Schenkungsmeldegesetz

Das Schenkungsmeldegesetz ist eine Ersatzmaßnahme, die in Österreich anlässlich der Aufhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zum 31. Juli 2008 als notwendig erachtet und eingeführt wurde.

Gesetzliche Grundlage

In Österreich wird die Erbschafts- und Schenkungssteuer seit dem 1. August 2008 nicht mehr eingehoben. Dies ist unter anderem eine Folge der Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 2007,[1] in dem eine „Reparatur“ des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes zum 31. Juli 2008 vorgegeben wurde, die der Gesetzgeber jedoch nicht vornahm.[2] Durch den Wegfall der Erbschafts- und Schenkungssteuer wird die steuerfreie Vermögensnachfolge und Unternehmensnachfolge in Österreich möglich. Die bisherige gesetzliche Grundlage, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG)[3] bleibt im Rechtsbestand der Republik erhalten. Die Steuer wird jedoch nicht mehr eingefordert[4], und viele Melde- und Erklärungspflichten fallen weg. Ein einschlägiges Doppelbesteuerungsabkommen (DBA-Erbschaftsteuer)[5] mit Deutschland wurde gekündigt.

Notwendigkeit der Regelung

Es wurden gesetzliche Anpassungen als erforderlich erachtet, da die Unterlassung der Einhebung der Steuern auch zur Folge habe, dass Vermögensverschiebungen von staatlichen Organen nicht mehr erkannt werden können, worauf Umgehungsgeschäfte befürchtet wurden (etwa gegenseitige Schenkungen statt Kauf, Geldwäsche usw.), und da die bisher bestehenden Regelungen über die Zuwendungen an Stiftungen entfallen.

Der unentgeltliche Vermögensübergang auf eine Stiftung ist in Österreich nach § 2 Abs. 2 Zif. 1 ErbStG ein Erwerb von Todes wegen und nach § 3 Abs. 1 Zif. 7 ErbStG eine Schenkung.[6]

Anzeigepflicht

Ab dem 1. August 2008 besteht bei Schenkungen eine Anzeigepflicht. Die „Anzeigepflicht“ wurde ursprünglich in den Entwürfen zum Gesetz als „Meldepflicht“ tituliert und im Zuge des Gesetzeswerdungsprozesses unter Wahrung einer einheitlichen Terminologie in „Anzeigepflicht“ umbenannt. Die Bezeichnung des Gesetzes „Schenkungsmeldegesetz“ wurde jedoch nicht angepasst. Nicht anzeigepflichtig sind Schenkungen von in Österreich situierten Liegenschaften, die aufgrund der Grunderwerbsteuer (Grunderwerbsteuergesetz 1987) der Finanzverwaltung bereits gemeldet werden müssen. Die Anzeige soll grundsätzlich elektronisch erfolgen, um so den Verwaltungsaufwand hintanzuhalten und zudem diese Daten für die Risikoanalyse (elektronischer Datenabgleich) verfügbar zu machen.[7] Die Anzeige muss beim Finanzamt binnen drei Monaten ab Erwerb[8] erfolgen.

Verpflichteter Personenkreis

Wird die Anzeige durch eine der verpflichteten Personen erstattet, sind die anderen beteiligten Personen von der Anzeigeverpflichtung befreit. Verpflichtete sind zu ungeteilter Hand alle Beteiligten (Schenker, Beschenkter aber auch ein eventuell involvierter Rechtsanwalt und auch Notar), wenn Vermögen[9] (außer in Österreich liegende Immobilien) verschenkt wird und keine Befreiungen[10] vorliegen.

Kritik an der Anzeigepflicht

Die Anzeigepflicht nach dem österreichischen Steuerrecht besteht unabhängig von einer Steuerpflicht und betrifft auch Personen, die in Österreich lediglich den Zweitwohnsitz haben.

Diese Anzeigepflicht steht unter erheblicher Kritik.[11]

  • Die Anzeigepflicht wird vom Verfassungsdienst des österreichischen Bundeskanzleramtes als nur schwer mit dem Datenschutzgesetz vereinbar angesehen.[12]
  • Sie gilt als ein unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Eingriff und widerspricht der bisherigen Systematik.[13]
  • Die Anzeigepflicht ist auch zur Vermeidung von Umgehungsgeschäften, Abgabenhinterziehung etc. kaum geeignet. Die Österreichische Notariatskammer hat dies in ihrer Stellungnahme[14] zur Begutachtung des Gesetzes auch sehr deutlich festgehalten: „selbst durch eine Schenkungsmeldeverpflichtung werden die ertragsteuerrechtlichen Umgehungsgeschäfte in den Fällen nicht leichter »auffindbar«; auch der Gesetzgeber kann nicht ernsthaft annehmen, dass jemand, der Umgehungsgeschäfte tätigt, sich an Schenkungsmeldepflichten hält“.
  • Die Anzeigeverpflichtung ist eine reine Information der Finanzverwaltung. Die Entgegennahme der Anzeige bedeutet keine inhaltliche Bestätigung oder positive Sanktionierung der Anzeige oder vorgenommenen Schenkung. Zuwiderhandelnde (strafbar sind aller zur Anzeige verpflichteten Personen) werden durch wesentliche Änderungen und Verschärfungen im Finanzstrafgesetz verfolgt. Dabei wird das vorsätzliche Unterlassen der Anzeige von Schenkungen im Finanzstrafgesetz unter Strafe gestellt und mit bis zu 10 % vom gemeinen Wert der Schenkung bedroht.[15] Liegt eine Abgabenhinterziehung unter Vortäuschen einer Schenkung vor, wird eine Geldstrafe bis zum Dreifachen des verkürzten Betrags und bis zu 7 Jahre Freiheitsstrafe angedroht. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hat zu dieser Bestimmung festgehalten:[16]Zum einen ist die Ahndung der Unterlassung der Anzeige mit 10 % des gemeinen Wertes des durch die nicht angezeigten Vorgänge übertragenen Vermögens krass überhöht: Zu bedenken ist nämlich, dass die Anzeige ja für Vorgänge vorgesehen ist, die selbst gar nicht steuerpflichtig sind, die Unterlassung der Anzeige daher keinerlei negative Auswirkungen auf das Steueraufkommen hat: Eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 10 % des gemeinen Wertes für eine Finanzordnungswidrigkeit, bei der es schon begrifflich zu gar keiner Abgabenhinterziehung kommen kann, ist nach Auffassung der österreichischen Rechtsanwaltschaft sachlich nicht zu rechtfertigen.

Ersatzmassnahmen bei Stiftungen

Als Ersatz für die aufgehobenen Bestimmungen aus dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz wurde in Bezug auf Zuwendungen an Stiftungen und stiftungsähnliche Vermögensmassen eine „neue“ Eingangs- und Zuwendungsbesteuerung eingeführt (Stiftungseingangssteuergesetz vom 30. März 2008). Die bisherigen Steuersätze aus dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz werden (für Stiftungen und ähnliche Vermögensmassen) teilweise beibehalten und in bestimmten Fällen wird eine „Sanktionssteuer“ erhoben.

Literatur

  • Christoph Kerres, Florian Proell, “Die neuen gesetzlichen Regelungen zur Stiftungseingangssteuer in Österreichecolex 2008, 567 ff.; siehe auch Kerres/Pröll in ecolex unter [1] (PDF; 197 kB)
  • Österreichische Notariatskammer, „Stellungnahme vom 15. April 2008“, GZ: 181/08; smp.
  • Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, „Stellungnahme zum Stiftungseingangssteuergesetz“ (Stellungnahme vom 10. April 2008, Zl. 13/1 08/50, GZ 010000/0002-VI/1/2008).
  • Florian Proell „Europarechtliche Aspekte zur Sanktionsbesteuerung des Stiftungseingangssteuergesetzes 2008“, taxlex 2008, 239 ff.
  • Anton Schäfer, "Was bedeutet „umfassend“ im Stiftungseingangssteuergesetz?", Liechtensteinische Juristenzeitung, 1/2009, 1 ff.

Quellen und Verweise

  1. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 7. März 2007, G 54/06 ua, die Z 1 in § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz und mit dem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, G 23/07 ua, die Z 2 in § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz mit Wirkung zum 31. Juli 2008 aufgehoben. Die Regelung im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, die als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Erbschafts- bzw. der Schenkungssteuer den dreifachen Einheitswert vorsieht, ist laut Verfassungsgerichtshof deshalb verfassungswidrig, weil die pauschale Vervielfachung von historischen Einheitswerten die Wertentwicklung von Grundstücken nicht angemessen widerspiegelt und dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht.
  2. Durch die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer kann Österreich seine Attraktivität als Standort für KMUs verbessern, was potenziell Wirtschaftswachstum und Beschäftigung fördert“ (Zitat nach: Bericht des Finanzausschusses, 549 und 612 der Beilagen XXIII. GP – Ausschussbericht NR – Berichterstattung, S. 2, „Volkswirtschaftliche Auswirkungen“).
  3. ErbStG 1955, öBGBl 141/1955.
  4. § 34 Abs. 1 Z 13 ErbStG
  5. Vom 4. Oktober 1954, öBGBl 220/1955 bzw. dBGBl. 1954 II S. 755, wurde von Deutschland, mit einer Übergangsfrist auf den 31. Juli 2008, zum 1. Januar 2008 fristgerecht gekündigt. Das allgemeine Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich vom 24. August 2000 (öBGBl. III Nr. 182/2002) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen bleibt von der Kündigung unberührt.
  6. Die Schenkung im Sinne des ErbStG (§ 3), und daraus abgeleitet des Schenkungsmeldegesetzes 2008, ist weiter gefasst als der Begriff „Schenkung“ im bürgerlichen Recht (§ 938 öABGB). Die Schenkung nach bürgerlichem Recht kommt durch die übereinstimmende Willenserklärung der Parteien über den unentgeltlichen Eigentumsübergang zustande. Im Sinne des ErbStG und damit Schenkungsmeldegesetzes 2008 ist der Wille des Geschenkgebers, den Beschenkten zu bereichern, maßgebend.
  7. Vgl. Bericht des Finanzausschusses, RV 549 und 612 der Beilagen XXIII. GP – Ausschussbericht NR – Berichterstattung.
  8. Vgl. § 121 Abs. 4 Bundesabgabenordnung (BAO); Vgl. Stiftungseingangssteuergesetz (Schenkungsmeldegesetz 2008), ÖBGBl I 85/2008. In Kraft treten am 27. Juni 2008.
  9. § 121a Abs. 1 Z 1 und Z 2 BAO: Bargeld, Kapitalforderungen, Anteile an Kapitalgesellschaften, Beteiligungen als stiller Gesellschafter, Mitunternehmeranteile, (Teil-)Betriebe, bewegliches körperliches Vermögen, immaterielle Vermögensgegenstände, wenn der Schenkende oder der Erwerber des Vermögens den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seinen Sitz oder den Ort der Geschäftsleitung in Österreich hat.
  10. Befreit sind z. B. nach § 121a Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO):
    • Erwerbe zwischen Angehörigen bis zu EUR 50.000 / Jahr;
    • Erwerbe zwischen Dritten bis zu EUR 15.000 / 5 Jahre;
    • Zuwendungen, die unter das StiftungseingangssteuerG fallen – siehe unten;
    • übliche Gelegenheitsgeschenke bis zu EUR 1.000 (ca. CHF 1.600,--),
    • Hausrat einschl. Wäsche oder Kleidungsstücke.
    Angehörige, für die diese Befreiung gilt, sind (§ 25 BAO): Urgroßeltern, Großeltern, Eltern, Ehegatten, Kinder, Enkel, Urenkel, Onkel, Tanten, Neffen, Nichten, Cousins, Cousinen, Verschwägerte (Schwiegereltern und Schwiegerkinder), Lebensgefährten (auch gleichgeschlechtliche) und Kinder der Lebensgefährten sowie auch geschiedene Ehegatten. Nicht anzeigepflichtig sind z. B. Gewinne aus Preisausschreiben und anderen (legalen) Gewinnspielen, Zuwendungen unter Lebenden an Kirchen, an inländische juristische Personen, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, Zuwendungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Zuwendungen im Katastrophenfall an Geschädigte. Weiters gelten die Befreiungstatbestände des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 weiterhin.
  11. Prof. Josef Schuch (Finanzrecht, WU Wien) meinte im Standard 2008/18/03 zum Schenkungsmeldegesetz, er „habe in den vergangenen Jahren kaum ein Gesetz erlebt, das juristisch und politisch so misslungen ist.“ Hier würde, „angesichts der Panik in Deutschland über Liechtenstein unkontrolliert und erratisch ein Schnellschuss unternommen“. Anmerkung: § 2 Abs. 1 lit. a) und c) StiftEG wird auch als „Lex Liechtenstein“ bezeichnet, da diese Bestimmung vor allem gegen liechtensteinische Stiftungen und Vermögensmassen (Treuhänderschaften) gerichtet werden kann. Christoph Kerres und Florian Proell, “Die neuen gesetzlichen Regelungen zur Stiftungseingangssteuer in Österreich” in ecolex 2008, 569, gehen “eindeutig” davon aus, dass sich diese Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. c) StiftEG vordergründig gegen liechtensteinische Stiftungen richtet, ohne jedoch näher auf die Amtshilfe- und Vollstreckungsabkommen einzugehen, welche die anderen EWR-Mitglieder (insbesondere Norwegen) bzw. die Schweiz (EFTA) abgeschlossen haben und ob diese nach dem StiftEG gleichwertig sind. Vgl. auch Michael Petritz in „Die Besteuerung des Trusts nach dem SchenkMG“, taxlex, 2008, 277. Auch Anton Schäfer, "Was bedeutet „umfassend“ im Stiftungseingangssteuergesetz?", Liechtensteinische Juristenzeitung, 1/2009, Pkt. A.4.2 spricht diese Möglichkeit (Lex Liechtenstein) an.
  12. Bundeskanzleramt Verfassungsdienst, GZ●BKA-602.548/0001-V/7/2008, Stellungnahme zu Artikel 4 Schenkungsmeldegesetz 2008 (Änderung § 121a Bundesabgabenordnung iVm § 1 Abs. 2 DSG 2000 und in Hinblick auf § 6 DSG 2000). Vgl. auch Rundschreiben zur legistischen Gestaltung von Eingriffen in das Grundrecht auf Datenschutz (G●2 BKA-810.016/0001-V/3/2007), Pkt. 6.
  13. Z.B. wird die Unterlassung der Anzeige nach dem Finanzstrafgesetz unter Strafe gestellt, obwohl für die Schenkung selbst ja keine Steuerpflicht mehr besteht.
  14. Stellungnahme vom 15. April 2008, GZ: 181/08; smp.
  15. § 49a Abs. 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) – echtes Unterlassungsdelikt. Eine absolute Verjährung ist, unabhängig vom Beginn der Verfolgungsverjährung, jedenfalls nach 10 Jahren ab Ende der Anzeigefrist gegeben (§ 31 Abs. 5 FinStrG, § 121 Abs. 4 BAO).
  16. Stellungnahme vom 10. April 2008, Zl. 13/1 08/50, GZ 010000/0002-VI/1/2008.