Schmincke (Unternehmen)
H. Schmincke & Co. GmbH & Co. KG | |
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Rechtsform | GmbH & Co. KG |
Gründung | 1881 |
Sitz | Erkrath, Deutschland |
Leitung | Nils Knappe[1] |
Mitarbeiterzahl | 71 (2021)[2] |
Branche | Künstlerfarben |
Website | schmincke.de |
Schmincke ist ein Hersteller für Künstlerfarben. Das 1881 gegründete Unternehmen mit Sitz in Erkrath gehört zu den führenden Unternehmen im Markt für Künstlerfarben. Schmincke stellt neben Öl-, Acryl- und Aquarellfarben für die traditionelle Malerei auch Farben für unterschiedliche künstlerische Zwecke wie Linoldruck, Pastellfarben, Gouachefarben und Pigmente her.
Geschichte
1881 gründeten die Farbenchemiker Hermann Schmincke und Josef Horadam die Firma H. Schmincke & Co. Zuvor fanden sie auf der Suche nach traditionellen hochwertigen Rezepten für Künstler-Ölfarben die Harz-Ölfarben-Rezepturen des Malers Cesare Mussini (1804–1879), der Professor an der Akademie von Florenz war.[3] Harz-Ölfarben wurden vor der Erfindung der Tube kaum verwendet, weil sie sich ohne dichte Behältnisse nur schwer transportieren und aufbewahren ließen. Daher waren seinerzeit einfache Ölfarben gebräuchlich. Andere in der gleichen Zeit gegründete europäische Künstlerfarbenfabriken nutzten Ölfarben ohne Harzanteil für die damals beginnende industrielle Fertigung von Künstlerfarben.
Horadam arbeitete zudem über ein Jahrzehnt lang an Rezepturen für Künstler-Aquarellfarben, die in England erfunden worden waren. 1892 erhielt er für seine Entwicklungen europaweite Patente für seine Horadam’s Patent-Aquarellfarben. Die unter den Marken Mussini-Harz-Ölfarben und Horadam-Aquarellfarben vertriebenen Produkte werden noch heute von Schmincke produziert und weiter entwickelt. Farben von Schmincke verwendeten beispielsweise Franz von Lenbach,[4] aber auch deutsche und österreichische Expressionisten wie Emil Nolde, Oskar Kokoschka und Karl Schmidt-Rottluff.[5] Über den Literaturnobelpreisträger und Künstler Günter Grass ist nach eigenen Angaben bekannt, dass er mit Schmincke Aquarellfarben arbeitete: „Gut erinnere ich mich, wie es mir bald nach der Währungsreform erschwinglich wurde, […], meine ersten Wasserfarben zu kaufen, keine Deckfarben mehr, sondern echte Aquarellfarben von Schmincke. In viereckigen Näpfchen, ein jedes in Silberpapier eingepackt, sagten sie auf einer Banderole ihre Namen her: Karminrot, Kobaltblau, Neapelgelb, Siena, Umbra, Lichter Ocker, Chromoxidgrün…“ (aus: Mit Wasserfarben[6], 2001). Auch der fiktive Künstler Jed im Roman Karte und Gebiet von Michel Houellebecq malte mit Schmincke-Produkten.[7]
Bald nach Firmengründung kamen spezielle Farbsortimente für Kunstprofessoren hinzu. Als sich dies als zu teuer erwies, wurde daraus ein preisgünstigeres Ölfarbensortiment entwickelt, das bis heute als Norma Professional, das sind Ölfarben ohne Harzanteil, vertrieben wird. Um 1900 kamen unter der zweiten Inhabergeneration Julius Hesse, dem Neffen der Gründer, Pastellfarben und ein Gouache-Programm für Künstler, Grafiker und Retuscheure hinzu. Im Jahre 1926 entstand das berühmte Otto-Dix-Ölgemälde des Unternehmers Julius Hesse, das sich heute in der Dauerausstellung des Kunstmuseums Stuttgart[8] befindet. Im Rahmen der Kunstausstellung „Der böse Blick“[9] im K20 Kunstmuseum in Düsseldorf war das Gemälde auch an seinem Entstehungsort zu sehen.
1937 konnte Ernst O. Hesse nach dem Tod seines Vaters Julius Hesse wegen jüdischer Vorfahren die Geschäfte zunächst nicht übernehmen. Seine Mutter Gerta Hesse floh in die Schweiz und führte das Unternehmen dort weiter.[5]
Nach Angaben des Unternehmens verbrannte das Schmincke-Firmenarchiv im Zweiten Weltkrieg.[10] Nach der kriegsbedingten Zwangspause[11] führte die dritte Generation unter Ernst O. Hesse die in den USA entwickelten Künstler-Acrylfarben ein.
Mit den deutschen Druckfarbenherstellern Hostmann-Steinberg und Kast & Ehinger entwickelte Schmincke ab 1967 das HKS-Farbsystem.[12][13] Schminckes Ziel war es dabei, in Deutschland die Marktführerschaft für den Bereich der Gouache-Farben (früher Plakattempera genannt) zu behalten.[14] 1974 zog der Betrieb in eine neue Fabrik in Erkrath um. 1981 begann mit dem Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens eine verstärkte weltweite Expansion. 1998 übergab Peter Julius Hesse, der seit 1971 Geschäftsführer in vierter Generation gewesen war, die Firmenleitung an Nils Knappe.[15] 2018 – mehr als 135 Jahre nach Firmengründung – ist das Unternehmen noch immer in Familienbesitz. Es produziert nach wie vor ausschließlich in Deutschland am Firmensitz in Erkrath bei Düsseldorf.
Neben dem Heimatmarkt Deutschland beliefert Schmincke Kunden in 53 Ländern der Erde.[16]
2021 erwirtschaftete Schmincke einen Rohertrag von rund 15,2 Mio. Euro.[17] Schmincke ist Mitglied im VDMI sowie bei der CEPE[18] im Rahmen der EuACA,[19] der European Artists’ Colours Association.
Auszeichnungen
In den Jahren 2012 und 2015 wurde H. Schmincke & Co. von Florian Langenscheidt im Rahmen des Projektes „Marken des Jahrhunderts“[20] ausgezeichnet und erhielt aufgrund seiner Alleinstellungsmerkmale für die Produktgattung Künstlerfarben den „Markenpreis der Deutschen Standards“.[21] 2018 folgte dann die Auszeichnung des Creative Impulse Award[22] auf der Frankfurter Fachmesse Creative World 2018 – Schmincke erhielt den 1. Preis in der Kategorie „Kreatives Produkt des Jahres“ mit dem J.H. Watercolour Wheel.
Literatur
- Jörg Lesczenski und Andrea H. Schneider-Braunberger: Farben für die Kunst: Die Geschichte der Künstlerfarbenfabrik H. Schmincke & Co. Prestel Verlag, München 2021, ISBN 978-3-7913-7916-6.
- Florian Langenscheidt: Lexikon der deutschen Familienunternehmen. 2. Auflage. Gabal Verlag, Offenbach/Main 2014, ISBN 978-3-86936-530-5, S. 899–900.
- Karin Lutzenberger: Künstlerfarben im Wandel: synthetische organische Pigmente des 20. Jahrhunderts und Möglichkeiten ihrer zerstörungsarmen, analytischen Identifizierung. Zugl. Diss. Humboldt-Univ. Berlin 2009; Utz, München 2009, ISBN 978-3-8316-0903-1, S. 10, 171 passim
- Dieter Köcher: Einfluss von Rohmaterial und Herstellung natürlicher Krapplacke auf Farbigkeit und Lichtechtheit. Dissertation Hochschule für Bildende Künste Dresden 2006, PDF, S. 144–169 passim.
- Bill Creevy: The Pastel Book: Materials and Techniques for Today’s Artist. Watson-Guptill Publications, New York 1991, S. 16 f. passim; dt. Ausgabe: Pastellmalerei. Aus dem Engl. übertr. von Hajo Düchting, Urania-Ravensburger, Berlin 2001, ISBN 3-332-01204-5.
Weblinks
- schmincke.de
- Annette Westhoff: Sie liefern Farben für alle. Schmincke GmbH in Erkrath. In: Welt am Sonntag vom 28. November 2004.
Einzelnachweise
- ↑ IMPRESSUM. In: schmincke.de. 24. Januar 2020, abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ H. Schmincke & Co. GmbH & Co. KG, Erkrath: Kennzahlen und Rang im Mittelstandsranking - Die Deutsche Wirtschaft. In: die-deutsche-wirtschaft.de. Abgerufen am 12. Juni 2022.
- ↑ MUSSINI, Cesare. Abgerufen am 19. November 2023.
- ↑ Wibke Neugebauer: Von Böcklin bis Kandinsky. Kunsttechnologische Forschungen zur Temperamalerei in München zwischen 1850 und 1914. Dissertation Hochschule für Bildende Künste Dresden 2015, Berlin 2016, S. 119.
- ↑ a b Florian Langenscheidt (Hrsg.): Deutsche Standards: Marken des Jahrhunderts. Deutsche Standards Editionen, Köln 2006, S. 468
- ↑ Mit Wasserfarben - Günter Grass. In: steidl.de. Abgerufen am 23. Oktober 2018.
- ↑ Michel Houellebecq: Karte und Gebiet. Kapitel XI. Auch nach: Gisela Trahms: Michel Houellebecq: Karte und Gebiet. In: culturmag.de. 1. August 2011, abgerufen am 23. Januar 2017.
- ↑ Home - Kunstmuseum Stuttgart. In: kunstmuseum-stuttgart.de. Abgerufen am 23. Oktober 2018.
- ↑ Otto Dix – Der böse Blick, 11.02. - 28.05.2017, Kunstsammlung NRW - K20 Grabbeplatz. In: art-in-duesseldorf.de. Abgerufen am 23. Oktober 2018.
- ↑ Guy Leclerc:200 ans Cesare Mussini. Biographie Cesare Mussini ( vom 20. Januar 2017 im Internet Archive) (200. Geburtstag von Mussini, Text franz.), abgerufen am 21. Januar 2017.
- ↑ Unternehmen, Unternehmensphilosophie. In: schmincke.de. Abgerufen am 21. Januar 2017.
- ↑ Sonderfarben. In: gutenbergblog.de. Abgerufen am 11. Januar 2017.
- ↑ Thomas Maier: HKS-Farbe, Digital Media for Artists Archiv 2002–2011, Kunstuniversität Linz, 10. April 2006.
- ↑ Anke Schäning: Synthetische organische Farbmittel aus einer technologischen Materialsammlung des 19./20. Jahrhunderts: Identifizierung, Klassifizierung und ihre Verwendung sowie Akzeptanz in (Künstler)Farben Anfang des 20. Jahrhunderts. Dissertation akademie der bildenden künste wien. Wien 2010, S. 242 (obvsg.at [PDF; 36,6 MB; abgerufen am 11. Januar 2017]).
- ↑ Firmenphilosophie. In: schmincke.de
- ↑ Jahresabschluss der H. Schmincke & Co. GmbH & Co. KG., Erkrath zum Geschäftsjahr vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018 im elektronischen Bundesanzeiger
- ↑ bundesanzeiger.de: Jahresabschluss 2020
- ↑ CEPE. In: cepe.org. Abgerufen am 23. Oktober 2018 (amerikanisches Englisch).
- ↑ SemiColonWeb: EuACA - European Artists' Colours Association. In: artists-colours.org. Abgerufen am 23. Oktober 2018 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Karsten Kilian, Diplom-Kaufmann, Markenexperte: Marken des Jahrhunderts (Florian Langenscheidt). In: markenlexikon.com. Abgerufen am 23. Oktober 2018.
- ↑ HobbyArt - NEWS Auch Schmincke als Marke des Jahrhunderts ausgezeichnet, Auge, Frechverlag, iber, marohn, Vornefeld. In: hobbyart-online.de. bit-Verlag Weinbrenner GmbH & Co. KG, abgerufen am 23. Oktober 2018.
- ↑ Creative Impulse Award 2018 auf Creativeworld verliehen. In: creativeworld.messefrankfurt.com. Archiviert vom am 23. Oktober 2018; abgerufen am 23. Oktober 2018.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Usager des couleurs d'aquarelle, Lizenz: CC BY 3.0
Farbkasten von Aquarellfarben von Schmincke, Erkrath, Deutschland
Autor/Urheber: Lothar Spurzem, Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Schmincke-Aquarellfarbkasten, um 1935 (geschätzt). Die Zeitangabe wurde auf Anfrage von Schmincke bestätigt. Sie sei an der Art des Logos erkennbar.
Autor/Urheber: Frila, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Schmincke Farbkoffer mit Ölfarben
Autor/Urheber: Frila, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Das ist ein original Schmincke-Pastellkasten, leider sind nicht mehr alle Originalfarben vorhanden.