Schlüsselbüchse

Eine Schlüsselbüchse ist improvisiertes Schreckschuss- oder Böllerschießgerät, das aus einem Schlüssel als Schussgerät, einer explosiven Ladung und einer Verdämmung besteht. Schlüsselbüchsen waren bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ein unter Jugendlichen und Erwachsenen verbreitetes Spielzeug.[1][2]

Bauweisen

Schlüsselbüchsen entsprechen den technischen Prinzipien der Vorderlader. Sie wurden aus einfachen Bartschlüsseln mit hohlgebohrtem Schaft gefertigt, deren Bärte in vielen Fällen vom Schaft abgetrennt wurden. Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Systeme: mit oder ohne Zündloch.

  • Die Rohre der Schlüsselbüchsen ohne Zündloch wurden meist mit abgekratzten Beschichtungen von Reibungsstreichhölzern, den Vorläufern der Sicherheitsstreichhölzer, geladen. Deren Beschichtung war durch Reibung oder Schlag entzündbar. Anschließend wurde darauf ein stumpfer Nagel in das Rohr geklemmt. Zum Abfeuern wurde der Schlüssel an einem Band, oder auch lose mit dem Nagel voran, auf den Boden geschleudert. Das Aufschlagen des Nagels auf die schlagempfindliche Ladung löste deren Detonation aus, die den Nagel mit einem lauten Knall aus dem Rohr schleuderte.[1]
  • Bei Schlüsselbüchsen mit Zündloch wurde am Ende des Rohres ein Zündloch in den Schaft des Schlüssels gebohrt oder gefeilt. Das Rohr wurde mit Schießpulver oder anderen explosiven Stoffen gefüllt und mit einem Holzstückchen oder Papier verdämmt. Anschließend wurde die Ladung durch das Zündloch mit einer offenen Flamme, beispielsweise einem Streichholz, gezündet und der Schuss brach mit einem lauten Knall los.[1]

Historische Erwähnungen

In einer Verordnung aus dem Jahr 1667 sah sich der Hamburger Stadtrat wiederholt genötigt, das Abfeuern von Schlüsselbüchsen, Pistolen und Gewehren durch Stadtwachen nach Dienstschluss zu verbieten,[3] ein ähnliches Verbot erließ der Meininger Stadtrat am 2. August 1791[4]. Gelegentlich werden Schlüsselbüchsen als Synonym für besonders kleine Feuerwaffen angeführt,[5] so bezeichnet Mark Twain in seinem Roman Im Gold- und Silberland den Revolver eines Gegners herablassend als Schlüsselbüchse.[6] Im Juli 1823 wurde der Revolutionär Franz Raveaux wegen seiner Verwicklung in militante Schülerunruhen und dem Abfeuern einer Schlüsselbüchse vom Düsseldorfer Karmelitergymnasium verwiesen.[7] 1893 beschreibt der Schriftsteller Theodor Fontane in Kapitel 21 seines autobiographischen Romans Meine Kinderjahre das Abfeuern von Schlüsselbüchsen als eines der Hauptvergnügen des Protagonisten, der im Nachhinein betrachtet nur durch Glück nicht durch geborstene Schlüsselteile verletzt wurde.[8]

Sicherheit

Das Laden und Abfeuern von Schlüsselbüchsen birgt unkalkulierbare Risiken in sich und kann zu schweren bis tödlichen Verletzungen führen. Es ist in Deutschland, wie in vielen anderen Ländern, allgemein waffen- bzw. sprengstoffrechtlich verboten.

Literatur

  • Schlüsselbüchse. In: Johann Georg Krünitz (Hrsg.): Oekonomische Encyklopädie (1773–1858). (Online [abgerufen am 8. Oktober 2013]).
  • Schlüsselbüchse. In: Eugen Pierer (Hrsg.): Universal-Lexikon. Band 15. Pierer, Altenburg 1862, S. 305 (Online [abgerufen am 8. Oktober 2013]).

Einzelnachweise

  1. a b c Schlüsselbüchse. In: Johann Georg Krünitz (Hrsg.): Oekonomische Encyklopädie (1773–1858). (Online [abgerufen am 8. Oktober 2013]).
  2. Schlüsselbüchse im Theater auf www.bachlertal.de
  3. Sammlung der von E[inem] Hochedlen Rathe der Stadt Hamburg so wol zur Handhabung der Gesetze und Verfassungen als bey besonderen Eräugnissen… Piscator, Hamburg 1763, S. 330, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10552483-6.
  4. Chronik der Stadt Meiningen von 1676 bis 1834. Band 1. Kenßner, Meiningen 1834, S. 126.
  5. Braunschweigische Anzeigen: Offiz. Regierungs- u. Anzeigeblatt. Band 21, 1781, S. 46.
  6. Mark Twain: Im Gold- und Silberland. Lutz, Stuttgart (Online).
  7. Franz Raveaux (11): eine biographische Skizze auf Franz Raveaux Archiv
  8. Theodor Fontane: Meine Kinderjahre bei Projekt Gutenberg-DE

Weblinks