Schmallenberg-Virus

Schmallenberg-Virus

Schmallenberg-Virus

Systematik
Klassifikation:Viren
Realm:Riboviria[1]
Reich:Orthornavirae[1]
Phylum:Negarnaviricota
Subphylum:Polyploviricotina
Klasse:Ellioviricetes
Ordnung:Bunyavirales
Familie:Peribunyaviridae
Gattung:Orthobunyavirus
Art:Schmallenberg orthobunyavirus
Taxonomische Merkmale
Genom:(−)ssRNA segmentiert
Baltimore:Gruppe 5
Symmetrie:helikal
Hülle:vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Akabane orthobunyavirus
Kurzbezeichnung
SBV
Links

Das Schmallenberg-Virus (SBV, offiziell Schmallenberg orthobunyavirus) ist eine Spezies (Art) von Viren der in der Gattung (lat. Genus) Orthobunyavirus der Familie Peribunyaviridae aus der Ordnung Bunyavirales. Die genaue taxonomische Stellung relativ zum Akabane-Virus (AKAV), Spezies Akabane orthobunyavirus (AkObV) in der gleichen Gattung war lange Zeit umstritten, wurde aber durch das International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) 2016 geklärt. Nächster bekannter Verwandter ist das Douglas-Virus (Stand November 2018).[2][3]

SBV wurde 2011 bei erkrankten Rindern in Deutschland festgestellt. In Deutschland unterliegen Infektionen mit dem Schmallenberg-Virus der Meldepflicht nach dem Tiergesundheitsgesetz.[4] SBV wurde als Subtyp geführt, aber von ICTV 2020 in den Rang einer eigenen Spezies erhoben.

Entdeckung

Im November 2011 gab das Friedrich-Loeffler-Institut bekannt, dass man bei erkrankten Rindern in Deutschland ein dem Akabane-Virus verwandtes Virus isolieren konnte, das nach dem Ort der ersten Probenherkunft, Schmallenberg, als Schmallenberg-Virus bezeichnet wird.

Dieses Isolat wurde im Rahmen einer Erkrankungswelle bei Rindern in Nordrhein-Westfalen gefunden, wo es seit Sommer 2011 zu einer Häufung von Fieber, Milchrückgang und Appetitverlust bei etwa 80 Tieren kam. Kurz zuvor zeigten sich diese Symptome auch bei Rindern in den Niederlanden. Unklar ist, ob das Virus in Europa bereits zirkulierte oder ob es neu eingetragen wurde. Es ist das erste bei einem Erkrankungsgeschehen bei Tieren in Europa isolierte Orthobunyavirus.

In den folgenden Monaten traten in den Niederlanden, Belgien und in Deutschland in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen vermehrt missgebildete Schaflämmer auf, bei denen das Schmallenberg-Virus im Gehirn nachgewiesen werden konnte. Die Art der Missbildungen deuten auf eine Infektion der bereits tragenden Muttertiere im Sommer bzw. Herbst 2011 hin.[5] Mit Stand 23. März 2012 wurde bei Tieren aus 1061 Betrieben in Deutschland das Virus nachgewiesen.[6] Seit dem 30. März 2012 besteht in Deutschland eine Meldepflicht.[7]

Überträger

Als Überträger kommen Zweiflügler der Gattung Culicoides aus der Familie der Gnitzen, insbesondere Culicoides obsoletus, Culicoides dewulfi und Culicoides pulicaris, in Betracht, in denen der Erreger nachgewiesen wurde.[8]

Systematik

Auf Basis der Sequenz besteht auch eine Verwandtschaft zu Isolaten des Aino-Virus (Spezies Shuni orthobunyavirus), des Shamonda-Virus (Spezies Shamonda orthobunyavirus),[9] des Sathuperi-Virus und des Douglas-Virus (beide wie das Schmallenberg-Virus zur Spezies Sathuperi orthobunyavirus): Taxonomisch gehören diese Viren alle zur Gattung Orthobunyavirus, serologisch zur Simbu-Serogruppe innerhalb dieser Gattung, wenn auch zu unterschiedlichen Serocomplexen.

Die Systematik der beiden obigen Spezies ist (mit Stand November 2018) wie folgt:[10][3]

(A) Phylogenetische Beziehung zwischen dem Schmallenberg-Virus und den Orthobunyaviren der Simbu-, Bunyamwera- und Kalifornien-Serogruppen. (B) Nachweis des Schmallenberg-Virus-Genoms im Blut experimentell infizierter Kälber.
  • Spezies Akabane orthobunyavirus (AkObV)
  • Subspezies Akabane-Virus, en. Akabane virus (AKAV)
  • Subspezies Sabo-Virus, en. Sabo virus (SABOV)
  • Subspezies Tinaroo-Virus, en. Tinaroo virus (TINV)
  • Subspezies Yaba-7-Virus, en. Yaba-7 virus (Y7V)
  • Spezies Sathuperi orthobunyavirus (SaObV)
  • Subspezies Sathuperi-Virus, en. Sathuperi virus (SATV)
  • Subspezies Schmallenberg-Virus, en. Schmallenberg virus (SBV)
  • Subspezies Douglas-Virus, en. Douglas virus (DOUV)

Symptome und Krankheitsbilder

Das Virus löst folgende Symptome aus:

  • Kurz andauerndes Fieber, Durchfall und verminderte Milchproduktion bei Kühen.

Diese Erkrankungen traten im Sommer und Herbst 2011 in den Zeiten auf, in denen die Überträger (Mosquitos, Sandfliegen und Mücken) aktiv waren. Betroffen waren hauptsächlich Rinder.

Fehlbildungen bei neugeborenen Schafen, Ziegen und Kälbern sind die offensichtlichsten Symptome. Die Fälle traten ab Dezember 2011 auf, insbesondere bei Schafen. Die wichtigsten beobachteten Missbildungen waren Skoliose, Hydrozephalus, Arthrogrypose, Hypoplasie des Kleinhirns und ein vergrößerter Thymus.[11]

Literatur

  • P. S. Mellor, P. D. Kirkland: Akabane virus. In: Brian W. J. Mahy, Marc H. van Regenmortel (Hrsg.): Encyclopedia of Virology, 3. Auflage, San Diego 2008, Band 1, ISBN 978-0-12-373935-3, S. 76–80
  • Wernike, Kerstin: Schmallenberg virus, a novel emerging orthobunyavirus. Pathogenesis and preventive measures. [Kumulative Habilitationsschrift]. Rostock, 2019

Einzelnachweise

  1. a b ICTV: [ICTV Taxonomy history: Akabane orthobunyavirus], EC 51, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
  2. ICTV: Master Species List 2018b v2, MSL #34v, März 20129
  3. a b ICTV 2016 Master Species List #31 with Acronyms (Excel XLSX), auf: ViralZone, Swiss Institute of Bioinformatics (SIB)
  4. Anlage zu § 1 der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2011 (BGBl. I S. 252), zuletzt geändert durch Artikel 381 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474)
  5. Aktuelle Informationen des Friedrich-Loeffler-Institutes zum Schmallenberg-Virus, Stand: 2. Feb. 2012 (Memento vom 27. Januar 2012 im Internet Archive)
  6. FLI: "Schmallenberg-Virus" Aktuelle Informationen zum „Schmallenberg-Virus“. 23. März 2012, archiviert vom Original am 27. Januar 2012; abgerufen am 23. März 2012 (englisch).
  7. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2012 Teil I Nr. 15, 5. April 2012, Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten Vom 30. März 2012 (BGBl. I S. 503)
  8. Ärzte Zeitung: Mücken übertragen offenbar Schmallenberg-Virus vom 16. März 2012, abgerufen am 15. September 2012
  9. Neues Orthobunyavirus bei Rindern (Memento vom 29. August 2012 im Internet Archive) – Information des Friedrich-Loeffler-Instituts, 10. Januar 2012
  10. ICTV: Master Species List 2018a v1 (Memento desOriginals vom 14. März 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/talk.ictvonline.org, MSL including all taxa updates since the 2017 release. Fall 2018 (MSL #33)
  11. Programa nacional de vigilancia epidemiológica frente al virus de Schmallenberg. Ministerio de Agricultura Alimentación y Medio Ambiente, abgerufen am 11. Februar 2021 (spanisch).

Weblinks

Auf dieser Seite verwendete Medien

Schmallenberg virus (phylogenetic).jpg

A) Phylogenetic relationship between Schmallenberg virus and orthobunyaviruses of the Simbu, Bunyamwera, and California serogroups. International Nucleotide Sequence Database Collaboration accession numbers of the sequences in the analysis are indicated in the tree. The neighbor-joining tree is based on the nucleocapsid gene of the small segment (702 nt). Numbers at nodes represent the percentage of 1,000 bootstrap replicates (values <50 are not shown). Scale bar indicates the estimated number of nt substitutions per site.

B) Detection of Schmallenberg virus genome in the blood of experimentally infected calves. The highest genome copy number was detected on postinoculation day 4.
Virus de Schmallenger.jpg
Autor/Urheber: AJC ajcann.wordpress.com, Lizenz: CC BY-SA 2.0
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