Schlosskapelle Hubertusburg

Innenraum der Schlosskapelle Hurbertusburg

Als Schlosskapelle Hubertusburg wird die barocke, katholische Rokoko-Hofkapelle der einst Königlich-Sächsischen Jagd- und Hofresidenz Hubertusburg in Wermsdorf in Sachsen bezeichnet.

Geschichte

Der katholische Statthalter Anton Egon von Fürstenberg brachte den Katholizismus ins protestantische Wermsdorf. Die politisch motivierte Konversion Augusts des Starken zum Katholizismus aufgrund der polnischen Krone legitimierte den kleinen katholischen Hofgottesdienst in Wermsdorf. Die katholische Gemeinde wuchs schnell an, der erste katholische Gottesdienst fand am 9. Mai 1710 statt.[1]

Die heute sichtbare Schlosskapelle Hubertusburg entstand in den Jahren 1740–1751.

Vor den Plünderungen des Schlosses durch preußische Soldaten im Siebenjährigen Krieg blieb die Kapelle verschont, da der Hofkaplan und Jesuitenpater Anton Robert Schubert 1761[2] vor König Friedrich II. von Preußen auf Knien Gnade erflehte.[3] 1827 wurde Wermsdorf zur katholischen Pfarrei erhoben. Die Gemeindemitglieder kommen bis zum heutigen Tag aus einem überregionalen Einzugsgebiet um Wermsdorf.

1912 wurde der Altar ausgebessert, da sich partielle Risse in den Stucco-lustro-Flächen zeigten.[4]

1940 wollte der Wermsdorfer Kaplan Hermann Scheipers mit polnischen Zwangsarbeitern in Wermsdorf Gottesdienst feiern, nachdem diesen die Teilnahme am deutschen Gottesdienst verboten worden waren. Dafür wurde er verhaftet und im Konzentrationslager Dachau interniert.[3] Er überlebte. 1997 wurde er Ehrenbürger von Wermsdorf.

Mit dem Einzug der Roten Armee am 5. April 1945 begannen Plünderungen und gewaltsame Übergriffe auf die Zivilbevölkerung. In der Schlosskapelle Hubertusburg wurde ein russisches Offizierskasino eingerichtet.[5]

In den 1950er Jahren versuchte die DDR-Führung, die katholischen Gemeinden ideologisch zu beeinflussen.[1] Katholische Eltern und deren Kinder wurden schikaniert und erhielten geringere Entwicklungsmöglichkeiten bei der Berufs- und Schulausbildung. Das Gemeindeleben wurde durch die Behörden erschwert, Treffen der Gemeinde sogar polizeilich verboten, mit der Begründung, das die Kirchengemeinschaften lediglich das Recht hätten, Kulthandlungen vorzunehmen, aber keine Veranstaltungen durchzuführen.[1]

Nach der Wende normalisierte sich das Leben der katholischen Gemeinde. 1994 konnten drei Glocken wieder im Turm eingehängt werden.

Am 5. Oktober 1997 wurde das 250. Kirchweihjubiläum begangen.

Im für den Vatikan sehr vorteilhaften Vertrag vom 2. Juli 1996 zwischen dem Heiligen Stuhl, vertreten durch den Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Giovanni Lajolo, und dem Freistaat Sachsen, vertreten durch den Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, übernahm der Freistaat die gesamte Baulast an der Schlosskapelle.[6] Am 11. November 2007 weihte Bischof Joachim Reinelt die sanierte Kirche wieder ein.[7] Die ursprünglich auf 800.000,00 € plus Restaurierungskosten für die Orgel bezifferte Sanierung wurde 2009 abgeschlossen.[8][9]

Baubeschreibung

Grundriss

Von außen ist Sachsens einzige Rokoko-Kapelle durch den Besucher nicht wahrnehmbar. Im rechteckigen Innenraum von 13,5 zu 30 m lichter Weite sind die Arkaden so eingestellt, dass sie gegen Südosten in einem Halbkreis für den Altar abschließen und so den Eindruck einer Apsis erzeugen. Zwei Säulengänge tragen die Emporen, begrenzen den Altarraum, sowie das Schiff und schaffen auf beiden Seiten einen Umgang. Über dem Hauptaltar befindet sich die Orgel. Rechts vor der Brüstung steht der Taufstein und gegenüber an einem Arkadenpfeiler der nordwestlichen Langseite die Kanzel. Hinter dem Chorraum befinden sich zwei Sakristeiräume. Die Altarnische ist umgeben von Pilastern. Auf diesen befinden sich vergoldete Reliefgehänge und im oberen Teil Monstranzen, vor denen Engel schweben. Über dem Eingang der Kapelle befinden sich die verglasten Herrschaftslogen.[10] Der Fußboden im Altarraum besteht aus Maxener Marmor.[11] Die Kapelle und die Orgel wurden 2001–2009 durch den Freistaat Sachsen restauriert. Es wurde eine Sitzheizung eingebaut.[5] Der über drei Geschosse geführte Innenraum hat eine Höhe von 17 m. 2005 wurde eine Glaswand im Eingangsbereich errichtet, durch welche die Besucher jederzeit den Innenraum der Kirche besichtigen können.

Ausstattung

Hochaltar

Sacra Conversazione im Hochaltar

Den Hochaltar schuf Lorenzo Mattielli 1746.[5] Die Figurengruppe stellt eine Maestà, den heiligen Joseph und den heiligen Jesuiten Franz Xaver dar. Franz Xaver starb 1552 auf der Insel Sanzian vor China und war der Lieblingsheilige von Maria Josepha Karolina Eleonore Franziska Xaveria von Polen und Sachsen (1731–1767), die ihn zum Patron des königlich sächsischen Hauses bestimmt hatte. Maria Josepha huldigte ihren Namenspatronen in den Gestalten Marias und Josephs. Der Heilige Geist schwebt als Taube in der Wölbung der Altarnische, umgeben von einem Strahlenkranz, Wolken und Engelsköpfen. Über einem profilierten Tisch aus Stucco lustro das Tabernakel, als konkav ausschwingendes sechseckiges Architekturgehäuse mit Eckpilastern und starkverköpften Gesims, über dem sich das Kreuz befindet. Davor steht das Salvator Mundi. Auf der Predella ist die Sacra Conversazione, ebenfalls aus Stucco lustro. Die Jungfrau sitzt auf einem Podest, den rechten Arm auf den Schenkel gelegt, mit der Linken das auf einer Wolke sitzende, bewegte Jesuskind haltend. Zu ihrer Linken steht St. Ignatius und zu ihrer Rechten St. Hubertus. Durch den menschlich stolzen und doch bewegten Aufbau der Figuren und deren vertieften Ausdruck gilt die Gruppe als bemerkenswerter Vorläufer der klassischen Bildhauerkunst des 19. Jahrhunderts.

Kanzel

Unterteil der Kanzel

Die Kanzel wird getragen von einem lebensgroßen Engel in Hochrelief, neben dem ein Engelkind ein Spruchband entrollt:

 Quasi tuba ex alta vocem – Übersetzt: „Wie eine Tuba wird seine Stimme erklingen!“

Dabei zeigt der große Engel mit dem rechten Zeigefinger auf die Kanzel, auf der der Pfarrer steht. Wessen Stimme der unbekannte Künstler nun meint, die Gottes oder des darüber stehenden Pfarrers, ist nicht überliefert. Die Figuren sind ebenfalls in Stucco lustro ausgeführt, die hölzerne Kanzel ist vergoldet. An der geschweiften Brüstung sitzen vier Engelkinder mit Palmzweigen, am Schalldeckel Engelköpfe und ein Kind mit dem Kreuz vor dem bekrönenden Strahlenkranz. Die Kanzel gilt als eines der hervorragendsten Stücke des sächsischen Rokoko.[10] An der Kanzel ist eine kleine Herde von Schafen zu sehen. Sie verweist auf den Hirtendienst des Bischofs, an dem der Pfarrer Anteil hat. Im Norddeutschen ist dies in der Bezeichnung Pastor (= Hirt) erhalten geblieben.

Deckengemälde

Das 400 m² große Deckengemälde zeigt die Sage des Heiligen Hubertus. Es ist das letzte[5] erhaltene Werk des Theatermalers Giovanni Battista Grone. Es stellt den knienden Heiligen Hubertus in einem roten Mantel dar, vor dem auf einem Felsen ein weißer Hirsch mit dem strahlenden Kreuz zwischen dem Geweih erscheint. Auf zahlreichen Wolken sitzen Engel. Ein Engel bringt Mitra und Krummstab herbei. (Siehe hierzu: Die Legende vom Heiligen Hubertus)

Taufstein

Der Taufstein besteht aus grauem Marmor mit einem Fuß aus rotem Stuckmarmor. Der Deckel besteht aus getriebenem Messing.

Beichtstuhl

Der barocke Beichtstuhl wurde 2010 auseinandergebaut und ins Schloss Kaufungen abtransportiert. Dort erfolgte die Rekonstruktion der Originalfarbfassung von 1754, eine Kreidefassung durch die Restauratorin Grit Stamm.[12]

Umgang

Im Umgang befinden sich eine Reihe von Kunstwerken:[10]

Gemälde

Auf der Südostseite, den Fenstern der Nordwestwand entsprechend, befinden sich sechs Ölgemalde auf Leinwand:

Reliefs in Stuckmarmor

über den Sakristeitüren

  • Die büßende Magdalena, vor einem Kranz auf Wolken liegend, neben ihr ein Engel.
  • Der Heilige Petrus, neben ihm der Hahn, links wird von Engeln die Papstkrone herbeigetragen.

an den Trennungsbögen

Orgel

Die Orgel oberhalb des Altars

Die Orgel wurde von dem Silbermann-Schüler Tobias Schramm (1701–1771) wohl für die Bauzeit der Katholischen Hofkirche Dresden gefertigt. Als dort die große Silbermannorgel erbaut wurde, gelangte das Schramm-Instrument im Jahr 1749 ins Schloss Hubertusburg. Da die dem Altarraum gegenüberliegende Empore als Königsloge diente, wurde die Orgel in einer Nische oberhalb des Altars untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb auch die Orgel nicht von den Plünderungen der Schlossanlage durch die im Schloss stationierten Besatzungsmächte verschont. Das Pfeifenmaterial wurde weitgehend ausgeräumt, die Mechanik und die Balgbelederung wurden weitgehend zerstört. Nahezu unversehrt blieb lediglich das Orgelgehäuse. 2001 wurde das Gehäuse restauriert, und das Instrument durch die Orgelbaufirma Hermann Eule Orgelbau Bautzen für 350.000 Mark rekonstruiert. Es hat 10 Register (ca. 500 Pfeifen) auf einem Manual und Pedal. Die Metallpfeifen wurden aus einer Zinn-Blei-Legierung in Handarbeit hergestellt. Für die Holzpfeifen wurde Fichte verwendet. Das Pedal ist fest an das Manual angehängt.[13] Der Prospekt ist mit Rokokoschnitzereien verziert.[1] Das besondere an dieser Orgel ist, dass sie im tiefen Kammerton einen Halbton tiefer gestimmt ist, als üblich.[14]

Manualwerk C–d3
1.Principal8′
2.Viol’ di Gamba8′
3.Grob Gedackt8′
4.Octav4′
5.Klein Gedackt4′
(Fortsetzung)
6.Quinta3′
7.Octava2′
8.Mixtur III113
Pedal C–c1
9.Subbass16′
10.Octavbass8′

Literatur

  • W. Riemer: Das Schloß Hubertusburg, sonst und jetzt. Eine monographische Skizze. Verlag Göthel, Oschatz 1881.
  • Klaus Gumnior: Schloß Hubertusburg. Werte einer sächsischen Residenz. In: Saxonia. Schriftenreihe des Vereins für sächsische Landesgeschichte e.V. Sächsisches Druck- und Verlags Haus, Dresden 1997.

Weblinks

Commons: Schlosskapelle Hubertusburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Hugo Krämer: Wermsdorf und seine Schlösser. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz. Band XV, Heft 3/4, Dresden 1926, S. 81 ff.
  2. Wilhelm Bergsträßer: Die königlich sächsischen Strafanstalten. Leopod Voß, Leipzig 1844, S. 18, (online) abgerufen am 5. März 2011.
  3. a b dw: Die Putten strahlen wieder. Dankgottesdienst in der restaurierten Schlosskirche St. Hubertus. Tag des Herrn, Katholische Wochenzeitung, Ausgabe 46, St. Benno Verlag, Leipzig 2007 (Link) abgerufen am 5. März 2011.
  4. k. A.: Schloß Hubertusburg. Werte einer sächsischen Residenz. Saxonia Schriftenreihe des Vereins für sächsische Landesgeschichte Band 3. Sächsisches Druck- und Verlagshaus, Dresden 1997.
  5. a b c d Ingo Fischer, Claudia Martin, Diana Barthel: Schloss Hubertusburg Wermsdorf. Restaurierung Katholische Schlosskapelle. Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Dresden 2007, (PDF 4,51 MB), (online; PDF; 4,7 MB) abgerufen am 5. März 2011.
  6. k. A.: Conventio Inter Apostolicam Sedem Et Liberum Statum Saxoniae. Libreria Editrice Vaticana, Rom 1996 (Link), abgerufen am 5. März 2011.
  7. Gabi Liebegall: Bischoff Joachim Reinelt weiht sanierte Kirche in Wermsdorf. Sachsen schönste Rokoko-Schlosskapelle. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, Oschatz, 12. November 2007.
  8. Archivwesen des Freistaates Sachsen (Memento des Originals vom 2. November 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.archiv.sachsen.de: Archivzentrum Hubertusburg
  9. Martin Prause: Die Geschichte der Katholischen Kirche. In: k. A.: 800 Jahre Wermsdorf. 1206-2006. Sax Verlag, Beucha 2006, ISBN 3-934544-93-2, S. 265 ff.
  10. a b c Cornelius Gurlitt: Hubertusburg. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. Meinhold & Söhne, Dresden 1905, S. 123.
  11. Simon Niggemann: Verwendung Maxener Marmor. Heimatverein Maxen e.V., 2005, archiviert vom Original am 5. Mai 2005; abgerufen am 5. März 2011.
  12. Jana Brechlin: Beichtstuhl aus Wermsdorfer Schlosskapelle wird restauriert / Fachleute legen originale Kreidefassung von 1754 frei. Mit Pistole und Plaste-Spritze. Leipziger Volkszeitung, Oschatzer Allgemeine, Oschatz, 1. März 2011.
  13. k. A.: Hoffnungszeichen in alten Schlossmauern. Orgelweihe in der St. Hubertuskirche in Hubertusburg. Tag des Herrn, Katholische Wochenzeitung, Ausgabe 19, St. Benno Verlag, Leipzig 2001 (Link) abgerufen am 5. März 2011.
  14. Nähere Informationen zur Orgel (Memento des Originals vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pfarrei-st-hubertus.de auf der Website der Gemeinde

Koordinaten: 51° 16′ 38,8″ N, 12° 56′ 23,2″ O

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