Schnittpunkt
Ein Schnittpunkt ist in der Mathematik ein gemeinsamer Punkt von Kurven oder Flächen in der Ebene oder im Raum. Der allgemeine Sprachgebrauch versteht unter Schnittpunkt jenen zweier Geraden, was jedoch im mathematischen Kurvenbegriff enthalten ist. Im dreidimensionalen Raum kann eine Kurve mit einer Fläche einen Schnittpunkt bilden. Im einfachsten Fall schneidet eine Gerade eine Ebene. Außerdem können sich im dreidimensionalen Raum drei Flächen in einem Punkt schneiden. Dafür ist der einfachste Fall der Schnittpunkt dreier Ebenen.
Schnittpunkte von Geraden, Ebenen oder Hyperebenen können mithilfe von linearen Gleichungssystemen bestimmt werden.
Im Allgemeinen führt die Bestimmung von Schnittpunkten auf nichtlineare Gleichungen, die man in der Praxis mit einem Verfahren zur Bestimmung von Nullstellen, zum Beispiel der Regula falsi, dem Sekantenverfahren, dem Newtonverfahren oder dem Householder-Verfahren löst. Schnittpunkte einer Gerade mit einem Kegelschnitt (Kreis, Hyperbel, Ellipse, Parabel) oder einer Quadrik (Kugel, Ellipsoid, Hyperboloid …) führen auf quadratische Gleichungen und sind auch noch relativ leicht lösbar. Für den Schnittpunkt einer Gerade mit einer Ebene, einer Kugel, einem Zylinder oder einem Kegel bietet die darstellende Geometrie Methoden, um Schnittpunkte zeichnerisch zu bestimmen[1].
Schnittpunkt in der Ebene
Schnittpunkt zweier Geraden
Für den Schnittpunkt zweier nicht paralleler
- Geraden (gegeben in Koordinatenform)
ergibt sich mit der Cramerschen Regel für die Koordinaten des Schnittpunktes
Falls ist, sind die beiden Geraden parallel.
- Für eine Gerade durch die Punkte
- und
- und eine Gerade durch die Punkte
- und
- Berechnet man den Schnittpunkt, indem man zuvor die Zweipunkteformen in Koordinatenformen umrechnet.
- Der Schnittpunkt ergibt sich zu
- und
- .
- und eine Gerade durch die Punkte
Schnittpunkt zweier Strecken
Sind zwei nicht parallele Strecken und gegeben, so müssen sie sich nicht schneiden. Denn der Schnittpunkt der zugehörigen Geraden muss nicht in beiden Strecken enthalten sein. Um letzteres zu klären, stellt man beide Strecken parametrisiert dar:
- ,
Schneiden sich die Strecken, so muss der gemeinsame Punkt der zugehörigen Geraden Parameter haben mit der Eigenschaft . Die Schnittparameter sind Lösung des linearen Gleichungssystems
Dieses löst man (wie oben) mit der Cramerschen Regel, überprüft die Schnittbedingung und setzt oder in die zugehörige Parameterdarstellung ein, um schließlich den Schnittpunkt zu erhalten.
Beispiel
Für die Strecken und erhält man das Gleichungssystem
und . D. h. die Strecken schneiden sich und der Schnittpunkt ist .
Bemerkung: Betrachtet man Geraden durch zwei Punktepaare (nicht Strecken !), so kann man die Bedingung ignorieren und erhält mit dieser Methode den Schnittpunkt der beiden Geraden (s. vorigen Abschnitt).
Schnittpunkte einer Geraden mit einem Kreis
Um den Schnitt der
- Gerade mit dem Kreis
zu berechnen, wird zunächst das System durch Setzen von und so verschoben, dass der Kreismittelpunkt im Nullpunkt liegt. Dadurch ergibt sich als neue Kreisgleichung
und als neue Geradengleichung
- mit .
Durch Auflösen der Geradengleichung nach oder , Einsetzen in die Kreisgleichung, Anwenden der Lösungsformel für quadratische Gleichungen und anschließendes Rückgängigmachen der Verschiebung ergeben sich dann die Schnittpunkte mit
sofern gilt. Im Fall der Gleichheit gibt es nur einen Schnittpunkt und die Gerade ist eine Tangente des Kreises.
Bemerkung: Die Schnittpunkte einer Gerade mit einer Parabel oder einer Hyperbel lassen sich analog durch Lösen einer quadratischen Gleichung bestimmen.
Schnittpunkte zweier Kreise
Die Bestimmung der Schnittpunkte zweier Kreise
lässt sich durch Subtraktion der beiden Gleichungen auf das Problem Schnittpunkte der Gerade (Potenzgerade)
mit einem der beiden Kreise zurückführen.
Sonderfall :
In diesem Fall hat der erste Kreis den Nullpunkt als Mittelpunkt und der zweite Mittelpunkt liegt auf der x-Achse. Dadurch vereinfacht sich die Gleichung der Potenzgerade zu und für die Schnittpunkte ergibt sich
Falls ist, schneiden sich die Kreise nicht. Im Fall berühren sich die Kreise.
Allgemeiner Fall
Für den allgemeinen Fall mit den Kreismittelpunkten verwendet man Ergebnisse des Sonderfalls und setzt:
- (Abstand der Mittelpunkte),
- (Abstand der Potenzgerade zu ),
- (Abstand der Schnittpunkte von ),
- (gedrehte Orthonormalbasis, siehe Bild).
- (Abstand der Potenzgerade zu ),
Die Ortsvektoren der Schnittpunkte sind dann:
( ist der Ortsvektor von .)
Schnittpunkte zweier Kegelschnitte
Die Aufgabe, die Schnittpunkte einer Ellipse/Hyperbel/Parabel mit einer Ellipse/Hyperbel/Parabel zu bestimmen, führt bei Elimination einer Koordinate i.a. auf eine Gleichung vierten Grades, die nur in speziellen Fällen leicht lösbar ist. Die Schnittpunkte lassen sich allerdings auch iterativ mit Hilfe des 1- bzw. 2-dimensionalen Newton-Verfahrens bestimmen, je nachdem man a) beide Kegelschnitte implizit (→ 2-dim. Newton) oder b) einen implizit und den anderen parametrisiert darstellt (→ 1-dim. Newton). Siehe hierzu den nächsten Abschnitt.
Schnittpunkt zweier Kurven
Zwei in der Ebene liegende, stetig differenzierbare Kurven (also Kurven ohne „Knick“) haben einen Schnittpunkt, wenn sie einen Punkt der Ebene gemeinsam haben und die beiden Kurven in diesem Punkt entweder
- a) unterschiedliche Tangenten aufweisen (transversales Schneiden), oder
- b) gemeinsame Tangenten haben und sich in dem Punkt kreuzen (berührendes Schneiden, siehe Bild).
Falls die beiden Kurven zwar einen gemeinsamen Punkt und dort eine gemeinsame Tangente haben, aber sich nicht kreuzen, berühren sie sich in .
Da berührendes Schneiden eher selten vorkommt und rechnerisch sehr aufwendig zu behandeln ist, wird im Folgenden stets transversales Schneiden vorausgesetzt. Um es nicht immer wieder erwähnen zu müssen, werden auch die jeweils nötigen Differenzierbarkeits-Bedingungen vorausgesetzt. Die Bestimmung von Schnittpunkten führt immer wieder auf das Problem, eine Gleichung mit einer bzw. zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten lösen zu müssen. Die Gleichungen sind im Allgemeinen nicht linear und können dann beispielsweise mit dem 1- oder 2-dimensionalen Newton-Verfahren numerisch gelöst werden. Im Folgenden werden die einzelnen Fälle und die zu lösenden Gleichungen beschrieben:
- Falls beide Kurven explizit vorliegen: liefert Gleichsetzen die Gleichung
- Falls beide Kurven parametrisiert vorliegen: .
- Gleichsetzen liefert zwei Gleichungen für zwei Unbekannte:
- Falls eine Kurve parametrisiert und die andere implizit gegeben sind: .
- Dies ist nach dem expliziten der einfachste Fall. Denn man muss hier nur die Parameterdarstellung von in die Gleichung von einsetzen und erhält die Gleichung
- Falls beide Kurven implizit gegeben sind: .
- Ein Schnittpunkt ist hier die Lösung des im Allgemeinen nichtlinearen Gleichungssystems
Die für das jeweilige Newton-Verfahren nötigen Startwerte lassen sich aus einer Visualisierung der beiden Kurven gewinnen. Eine parametrisiert oder explizit gegebene Kurve lässt sich leicht visualisieren, da man zu vorgegebenem Parameter bzw. direkt einen Punkt berechnen kann. Für implizit gegebene Kurven ist dies nicht so einfach. Hier muss man im Allgemeinen mit Hilfe von Startpunkten und einem Iterationsverfahren Kurvenpunkte berechnen[2].
Beispiele
- 1: und Kreis (s. Bild).
- Es ist die Newton-Iteration für
- durchzuführen. Als Startwerte kann man −1 und 1,5 wählen.
- Die Schnittpunkte sind: (−1,1073; −1.3578) und (1,6011; 4,1046)
- 2:
- (s. Bild).
- Es ist die Newton-Iteration
- durchzuführen, wobei die Lösung des linearen Gleichungssystems
- an der Stelle ist. Als Startpunkte kann man (−0,5; 1) und (1; −0,5) wählen.
- Das lineare Gleichungssystem löst man am einfachsten mit der Cramerschen Regel.
- Als Schnittpunkte ergeben sich (−0.3686; 0,9953) und (0,9953; −0,3686).
- Es ist die Newton-Iteration
- Es ist die Newton-Iteration für
Schnittpunkt zweier Polygone
Falls man Schnittpunkte zweier Polygone sucht, kann man jede Teilstrecke des einen Polygons mit jeder Teilstrecke des anderen Polygons auf Schneiden untersuchen (s. oben: Schnitt zweier Strecken). Für Polygone mit vielen Teilstrecken ist diese einfache Methode sehr zeitaufwändig. Durch sogenannte Fenstertests lässt sich die Rechenzeit deutlich reduzieren. Dabei fasst man mehrere Teilstrecken zu einem Teilpolygon zusammen und berechnet das zugehörige Fenster, das ist das minimale achsenparallele Rechteck, das das Teilpolygon enthält. Bevor aufwändig ein Schnittpunkt zweier Teilpolygone berechnet wird, werden die zugehörigen Fenster auf Überlappung getestet[3].
Schnittpunkte im Raum
Im 3-dimensionalen Raum spricht man von einem Schnittpunkt (gemeinsamer Punkt) einer Kurve mit einer Fläche. Bei den folgenden Überlegungen sollen (wie oben) nur die transversalen Schnitte einer Kurve mit einer Fläche behandelt werden.
Schnittpunkt einer Geraden mit einer Ebene
Eine Gerade wird im Raum in der Regel durch eine Parameterdarstellung und eine Ebene durch eine Gleichung beschrieben. Durch Einsetzen der Parameterdarstellung der Gerade in die Ebenengleichung ergibt sich die lineare Gleichung
für den Parameter des Schnittpunktes . (Falls die lineare Gleichung keine Lösung besitzt, ist die Gerade parallel zur Ebene. Falls die Gleichung für alle erfüllt ist, ist die Gerade in der Ebene enthalten.)
Schnittpunkt dreier Ebenen
Ist eine Gerade als Schnitt zweier nicht paralleler Ebenen gegeben und soll mit einer dritten Ebene geschnitten werden, muss der gemeinsame Punkt der 3 Ebenen bestimmt werden.
Drei Ebenen mit linear unabhängigen Normalenvektoren besitzen den Schnittpunkt
Zum Beweis überzeuge man sich von unter Beachtung der Regeln für ein Spatprodukt.
Schnittpunkte einer Kurve mit einer Fläche
Analog wie im ebenen Fall führen die folgenden Fälle zu im Allgemeinen nicht linearen Gleichungssystemen, die mit einem 1- bzw. 3-dimensionalen Newton-Verfahren gelöst werden können:[4]
- parametrisierte Kurve und
- parametrisierte Fläche
- parametrisierte Kurve und
- implizite Fläche
Beispiel
- parametrisierte Kurve und
- implizite Fläche (siehe Bild)
- Zu lösende Gleichung:
- Die Schnittpunkte sind: (−0,8587; 0,7374; −0,6332), (0,8587; 0,7374; 0,6332).
- implizite Fläche (siehe Bild)
Bemerkung: Eine Gerade kann auch in einer Ebene enthalten sein. Dann gibt es unendlich viele gemeinsame Punkte. Auch eine Kurve kann teilweise oder vollständig in einer Fläche enthalten sein (siehe Kurven auf der Fläche ). In diesen Fällen spricht man aber nicht mehr von Schnittpunkt.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Darstellende Geometrie für Architekten (PDF; 1,5 MB). Skript (Uni Darmstadt), S. 35,73,74
- ↑ CDKG: Computerunterstützte Darstellende und Konstruktive Geometrie (TU Darmstadt) (PDF; 3,4 MB), S. 69
- ↑ CDKG: Computerunterstützte Darstellende und Konstruktive Geometrie (TU Darmstadt) (PDF; 3,4 MB), S. 79
- ↑ CDKG: Computerunterstützte Darstellende und Konstruktive Geometrie (TU Darmstadt) (PDF; 3,4 MB), S. 147.
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Schnittpunkt: transversaler Schnitt
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Schnittpunkt: parametrisierte Kurve - implizite Fläche
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Schnitt zweier Kreise, Mittelpunkte auf der x-Achse
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Schnittpunkt: berührende Schnitte
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Schnittpunkt: parametrisierte Kurve - implizite Kurve