Schiffbauergasse
Die Schiffbauergasse ist ein Kultur- und Gewerbestandort im Potsdamer Stadtteil Berliner Vorstadt am Ufer des Tiefen Sees.
Geschichte
Die Schiffbauergasse war im 17. Jahrhundert noch weitgehend unbebaut, wurde deshalb Potsdambsches Stopelfeld genannt. Ein Jahr später stand die Schiffbauergasse im Zeichen früh industrieller, damals hochmoderner Entwicklungen, denn der gebürtige Engländer John Barnett Humphreys begann unter Aufsicht der königlich-preußischen Regierung mit dem Bau von Dampfschiffen im Jahr 1817 und so kam der Standort zu seinen Namen. Im Jahr 1819 lief das große Dampfschiff die Fürst Blücher mit einer Länge von 61 Metern vom Stapel. Wegen schmaler und flacher Wasserstraßen und finanzieller Engpässe wurde die Werft im Jahr 1821 geschlossen. Von 1839 bis 1842 ordnete Friedrich Wilhelm III. den Neubau einer Kaserne für das Garde-Husaren-Regiment neben den Reitplätzen an. Es wurden über 600 Husaren in einem Gebäude untergebracht und jeweils 18 Mann in 50 m² großen Stuben.
Am 1. Oktober 1856 ging die neu errichtete Gasanstalt des Berliner Unternehmers Julius Conrad Freund in Betrieb, bis zum 1. Juli 1990 wurde Gas, Koks und Teer für Potsdam produziert. Außerdem wurde im Jahr 1856 die Zichorienmühle von Ferdinand Biermann errichtet, die im Jahr 1907 wieder geschlossen wurde. Im Jahr 1880/82 errichtete man nach den Plänen von Baurat Bernhardt und Garnisonbauinspektor Bohm die Königliche Garnisons-Dampf-Wäscherei, heute besser bekannt als Waschhaus. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte in den Jahren 1949 und 1950 eine Vergrößerung der Schiffbauergasse um ca. 10.000 m². Von der Enttrümmerung Potsdams wurde der Bauschutt vom Ufer der Türkstraße bis zum Papenhorn verteilt. Nach 1945 nutzten die sowjetischen Streitkräfte die Kasernengebäude, bevor diese zum größten Teil an die Nationale Volksarmee der DDR übergeben wurden.
Nach der politischen Wende ab 1991 folgte die Stilllegung des Gaswerks. Später zogen sich die militärischen Truppen zurück. Nach und nach zogen die früher für die Kavallerie und Industrie genutzten Gebäuden zahlreiche Kulturträger ein und wurden wieder für Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Jahr 1992 hat der Professor Gottfried Böhm mit seinem Entwurf zum Theaterneubau Potsdam den ausgelobten internationalen Architekturwettbewerb gewonnen. Im 1999 wurde von den Stadtverordneten beschlossen, den Theaterneubau auf dem Gelände der Schiffbauergasse im Rahmen eines Integrierten Kultur- und Gewerbestandortes zu errichten. 1993 siedelte die fabrik Potsdam – Internationales Zentrum für Tanz und Bewegungskunst sich in der Schiffbauergasse an und eröffnete 1998 die Maschinenhalle als Tanzhaus. 2005 siedelte sich das Volkswagen Design Center Potsdam GmbH in der Schiffbauergasse an, 2006 das T-WERK im Schirrhof, KunstRaum Potsdam im Schirrhof. Am 22. September 2006 öffnete sich erstmals der Vorhang des neuen Hans Otto Theaters an der Schiffbauergasse, direkt am Ufer des Tiefen Sees.
Gebäude
Schinkelhalle
Die Schinkelhalle gehört in der Schiffbauergasse zu den ältesten Gebäuden und steht unter Denkmalschutz. Sie wurde 1822–1823 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel mit einer Länge von 40 m und einer Breite von 18,2 m auf dem Gelände des Garnisonsholzhofs errichtet. Die Halle war ursprünglich Teil einer H-förmigen Reitstallanlage. Die Schinkelhalle ist mit einem offenen Dachstuhlhängewerk aus massiven Kieferbalken ausgestattet, denn Einbau von Mittelstützen konnte vermieden werden, der für eine Reitbahn hinderlich gewesen wäre. Sie wurde denkmalgerecht saniert und wird als Veranstaltungshalle für Konzerte, Events und Großveranstaltungen genutzt.
Reithalle A
Auf dem Kasernengelände befinden sich vier denkmalgeschützte Reithallen. Die Reithalle A ist im Jahr 1915 nach den Plänen des Architekten Robert Klingelhöffer, Königlicher Baurat im Heeres-Bauamt II, als vierte Halle, anlässlich der Heeresverstärkung in neoklassizistischer Bauweise gebaut worden. Große freitragende Stahlbinder überspannen die Halle und haben eine Breite von 26,5 Metern. Seit dem Jahr 1998 ist in diesem Gebäude das Kinder- und Jugendtheater des Hans Otto Theaters untergebracht. Der ehemalige moderne Kuhstall, der zur langsamen Abkühlung vom Training erhitzter Pferde diente, wird heute als Foyer genutzt.
Reithalle B
Die Reithalle wurde zeitweise für Schauspiel und Tanztheater durch T-Werk und Fabrik Potsdam genutzt. Heute ist hier die Probebühne des Hans Otto Theaters untergebracht.
Reitställe am Schirrhof
Zur damaligen Gardehusarenkaserne gehörte ein großer Komplex von Reitställen, die ist über eine Verbindung mit Schinkelhalle verbunden. Bis heute lässt sich an zahlreichen erhaltenen Details die Funktion der Bauten ablesen. In den bereits sanierten denkmalgeschützten Reitställen am Schirrhof ist das T-Werk und der Kunstraum Potsdam untergebracht. Im Herbst 2007 wurde der zweite Bauabschnitt fertiggestellt. Hier siedelten sich in Folge ein Tanzstudio, das private Kunstmuseum Fluxus Plus sowie auf den Gewerbeflächen beispielsweise ein Biofrischmarkt sowie diverse Kulturfirmen und Verbände an.
Literatur
- Silke Herz: Potsdam kompakt : der Kultur-Stadtführer. 3. Auflage. L-&-H-Verl., Berlin 2007, ISBN 978-3-939629-06-1, S. 173.
Weblinks
Koordinaten: 52° 24′ 12″ N, 13° 4′ 20,6″ O
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Schiffbauergasse (Geländeplan)
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Reithalle A (Hans Otto Theater)