Schand-Elfmeter von Leipzig

(c) Bundesarchiv, Bild 183-1986-0322-026 / Kluge, Wolfgang / CC-BY-SA 3.0
Spielszene mit Hans Richter, Frank Rohde und Heiko Brestrich

Als Schand-Elfmeter von Leipzig wurde eine Elfmeterentscheidung im Spiel des 1. FC Lokomotive Leipzig gegen den BFC Dynamo in der Spielzeit 1985/86 der DDR-Fußball-Oberliga bezeichnet. Im Anschluss vollzog der Deutsche Fußballverband, die Dachorganisation für Fußball in der DDR, erstmals eine dauerhafte Sperrung des Schiedsrichters Bernd Stumpf.[1]

Spielverlauf

Das Spiel des 1. FC Lok gegen den BFC Dynamo fand am 22. März 1986 im Bruno-Plache-Stadion in Leipzig vor 13.000 Zuschauern statt. Während der Titelverteidiger und Serienmeister aus Berlin vor diesem 18. Spieltag die Tabelle anführte, musste der gastgebende Lok Leipzig als Viertplatzierter unbedingt gewinnen, um im Meisterschaftskampf nicht vorzeitig den Anschluss zu verlieren. Leipzig ging durch Olaf Marschall bereits in der zweiten Minute in Führung und hielt den Vorsprung bis in die Nachspielzeit. In der vierten Minute der Nachspielzeit entschied Schiedsrichter Bernd Stumpf nach einem Zweikampf zwischen dem Lok-Spieler Hans Richter und Bernd Schulz vom BFC auf Elfmeter für den BFC, dessen Berechtigung auch durch die Fernsehbilder nicht vollständig aufzuklären war. Frank Pastor verwandelte den Strafstoß zum Endstand von 1:1, womit die Leipziger acht Spieltage vor Schluss mit unverändert sechs Punkten Rückstand und nunmehr Rang fünf scheinbar aus dem Titelkampf ausgeschieden waren. Die Tatsache, dass sich die Messestädter wider Erwarten dem alten und neuen Meister bis zum Saisonende noch bis auf zwei Zähler nähern sollten, verlieh der Partie nachträgliche Brisanz.

Konsequenzen

Bedingt durch vermeintliche jahrelange Bevorteilungen des BFC war vor dem Spiel eine angespannte und aggressive Stimmung zu erkennen. Nach der umstrittenen Elfmeterentscheidung des Jenaer Schiedsrichters wurden auf Verbandsebene im DDR-Fußball bisher nie dagewesene Konsequenzen gezogen. Der Vorsitzende des 1. FC Lok, Peter Gießner, und hohe SED-Funktionäre des Bezirkes Leipzig sprachen offen von Betrug und forderten, derartige Brisanzspiele nicht mehr während der Messezeit auszutragen, „da auch ausländische Gäste von den Schiebereien etwas mitbekommen könnten“. Für Stumpf wurde zunächst eine einjährige Oberligasperre gefordert, bevor er infolge anhaltender Negativschlagzeilen auf Dauer für alle Oberliga-Spiele gesperrt wurde. Die Schiedsrichterkommission des DFV wurde suspendiert und neu besetzt. In diversen Berichten ging dieses Spiel als Schand-Elfmeter von Leipzig in die Geschichte ein.

Durch ein Trainingsvideo aus anderer Perspektive, das erst im Jahr 2000 veröffentlicht wurde, wurde indes die Korrektheit des damaligen Strafstoßpfiffes und die unberechtigte Sanktion Stumpfs belegt.[1]

Statistik

Paarung1. FC Lokomotive LeipzigBFC Dynamo
Ergebnis1:1 (1:0)
Datum22. März 1986
StadionBruno-Plache-Stadion, Leipzig
Zuschauer13.000
SchiedsrichterBernd Stumpf (Jena)
Tore1:0 Olaf Marschall (2.)
1:1 Frank Pastor (90.+4', Elfmeter)
1. FC Lokomotive LeipzigRene MüllerFrank Baum, Ronald Kreer, Torsten Kracht, Uwe ZötzscheMatthias Lindner (76. Lutz Moldt), Matthias Liebers, Uwe BredowOlaf Marschall, Hans Richter, Dieter Kühn (63. Hans-Jörg Leitzke)
Cheftrainer: Hans-Ulrich Thomale
BFC DynamoBodo RudwaleitFrank Rohde, Waldemar Ksienzyk, Bernd Schulz, Heiko BrestrichNorbert Trieloff (76. Frank Terletzki), Michael Schulz, Christian Backs (74. Eike Küttner) – Frank Pastor, Rainer Ernst, Andreas Thom
Cheftrainer: Jürgen Bogs

Weblinks

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Christoph Dieckmann: Der Schand-Elfmeter von Leipzig In: Die Zeit. Ausgabe 33/2000

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
ADN-ZB/Kluge/22.3.86 Leipzig: Fußball Oberliga
1. FC Lok Leipzig - BFC Dynamo 1:1 / Der Leipziger Mittelstürmer Hans Richter (Mitte) wird hier im Berliner Strafraum von Frank Rohde (l.) und Heiko Brestricht (beide BFC) attackiert.