Schlangenträger

Sternbild
Schlangenträger
Astronomischer NameOphiuchus
GenitivOphiuchi
KürzelOph
Rektaszension16013316h 01m 33s bis 18455018h 45m 50s
Deklination1698756−30° 12′ 44″ bis 2142315+14° 23′ 15″
Fläche948,340 deg²
Rang 11
Voll­stän­dig sicht­bar60,1° N bis 76,0° S
Beob­achtungs­zeit für Mittel­europaSommer
Anzahl der Sterne heller als 3 mag5
Hellster Stern (Größe)Ras Alhague (2,08 mag)
Meteorströme
  • Ophiuchiden
Nachbarsternbilder
(von Norden im
Uhrzeigersinn)
QuellenIAU
Sternbild Schlangenträger mit bloßem Auge sichtbar

Der Schlangenträger oder Ophiuchus (über lateinisch ophiuchus ‚der Schlangenträger‘[1] von altgriechisch ὀφιοῦχοςophiouchos, deutsch ‚Schlangen haltend‘[2], Symbol: ⛎) ist ein Sternbild auf dem Himmelsäquator.

Beschreibung

Der Schlangenträger ist ein sehr ausgedehntes, aber wenig auffälliges Sternbild am Sommerhimmel der Nordhalbkugel. Da seine Sterne weit auseinandergezogen und wenig markant sind, ist es nicht ganz einfach, ihn zwischen dem Herkules und dem Skorpion zu identifizieren.

Der Schlangenträger besitzt eine ringförmige Gestalt, von der westlich und östlich die Sterne der Schlange ausgehen. Durch den westlichen Teil zieht sich das Band der Milchstraße.

Weil die Ekliptik teilweise durch dieses Sternbild verläuft, wandert die Sonne ca. vom 26. November bis 18. Dezember durch den Schlangenträger (siehe Zodiak). Obwohl dies länger ist als die Durchwanderung des benachbarten Skorpion, zählt er nicht zu den 12 Tierkreiszeichen, da diese schon durch die Astronomie der Babylonier und der Ägypter festgelegt und mit den 12 Kalendermonaten verknüpft worden sind, beginnend mit dem Widderpunkt.

Erstmals erwähnt wird das Sternbild in den Phainomena des Aratos von Soloi (3. Jahrhundert v. Chr.). Dieser schreibt:

„Dort windet sich auch jener Kranz, den Dionysos hinterlegt hat, dass er ein erlauchtes Zeichen sei für die weggegangene Ariadne, unter dem Rücken des ermüdeten Bildes. Seinem Rücken nähert sich der Kranz, neben seinem Scheitel aber betrachte den Schlangenträgerkopf, und von dem aus wirst du wohl den leuchtenden Schlangenträger selbst erkennen: so klar sieht man unter dem Kopf seine Schultern liegen. Die sind wohl auch bei Vollmond gut sichtbar. Doch die Hände sind nicht ganz so: Feiner läuft über die eine und über die andere der Glanz hin. Aber auch diese sind immerhin zu sehen; sie sind ja nicht ohne Gewicht. Beide müssen sich mit der Schlange abmühen, die sich um den Schlangenträger in der Mitte herumschwingt; der aber lastet unerschütterlich und gut gestützt, wuchtig mit beiden Füßen auf einem großen Tier, dem Skorpion, dem er aufrecht auf den Augen und dem Panzer steht.“[3]

Der Schlangenträger wird dann auch im 2. Jahrhundert n. Chr. im Almagest des Claudius Ptolemäus aufgeführt.

Der heute dem Sternbild entsprechende Teil der Himmelssphäre wurde 1928 durch die IAU offiziell festgelegt.

Seit Oktober 2010 ist das Symbol des Schlangenträgers in Unicode 6.0 unter dem Codepunkt: ⛎ (U+26CE), seit 2015 als Emoji aufgenommen worden.

Mythologie

Zum mythologischen Ursprung des Schlangenträgers gibt es mehrere Deutungen, unter anderem wird er mit dem Helden Herakles (lat. Hercules) gleichgesetzt, auf Rhodos galt er als der verstirnte Phorbas.

Der gängigsten Überlieferung nach stellt der Schlangenträger Asklepios (lat. Äskulap), den Gott der Heilkunst dar.

Himmelsobjekte

Sterne

Darstellung Johannes Keplers. Der mit einem „N“ markierte Stern am rechten Fuß des Schlangenträgers ist Keplers Supernova Supernova 1604
BFNamen oder
andere
Bezeichnungen
VmagLjSpektral-
klasse
101α55Ras Alhague2,0847A5 III
107η35Sabik2,4384A2.5 Va
106ζ13Zeta Ophiuchi2,54458O9.5 V
104δ1Yed Prior2,73170M1 III
102β60Cebalrai2,7682K2 III
110κ273,1986K2 IIIvar
105ε2Yed Posterior3,23106G8 III
108θ423,27563B2 IV
113ν643,32153K0 III
40072HR 67713,7183A4 IVs
103γ623,7595A0 V
111λ10Marfik3,8166A2 V
400673,93B5 Ib
4007070 Ophiuchi4,0317K0 V SB
400444,1684A3 IVm
122χ74,2 bis 5,0489B2 Vne
400454,28111F3 III
121φ84,29210G8 / K0 III
400HR 64014,3320K2 III
118σ494,341173K3 IIvar
109ι254,39234B8 V
114ξ404,3957F2 / F3V
400684,42265A2 Vn
124ω94,45175Ap
123ψ44,48178K0 III
400HR 64934,5398F3 V
117ρ54,57394B2 V
112μ574,58549B8 II-III MNp
120υ644,62122A3m
400714,64238G8 III-IV
400204,64121F7 IV
400414,72218K2 III
119τ694,77170F5 V
400514,78426A0 V
400664,79677B2 Ve
400304,82402K4 III
400744,85269G8 III
400584,8657F6 / F7V
400HR 61964,91391G8 II/III
200ee5,03691K4 II-III
115ο395,14363K
400235,23248K2 III
400HR 61285,24507M2 comp
400435,30600K4 / K5III
400HR 65165,3154G8 IV-V
400375,32777M2III
400HR 69855,38127F5 III
400HR 61365,41423K4 IIIp
400HR 68575,41147K2 III
400HR 65075,41206A8 V
400HR 69875,43103F3 V
400HR 63755,43132F5 IV
400HR 66865,44426G9 III
400HR 68005,50412K2 III
400Rosalíadecastro7,89240G0 IV
400Barnards Pfeilstern9,55,9

Beta Ophiuchi ist ein 84 Lichtjahre entfernter, orange leuchtender Stern der Spektralklasse K2 III. Der Name Cebalrai stammt aus dem Altarabischen und bedeutet „Schäferhund“.

Delta Ophiuchi ist ein rötlicher Stern der Spektralklasse M1 III in 170 Lichtjahren Entfernung. Der Name Yed Prior ist aus dem Arabischen und Lateinischen zusammengesetzt und bedeutet „vordere Hand“.

Der gelb leuchtende Stern Epsilon Ophiuchi ist etwas mehr als 100 Lichtjahre entfernt. Sein Eigenname Yed Posterior bedeutet „hintere Hand“.

Barnards Pfeilstern ist der Stern mit der höchsten gemessenen Eigenbewegung. Pro Jahr legt er eine Distanz von 10 Bogensekunden zurück. In hundert Jahren sind dies etwa 15 Bogenminuten, dies entspricht dem halben Vollmonddurchmesser am Himmel. Barnards Stern ist nur 5,9 Lichtjahre entfernt und nach dem Alpha Centauri-System der nächste Nachbar der Sonne. Er bewegt sich weiter auf unser Sonnensystem zu und wird in etwa 10.000 Jahren in einer Entfernung von vier Lichtjahren daran vorbeiziehen. Barnards Stern ist ein äußerst lichtschwacher rötlicher Zwergstern, dessen Leuchtkraft nur 1/2500 unserer Sonne beträgt.

Doppelsterne

SystemGrößenAbstand
α2,08 / 7
λ4,2 / 5,21,5"
τ5,2 / 5,91,8"
616,2 / 6,67,1"
704,2 / 6,04,3"

Alpha Ophiuchi ist ein 47 Lichtjahre entferntes Doppelsternsystem. Der Hauptstern ist ein weiß-blau leuchtender Stern der Spektralklasse A5 III mit der 26-fachen Leuchtkraft unserer Sonne. Er besitzt einen Begleiter 7. Größenklasse, der ihn in 8,7 Jahren umkreist.

Der altarabische Name Ras Alhague leitet sich von „Haupt des Schlangenbeschwörers“ ab.

Das System Eta Ophiuchi ist 84 Lichtjahre entfernt. Zwei weißlich leuchtende Sterne umkreisen einander in so engem Abstand, dass sie nur mit größeren Teleskopen zu beobachten sind. Der arabische Name Sabik bedeutet „der Vorausgehende“.

Veränderliche Sterne

SternGrößePeriodeTyp
χ4,2 bis 5,0unregelmäßig Veränderlicher
RS4,5 bis 12,5wiederkehrende Nova

χ Ophiuchi ist ein unregelmäßig veränderlicher Stern in 489 Lichtjahren Entfernung.

RS Ophiuchi ist ein Veränderlicher vom Typ „wiederkehrende Nova“. In unregelmäßigen Abständen von etwa 20 bis 30 Jahren zeigt er dramatische Helligkeitsausbrüche, so 1898, 1933, 1958, 1967, 1985 und 2006. Am 13. Februar 2006 erreichte er eine Helligkeit von 4,5 mag und war mit bloßem Auge deutlich sichtbar. Seine Entfernung konnte bislang nicht genau bestimmt werden und wird auf 2000 bis 5000 Lichtjahre geschätzt.

Im Jahr 1919 wurde die Nova Ophiuchi 1919 mit einer maximalen Helligkeit von 7,5 mag beobachtet.

Messier- und NGC-Objekte

Messier (M)NGCsonstigeGrößeTypName
963338Kugelsternhaufen
1062546,5Kugelsternhaufen
1262186,5Kugelsternhaufen
1464027,5Kugelsternhaufen
1962737,5Kugelsternhaufen
6262667,4Kugelsternhaufen
10761718Kugelsternhaufen
NGC 624012,8Galaxie
NGC 62938,2Kugelsternhaufen
NGC 63048,4Kugelsternhaufen
NGC 63568,4Kugelsternhaufen
NGC 636610Kugelsternhaufen
NGC 638410,4Galaxie
NGC 65728Planetarischer Nebel
NGC 66334,6Offener Sternhaufen
IC 46656,5Offener Sternhaufen
IC 4604ρ Oph4,6Reflexionsnebel
Mel 1863,0Offener Sternhaufen

Im Schlangenträger befindet sich eine Reihe von Kugelsternhaufen, die der französische Astronom und Kometenjäger Charles Messier in seinen Katalog nebliger Objekte (Messier-Katalog) aufgenommen hat.

Der sonnennächste ist M 10 mit einer Entfernung von 15.000 Lichtjahren.

M 12 und M 107 sind jeweils 20.000 Lichtjahre entfernt.

M 9 und M 14 liegen in einer Entfernung von 25.000 bzw. 40.000 Lichtjahren.

IC 4665 ist ein offener Sternhaufen in ca. 1.200 Lichtjahren Entfernung. Er kann bereits mit einem Prismenfernglas in Einzelsterne aufgelöst werden.

Der offene Sternhaufen Mel 186 ist mit einer Gesamthelligkeit von 3,0 mag schon mit bloßem Auge leicht zu finden. Bei dem Sternhaufen handelt es sich um das nicht anerkannte Sternbild Königlicher Stier von Poniatowski.

Weitere Objekte

Ophiuchus-Superhaufen. Rechts oben purpurn NeVe 1, links darunter blau die Eruptionsspuren (Kombinationsbild von Aufnahmen von Chandra und XMM-Newton).

Im Schlangenträger leuchtete 1604 die auch als Keplers Stern bekannte helle Supernova auf.

1997 wurde der planetarischer Nebel JaFu 1 von George H. Jacoby und L. Kellar Fullton et al. entdeckt.

Im Schlangenträger befindet sich in etwa 400 Millionen Lichtjahre Entfernung der Ophiuchus-Superhaufen. Im Februar 2020 entdeckten Wissenschaftler die Spuren einer gigantischen Eruption, die von dem aktiven Galaxienkern von NeVe 1 ausging, der hellsten Galaxis des Haufens. Dieses Ereignis ist eines der energiereichsten bekannten astronomischen Ereignisse überhaupt. Man hat errechnet, dass durch das supermassive Schwarze Loch im Kern von NeVe 1 vor ca. 240 Millionen Jahren etwa 270 Millionen Sonnenmassen ausgestoßen wurden.[4]

Siehe auch

Literatur

Commons: Sternbild Schlangenträger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. 8., verbesserte und vermehrte Auflage. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1918 (zeno.org [abgerufen am 17. Oktober 2019]).
  2. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914 (zeno.org [abgerufen am 17. Oktober 2019]).
  3. Aratos: Phainomena. Sternbilder und Wetterzeichen. Übersetzung von Manfred Erren. Artemis & Winkler, München 2009, ISBN 978-3-538-03517-1, S. 11.
  4. S. Giacintucci, M. Markevitch, M. Johnston-Hollitt, D. R. Wik, Q. H. S. Wang: Discovery of a Giant Radio Fossil in the Ophiuchus Galaxy Cluster. In: The Astrophysical Journal. Band 891, Nr. 1, 27. Februar 2020, ISSN 1538-4357, S. 1, doi:10.3847/1538-4357/ab6a9d (iop.org [abgerufen am 28. Februar 2020]).


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Foto des Sternbildes Ophiuchus, dem Schlangenträger
Ophicus Explosion.jpg
Autor/Urheber: Benjamin Borg, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Combined XMM-Newton and GMRT image of the Ophiuchus Cluster, with NeVe 1 being the bright, purple spot. The blue cloud on its lower left is the remnant of the eruption.