Schulschrift-Kursiv

Alphabet der Schulschrift-Kursiv

Die Schulschrift-Kursiv ist eine Form der Antiqua-Kursiv, die mit Wechselzug (Bandzugfeder, Kalligrafie-Stift oder Flachpinsel u. a.) geschrieben wird. Sie wurde für den Schriftunterricht der Kunsterziehung in der DDR entwickelt[1] und stellt neben der Kursiv mit Gleichzugfeder geschrieben eine Modifikation der Schulausgangsschrift von 1968 dar.

Ziele

Mit ihrer Einführung in den Lehrplan 1972[2] sollten die Intentionen von einer systematisch und kontinuierlich angelegten Schreiberziehung und Schriftgestaltung in der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule weiter realisiert werden. Da nach dem Deutschunterricht der 3. Klasse die Ausbildung im Schreiben endete, sollte die Einführung der Schulschrift-Kursiv im Kunstunterricht der 4. und 5. Klasse dazu beitragen, diese Fähigkeiten und Fertigkeiten zu festigen und weiterzuentwickeln.

Größenproportionen der Buchstaben und Ziffern

Die praktische Auseinandersetzung mit einer anspruchsvolleren Gestaltung der Buchstaben im Zusammenhang mit dem Schriftbild als Ganzem sollte die Schüler befähigen, Formen und deren Zusammenhänge bewusster wahrnehmen und bewerten zu können, und – vor allem –, sich über die individuelle Handschrift hinaus in einer gehobenen Form schriftlich äußern zu können, z. B. bei der Gestaltung von Einladungen, Glückwunschschreiben, Gedichten oder dem Ausfüllen bzw. Gestalten von Urkunden.

Haltung der Bandzugfeder

Eine wesentliche Voraussetzung dafür war die Beherrschung der Bandzugfedertechnik. Durch den Band- bzw. Wechselzug werden die Grundstriche betont, die weniger bedeutungstragenden Aufstriche treten optisch zurück. Der rhythmische Wechsel von fetten und feinen Linien sowie die kurzen An- und Endstriche verstärken die ästhetische Wirkung der geschriebenen Schrift.

Mit der Einführung der Schulschrift-Kursiv in den Schriftunterricht der Kunsterziehung konnten die Vorstellungen, von denen die Veränderung der Schulausgangsschrift[3][4] ausgegangen war, besser verwirklicht werden, nämlich die Orientierung der Schrift an den Formen der Renaissance-Kursiven, insbesondere der humanistischen Kursive[5][6] und der Cancellaresca,[7][8] welche die Quellen der lateinischen Schreibschriften bilden.

Probleme

Die Schulschrift-Kursiv konnte sich in der Praxis nicht durchsetzen. Gründe dafür waren zunächst die unzureichenden material-technischen Bedingungen (schlechte Federn, Federhalter und Tusche). Darüber hinaus hatte die Kursiv in der Kunsterziehung keine Tradition. Schließlich führte auch die Präferenz bildgestalterischer Inhalte durch viele Kunsterzieher dazu, dass die Schulschrift-Kursiv 1987 aus dem Lehrplan entfernt wurde.

Literatur

  • Alfred J. Fairbank: A Handwriting Manual. Faber & Faber, London 1954.
  • Tom Gourdie: Italic Handwriting. Studio Publications, London 1955.
  • Renate Tost: Die Schrift in der Schule. Ein Beitrag zur Perspektive der Schreiberziehung in der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Institut für Buchgestaltung, Leipzig 1968.
  • Albert Kapr: Schriftkunst. Geschichte, Anatomie und Schönheit der lateinischen Buchstaben. Verlag der Kunst, Dresden 1971, ISBN 3-364-00624-5, S. 318.
  • Elke Müller: 4. Klasse – Schulschrift-Kursiv. Hinweise zu ihrer Einführung. In: Zeitschrift Kunsterziehung 10. Volk und Wissen, Berlin 1971, S. 18.
  • Renate Tost: Untersuchungen zu einigen grundlegenden Aspekten der Handschriftgestaltung in der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule unter besonderer Berücksichtigung der Schulschrift-Kursiv. Diss. Leipzig 1975.
  • Renate Tost: Die Schulschrift-Kursiv. In: Robert Kuhn (Hrsg.): Schriftgestaltung, Schriften zur Kunsterziehung. Bd. 22, Volk und Wissen, Berlin 1971, S. 46–60.
  • Albert Kapr: Über die Verbesserung der Schulausgangsschrift in der DDR. In: Albert Kapr: Schrift- und Buchkunst. Aufsätze, Reden, künstlerische Arbeiten. Fachbuchverlag, Leipzig 1982, S. 141–147.
  • Hildegard Korger: Schrift und Schreiben: ein Fachbuch für alle, die mit dem Schreiben und Zeichnen von Schriften und ihrer Anwendung zu tun haben. Fachbuchverlag, Leipzig 1991, ISBN 3-343-00134-1, S. 57–65.
  • Walter Bergner: Fundierte Förderung der Schriftkultur. Zum Bemühen des Leipziger Instituts für Buchkunst um Schulschrift und Kalligraphie. Sonderdruck aus: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 7, 1997, ISBN 3-447-03938-8, S. 223–244.
  • Gottfried Pott: Kalligrafie: erste Hilfe und Schrift-Training mit Muster-Alphabeten. Schmidt, Mainz 2005, ISBN 3-87439-675-4, S. 47–55.

Einzelnachweise

  1. Renate Tost: Klasse 4 – Zur Einführung der Schulschrift-Kursiv. In: Kunsterziehung 11(1971), [1] S. 9–11 (3.450 kB)
  2. Renate Tost: Schrift und Schreiben in der Schule. Typografie 11,1970.[2] S. 257–264 (5.875 kB)
  3. Renate Tost: Zur Entwicklung der vereinfachten Schulausgangsschrift der DDR 1968 [3] (PDF; 5,8 MB). Dresden 2008, Tafel 1.
  4. italic-handwriting.org/exemplars Society for Italic Handwriting
  5. Buch in humanistischer Kursive, Italien 1460 [4]
  6. Buch in humanistischer Kursive, Italien zwischen 1475 und 1490 [5]
  7. Buch in Cancellaresca, Venedig 1541[6]
  8. Urkunde in Cancellaresca, Mantua 1542 [7]

Auf dieser Seite verwendete Medien

Haltung der Bandzugfeder.jpg
Autor/Urheber: Tost, Renate, Lizenz: CC0
Haltung der Bandzugfeder
Größenproportionen der Buchstaben und Ziffern.jpg
Autor/Urheber: Tost, Renate, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Größenproportionen der Buchstaben und Ziffern
Alphabet der Schulschrift-Kursiv.jpg
Autor/Urheber: Tost, Renate, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Alphabet der Schulschrift-Kursiv