Schmeisser (Orgelbauer)

Firmenschild in Mutzschen
Firmenschild in Bad Elster

Schmeisser ist der Familienname einer Orgelbauerfamilie, die in Rochlitz (Sachsen) ihren Sitz hatte.

Geschichte der Familie und Entwicklung im Orgelbau

Wilhelm Eduard Schmeisser (* 1817 in Glauchau; † 1882 in Rochlitz) war Sohn des Ratsziegeleibesitzers Carl Gottlob Schmeißer in Glauchau. Er erlernte den Orgelbau bei Johann Andreas Hesse. Am 22. Juli 1844 machte er sich in Rochlitz selbstständig und gründete das Familienunternehmen. Bis 1878 baute er 30 Orgeln mit mechanischer Traktur und Schleiflade.[1]

Sein Sohn Paul Eduard Schmeisser (* 1850 in Rochlitz; † 1902 ebd.) führte den Betrieb im Jahr 1878 bis zu seinem Tod fort. Von 1895 bis 1901 wurden neben mechanischen Schleifladen pneumatische gebaut, ab 1901 pneumatische Windladen nach der Bauweise von Ernst Seifert.

In dritter Generation übernahm Alfred Schmeisser (* 13. September 1878 in Rochlitz; † 24. Oktober 1957 ebd.) im Jahr 1902 das Unternehmen, der 1905 die Produktion auf pneumatische Kegelladen umstellte. Ab den 1930er Jahren restaurierte Schmeisser historische Orgeln.[1] Bei Neubauten wurden entsprechend dem neobarocken Geschmack hohe Aliquotregister eingesetzt. Im Jahr 1944 wurde wieder die erste Orgel mit Schleifladen eingeführt.

Stammsitz der Familie war immer Rochlitz. Alfred Schmeisser hatte drei Kinder: Elisabeth (* 1907, † 1949), Reinhard (* 1909, † 1978) und Brunhilde (* 16. Januar 1914 in Rochlitz, † 21. November 1992 in Stuttgart). Letztere heiratete am 8. Oktober 1935 Günter Haußwald. Auch der Musikwissenschaftler Haußwald wurde in Rochlitz geboren (1908).

Nach dem Zweiten Weltkrieg übergab Alfred 1945 die Firmenleitung an seinen Sohn Reinhard Schmeisser (* 3. April 1909 in Rochlitz; † 13. September 1978 in Leipzig). Dieser erlernte den Orgelbau bei Aug. Laukhuff und bei Goebel in Danzig und schuf ab 1957 in der DDR vorwiegend Positive. Zur 125-Jahr-Feier der Firma 1969 sagte er: „Seitdem haben wir uns dann hauptsächlich dem Bau neuer Kleinorgeln und Positive gewidmet“[2] – zwischen 1958 und 1969 wurden nach seiner Aufstellung immerhin 28 Instrumente gefertigt und verkauft.

Aufgrund des frühen Todes von Reinhards Tochter Elke Schmeisser (* 1. Dezember 1939; † 20. Januar 1963[3]), die bei Walcker gelernt hatte, gab es keine Nachfolger der Rochlitzer Orgelbaufirma mehr. Mit Reinhard Schmeissers Eintritt in den Ruhestand 1975 erlosch die Firma.[4]

Reinhards Witwe Margot Schmeisser (geb. Richter, * 1914 in Colditz; † 1. März 1990 in Rochlitz) überschrieb Haus und Grundstück der ehemaligen Orgelbauwerkstatt in der Gärtnerstraße 46 kurz vor dem Fall der Mauer der Diakoniestiftung Sachsen als Schenkung. Heute ist es unter der gleichen Adresse die Diakonie Sozialstation Rochlitz.

Werke (Auswahl)

Die römische Zahl bezeichnet die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal und die arabische Zahl in der vorletzten Spalte die Anzahl der klingenden Register.

JahrOrtGebäudeBildManualeRegisterBemerkungen
1846BurgstädtII/P30Wilhelm Eduard Schmeisser
1862RochlitzSt. KunigundeII/P29Wilhelm Eduard Schmeisser
1876–1877ColditzSt. EgidienII/P22Wilhelm Eduard Schmeisser
1878NiederlungwitzSt. Petri[6]
1884LangenbernsdorfSt. KatharinenII/P15Paul Schmeisser
1886Thurm (Mülsen)St. UrbanII/P20Paul Schmeisser
1890CalbitzEv.-luth. KircheII/P18Paul Schmeisser
1894RochlitzSt. Petri
II/P23Paul Schmeisser
1899MutzschenEv. Stadtkirche
II/P21Paul Schmeisser; letzte Ausreinigung 1959, Restaurierung geplant (2021) → Orgel
1904NiederwürschnitzSt. JohannesII/P27Alfred Schmeisser
1904LeipzigKirche RückmarsdorfII/P21Alfred Schmeisser; 1980 verändert
1905ReinholdshainDorfkircheII/P14Alfred Schmeisser; um 1983 abgetragen[7].
1906LeipzigGenezarethkircheII/P18Alfred Schmeisser; 1962 durch Reinhard Schmeisser umdisponiert
1907Lauterbach (Marienberg)HeilandskircheII/P24Alfred Schmeisser
1907SeelitzSt.-Annen-KircheII/P30Alfred Schmeisser, Generalreparatur durch Georg Wünning (1992)
1909Adorf/Erzgeb.Ev.-luth. KircheII/P22Alfred Schmeisser
1912Meinersdorf (Burkhardtsdorf)MarienkircheII/P18Alfred Schmeisser
1912GornsdorfDorfkirche GornsdorfAlfred Schmeisser, hinter Prospekt von Christian Gottlob Steinmüller (1820)
1914–1915GroßolbersdorfKirche GroßolbersdorfII/P24Alfred Schmeisser, im Gehäuse von Christian Friedrich Göthel (1871); Neubau durch Georg Wünning (2001)
um 1920WitzschdorfMartin-Luther-KircheAlfred Schmeisser
1920RochlitzSt. KunigundeIII/P50Alfred Schmeisser
1920–1923Hallbach (Olbernhau)St. Peter und Paul12Alfred Schmeisser, teilweise im Prospekt der Vorgängerorgel von Erler (1867)
1924Engelsdorf (Leipzig)St.-Pankratius-Kirche EngelsdorfII/P12Alfred Schmeisser, pneumatische Kegellade
1926GeringswaldeMartin-Luther-Kirche
III/P50Alfred Schmeisser
1927LeipzigImmanuelkircheII/P16Alfred Schmeisser, unter Einbeziehung einiger Pfeifen der Vorgängerorgel von Johann Gottlob Mende
1927Leipzig-ProbstheidaImmanuelkircheII/PAlfred Schmeisser
1928NiederzwönitzSt. JohannisAlfred Schmeisser
1929KrumhermersdorfPfarrkircheII/P14Alfred Schmeisser
1930RochsburgDorfkirche[8]
1931BeuchaBergkirche Beucha
II/P19Alfred Schmeisser baute die Kreutzbach-Orgel von 1863 ein, die zuvor in der Martin-Luther-Kirche in Markkleeberg-Gautzsch erklang
1934PöhlaLutherkircheAlfred Schmeisser
1935ChemnitzSt. NikolaiIII/P54Alfred Schmeisser; Kirche 1945 schwer beschädigt und bis 1948 abgetragen
1936Chemnitz-SonnenbergSt. JosephII/P26Alfred und Reinhard Schmeisser; 2021 restauriert und erweitert[9][10]
1940RoßweinUnserer Lieben Frauen
III/P43Orgel in Organindex
1941–1943LeipzigKirche MiltitzII/P15Alfred Schmeisser, Neubau im Gehäuse von Friedrich August Eckhardt (1846)
1945Bad ElsterSt.-Elisabeth-KircheII/P
1951ThumSt.-Annen-KircheII/P24Reinhard Schmeisser, mit Teilen der Vorgängerorgel von Kreutzbach (1895)
1953MildenauPfarrkircheII/P28Reinhard Schmeisser
1952–1954Leipzig-WahrenDominikanerkloster St. AlbertII/P19Reinhard Schmeisser, pneumatische Kegellade
1960OhrdrufGemeindesaal St. Michaelis, Kirchstr.205/I
1970Hohndorf (Großolbersdorf)KapelleReinhard Schmeisser

Literatur

  • Hermann Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0, S. 296.
  • Uwe Pape, Wolfram Hackel (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 2: Sachsen und Umgebung. Pape, Berlin 2012, ISBN 978-3-921140-92-5.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 257–259.

Einzelnachweise

  1. a b Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. 1991, S. 296.
  2. Manuskript von Reinhard Schmeissers Rede zur 125-Jahr-Feier.
  3. Michael Kreskowsky (Hg.): 150 Jahre Göthel-Orgel in Grünlichtenberg, mit Orgel-Inventar des Ev.-Luth. Kirchspiels Waldheim-Geringswalde. Kirchspielgeschichte, Band 1, Kriebstein 2017, S. 34.
  4. Pape: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. 2009, S. 258.
  5. Aus: 100 Jahre Orgelbau Schmeißer 1844–1944. Privatdruck Hans Bulla und Sohn, Wien 1944.
  6. Rolf Scheurer: Die Dorfkirche St. Petri Niederlungwitz. In: Historische Sakralbauten in Glauchau. Schriftenreihe des Denkmalverein e. V. Glauchau, Glauchau 2007, S. 10.
  7. Rolf Scheurer: Die Dorfkirche von Reinholdshain. In: Historische Sakralbauten in Glauchau. Schriftenreihe des Denkmalverein e. V. Glauchau, Glauchau 2007, S. 12.
  8. Webseite der Kirchgemeinde Lunzenau (Memento desOriginals vom 28. November 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kirche-lunzenau.de
  9. Michael Baudisch: Schmeisser-Orgel (1936) der St.-Joseph-Kirche in Chemnitz-Sonnenberg wird nach aufwendiger Restaurierung feierlich wiedereingeweiht. Abgerufen am 3. Mai 2022 (deutsch).
  10. Chemnitz/Sonnenberg, St. Joseph – Organ index, die freie Orgeldatenbank. Abgerufen am 3. Mai 2022.
Commons: Schmeisser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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