  
2.091
2016
  
2.102
2019
  
2.077
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Bad Nauheim (web archiv): 2010, 2016, 2019[2]; Zensus 2011[10]

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Schwalheim 2091 Einwohner. Darunter waren 144 (6,9 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 372 Einwohner unter 18 Jahren, 761 zwischen 18 und 49, 444 zwischen 50 und 64 und 414 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 900 Haushalten. Davon waren 273 Singlehaushalte, 270 Paare ohne Kinder und 255 Paare mit Kindern, sowie 81 Alleinerziehende und 21 Wohngemeinschaften. In 192 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 600 Haushaltungen lebten keine Senioren.[10]

Wappen

Das Wappen wurde am 8. Juli 1966 durch das Hessische Ministerium des Innern genehmigt.

Blasonierung: „In goldenem Schild unter drei roten Sparren ein rotes Rad auf blau-weißen Wellenlinien als Schildfuß.“[11]

Im Gegensatz zu dem Gemeindesiegel aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, das den landesherrlichen hessischen Löwen und den Schild der Grafen von Hanau, also rein geschichtliche Symbole, zeigt, enthält das neue Wappen auch ein örtliches Symbol, nämlich das große Wasserrad, welches als Wahrzeichen Schwalheims weithin bekannt ist. Die drei Jahrhunderte hindurch ausgeübte Herrschaft der Grafen von Hanau wird eindrucksvoll dadurch zum Ausdruck gebracht, dass die drei Hanauer Sparren über dem Rad angebracht sind und es gewissermaßen überdachen.

Heilwasser

Ein 1748 errichtetes Wasserrad an der Wetter war bis Ende der 1960er Jahre in Betrieb. Von dort führte ein Holzgestänge zur Kraftübertragung zu den Gradierbauten IV und V in Nauheim, mit dessen Hilfe die Sole auf die Gradierbauten gepumpt wurde. Das Gestänge wurde großteils abgebaut.

Richtung Dorheim liegen in einer parkartigen Anlage der Schwalheimer Sauerbrunnen und die Löwenquelle, beides staatlich anerkannte Heilquellen. Die Fassung der Löwenquelle im Stil der Reformarchitektur wurde vom Architekten Wilhelm Jost geplant, der auch für den Bau des Bad Nauheimer Sprudelhofs und anderer Bauwerke zuständig war. Münzfunde im Brunnen belegen, dass das Wasser bereits in römischer Zeit geschätzt wurde. Das wohlschmeckende Quellwasser wurde früher in alle Welt verkauft. Das Brunnenwärterhäuschen war früher ein beliebtes Ausflugslokal. Es beherbergt heute wieder ein Restaurant.

1840 wurde ein Kurhaus erbaut, das aber 1962 abgerissen wurde. Der anfänglich florierende Kurbetrieb scheiterte, als das benachbarte Bad Nauheim mit dem Großen Sprudel zum Heilbad aufstieg.

Sehenswürdigkeiten

Die Evangelische Kirche wurde 1851 errichtet.

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Blick auf die Reste der Motte Gewanneküppel zwischen Sportplatz und Wetter mit der Schautafel als Teil des Stadthistorischen Rundganges

Infrastruktur

Literatur

  • Heinrich Meyer zu Ermgassen (Hrsg.): Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, Band 4, Der Buchschmuck des Codex Eberhardi. Marburg 2009, ISBN 978-3-7708-1332-2 und ISBN 978-3-86354-137-8.
  • Hans Georg Ruppel (Bearb.): Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehemaligen Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform. (= Darmstädter Archivschriften, Band 2.) 1976, S. 189.
  • Karl Dielmann: Amtmann Otto Friedrich Zaunschliffer, der Schwalheimer Sauerbrunnen und der Krugbau bei Steinau. In: Hanauer Geschichtsblätter, Band 24 (1973), S. 157–175.
  • Schwalheimer Arbeitskreis Geschichte im Auftrag des Magistrats der Stadt Bad Nauheim (Hg.): 1200 Jahre Schwalheim 817–2017. Bad Nauheim 2017.
  • Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.), Heinz Wionski (Bearb.): Wetteraukreis II, Teilband 1, Friedberg bis Wöllstadt. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen) Vieweg, Braunschweig 1999, ISBN 3-528-06227-4, S. 201–208.
  • Gerhard Kleinfeldt, Hans Weirich: Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch-nassauischen Raum. (= Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau, Band 16.) 1937 (Nachdruck 1984), S. 33.

Weblinks

Commons: Schwalheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Schwalheim, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. August 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Zahlen & Daten. In: Webauftritt. Stadt Bad Nauheim, abgerufen im Oktober 2020.
  3. Meyer zu Ermgassen (Hrsg.): Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, Bd. 2. Marburg (1996), S. 208, Nr. 114.
  4. Herbert Pauschardt: Aus der Geschichte eines Dorfes im Wettertal – Rödgen = Festschrift zur 750-Jahrfeier (2010) des Bad Nauheimer Stadtteils. Hrsg.: Magistrat der Stadt Bad Nauheim. Bad Nauheim 2010, S. 33.
  5. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 75, Anm. 65, sowie beiliegende Karte.
  6. Alexander C. Jung: Die Schwalheimer werden Bad Nauheimer Bürger. In: Schwälemer Sandhoas 1 (2012), S. 8–18.
  7. Hauptsatzung. (PDF; 92 kB) § 6. In: Webauftritt. Stadt Bad Nauheim, abgerufen im Oktober 2020.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August, S. 223–224. (kurhess GS 1821)
  10. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 48 und 102, archiviert vom Original am 11. Juli 2021;.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/statistik.hessen.de
  11. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Schwalheim, Landkreis Friedberg vom 8. Juli 1966. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1966 Nr. 30, S. 978, Punkt 695 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9 MB]).

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Die ev. Kirche in Schwalheim
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Wappen der Stadt Bad Nauheim, Hessen, Deutschland